European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2002:T056898.20020313 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 13 März 2002 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0568/98 | ||||||||
Anmeldenummer: | 90123341.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B44F 1/12 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Datenträger mit einem Flüssigkristall-Sicherheitselement | ||||||||
Name des Anmelders: | GAO Gesellschaft für Automation und Organisation mbH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | (01) BUNDESDRUCKEREI GmbH (02) ARJO WIGGINS S.A. |
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Kammer: | 3.2.05 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zurückverweisung zur weiteren Verhandlung (nein) Neuheit (Hauptantrag, nein; 1. Hilfsantrag, ja) Erfinderische Tätigkeit (1. Hilfsantrag, ja) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 435 029 widerrufen worden ist, Beschwerde eingelegt.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der Gegenstand der geänderten unabhängigen Ansprüche 1 des Streitpatents im Hinblick auf den genannten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruhe.
II. Am 13. März 2002 fand eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer statt.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der folgenden Unterlagen überreicht in der mündlichen Verhandlung:
a) Ansprüche 1 bis 22 gemäß Hauptantrag; oder
b) Ansprüche 1 bis 20 gemäß 1. Hilfsantrag; oder
c) Ansprüche 1 bis 10 gemäß 2. Hilfsantrag.
Die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechenden 01 und 02) beantragten die Zurückweisung der Beschwerde. Ferner beantragte die Beschwerdegegnerin I hilfsweise, die Angelegenheit zur weiteren Verhandlung an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
IV. Der unabhängige Anspruch 11 gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin lautet:
"11. Optisch variables Sicherheitselement für die Ausstattung von Datenträgern, wie Wertpapier, Ausweiskarte mit einem Echtheitsmerkmal, das bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln unterschiedliche Farbeindrücke vermittelt, und das ein Flüssigkristallmaterial aufweist, wobei das Sicherheitselement als mehrschichtiges Transferelement mit mindestens einer Schicht aus Flüssigkristallpolymeren vorliegt, und das Flüssigkristallmaterial in orientierter Form bei Raumtemperatur als Festkörper vorliegt, wobei der flüssigkristalline Zustand in einer Polymermatrix eingefroren ist, dadurch gekennzeichnet daß Schichten oder Flächen des Transferelements, die in Betrachtungsrichtung unter der Schicht aus Flüssigkristallpolymeren liegen, mit transparenten, absorbierenden und/oder reflektierenden Farbstoffen bedruckt oder eingefärbt sind."
V. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 11 gemäß dem ersten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin lauten:
"1. Datenträger, wie Wertpapier oder Ausweiskarte mit einem optisch variablen Sicherheitselement, das als Echtheitsmerkmal dient und bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln unterschiedliche Farbeindrücke vermittelt, und das ein flüssigkristallines Material enthält, das ein Flüssigkristallpolymer ist, welches in orientierter Form bei Raumtemperatur als Festkörper vorliegt und bei dem der flüssigkristalline Zustand in einer Polymermatrix eingefroren ist, dadurch gekennzeichnet daß auf dem Datenträger unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72) aufgebracht ist."
"11. Verfahren zur Herstellung eines Datenträgers mit einem optisch variablen Sicherheitselement, das als Echtheitsmerkmal dient und bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln unterschiedliche Farbeindrücke vermittelt, nach mindestens einem der vorangehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch folgende Schritte:
- Aufbringen einer visuell nicht sichtbaren Kodierung auf den Datenträger,
- Aufbringen des noch flüssigen polymeren Flüssigkristallmaterials auf eine Trägerfläche,
- Orientieren des polymeren Flüssigkristallmaterials durch mechanische Einwirkung von Scherkräften,
- Aushärten des orientierten Materials zum Festkörper, so daß der flüssigkristalline Zustand in der Polymermatrix eingefroren wird,
- Ein- oder Aufbringen des polymeren Flüssigkristallfestkörpermaterials in oder auf den Schichtaufbau des Datenträgers über der Kodierung."
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 10 haben Ausführungsformen des Datenträgers gemäß Anspruch 1 zum Gegenstand, während die abhängigen Ansprüche 12 bis 20 Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 11 betreffen.
