T 0134/98 (Einbauteil/PFAUDLER) of 27.9.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T013498.20000927
Datum der Entscheidung: 27 September 2000
Aktenzeichen: T 0134/98
Anmeldenummer: 93104022.4
IPC-Klasse: B01F 13/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Emaillierter rohrförmiger Einbauteil
Name des Anmelders: Pfaudler Werke GmbH
Name des Einsprechenden: DE DIETRICH & Cie.
INDUSTRIE TYCON S.P.A.
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Offenkundige Vorbenutzung (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 93 104 022.4 wurde das europäische Patent Nr. 0 614 694 mit sieben Ansprüchen erteilt. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Emaillierter rohrförmiger Einbauteil, der in einen Behälterstutzen einsetzbar und daran befestigbar ist, und der an allen produktberührenden Stellen emailliert und als Tauchrohr und zur Durchführung von Probenahmen verwendbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Einbauteil doppelwandig ausgebildet ist, indem zwei koaxiale, am unteren Ende über einen Verbindungsbereich miteinander verbundene Rohre (1,2) vorgesehen sind, daß die Außenfläche des äußeren Rohrs (1), die Innenfläche des inneren Rohrs (2) und der Verbindungsbereich emailliert sind, und daß der Durchmesser des äußeren Rohrs (1) nach Festigkeitsgesichtspunkten derart gewählt ist, daß es die Durchführung einer weiteren Funktion des Einbauteils ermöglicht."

II. Gegen die Patenterteilung haben die Beschwerdeführerin (Einsprechende I) und die Einsprechende II wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit Einspruch eingelegt. Zur Stützung ihrer Vorbringen haben sie offenkundige Vorbenutzungen geltend gemacht und dabei u. a. auf folgende Unterlagen verwiesen:

A: Angebotsantrag der Firma Cassella vom 20.12.1991; Bestellung der Firma Cassella vom 23.03.1992; Zeichnung Nr. PLV-100-76; Lieferschein vom 29.06.92

F: Auftragsbestätigung der Firma De Dietrich vom 03.08.1990; Zeichnung Nr. PLV 32-009B; Lieferschein vom 05.11.1990

K: Bestellung der Firma Astra vom 03.09.1992; Zeichnung Nr. PLV-50-139 B; Auftragsbestätigung der Firma De Dietrich vom 18.09.1992; Lieferschein vom 12.11.1992.

Am 31. Oktober 1997 hat die Einsprechende II ihren Einspruch zurückgenommen.

III. Die Einspruchsabteilung hat mit der am 2. Dezember 1997 zur Post abgegebenen Entscheidung den Einspruch zurückgewiesen. In der Entscheidung wird ausgeführt, die Unterlagen A, F und K belegten, daß eine offenkundige Vorbenutzung stattgefunden habe. Die Zeichnungen der verkauften Einbauteile bildeten den nächstliegenden Stand der Technik. Das funktionelle Merkmal des Anspruchs 1 bezüglich der Wahl des Durchmessers des äußeren Rohrs sei derart auszulegen, daß der Einbauteil die Funktion eines Stromstörers übernehme. Aus den Zeichnungen der bekannten Einbauteile sei kein Nachweis dafür ersichtlich, daß der Durchmesser des äußeren Rohrs derart dimensioniert worden sei, daß der Einbauteil die Funktion eines Stromstörers ausüben könne. Somit sei der beanspruchte Einbauteil neu. Im Stand der Technik finde der Fachmann keine Anregung dazu, den bekannten Einbauteil für Probenahme so auszubilden, daß er die Funktion eines Stromstörers übernehme.

IV. Die Beschwerdeführerin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde erhoben. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie auf weitere Dokumente verwiesen, u. a. auf die mit Schreiben vom 17. April 1998 eingereichten Prospekte A2, A8 und A9 der Firma De Dietrich über die "Emaillierte Multifunktionssonde". Mit ihrem Brief vom 28. Februar 2000 hat die Beschwerdegegnerin eine beschleunigte Bearbeitung des Falles beantragt und diesen Antrag mit der Feststellung einer Patentverletzung begründet. Sie hat dabei auf ein Katalogblatt mit dem Titel "MultiTube" verwiesen (nachstehend als D23 bezeichnet). In Antwort auf einen Bescheid der Kammer vom 20. April 2000 hat die Beschwerdegegnerin am 25. August 2000 geänderte Ansprüche als Hilfsanträge I bis III eingereicht, die am 12. September 2000 durch einen einzigen Hilfsantrag ersetzt worden sind. Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von demjenigen des Hauptantrags durch das Hinzufügen des folgenden Merkmales am Ende des Anspruchs: ", wobei das äußere Rohr (1) Bestandteil eines Stromstörers mit abgeflachtem Querschnitt ist."

