T 0153/98 (Korrigierbares Kennfeld in der Regelung eines Regulierstreckwerks) of 13.7.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T015398.20000713
Datum der Entscheidung: 13 Juli 2000
Aktenzeichen: T 0153/98
Anmeldenummer: 91114720.5
IPC-Klasse: D01H 5/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zur Korrektur eines ermittelten Meßsignals zur Masse eines Faserbandes an einem Regulierstreckwerk für Faserbänder mit einem Auslaufmeßorgan
Name des Anmelders: MASCHINENFABRIK RIETER AG
Name des Einsprechenden: Trützschler GmbH & Co. KG
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 69
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
Schlagwörter: Fehlen wesentlicher Merkmale im Anspruch (bejaht)
Anspruch technisch verständlich (bejaht)
Eindeutige Kennzeichnung des Gegenstandes des Anspruchs (verneint)
Auslegung des Anspruchs im Lichte der Beschreibung (bejaht)
Verspätet eingeführte Dokumente wegen unzureichender Relevanz nicht berücksichtigt
Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0032/82
T 0156/84
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Einspruch gegen das auf die Anmeldung Nr. 91 114 720.5 erteilte europäische Patent Nr. 0 477 589 wurde mit der Entscheidung vom 2. Dezember 1997 von der Einspruchsabteilung zurückgewiesen.

Von dem im Einspruchsverfahren vorgebrachten Stand der Technik sind insbesondere folgende Druckschriften relevant:

D1: DE-A-3 635 341

D5: EP-A-0 412 448

D8: DE-A-3 035 196.

Anspruch 1 des angefochtenen Patents lautet:

"Verfahren zur Korrektur eines ermittelten Meßsignals zur Masse eines Faserbandes an einem Regulierstreckwerk für Faserbänder (15.1-15.6) mit einem Auslaufmeßorgan (9.2), mindestens einem Verzugsfeld (11, 12), einem Antriebssystem (7.1, 7.2) und einer Steuerung bzw. einer Regelung (8.1, 8.2) für das Antriebssystem, wobei die Steuerung bzw. die Regelung auf ein vom Auslaufmeßorgan (9.2) geliefertes Meßsignal (Aout) reagiert, um über das Antriebssystem den Verzug im genannten Verzugsfeld derart zu ändern, daß Masseschwankungen in den Vorlagebändern (15.1-15.6) korrigiert werden, dadurch gekennzeichnet, daß das Meßsignal (Aout) des Auslaufmeßorgans (9.2) in einer Rechnereinheit (10) erfaßt wird, die Werte zur Verzugshöhe und zur Liefergeschwindigkeit in die Rechnereinheit (10) eingegeben werden und die Rechnereinheit (10) das Meßsignal (Aout) in Abhängigkeit der Verzugshöhe und der Liefergeschwindigkeit korrigiert, so daß die Rechnereinheit (10) ein gespeichertes Kennfeld (R) des Kennfeldelements (50) korrigieren kann, um Auswirkungen von Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit auf das Meßsignal (Aout) des Auslaufmeßorgans (9.2) auszugleichen."

II. Am 15. Januar 1998 legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Die Beschwerdebegründung erreichte das EPA am 5. März 1998. In weiteren Schriftsätzen von 5. Mai bzw. 6. Juni 2000 bezog sich die Beschwerdeführerin zusätzlich auf die Dokumente:

D18: DE-A-3 218 114 und

D19: EP-A-0 444 296.

III. In einer der Ladung zur mündlichen Verhandlung beigefügten Mitteilung nach Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammer hat die Kammer den Beteiligten ihre vorläufige Meinung mitgeteilt, daß ihr der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung neu und erfinderisch erscheine.

IV. Eine mündliche Verhandlung hat am 13. Juli 2000 stattgefunden.

Die Beschwerdeführerin beantragte, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise das Patent in geänderter Form nach einem Hilfsantrag aufrechtzuhalten.

V. Die Argumente der Beschwerdeführerin zur Stützung ihres Antrags lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht klar, weil der Begriff "Kennfeld" nicht definiert werde und im Anspruch die wesentlichen technischen Merkmale zur Korrektur des Kennfeldes fehlten.