VI. Im Beschwerdeverfahren ist unter anderem auf die folgenden Entgegenhaltungen Bezug genommen worden:
E1: Nachr. Chem. Tech. Lab. 32 (1984), Nr. 4, Seiten 287 - 295
E2: EP-A-0 060 335
E3: EP-A-0 066 137
E7: AU-A-488 652
E13: JP-B-63-51193, zusammen mit einer beglaubigten Übersetzung in die deutsche Sprache
E14: US-A-4 889 367
E15: US-A-4 591 189.
VII. Im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung machte die Beschwerdeführerin unter anderem folgendes geltend:
Die Entgegenhaltung E13 sei verspätet eingereicht worden und sollte daher von der Kammer nicht berücksichtigt werden.
Der Gegenstand des Anspruchs 11 gemäß Hauptantrag sei gegenüber der Entgegenhaltung E13 neu, weil in dieser kein Sicherheitselement in Form eines Transferelements offenbart sei. Ferner sei Schwarz keine Farbe, so daß der schwarze Film aus Polyethylenterephthalat gemäß Referenzbeispiel 1 in der Entgegenhaltung E13 nicht eingefärbt sei.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag sei gegenüber der Entgegenhaltung E13 neu.
Die Entgegenhaltung E13 könne als nächstliegender Stand der Technik betrachtet werden. Ausgehend von dieser Entgegenhaltung werde jedoch der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß 1. Hilfsantrag durch den Inhalt der Entgegenhaltungen E7, E14 und E15 nicht nahegelegt.
VIII. Im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdegegnerinnen I und II im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Die Ansprüche gemäß Hauptantrag und erstem Hilfsantrag seien von der Beschwerdeführerin verspätet eingereicht worden. Die Kammer sollte daher diese Anträge als verspätet eingereicht zurückweisen oder, wie hilfsweise von der Beschwerdegegnerin I beantragt, die Angelegenheit zur weiteren Verhandlung an die Einspruchsabteilung zurückverweisen.
Der Gegenstand des Anspruchs 11 gemäß Hauptantrag sei gegenüber der Entgegenhaltung E13 nicht neu. Insbesondere das Referenzbeispiel 1 auf Seite 12 der deutschen Übersetzung dieser Entgegenhaltung offenbare einen Datenträger mit einem optisch variablen Sicherheitselement, der sämtliche Merkmale dieses Anspruchs 11 aufweise.
Das Merkmal des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags, daß "auf dem Datenträger unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72) aufgebracht ist", sei in den ursprünglichen Unterlagen nicht als ein selbstständiges Merkmal offenbart.
Die im Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags verwendeten Begriffe "eine visuell nicht sichtbare Kodierung", "Raumtemperatur" und "unter dem Sicherheitselement" seien unbestimmt. Der Anspruch genüge daher den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ nicht.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags sei gegenüber der Entgegenhaltung E13 nicht neu. Die deutsche Übersetzung der Entgegenhaltung E13 weise auf Seite 12, Zeilen 1 bis 4 auf die Möglichkeit hin, flüssigkristallines Material auch "auf die gesamte Kartenoberfläche aufzutragen und so die modische Anziehungskraft der Karte zu steigern". Wenn eine solche Schicht aus flüssigkristallinem Material auf eine Magnetkarte aufgetragen worden sei, liege der Magnetstreifen unter dem flüssigkristallinen Material. Auf der Seite 10, Absatz 3 der deutschen Übersetzung der Entgegenhaltung E13 werde das Aufbringen von mehreren Schichten eines flüssigkristallinen Materials erwähnt. Die unterste dieser Schichten könne zum Aufbringen einer Kodierung benützt werden. Ferner werde auf der Seite 10, Absatz 5 der deutschen Übersetzung der Entgegenhaltung E13 auf die weitere Möglichkeit hingewiesen, ein Muster wie Schriftzeichen, Bilder, etc. im Flüssigkristallpolymer zu bilden, die "nur durch Prüfung des Reflektionslichtes (Ultraviolett bzw. Infrarot) lesbar sind". Diese visuell nicht sichtbaren Kodierungen lägen unter dem Sicherheitselement.
Die Entgegenhaltung E13 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, den Schutz vor einer Fälschung des Datenträgers zu erhöhen. Laut Anspruch 1 des 1. Hilfsantrags werde diese Aufgabe dadurch gelöst, daß auf dem Datenträger unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung aufgebracht werde. Diese Maßnahme werde jedoch durch die Offenbarung der Entgegenhaltungen E14, E15 oder E7 nahegelegt.