Am 20. September 2000 hat die Beschwerdeführerin zusätzliche Beweismittel eingereicht und gegen den Gegenstand des Hilfsantrags vom 12. September 2000 drei offenkundige Vorbenutzungen P16, P17 und P18 geltend gemacht. Sie hat sich für die angebliche offenkundige Vorbenutzung P17 insbesondere auf folgende Unterlagen gestützt:

P17: (a) Angebot der Firma De Dietrich an die Firma Bayer vom 19.12.1989; (b) Bestellung der Firma Bayer vom 27.02.1990; (c) Auftragsbestätigung der Firma De Dietrich vom 26.03.1990; (d) Zeichnung Nr. SPH-300-001 A; (e) Lieferschein vom 03.08.1990; (f) Rechnung vom 03.08.1990.

Am 27. September 2000 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Nach Erörterung des erteilten Anspruchs 1 hat die Beschwerdegegnerin im Laufe der mündlichen Verhandlung die erteilten Ansprüche nicht weiterverfolgt und den Hilfsantrag vom 12. September 2000 zum Hauptantrag gemacht. Auf die Befragung der Kammer, ob die Beschwerdegegnerin für die Auswertung der gegen ihre Ansprüche vom 12. September 2000 geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzungen (P16 bis P18) mehr Zeit benötige und die Zurückverweisung an die erste Instanz beantragen wolle, um eine Prüfung der neuen Sachlage durch zwei Instanzen zu ermöglichen, hat sie erklärt, daß sie eine abschließende Behandlung des Sachverhalts in der mündlichen Verhandlung wünsche.

V. Die Beschwerdeführerin hat u. a. folgendes vorgetragen:

Die bloße Anwesenheit des Tauchrohrs in einer Flüssigkeit in Bewegung verursache bereits eine Stromstörerwirkung. Die vor dem Anmeldetag verkauften Tauchrohre gemäß A, F und K wiesen einen Durchmesser des äußeres Rohrs auf, mit dem eine Stromstörerwirkung erhalten werde. Diese Tauchrohre dienten eindeutig als Stromstörer und zur Probenahme. Diese verkauften Tauchrohre stellten den nächstliegenden Stand der Technik dar. Der Fachmann, der mit der Aufgabe konfrontiert war, eine Verbesserung der Stromstörerfunktion des Tauchrohrs gemäß A zu erzielen, hätte ohne weiteres an einen abgeflachten Querschnitt gedacht. Darüber hinaus belegten die Beweismittel P16 bis P18, daß einwandige multifunktionelle emaillierte Tauchrohre des Typs "Paddelstromstörer" mit abgeflachtem Querschnitt vor dem Anmeldetag angeboten und verkauft worden seien und daher zum Stand der Technik gehörten. Im Hinblick auf diese stahlemaillierten Multifunktionssonden in Paddelform hätte der Fachmann entweder das äußere Rohr des Tauchrohrs gemäß A oder die beiden Rohre abgeflacht, um eine bessere Stromstörerwirkung zu erreichen. Im Herstellungsprozeß des Tauchrohrs ändere sich praktisch nichts und technische Fertigungsprobleme gebe es ebenfalls nicht.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat ihrerseits folgendes vorgetragen:

Es werde nicht bestritten, daß eine offenkundige Vorbenutzung der Tauchrohre gemäß A, F und K stattgefunden habe. Diese Tauchrohre wiesen jedoch einen kreisförmigen Querschnitt auf und deren Stromstöreigenschaften seien daher minimal. Nur ein Tauchrohr mit einem von der Kreisform abweichenden Querschnitt verursache eine Aufwärtsströmung, worauf es für die Stromstörerwirkung ankomme. Der Fachmann verstehe unter dem Begriff "Stromstörer" im eigentlichen Sinne ein durch einen "paddelartigen Abschnitt" gekennzeichnetes Element. Ferner gäben A, F, oder K keinen Hinweis zu einer Probenahme, geschweige denn zur Rückführung der Probe. Das Tauchrohr gemäß A sei jedoch zur Durchführung von Probenahmen verwendbar.