Nächstliegender Stand der Technik sei D8, von dem der Anspruchsgegenstand sich durch das Merkmal der Korrektur des Kennfeldes unterscheide. Die Anpassung eines Kennfeldes auf dem Gebiet der Textilmaschinen sei aus dem Dokument D1 bekannt, ebenso wie aus dem nachgereichten Dokument D18. Auch in anderen Fachgebieten wie z. B. Heizungstechnik sei die Anpassung von Kennfeldern bekannt, siehe z. B. das nachgereichte Dokument D19. Ein Fachmann würde diese Lehren in dem Verfahren nach D8 anwenden. Damit fehle dem Gegenstand des Anspruchs 1 die erfinderische Tätigkeit.

VI. Die Beschwerdegegnerin vertrat im wesentlichen die Auffassung, daß der Gegenstand des Anspruchs klar sei und sich zusätzlich von der Offenbarung D8 dadurch unterscheide, daß Verzugshöhenwerte und Liefergeschwindigkeitswerte statt Verzugshöhenunterschiede und Liefergeschwindigkeitsunterschiede in die Rechnereinheit eingegeben worden seien. Keines der im Verfahren genannten Dokumente offenbare außerdem das Merkmal eines korrigierbaren Kennfeldes oder lege es zumindest nahe. Die Dokumente D1, D18 oder D19 enthielten keine Offenbarung einer Korrektur eines Kennfeldes, sondern die Anwendung von Kennlinien und seien damit nicht relevant.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Klarheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Artikel 84 EPÜ)

2.1. Die Beschwerdeführerin hat bemängelt, daß das im Anspruch 1 in der erteilten Fassung enthaltene Merkmal der Korrektur des gespeicherten Kennfeldes (R) des Kennfeldelementes (50) unklar sei. Es fehle an den technischen Angaben, aus welchem Gegenstand dieses Kennfeld bestehe und wie es korrigiert werden solle.

2.2. Nach Auffassung der Kammer ist das Erfordernis der Klarheit nach Artikel 84 EPÜ dahingehend zu verstehen, daß ein Anspruch nicht nur technisch verständlich, sondern auch den Gegenstand der Erfindung eindeutig kennzeichnen, d. h. alle seine wesentlichen Merkmale angeben muß (siehe auch T 32/82, ABl. EPA 1984, 354, Punkt 15 der Gründe).

Der Wortlaut des Anspruchs läßt erkennen, daß ein gespeichertes Kennfeld durch eine Rechnereinheit korrigiert werden kann. Es betrifft also eine Datensammlung. Nach dem Anspruch reagiert die Regelung auf das Meßsignal des Auslaufmeßorgans und dieses Meßsignal wiederum wird für Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit korrigiert. Dazu kommt, daß dieses Meßsignal eine Beziehung zum Kennfeld hat, weil sonst die im Anspruch genannte Korrektur des Kennfeldes die Auswirkungen von Liefergeschwindigkeit und Verzugshöhe auf das Meßsignal des Auslaufmeßorgans nicht ausgleichen könnte. Letzteres kann nur bedeuten, daß die Daten in der Datensammlung (Kennfeld) durch korrigierte Daten ersetzt werden, die diese Auswirkungen Rechnung tragen.

2.3. Die erstgenannte Bedingung der Verständlichkeit ist somit erfüllt, nicht jedoch die zweite, die der eindeutigen Kennzeichnung des Gegenstandes. Der Anspruch 1 enthält keine Angaben zu den folgenden wesentlichen Merkmalen:

- welche gespeicherten Daten bilden das Kennfeld,

- welche davon werden korrigiert,

- was ist mit dem Kennfeldelement gemeint und

- wie ist die technische Beziehung zwischen dem Auslaufmeßorgansignal Aout und dem Kennfeld.

Vorstehende Einwände betreffen die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ, die zwar keinen Einspruchsgrund darstellen, jedoch eine nähere Spezifizierung des beanspruchten Gegenstandes erfordern, damit eine Prüfung in Bezug auf die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit vorgenommen werden kann.

Auch für die Prüfung der Relevanz verspätet eingereichter Dokumente (siehe Punkt 3) ist dies notwendig, damit die jeweiligen technischen Unterschiede zwischen dem Gegenstand des Anspruchs und diesen Dokumenten festgestellt werden können.

2.4. Wenn der Anspruchsgegenstand nicht klar ist, müssen nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern in Bezug auf Artikel 69 EPÜ die Beschreibung und die Zeichnungen herangezogen werden.