Entscheidungsgründe
Verfahrensfragen
1. Die Entgegenhaltung E13 ist von der Beschwerdegegnerin I erst im Beschwerdeverfahren eingereicht worden. Sie betrifft die Verwendung von Flüssigkristallpolymeren als Sicherheitselemente bei der Herstellung von fälschungssicheren Karten, z. B. Kreditkarten und Ausweiskarten. Dem übrigen Stand der Technik ist eine derartige Verwendung von Flüssigkristallpolymeren nicht zu entnehmen. In einem Bescheid hat die Beschwerdekammer den Beteiligten ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, daß, im Hinblick auf die im Streitpatent beanspruchte Erfindung, die Entgegenhaltung E13 als relevant einzustufen sei und daher nach Artikel 114 (1) EPÜ im weiteren Verfahren berücksichtigt werden müsse. Die Beschwerdekammer hält an dieser Auffassung fest.
2. Die Beteiligten wurden in dem Bescheid ferner darauf aufmerksam gemacht, daß Schriftsätze in Erwiderung auf den Bescheid spätestens einen Monat vor der mündlichen Verhandlung einzureichen seien, um der Beschwerdekammer und den übrigen Beteiligten ausreichend Zeit zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu geben.
3. Auf diesen Bescheid hin hat die Beschwerdeführerin am 13. Februar 2001, d. h. einen Monat vor der mündlichen Verhandlung, geänderte Ansprüche als Hilfsantrag eingereicht, um die beanspruchte Erfindung gegenüber der Entgegenhaltung E13 abzugrenzen. Für die geänderten Ansprüche gemäß Hilfsantrag und ihre Einreichung kurz vor der mündlichen Verhandlung bestand somit nach Auffassung der Beschwerdekammer ein triftiger Grund. Hinzu kommt, daß von einer unbilligen Überraschung der Beschwerdegegnerinnen I und II nicht die Rede sein konnte, da die Änderung im wesentlichen nur in der Zusammenlegung der bisherigen Ansprüche 1 und 8 sowie 12 und 13 bestand. Schließlich hat die Beschwerdeführerin I in der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer die Entgegenhaltungen E14 und E15 als neuen Stand der Technik genannt, was wiederum eine Änderung der Ansprüche rechtfertigen konnte. Die Zulassung des Hilfsantrags in das Beschwerdeverfahren war daher gerechtfertigt.
Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag
4. Aus der Entgegenhaltung E13 ist ein optisch variables Sicherheitselement für die Ausstattung von Datenträgern wie Kreditkarten und Ausweiskarten (vgl. Seite 2 der deutschen Übersetzung, Absätze 2 und 5) bekannt, die ein Echtheitsmerkmal besitzen, das bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln unterschiedliche Farbeindrücke vermittelt und das ein Flüssigkristallmaterial aufweist, und das Flüssigkristallmaterial in orientierter Form bei Raumtemperatur als Festkörper vorliegt, wobei der flüssigkristalline Zustand in einer Polymermatrix eingefroren ist (siehe Seite 4, Absatz 3 und Seite 5, letzter Absatz der deutschen Übersetzung).
5. Laut Referenzbeispiel 1 (auf Seite 12 der deutschen Übersetzung der Entgegenhaltung E13) wurde die Polymermatrix zwischen zwei Filme aus Polyethylenterephthalat gelegt, um einen aus drei Schichten bestehenden Film zu bilden. Der obere Film ist durchsichtig und der untere Film ist schwarz. Der dreischichtige Film ist in rechteckige Stücke geschnitten. Laut Ausführungsbeispiel 1 (auf Seite 13 der deutschen Übersetzung der Entgegenhaltung E13) wurde ein solches rechteckiges Stück auf eine Plastikmagnetkarte aufgebracht.
6. Das aus der Entgegenhaltung E13 bekannte Sicherheitselement enthält somit eine Schicht, die in Betrachtungsrichtung unter der Schicht aus einem Flüssigkristallpolymer liegt und mit einem absorbierenden (schwarzen) Farbstoff eingefärbt ist. Das Sicherheitselement stellt außerdem ein mehrschichtiges Element mit mindestens einer Schicht aus einem Flüssigkristallpolymer dar.