Zu den offenkundigen Vorbenutzungen gemäß P16 bis P18 hat die Beschwerdegegnerin vorgetragen, die Prospekte der Beschwerdeführerin deckten sich nicht mit der Multifunktionssonde gemäß P16 bis P18, da sie kein abgeflachtes Element offenbarten. Ferner trage die Auftragsbestätigung der Firma De Dietrich keine Unterschrift. Die Multifunktionssonde aus P16, P17 oder P18 habe zwar eine Stromstörerfunktion, sie sei aber einwandig und benötige im unteren Teil eine sehr feine Innenbearbeitung für das Einsetzen der im Prospekt A9 gezeigten PTFE-Hülse. Die Multifunktionssonde werde mit dem in A9 gezeigten Pfropfen verschlossen und mit den sich vom Pfropfen erstreckenden Meßsonden bestückt. Die entnommene Probe werde nicht zurückgeführt und eine Einleitfunktion sei in A9 nicht offenbart. Die Multifunktionssonde gemäß P16, P17 oder P18 mit dem in A9 erklärten Aufbau sei ein kompliziertes Gerät mit Leckageproblemen. Es werde ferner in A9 und P16 bis P18 nicht von einem Tauchrohr, sondern von einem Trägerrohr gesprochen und die Multifunktionssonde sei kein Tauchrohr, denn die Hauptfunktion eines Tauchrohrs sei die Einleitung von Substanzen in den Behälter. In Spalte 2, Zeile 16, des Patentes seien zwar die zwei Funktionen "Einleitrohr und Tauchrohr" getrennt angegeben; dieser Ausdruck sollte jedoch "Einleitrohr bzw. Tauchrohr" lauten. Beim Einsatz dieser Multifunktionssonde werde jedenfalls noch ein gesondertes Tauchrohr für das Einleiten von Substanzen benötigt mit der Folge, daß im Gegensatz zum patentgemäßen Einbauteil ein weiterer Behälterstutzen dafür belegt werden müsse. Die Aufgabe, eine minimale Anzahl von Stutzen zu belegen, werde durch die besagte Multifunktionssonde nicht gelöst. Die Innenfläche des Rohrs sei in der Multifunktionssonde gemäß P17 nicht im oberen Bereich emailliert. Wenn sie im oberen Bereich emailliert wäre, dann würden im Laufe der Zeit wegen Wasserstoff-Ausgasung Risse im Email auftreten. Nicht einmal die Beschwerdeführerin habe vermocht, ihr Tauchrohr gemäß A mit ihrer Multifunktionssonde zu kombinieren, um die drei Funktionen Probenahme, Tauchrohr und Stromstörer in einem einzigen Einbauteil zu realisieren.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der am 12. September 2000 unter der Bezeichnung "Hilfsantrag" eingereichten Ansprüche 1 bis 6 aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die geänderten Ansprüche genügen den Vorschriften des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Die Beschwerdegegnerin hat die Zugänglichkeit der kommerziellen Prospekte bzw. Prospektblätter A2, A8 und A9 vor dem Anmeldetag (12. März 1993) nicht bestritten. A2, A8 und A9 wurden jeweils Mitte 1988, Ende 1989 und im November 1992 gedruckt. Wie von der Beschwerdeführerin vorgetragen, werden Prospekte über ein neues Produkt wegen des starken Wettbewerbes schnell gedruckt und gleich nach der Lieferung verteilt. Es entsprach offensichtlich dem Interesse der Beschwerdeführerin, die Prospekte über die Multifunktionssonde den potentiellen Kunden so schnell wie möglich zur Kenntnis zu bringen. In bezug auf A9 bestehen daher für die Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, daß in dem Zeitraum von circa dreieinhalb Monaten zwischen dem Druckdatum des Prospektes und dem Anmeldetag eine Verteilung des Prospektes stattgefunden hat (siehe auch in diesem Zusammenhang die Entscheidung T 616/97 vom 10. November 1999, nicht im ABl. EPA veröffentlicht). Unter diesen Umständen hält es die Kammer für glaubhaft, daß die kommerziellen Prospekte A2, A8 und A9 vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