Nach der Beschreibung des angefochtenen Patents, Spalte 9, Zeile 48 - Spalte 10, Zeile 34 und Spalte 14, Zeilen 36 - 54, umfaßt das beanspruchte Verfahren folgendes:

Es ist ein Kennfeld vorgesehen, das Werte für die Fasermasse im Einlaufmeßorgan me verknüpft mit den Signalkomponentenpaaren Rx und Cx einer kapazitiven Messung dieser Fasermasse. Die im Kennfeld vorhandenen Werte zur Fasermasse im Einlaufmeßorgan werden zuerst empirisch ermittelt und während des Betriebs laufend angepaßt.

Dazu wird ausgehend von dem während des Betriebs bestimmten Wert für die Fasermasse im Auslaufmeßorgan Aout unter Berücksichtigung des Verzuges der Wert für die Fasermasse im Einlaufmeßorgan me bestimmt. Auch wird das zu diesem Wert me gehörende bereits vorher in der Rechnereinheit gespeicherte Signalkomponentenpaar Rx, Cx unter Berücksichtigung der Laufzeiten im Streckwerk aufgerufen. Der für dieses Signalkomponentenpaar im Kennfeld vorhandene Wert me wird dann durch den aus dem Aout hergeleiteten Wert me ersetzt. Damit wird das Kennfeld im Laufe des Verfahrens korrigiert, so daß eine adaptive Regelung entsteht.

Da das Meßsignal im Auslaufmeßorgan Aout in der Rechnereinheit für die Auswirkungen der Verzügshöhe und Liefergeschwindigkeit korrigiert wird, sind durch die Verwendung von Aout zur Bestimmung von me auch die Einflüsse der Verzugshöhe und der Liefergeschwindigkeit in der Korrektur des Kennfeldes eingebunden und wird ihre Wirkung auf die Regelung ausgeglichen.

Das Kennfeldelement 50 ist nach der Beschreibung des Streitpatents (Spalte 9, Zeilen 48 - 55) beispielsweise als schreib- und lesbarer Speicher ausgebildet und kann Teil der Rechnereinheit sein. In diesem Speicher sind dann die Daten bezüglich Rx, Cx und me gespeichert.

2.5. Aufgrund dieser Offenbarungen ist das Merkmal des Kennfeldes im Anspruch 1 des Streitpatents wie folgt auszulegen:

Das Kennfeld betrifft eine Datensammlung, die Daten zu der Fasermasse in einem Einlaufmeßorgan des Streckwerks umfaßt. Diese Daten sind in einem Speicher gespeichert. Die gespeicherten Daten zur Fasermasse im Einlaufmeßorgan werden durch korrigierte Daten für diese Masse ersetzt. Letztere werden in der Regelung des Streckwerks verwendet.

3. Verspätet eingereichte Dokumente

Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer sind verspätet eingereichte Entgegenhaltungen auf ihre Relevanz für das Verfahren, d. h. ob sie entscheidend für den Ausgang des Falles sind, zu überprüfen (siehe z. B. T 156/84, ABl. EPA 1988, 372).

Die Dokumente D18 und D19 sind mit Schreiben vom 5. Mai bzw. 6. Juni 2000, d. h. nach Ablauf der Einspruchsfrist, jedoch vor Ablauf der im Ladungsbescheid der Beschwerdekammer erwähnten Monatsfrist zur Einreichung etwaiger weiterer Schriftsätze, eingereicht worden.

Im folgenden wird festgestellt werden (siehe Punkt 4.2), daß der wesentliche Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents und dem nächstkommenden Stand der Technik das Merkmal der Korrektur der in einem Kennfeldelement in der Form eines Kennfeldes gespeicherten Daten bezüglich der Fasermasse in einem Einlaufmeßorgan ist. Die Dokumente D18 und D19 beziehen sich auf gespeicherte Kennlinien, die in der Regelung einer Karde (D18) oder einer Heizung (D19) verwendet werden. Die in diesen Dokumenten genannten Kennlinien werden nicht für bestimmte Einflüsse korrigiert, sondern stehen, wenn sie eingegeben werden, als solche fest (D18, Seite 14, 1. Satz) oder werden aus eingegebenen Kenndaten errechnet (D19, Spalte 3, Zeilen 11 - 22). Damit sind diese Dokumente für die Diskussion der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nicht relevant, weil sie keinen Hinweis auf das unterscheidende Merkmal enthalten.