7. Es wurde von der Beschwerdeführerin bestritten, daß ein solches Element als Transferelement bezeichnet werden kann. Es wurde argumentiert, daß ein Transferelement in einem ersten Verfahrensschritt auf einem Transferband aufgebracht und in einem zweiten Verfahrensschritt vom Transferband gelöst und mit einem Substrat verbunden werden muß. In dem aus der Entgegenhaltung E13 bekannten Verfahren wird das Element in einem ersten Verfahrensschritt hergestellt und in einem zweiten Verfahrensschritt mit einem Substrat verbunden. Es fehlt somit die Verwendung eines Transferbandes. Nach Auffassung der Beschwerdekammer kann jedoch das aus dem Referenzbeispiel 1 der Entgegenhaltung E13 bekannte Element als Transferelement bezeichnet werden, weil es als selbstständiges Element vorhanden ist, das anschließend mit einem Substrat verbunden wird.
8. Es wird auch bemerkt, daß der Anspruch 11 auf ein Sicherheitselement als solches gerichtet ist. Das Herstellungsverfahren des Sicherheitselements ist daher nur insoweit relevant, als das Herstellungsverfahren die körperliche Struktur des fertigen Elements beeinflußt. Wird ein Transferelement auf ein Transferband aufgebracht, so hat letzteres keinen Einfluß auf die körperliche Struktur des Elements nach dessen Ablösung vom Transferband.
9. Des weiteren wurde argumentiert, daß Schwarz keine Farbe sei. Die Herstellung einer schwarz gefärbten Schicht aus Polyethylenterephthalat setzt jedoch das Vorhandensein eines schwarzen Pigments voraus. Der Begriff "eingefärbt" im Anspruch 11 ist daher so auszulegen, daß er die Verwendung eines schwarzen Pigments umfaßt.
10. Der Gegenstand des Anspruchs 11 ist daher nicht neu. Der Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist mithin nicht gewährbar.
1. Hilfsantrag
Änderungen (Art. 123 (2),(3) EPÜ)
11. Das kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1, daß "auf dem Datenträger unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72) aufgebracht ist", ist in den ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbart; siehe Anspruch 8 in Verbindung mit dem Ausführungsbeispiel gemäß Figuren 9a und 9b sowie Spalte 3, Zeilen 19 bis 22 der Beschreibung der veröffentlichten Anmeldung. In den ursprünglich eingereichten Unterlagen ist Anspruch 8 allerdings nicht direkt von Anspruch 1 abhängig. Anspruch 8 ist von Anspruch 7, Anspruch 7 von Anspruch 6, Anspruch 6 von Anspruch 4, und Anspruch 4 von Anspruch 1 abhängig. Anspruch 8 bezieht sich jedoch auf das Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 9a und 9b, während Ansprüche 7 und 6 die in Figuren 6 bis 8 dargestellten Ausführungsbeispiele betreffen. Diese Ansprüche können daher nicht als eine ungebrochene Kette eng miteinander verknüpfter Merkmale betrachtet werden. Folglich ist das genannte Merkmal als selbstständiges Merkmal zu werten, obschon Anspruch 8 nicht direkt von Anspruch 1 abhängig ist. Schließlich ist dem Ausführungsbeispiel gemäß Figuren 9a und 9b der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen, daß das Merkmal des Anspruchs 8 der ursprünglich eingereichten Unterlagen, wonach "auf dem Datenträger im Bereich des Sicherheitselements eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72) aufgebracht ist", so auszulegen ist, daß die Kodierung unter dem Sicherheitselement aufgebracht ist.
12. Der Anspruch 11 unterscheidet sich vom Anspruch 19 in der ursprünglichen Fassung in folgenden Punkten:
- Aufbringen einer visuell nicht sichtbaren Kodierung auf den Datenträger,
- Ein- oder Aufbringen des polymeren Flüssigkristallfestkörpermaterials in oder auf den Schichtaufbau des Datenträgers über der Kodierung.
Diese Merkmale sind in der ursprünglich eingereichten Fassung der Beschreibung in Spalte 10, Zeilen 4 bis 11, offenbart.
13. Der Schutzumfang der Ansprüche 1 und 11 ist durch die oben erwähnten Änderungen eingeschränkt.
14. Es ergibt sich daher, daß die Gegenstände der geänderten Ansprüche 1 und 11 im Hinblick auf die Erfordernisse des Artikels 123 (2), (3) EPÜ nicht zu beanstanden sind.