4. Offenkundige Vorbenutzungen

4.1. In bezug auf die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung gemäß P17 geht aus den Unterlagen hervor, daß im Anschluß an ein Angebot der Firma De Dietrich von 19. Dezember 1989 (P17a) die Firma Bayer am 27.02.1990 eine stahlemaillierte Multifunktionssonde mit Temperaturmessung, Probeentnahme und pH-Messung für Rührwerkbehälter von Typ CE 12 000 Liter bei dieser Firma bestellt hat. Gemäß der Bestellung sollte das stahlemaillierte Trägerrohr bzw. der stahlemaillierte Stromstörer der bestellten Multifunktionssonde in Paddelform ausgeführt werden: siehe das Angebot P17a und die Bestellung P17b mit Bestell-Nr. 0/415148/532, die ebenfalls die Angebotsnummer aus P17a trägt. Diese Bestellung wurde von der Firma De Dietrich am 26.03.1990 bestätigt: siehe die Auftragsbestätigung P17c mit den entsprechenden Angebots- und Bestellnummern. In dieser Auftragsbestätigung ist weiter die "Kommissionsnummer" 413 112 der Firma De Dietrich angegeben. Die Zeichnung SPH-300-001 (P17d) trägt die besagte Kommissionsnummer und enthält ferner die Bezeichnung "Paddelstromstörer", "CE 12500, Sonde MF" entsprechend den Angaben im Angebot P17a. Die Kammer hat daher keinen Zweifel, daß diese Zeichnung die besagte Bestellung betrifft. Aus P17a und P17d geht unmittelbar hervor, daß der in einen Behälterstutzen einsetzbare und zur Durchführung von Probennahmen verwendbare emaillierte rohrförmige Stromstörer einwandig ausgebildet ist und auf einer bestimmten Länge einen abgeflachten Querschnitt aufweist. Der stahlemaillierte Paddelstromstörer mit Zubehör für die Multifunktionssonde wurde an die Firma Bayer in Leverkusen am 03.08.1990 versandt, wie dies aus dem Lieferschein (P17e), der die oben angegebenen Bestell- und Kommissionsnummern trägt, hervorgeht. In der Rechnung (P17f) vom 03.08.1990 sind ebenfalls die besagten Nummern angegeben und der Versandtag vom 03.08.1990. entsprechend den Angaben in P17e. Aus den Unterlagen ist zu entnehmen, daß die stahlemaillierte Multifunktionssonde bedingunglos, d. h. ohne Geheimhaltungsverpflichtung, an die Firma Bayer verkauft wurde. Im Hinblick auf die Unterlagen P17a bis P17f, in denen alle Angaben miteinander übereinstimmen, ist die Kammer überzeugt, daß der bestellte stahlemaillierte Paddelstromstörer gemäß der Zeichnung P17d und das Zubehör für Probeentnahme, Temperaturmessung und pH-Messung vor dem Anmeldetag (12. März 1993) der Firma Bayer durch Verkauf zugänglich gemacht worden sind. Die Beschwerdegegnerin hat den Einwand erhoben, die Auftragsbestätigung P17c trage keine Unterschrift der Firma De Dietrich. Diese Tatsache ist jedoch unerheblich, denn der ganze Vorgang, ausgehend vom Angebot bis zu Versand und Rechnung, zeigt eindeutig, daß die Bestellung nicht abgesagt, sondern tatsächlich durchgeführt wurde. Der zweite Einwand der Beschwerdegegnerin, die Prospekte A8 und A9 deckten sich nicht mit der Multifunktionssonde gemäß P17, weil die Prospekte keinen Stromstörer mit abgeflachtem Querschnitt offenbarten, kann die vorstehende Schlußfolgerung nicht ändern, denn aus dieser bloßen Feststellung kann nicht gefolgert werden, daß die Multifunktionssonde mit einem stahlemaillierten Paddelstromstörer nicht verkauft worden ist, wenn alle Unterlagen das Gegenteil belegen. Nach Auffassung der Kammer ist ferner das Angebot P17a von der Substanz her im Einklang mit dem Inhalt der Prospekte A8 und A9, wonach vier Funktionen auf dem konventionellen Stromstörer für stahlemaillierte Rührwerksbehälter gruppiert werden können, d. h. pH-Messung, Probeentnahme, Temperaturmessung und Stromstörer-Effekt, ohne daß zusätzliche Stutzen benötigt werden (siehe A8, Seite 2, und A9, Seite 7).

