European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T069298.20020430 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 30 April 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0692/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 91115893.9 | ||||||||
IPC-Klasse: | B29C 43/22 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zur Herstellung von hochverdichtetem Belagsmaterial aus Kunststoff | ||||||||
Name des Anmelders: | FORBO-GUIBIASCO SA | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Firma Hymmen GmbH Maschinen- und Anlagenbau HT TROPLAST AG |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit, erfinderische Tätigkeit (ja) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der die beiden Einsprüche gegen das Europäische Patent Nr. 0 479 053 zurückgewiesen worden sind, Beschwerde eingelegt.
Mit den Einsprüchen wurde das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde Neuheit, Artikel 54 EPÜ, und erfinderische Tätigkeit, Artikel 56 EPÜ) angegriffen.
II. Es wurden folgende Anträge gestellt:
i) Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.
ii) Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des europäischen Patents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen:
a) Ansprüche 1 und 9, eingereicht am 26. April 1999, und Ansprüche 2 bis 8 und 10 und 11 wie erteilt;
b) Beschreibung wie erteilt; und
c) Zeichnungen, Figuren 1 bis 5, wie erteilt.
Die Beschwerdegegnerin beantragt ferner als Hilfsantrag, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
iii) Die übrige gemäß Artikel 107 EPÜ am Beschwerdeverfahren Beteiligte (Einsprechende 01) hat keine Anträge gestellt und sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
III. Als Datum für die mündliche Verhandlung wurde der 19. Juli 2001 bestimmt. Am 5. Juli 2001 hat die Beschwerdeführerin der Kammer mitgeteilt,
a) daß sie in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten sein werde,
b) daß sie damit einverstanden sei, daß die mündliche Verhandlung entweder kurzfristig abgesagt werde oder daß ohne sie verhandelt und entschieden werde auf der Grundlage der im bisherigen Verfahren eingebrachten Anträge, Beweismittel und Stellungnahmen, und
c) daß der Antrag auf Widerruf des Streitpatents bestehen bleibe.
IV. Mit Verfügung vom 9. Juli 2001 hat die Kammer den Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben.
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 9 haben den folgenden Wortlaut:
"1. Verfahren zur kontinuierlichen Herstellung von hochverdichtetem Belagsmaterial aus einem stückigen Kunststoff oder Kunststoffvorprodukt, wobei mit dem stückigen Kunststoff oder Kunststoffvorprodukt eine kontinuierliche Schicht auf einem Transportband gebildet wird, die durch Einwirkung von Wärme und Druck verdichtet wird, dadurch gekennzeichnet, daß man den stückigen Kunststoff oder das stückige Kunststoffvorprodukt dosiert in einen durch seitliche Überlaufbegrenzungen, die ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial erlauben, gebildeten Bereich auf dem unteren Band in eine Doppelbandpresse einführt und unter Erwärmung mit steigendem Druck kontinuierlich verpreßt, wobei man entlang eines ersten Abschnittes der Pressstrecke die im entstehenden Belagsmaterial vorhandene Luft entfernt."
"9. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche mit einer Dosiereinrichtung (5) für stückiges Material und daran anschließend einer beheizbaren Doppelbandpresse (9), dadurch gekennzeichnet, daß das untere Band (12) der Doppelbandpresse (9) entlang und parallel zu seinen beiden Rändern (22, 23) Begrenzungselemente (26, 27), die im zusammengepreßten Zustand der Bänder unter Bildung eines Zwischenraumes für den Austritt von überschüssigem Kunststoffmaterial das andere Band (12) nicht berühren, besitzt und die Doppelbandpresse zur Anwendung von steigendem Druck eingerichtet ist."
VI. Als Stand der Technik wurden von der Beschwerdeführerin die folgenden Entgegenhaltungen erwähnt:
E3: US-A-4 375 350
E7: EP-A-0 046 526
E9: EP-A-0 226 946
E10: US-A-2 135 763.