Nach Artikel 114 (2) EPÜ werden daher diese Entgegenhaltungen nicht weiter berücksichtigt.

4. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

4.1. Der nächstliegende Stand der Technik wird von dem Dokument D8 gebildet, das ein Verfahren betrifft, in dem ein in einem Auslaufmeßorgan 4 ermitteltes Meßsignal (Faserbanddichte Us) zur Masse eines Faserbandes an einem Regulierstreckwerk 1 für Faserbänder mit einem Auslaufmeßorgan 4, mindestens einem Verzugsfeld, einem Antriebssystem 2 und einer Regelung 5 für das Antriebssystem 2, korrigiert wird, wobei die Regelung 5 auf das vom Auslaufmeßorgan 4 gelieferte Meßsignal (Us) reagiert, um über das Antriebssystem 2 den Verzug im genannten Verzugsfeld derart zu ändern, daß Masseschwankungen in den Vorlagebändern 3 korrigiert werden. Das Meßsignal (Us) des Auslaufmeßorgans 4 wird in einer Rechnereinheit 5 erfaßt, die Werte zur Verzugshöhe ( p) und zur Liefergeschwindigkeit ( v) werden in die Rechnereinheit 5 eingegeben und die Rechnereinheit 5 korrigiert dann das Meßsignal (Us) in Abhängigkeit der Verzugshöhe und der Liefergeschwindigkeit.

4.2. Dem Dokument D8 ist nicht zu entnehmen, daß die Rechnereinheit ein in einem Kennfeldelement gespeichertes Kennfeld korrigieren kann, um Auswirkungen von Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit auf das Meßsignal (Us) des Auslaufmeßorgans 4 auszugleichen.

Auf Seite 6, 3. Absatz und Seite 7, 2. Absatz dieses Dokuments ist beschrieben, daß der Verlauf des Fehlers v bzw. p als Funktion von UTV bzw. UTP voreingestellt ist und für jeden Textiltyp gewählt werden kann. Dies bedeutet, daß die Beziehung zwischen und U durch eine Kennlinie dargestellt wird und daß diese Kennlinie für jeden Textiltyp gewählt wird. Dies hat nichts mit einem korrigierbaren Kennfeld zu tun, denn an den Kennlinien selbst wird nichts geändert.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung ist demnach neu gegenüber dem im Dokument D8 offenbarten Stand der Technik.

4.3. Die Beschwerdegegnerin hatte ausgeführt, daß die Werte UTV und UTP, die in der Regelung des Streckwerks nach D8 verwendet würden, keine Werte "zur" Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit darstellten, weil sie die Geschwindigkeitsdifferenz und Verzugshöhendifferenz beträfen und nicht absolute Werte der Liefergeschwindigkeit oder Verzugshöhe darstellten. Diese Auffassung wurde auch von der Einspruchsabteilung in ihrer Entscheidung vertreten.

Die Kammer vermag jedoch aus dem im Anspruch verwendeten Wortlaut "Werte zur Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit" nicht zu erkennen, daß nur die absoluten Werte gemeint sind. Auch Werte, die in einer mathematischen Beziehung zur Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit stehen, wie z. B. die einer Differenz, werden nach Auffassung der Kammer von dieser Formulierung erfaßt.

4.4. Das Dokument D5, das nach Artikel 54 (3) EPÜ nur für die Prüfung der Neuheit in Betracht kommt, erwähnt wohl ein Kennfeld, das während des Betreibens des Streckwerks laufend angepaßt wird, allerdings ist in dem Dokument keine Rede von einer Korrektur des Ausgangsmeßsignals Aout in Abhängigkeit von der Verzugshöhe und der Liefergeschwindigkeit. Demnach können auch keine Auswirkungen der Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit auf das Kennfeld ausgeglichen werden.

Gegenüber diesem Dokument ist daher der Gegenstand des Anspruchs 1 ebenfalls neu.

4.5. Das Dokument D1 betrifft nur die Korrektur des Eingangmeßsignals, nicht des Ausgangsmeßsignals. Dazu kommt noch, daß die in D1 dargestellte Korrektur vom Eingangsmeßsignal zum Stellsignal nicht unter Berücksichtigung der Verzugshöhe oder der Liefergeschwindigkeit stattfindet, wie es Anspruch 1 des Streitpatents erfordert.