Aus alledem folgt, daß ein in einen Behälterstutzen einsetzbares, als Stromstörer geeignetes emailliertes einwandiges Trägerrohr, das teilweise einen abgeflachten Querschnitt aufweist und zur Durchführung von Probenahmen verwendbar ist, vor dem Anmeldetag zum Stand der Technik gehörte.

4.2. Wie von der Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung bereits festgestellt, sind doppelwandige emaillierte Tauchrohre mit den in den Zeichnungen der Unterlagen A, F und K angegebenen Merkmalen bzw. Dimensionen vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit durch Verkauf zugänglich gemacht worden. Die Beschwerdegegnerin hat dies nicht bestritten, so daß sich weitere Ausführungen darüber erübrigen.

5. Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 wurde in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. Der beanspruchte Einbauteil unterscheidet sich insbesondere von den verkauften Tauchrohren gemäß A, F oder K dadurch, daß das äußere Rohr Bestandteil eines Stromstörers mit abgeflachtem Querschnitt ist. Er unterscheidet sich vom verkauften paddelförmigen Stromstörer gemäß P17 mindestens durch den doppelwandigen Aufbau mit zwei koaxialen Rohren, die am unteren Ende über einen Verbindungsbereich miteinander verbunden sind.

6. Das verkaufte stahlemaillierte Tauchrohr nach der Zeichnung Nr. PLV-100-76 der offenkundigen Vorbenutzung A stellt den nächstliegenden Stand der Technik dar. Dieses Tauchrohr ist doppelwandig ausgebildet, indem zwei koaxiale, am unteren Ende über einen Verbindungsbereich miteinander verbundene Rohre vorgesehen sind. Aus der Zeichnung geht ebenfalls unmittelbar und eindeutig hervor, daß die Außenfläche des äußeren Rohrs, die Innenfläche des inneren Rohrs und der Verbindungsbereich emailliert sind. In den Unterlagen bezüglich der offenkundigen Vorbenutzung A gibt es zwar keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, daß das Tauchrohr zur Probenahme geeignet ist; jedoch erkennt der Fachmann unmittelbar, unter Berücksichtigung des auf der Zeichnung angegebenen Durchmessers des inneren Rohrs (101 mm), daß das Tauchrohr zur Durchführung von Probenahmen verwendbar ist. Die Beschwerdegegnerin hat dies selbst während der mündlichen Verhandlung zugestanden. Der Außendurchmesser des äußeren Rohrs beträgt 168,3 mm und dessen Stärke 14,2 mm.

Nach der Beschwerdeführerin sind diese Dimensionen des äußeren Rohrs ausreichend, um einen Stromstörer-Effekt zu erzielen. Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin ist der Stromstörer-Effekt eines kreisförmigen Elementes mit diesem Durchmesser jedoch minimal. Die Kammer stellt jedoch fest, daß es sich bei dem "MultiTube" gemäß D23 ebenfalls um einen kreisförmigen Einbauteil handelt, wie von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt wurde, und daß nach D23 dieses MultiTube mit einem Nenndurchmesser von z. B. DN 80 oder DN 100 die Stromstörerfunktion erfüllt. Aus dem Prospekt A8 geht ferner hervor, daß eine Stromstörerwirkung erzielt wird, wenn ein rohrförmiger Einbauteil mit einem kreisförmigen Querschnitt und einem Außendurchmesser von 114 mm verwendet wird (Siehe Seite 1, rechte Spalte, Funktion Nr. 4, Stromstörerwirkung und "Detaillierte Daten"). Im Hinblick auf diese Prospekte ist die Kammer nicht überzeugt, daß ein Fachmann unter dem Begriff "Stromstörer" ein paddelförmiges Element verstehen würde, und sie ist der Auffassung, daß das Tauchrohr gemäß A mit einem Außendurchmesser von 168,3 mm eine gewisse Stromstörerwirkung ausübt, auch wenn diese als verbesserungsbedürftig betrachtet werden könnte, und daß der Fachmann diese Funktion erkennen würde.