VII. Zur Begründung der Beschwerde machte die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgendes geltend:
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 seien nicht neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltungen E3 und E9. In diesem Zusammenhang werde auf den Einspruch vom 25. September 1996 und die Eingabe vom 5. Januar 1998 verwiesen.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 beruhten ferner nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Den nächsten Stand der Technik bilde die Entgegenhaltung E7. Die als Beispiel in der Entgegenhaltung E7 erwähnte Doppelschwingpresse arbeite mit einem Hub (Spalte 5, Zeile 55), so daß bei jedem Hub das obere Band von den seitlichen Abstützbändern abgehoben und damit bei erhöhtem Druck im Pressraum ein Überlaufen ermöglicht werde.
Auch die "side frames" gemäß Entgegenhaltung E3 müßten keineswegs eine absolute Abdichtung des Pressenraums darstellen. Die Aufgabe der Entgegenhaltung E3 betreffe lediglich die Verminderung des Materialverlusts, und nicht dessen vollständige Verhinderung.
Die in Figur 6 der Entgegenhaltung E10 offenbarten Überlaufbegrenzungen (38) seien deutlich beabstandet zu den Bändern (17, 18) dargestellt. Ein Überlauf sei daher auch hier möglich.
VIII. Die Beschwerdegegnerin führte im wesentlichen folgendes aus:
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 seien neu. In diesem Zusammenhang werde auf die Ausführungen der Einspruchsabteilung unter den Ziffern 3.1 und 3.2 der Entscheidungsgründe verwiesen.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 beruhten auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Den nächsten Stand der Technik bilde die Entgegenhaltung E7.
Im Zusammenhang mit den Entgegenhaltungen E3, E7 und E10 werde zusätzlich auf die Ausführungen der Einspruchsabteilung unter den Ziffern 4.1 und 4.2 der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Änderungen
Die in den Ansprüchen 1 und 9 vorgenommenen Änderungen sind durch die ursprünglich eingereichten Unterlagen gestützt. Insbesondere unterscheiden sich die Ansprüche 1. und 9 gemäß Antrag der Beschwerdegegnerin von den Ansprüchen 1 und 9 wie erteilt durch das Hinzufügen des Merkmals "die ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial erlauben" (Anspruch 1) bzw. des Merkmals "unter Bildung eines Zwischenraumes für den Austritt von überschüssigem Kunststoffmaterial" (Anspruch 9). Hierzu wird insbesondere auf die Beschreibung der ursprünglich eingereichten Unterlagen (A-Publikation), Seite 3, Zeilen 28 bis 33, verwiesen.
Der Schutzumfang der erteilten Ansprüche 1 und 9 ist durch die Änderungen eingeschränkt.
Die Änderungen sind somit im Hinblick auf die Vorschriften des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ nicht zu beanstanden.
Ferner sind die Änderungen durch den Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ (mangelnde erfinderische Tätigkeit gemäß Artikel 56 EPÜ) veranlaßt und genügen daher den Erfordernissen der Regel 57a EPÜ.
2. Neuheit
Von der Beschwerdeführerin wird geltend gemacht, daß die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltungen E3 und E9 nicht neu seien.
In der Entgegenhaltung E3 sind das Merkmal "seitliche Überlaufbegrenzungen, die ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial erlauben" des Anspruchs 1 und das Merkmal "Begrenzungselemente (26, 27), die im zusammengepreßten Zustand der Bänder unter Bildung eines Zwischenraumes für den Austritt von überschüssigem Kunststoffmaterial das andere Band (12) nicht berühren" des Anspruchs 9 nicht offenbart. Die Entgegenhaltung E3 gibt in Spalte 3, Zeilen 7 bis 11 an, daß "the resinous starting material does not leak". Diese Aussage wird in Spalte 4, Zeilen 42 bis 52 bestätigt. Es wird somit in dieser Entgegenhaltung, im Gegensatz zum Streitpatent, eine vollständige seitliche Abdichtung vorgeschlagen.