Auslegung des Anspruchs 1
15. Unter dem Ausdruck "eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72)" in Anspruch 1 ist eine Information zu verstehen, die mit Hilfe eines Detektors lesbar, jedoch für das menschliche Auge nicht erkennbar ist. Es kann sich dabei um eine Kodierung in Form einer nur im Infrarot- oder Ultraviolettlicht sichtbaren Kodierung handeln; es kann aber auch eine magnetisch oder elektrisch detektierbare Kodierung sein.
16. Im Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 9a und 9b wird dies dadurch erreicht, daß die Kodierung mit einer IR-absorbierenden Druckfarbe gedruckt wird und von einer IR-transparenten, aber im sichtbaren Spektralbereich undurchlässigen Deckfarbe überdruckt wird.
17. Die Beschwerdegegnerinnen I und II haben geltend gemacht, daß das Merkmal des Anspruchs 1, wonach das Flüssigkristallpolymer "bei Raumtemperatur als Festkörper" vorliege, nicht klar sei, da Flüssigkristallpolymere eine Glastemperatur von ungefähr 60° C hätten. Daher gingen die gewünschten Eigenschaften des Flüssigkristallpolymers bei Temperaturen von über 60° C verloren. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, daß aus der Entgegenhaltung E13 Flüssigkristallpolymere bekannt sind, die verwendet werden können. Ferner ist ein Datenträger unter einer Vielzahl von unterschiedlichen Umweltbedingungen verwendbar, auch wenn er bei Temperaturen von über 60° C nicht mehr verwendet werden kann.
18. Es ist weiter vorgetragen worden, daß der Begriff "unter dem Sicherheitselement" im Anspruch 1 auch Kodierungen mit umfasse, die auf der anderen Seite des Datenträgers aufgebracht seien. Anspruch 1 legt jedoch fest, daß "auf dem Datenträger unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72) aufgebracht ist". Der Anspruch 1 ist daher so zu verstehen, daß die Kodierung sich zwischen dem Flüssigkristallpolymer und einem Substrat befindet, das den Körper des Datenträgers bildet. Bei Wertpapieren besteht das Substrat aus Papier, bei Ausweiskarten aus Kunststoff. Das Aufbringen der Kodierung auf der anderen Seite des Datenträgers fällt daher nicht unter den Wortlaut des Anspruchs 1.
Neuheit
19. In keiner der genannten Entgegenhaltungen ist ein Datenträger wie Wertpapier oder Ausweiskarte offenbart, auf dem unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung aufgebracht ist.
20. In der Entgegenhaltung E13 wird zwar auf die Möglichkeit hingewiesen, flüssigkristallines Material "auf die gesamte Kartenoberfläche aufzutragen und so die modische Anziehungskraft der Karte zu steigern" (vgl. deutsche Übersetzung der Entgegenhaltung E13, Seite 12, Zeilen 1 bis 4), es fehlt in dieser Entgegenhaltung jedoch an einem Hinweis, daß diese Möglichkeit auch im Zusammenhang mit einer Magnetkarte besteht. Aber selbst wenn ein solcher Hinweis vorläge, würde das noch lange nicht bedeuten, daß der Magnetstreifen zwangsläufig unter dem flüssigkristallinen Material angeordnet ist. Vielmehr könnte der Magnetstreifen auch auf der anderen Kartenseite liegen.
21. In Absatz 4 auf Seite 10 der deutschen Übersetzung der Entgegenhaltung E13 wird die Möglichkeit des Aufbringens von mehreren Schichten eines flüssigkristallinen Materials offenbart. Dadurch wird ein Reflexionsspektrum mit mehreren Reflexionsspitzen erzeugt. Eine Schicht bestehend aus einem Flüssigkristallpolymer trägt jedoch keine Information und kann daher nicht als Kodierung betrachtet werden.
22. In Absatz 5 auf Seite 10 der deutschen Übersetzung der Entgegenhaltung E13 wird die Möglichkeit offenbart, ein Muster wie Schriftzeichen, Bilder etc. in einem Flüssigkristallpolymer zu bilden, die "nur durch Prüfung des Reflektionslichtes (Ultraviolett bzw. Infrarot) lesbar sind". In diesem Fall sind die visuell nicht sichtbaren Kodierungen jedoch im Sicherheitselement selbst enthalten, und liegen mithin nicht unter dem Sicherheitselement.
23. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu. Der Gegenstand des Verfahrensanspruchs 11 ist ebenfalls neu, enthält er doch das Merkmal "Ein- oder Aufbringen des polymeren Flüssigkristallfestkörpermaterials in oder auf den Schichtaufbau des Datenträgers über der Kodierung", das, wie oben (in den Punkten 19 bis 22) dargelegt, in keiner der genannten Entgegenhaltungen offenbart ist.
Erfinderische Tätigkeit
24. Die Entgegenhaltung E13 stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Aus dieser Entgegenhaltung ist eine Kredit- oder Ausweiskarte mit einem optisch variablen Sicherheitselement bekannt, das als Echtheitsmerkmal dient (Seite 2, Punkt 2 und Punkt 3, vierter Absatz der deutschen Übersetzung). Das Sicherheitselement enthält ein flüssigkristallines Material, das ein Flüssigkristallpolymer ist (Seite 4, dritter Absatz und Seite 5, letzter Absatz der deutschen Übersetzung). Bei unterschiedlichen Betrachtungswinkeln werden unterschiedliche Farbeindrücke vermittelt (Seite 5, erster Absatz der deutschen Übersetzung). Das Flüssigkristallpolymer liegt in orientierter Form bei Raumtemperatur als Festkörper vor und dessen flüssigkristalliner Zustand ist in einer Polymermatrix eingefroren (Seite 4, dritter und vierter (letzter) Absatz der deutschen Übersetzung).
25. Ausgehend von dieser Entgegenhaltung liegt der im Streitpatent beanspruchten Erfindung die Aufgabe zugrunde, den Schutz vor Fälschung des Datenträgers durch Kopieren mit Hilfe von Farbkopierern oder Scannern zu erhöhen.
26. Diese Aufgabe wird gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 dadurch gelöst, daß auf dem Datenträger unter dem Sicherheitselement eine visuell nicht sichtbare Kodierung (72) aufgebracht ist. Dadurch werden kodierte Kartendaten mit dem Flüssigkristallelement zugleich unauffällig getarnt und vor Verfälschung geschützt (Streitpatent, Spalte 10, Zeilen 5 bis 7 der Beschreibung).
27. Diese erfindungsgemäße Lösung wird durch den Stand der Technik nicht nahegelegt, und zwar auch dann nicht, wenn man den Inhalt der von der Beschwerdegegnerin I in der mündlichen Verhandlung überreichten Entgegenhaltung E14 als zum Stand der Technik gehörend betrachtet.
28. In der Entgegenhaltung E14 wird als einziges relevantes Datum ("Date of Patent") der 26. Dezember 1989 genannt; der Prioritätstag des Streitpatents ist aber der 22. Dezember 1989. Da die Frage, ob der Inhalt der Entgegenhaltung E14 bereits vor dem Prioritätstag in irgend einer Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war, in der mündlichen Verhandlung nicht eindeutig beantwortet werden konnte, hat die Kammer den Vertretern der Beteiligten vorgeschlagen, bei der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit zunächst davon auszugehen, daß der Inhalt dieser Entgegenhaltung als Stand der Technik zu betrachten sei. Wäre die Kammer nach der Beratung zum Ergebnis gekommen, daß die erfinderische Tätigkeit aufgrund der Entgegenhaltung E14 zu verneinen sei, so hätte das Beschwerdeverfahren schriftlich fortgesetzt werden müssen.
29. Aus der Entgegenhaltung E14 ist ein Datenträger, zum Beispiel ein Label, bekannt. Das Label enthält einerseits Daten, die nur von Menschen gelesen werden können, und andererseits solche, die nur mittels einer Maschine lesbar sind. Um Platz zu sparen, werden beide Arten von Angaben an derselben Stelle auf das Label gedruckt. Die mittels der Maschine lesbaren Daten sind mit einer Tinte gedruckt, die für das menschliche Auge nicht sichtbar ist, und die Daten, die von Menschen gelesen werden können, sind mit einer Tinte gedruckt, die von der Maschine nicht gelesen werden kann.