6.1. Ausgehend von diesem nächstliegenden Stand der Technik kann die dem beanspruchten Gegenstand zugrundeliegende Aufgabe darin gesehen werden, einen anderen Einbauteil anzugeben, der ebenfalls als Tauchrohr und zur Durchführung von Probenahmen verwendbar ist und der ferner eine verbesserte Stromstörerwirkung ausübt.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird der Einbauteil gemäß Anspruch 1 vorgeschlagen, der sich vom verkauften Tauchrohr gemäß A dadurch unterscheidet, daß das äußere Rohr Bestandteil eines Stromstörers mit abgeflachtem Querschnitt ist. Es ist ohne weiteres glaubhaft, daß die Aufgabe durch den beanspruchten Einbauteil tatsächlich gelöst wird. Dies wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

6.2. Wie im Punkt 4.1 bereits angegeben, war vor dem Anmeldetag ein in einen Behälterstutzen einsetzbares stahlemailliertes einwandiges Trägerrohr bekannt, das zur Durchführung von Probenahmen verwendbar ist und als Stromstörer dient (siehe verkaufte Multifunktionssonde gemäß P17). Das emaillierte Trägerrohr bzw. der emaillierte Stromstörer weist einen abgeflachten Abschnitt auf (siehe P17d) und wird entsprechend als "Paddelstromstörer" bezeichnet. Das Trägerrohr ist nicht nur als Stromstörer wirksam, sondern erfüllt mit dem in P17a angebotenen Zubehör die weiteren Funktionen Probeentnahme, pH-Messung und Temperaturmessung. Im Hinblick auf diesen Stand der Technik hätte der Fachmann ohne weiteres erkannt, daß dieser "Paddelstromstörer" aufgrund seiner besonderen Form mit dem abgeflachten Abschnitt eine bessere Stromstörerwirkung als das Tauchrohr gemäß A ausübt, denn es gehörte zum allgemeinen Fachwissen des Fachmannes vor dem Anmeldetag, daß ein Rohr mit einem abgeflachten Abschnitt bessere Stromstöreigenschaften als das entsprechende kreisförmige Rohr ohne Abflachung aufweist. Unter diesen Umständen hätte der Fachmann in Erwägung gezogen, das doppelwandige Tauchrohr gemäß A mit einem abgeflachten Abschnitt zu versehen, um die gestellte Aufgabe zu lösen, d. h. die gewünschte Verbesserung der Stromstörerwirkung zu erhalten. Er hätte dabei zwei Möglichkeiten gehabt, nämlich entweder nur das äußere Rohr des Tauchrohrs gemäß A oder die beiden Rohre abzuflachen. Die Beschwerdegegnerin hat nicht bestritten, daß die besagte Abflachung des äußeren Rohrs keine besonderen technischen Fertigungsprobleme verursacht. Folglich wäre der Fachmann im Hinblick auf den Paddelstromstörer gemäß P17 in naheliegender Weise zum Gegenstand des beanspruchten Einbauteiles gekommen.

6.3. In bezug auf die Argumente der Beschwerdegegnerin, daß die Innenfläche des emaillierten Trägerrohrs gemäß P17d im oberen Bereich nicht emailliert sei, und daß das Rohr im unteren Teil abgeschliffen werde, ist folgendes anzumerken. Die oberste Zeichnung in P17d scheint nicht das emaillierte Trägerrohr (1) sondern das Verbindungsrohr (7) mit reduziertem Durchmesser darzustellen. Aus der darunter liegenden Zeichnung kann entnommen werden, daß das Trägerrohr in der Höhe des Flansches (2) und darüber noch emailliert ist. Ferner ist die Frage, ob die Innenfläche dieses Trägerrohrs im oberen Bereich tatsächlich emailliert ist, nicht ausschlaggebend, da das Tauchrohr gemäß A, dessen Stromstöreigenschaften verbessert werden sollen, selbst auf der ganzen Innenfläche emailliert ist. Der Fachmann, der eine Verbesserung der Stromstörerwirkung des zur Probenahme verwendbaren Tauchrohrs gemäß A erzielen will, hätte sich von einer eventuell unvollständigen Emaillierung des Trägerrohrs im oberem Bereich und der Feinbearbeitung des Endstückes nicht davon abhalten lassen, das äußere Rohr des Tauchrohrs gemäß A abzuflachen, denn er hätte erwartet, daß allein durch diese Abflachung die gestellte Aufgabe gelöst werden kann.