Die Aufgabenstellung in Spalte 1, Zeile 66 bis Spalte 2, Zeile 4 der Entgegenhaltung E3, den Materialverlust zu vermindern, ist mit der angestrebten, vollständigen seitlichen Abdichtung des Zwischenraumes vereinbar.
Aus der Entgegenhaltung E9 ist eine Vorrichtung bekannt, die eine Doppelbandpresse aufweist, in der die Bänder über eine Heiztrommel (94) und eine Kühltrommel (95) laufen. Es gibt auch in dieser Entgegenhaltung keine Offenbarung von "seitlichen Überlaufbegrenzungen, die ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial erlauben," bzw. "Begrenzungselemente (26, 27), die im zusammengepreßten Zustand der Bänder unter Bildung eines Zwischenraumes für den Austritt von überschüssigem Kunststoffmaterial das andere Band (12) nicht berühren".
Es wird auch bemerkt, daß in der Vorrichtung der Entgegenhaltung E9 nicht "unter Erwärmung mit steigendem Druck kontinuierlich verpreßt" wird, sondern ein weitgehend gleichmäßiger Druck im Bereich der zwei Trommeln ausgeübt wird (Spalte 3, Zeilen 34 und 65).
Es wurde von der Beschwerdeführerin vorgetragen, daß Anspruch 1 nur verlange, daß die Überlaufbegrenzungen in einem Bereich am Anfang der Doppelbandpresse vorgesehen sei, und nicht im eigentlichen Druckbereich. Dies ist jedoch im Hinblick auf die Beurteilung der Neuheit nicht relevant, denn seitliche Überlaufbegrenzungen, die ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial erlauben, sind aus dem Stand der Technik nicht bekannt.
Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 9 sind daher neu.
3. Erfinderische Tätigkeit
Der nächste Stand der Technik ist die im Streitpatent auf Seite 1, Zeilen 44 bis 49 erwähnte Entgegenhaltung E7.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, zu vermeiden, daß im Preßraum ein zu hoher Druck entsteht. Die Lösung der Aufgabe besteht unter anderem darin, "Überlaufbegrenzungen, die ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial erlauben" (Anspruch 1) bzw. "Begrenzungselemente (26, 27), die im zusammengepreßten Zustand der Bänder unter Bildung eines Zwischenraumes für den Austritt von überschüssigem Kunststoffmaterial das andere Band (12) nicht berühren" (Anspruch 9), vorzusehen.
Diese Lösung ist nicht im Stand der Technik zu finden, und es gibt keine Anregung für den Fachmann, das seitliche Austreten von überschüssigem Material zu ermöglichen.
Die Vorrichtung der Entgegenhaltung E10 hat seitliche Begrenzungen (38), die die zwei Bänder (17, 18) in einem Abstand zueinander halten und das erweichte Material auf eine vorbestimmte Breite begrenzen. Es sind Federn (35) vorgesehen, die auf die Bänder drücken und den Preßraum verschließen (Seite 2, linke Spalte, Zeilen 3 bis 5; Figur 6). Ein seitliches Austreten von überschüssigem Kunststoffmaterial ist daher nicht vorgesehen, sondern vielmehr eine vollständige seitliche Abdichtung (Seite 3, linke Spalte, Zeilen 3 bis 8, "an angle bar...to confine soft materials being processed to a limited width").
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 und die Vorrichtung gemäß Anspruch 9 des Antrags der Beschwerdegegnerin beruhen daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ und stellen somit eine patentfähige Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ dar.
Das gleiche gilt für die Gegenstände der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 und für die Gegenstände der auf den Anspruch 9 rückbezogenen Ansprüche 10 bis 16, welche besondere Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 1 bzw. der Vorrichtung gemäß Anspruch 9 betreffen.
4. Bei dieser Sachlage konnte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird mit der Anordnung an die erste Instanz zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
a) Ansprüche 1 und 9, eingereicht am 26. April 1999; Ansprüche 2 bis 8, 10 und 11 wie erteilt;
b) Beschreibung wie erteilt; und
c) Zeichnungen, Figuren 1 bis 5, wie erteilt.