Auch gegenüber diesem Dokument ist der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents daher neu.

5. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

5.1. Nachdem das Dokument D8 als einziges Dokument sich mit der gleichen Aufgabe wie das Streitpatent befaßt, nämlich der Berücksichtigung von Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit bei der Korrektur des Ausgangsmeßsignals in einem Regulierstreckwerk, wird, nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, dieses Dokument der Diskussion der erfinderischen Tätigkeit als nächstkommender Stand der Technik zugrunde gelegt.

5.2. Wie bereits unter Punkt 4.2 erläutert wurde, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sich von der Lehre dieses Dokuments im wesentlichen dadurch, daß die Rechnereinheit ein in einem Kennfeldelement gespeichertes Kennfeld, das Daten zur Fasermasse im Einlaufmeßorgan umfaßt, korrigieren kann, um Auswirkungen von Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit auf das Meßsignal des Auslaufmeßorgans auszugleichen.

Dieses Merkmal löst die Aufgabe, eine adaptive Regelung zu schaffen, wobei Daten in einer Datensammlung durch andere Daten ersetzt werden. Weil das Meßsignal des Auslaufmeßorgans mitwirkt bei der Bestimmung der korrekteren Daten und dieses Meßsignal für Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit korrigiert wird, werden deren Auswirkungen auf die Regelung ausgeglichen.

5.3. D1 betrifft Kennlinien die die Beziehung zwischen einem Meßsignal und einem Steuersignal darstellen. Das Meßsignal betrifft nicht das Ausgangsmeßsignal, sondern das Eingangsmeßsignal. Abhängig von Parametern, die die Verzugsfähigkeit beeinflussen (Faserfeinheit, Faserbandstärke, Haftkoeffizient und Gleitkoeffizient des Faserbandes, Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur), wird eine Kennlinie korrigiert. Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, daß es um Umgebungs- oder Materialeinflüsse auf das Ausgangsmeßsignal geht und nicht um Betriebsfaktoren wie Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit.

5.4. Die Beschwerdeführerin hat in Bezug auf Dokument D1 noch ausgeführt, daß die offenbarten Kennlinien identisch mit einem Kennfeld seien.

Die Kammer kann die Beschwerdeführerin dahingehend folgen, daß im Prinzip die dargestellte Sammlung von Kennlinien, die die Beziehung zwischen dem Ist-Wert des Meßsignals im Einlaufmeßorgan und dem Stellwert in der Regelung unter verschiedenen Umständen darstellen, ein "Kennfeld" genannt werden kann. Allerdings ist dann bei einem solchen "Kennfeld" immer noch nicht die Rede von einer Korrektur des Kennfeldes in dem Sinne, daß in der die Kennlinien bildenden Datensammlung die gespeicherten Meßwerte durch andere ersetzt werden.

5.5. Die Beschwerdeführerin hat noch vorgebracht, daß das Dokument D8 den Fachmann zum Merkmal der Korrektur eines Kennfeldes führe, indem es darauf hinweise, daß der Verlauf der Funktion p = f(UTP) und v = f(UTV) für jeden Typ des Textilmaterials aufgrund eines Testresultats gewählt wird.

Die Kammer kann aus der Beschreibung dieses Dokuments, auch in Zusammenhang mit der Figur, nur auf das Vorhandensein von Kennlinien, die jeweils die mathematisch funktionelle Beziehung = f(U) darstellen, schließen. Es wird dann, abhängig von dem Typ des Textilmaterials, eine Kennlinie ausgewählt. Somit gibt es für den Fachmann keinen Anlaß, eine Korrektur dieser Kennlinien selbst, geschweige denn eine Korrektur eines Kennfeldes vorzunehmen.

5.6. Der einschlägige Stand der Technik enthält folglich keine Anregungen für den Fachmann, ein Werte zur Fasermasse im Einlaufmeßorgan umfassendes Kennfeld in einem Kennfeldelement zu speichern, das korrigierbar ist, um Auswirkungen von Verzugshöhe und Liefergeschwindigkeit auf das Ausgangsmeßsignal auszugleichen.

Das Verfahren nach Anspruch 1 in der erteilten Fassung weist somit erfinderische Tätigkeit auf.

6. Hilfsantrag

Nachdem dem Hauptantrag der Beschwerdegegnerin stattgegeben wird, erübrigt es sich, auf den Hilfsantrag einzugehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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