30. In Spalte 3, Zeile 17 der Entgegenhaltung E14 werden als Datenträger zwar auch Kreditkarten genannt. Dem Gegenstand der Entgegenhaltung E14 liegt jedoch die Aufgabe zugrunde, die für das Aufbringen der Daten benötigte Fläche des Datenträgers möglichst klein zu halten. Im Gegensatz dazu geht aus der einzigen Figur der Entgegenhaltung E13 hervor, daß auf dem Datenträger ausreichend Platz für die nebeneinander angeordneten Magnetstreifen und Sicherheitselement vorgesehen ist. Bei der Lösung der Aufgabe, die der im Streitpatent beanspruchten Erfindung zugrunde liegt (oben Punkt 25), käme daher für den Fachmann eine Kombination der Entgegenhaltung E13 mit der Entgegenhaltung E14 nicht in Frage; eine solche Kombination kann daher für ihn auch nicht naheliegend sein.
31. Die Entgegenhaltung E15 bezieht sich auf ein Wertdokument, wie Kreditkarte, mit einer unsichtbaren elektrisch leitenden Sicherheitsschicht, die zwischen zwei Antireflexionsschichten angeordnet ist. Diese Sicherheitsschicht verkörpert eine visuell nicht sichtbare Kodierung. In einem ersten Ausführungsbeispiel (Figur 2) ist diese Schicht über einem Lichtbild und unter einer transparenten Schicht angeordnet. In einem zweiten Ausführungsbeispiel (Figur 3) befindet sich diese Schicht zwischen zwei Schichten aus Papier. Würde eine solche Kodierung auf den Datenträger der Entgegenhaltung E13 aufgebracht, gäbe es keinen Grund, von der Lehre der Entgegenhaltung E15 abzuweichen und die Kodierung unter dem Sicherheitselement auf dem Datenträger aufzubringen.
32. In der Entgegenhaltung E7 wird auf Seite 14, letzter Absatz die Verwendung eines dünnen Metallfilms als Sicherheitselement erwähnt, der Farbeindrücke in Form eines Musters vermittelt. Dies stellt jedoch eine Alternative zur Verwendung eines Flüssigkristallpolymers als Sicherheitselement dar. Die Entgegenhaltung E7 enthält jedoch keinen Hinweis auf einen Datenträger, in dem zwei unterschiedliche Sicherheitselemente zusammenwirken. Der Einwand der Beschwerdegegnerinnen I und II, daß dies auch hinsichtlich des im Streitpatent beanspruchten Datenträgers der Fall sei, ist nicht zutreffend. Das Zusammenwirken des Flüssigkristallpolymers und der Kodierung besteht in der Tatsache, daß das Flüssigkristallpolymer zur Tarnung der Kodierung dient.
33. Die Zusammenschau der Lehren der Entgegenhaltungen E7, E14 und E15 mit der Lehre der Entgegenhaltung E13 führt daher nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 des 1. Hilfsantrags. Dieser Gegenstand beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ. Das gleiche gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 10, die Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Datenträgers gemäß Anspruch 1 zum Gegenstand haben.
34. Anspruch 11 bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung des Datenträgers nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 10. Der Gegenstand dieses Anspruchs beruht daher ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das gleiche gilt für die abhängigen Ansprüche 2 bis 20, die Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens gemäß Anspruch 11 zum Gegenstand haben.
Ergebnis
35. Das Streitpatent kann somit auf der Grundlage der Ansprüche 1 bis 20 gemäß 1. Hilfsantrag aufrechterhalten werden. Da der 1. Hilfsantrag gewährbar ist, ist der 2. Hilfsantrag der Beschwerdeführerin gegenstandslos geworden.
Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin I
36. Zunächst ist festzustellen, daß es dem pflichtgemäßen Ermessen der Kammer überlassen ist, unter Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles über eine Zurückverweisung der Angelegenheit an die Einspruchsabteilung (Artikel 111 (1), Satz 2 EPÜ) zu entscheiden.
37. Die Kammer ist der Auffassung, daß eine Zurückverweisung der Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Einspruchsabteilung aus den oben (unter Punkten 1 bis 3) angegebenen Gründen nicht gerechtfertigt ist. Der Hilfsantrag der Beschwerdegegnerin I wird daher zurückgewiesen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
a) Ansprüche 1 bis 20, überreicht in der mündlichen Verhandlung als 1. Hilfsantrag;
b) Beschreibung, Seiten 2 bis 8 und Einschübe A, B, C, überreicht in der mündlichen Verhandlung;
c) Zeichnungen wie erteilt.