Das zusätzliche Vorbringen der Beschwerdegegnerin, gestützt auf den Prospekt A9, daß das Trägerrohr gemäß P17 oder A9 kein Tauchrohr sei, und daß beim Einsatz der Multifunktionssonde aus P17 ein gesondertes Tauchrohr für das Einleiten von Substanzen benötigt werde, kann aus folgenden Gründen nicht greifen. Zuerst ist anzumerken, daß im Prospekt A9 der stahlemaillierte Stromstörer zwar nicht als "Tauchrohr" bezeichnet wird, jedoch wird er im Prospekt A2 "Tauchrohr" genannt (siehe Abschnitt "Prinzip", 2. Absatz, und Abschnitt "pH-Messung", letzter Absatz). Des weiteren ist in A9 das Einleiten von flüssigen oder gasförmigen Produkten als weitere Funktion offenbart (siehe Seite 6) und es kann aus A9 nicht entnommen werden, daß dabei ein zusätzlicher Stutzen erforderlich wäre. Außerdem, sollte den Ausführungen der Beschwerdegegnerin gefolgt werden, daß ein Tauchrohr das Einleiten von Substanzen als Hauptfunktion hat, dann erfüllt das Tauchrohr gemäß A bereits diese Hauptfunktion und sie wird nicht durch eine leichte oder mäßige Abflachung des äußeren Rohres beeinträchtigt bzw. aufgehoben. Daher kann die Tatsache, daß die Einleitfunktion in P17 nicht erwähnt ist, den Fachmann nicht davon abhalten, das Tauchrohr gemäß A mit einem abgeflachten Abschnitt zu versehen, um eine Verbesserung der Stromstörerwirkung zu erhalten. Das Argument der Beschwerdegegnerin, daß mit der Multifunktionssonde aus P17 die entnommene Probe nicht zurückgeführt werde, kann ebenfalls nicht greifen, denn das Zurückführen der entnommenen Probe ist auch im Anspruch 1 des Streitpatents nicht erwähnt. Bezüglich der Argumente, daß der Paddelstromstörer gemäß P17 mit den für die Erfüllung der Funktionen Probenahme, pH-Messung und Temperaturmessung notwendigen Zubehörteilen ein kompliziertes Gerät mit Leckageproblemen sei, ist anzumerken, daß die weiteren Funktionen wie pH- und Temperaturmessung im Anspruch 1 überhaupt nicht erwähnt sind und Anspruch 1 nichts darüber enthält, wie und mit welchem Zubehör die verschiedenen Funktionen erfüllt werden. Es bleibt daher offen, ob der beanspruchte Einbauteil in bezug auf die unterschiedlichen Funktionen kompliziert oder einfach aufgebaut wird. Außerdem hätte der besagte komplizierte Aufbau der Multifunktionssonde den Fachmann ebenfalls nicht daran gehindert, die in P17 offenbarte Abflachung des Stromstörers für das Tauchrohr gemäß A zu verwenden, denn er hätte sich vor allem dafür interessiert, wie letzteres in bezug auf seine Stromstöreigenschaften verbessert werden kann, ohne die Probenahmefunktion zu beeinträchtigen, und hätte gleich im Hinblick auf die Zeichnung P17d erkannt, daß diese Aufgabe durch die besagte Abflachung des äußeren Rohrs gelöst werden kann.

Auch in dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin nicht vermocht hat, ihr Tauchrohr gemäß A mit ihrer Multifunktionssonde zu kombinieren, kann die Kammer aufgrund des relativ kurzen Zeitraums zwischen dem Datum des Angebotes A oder F und dem Anmeldetag (weniger als zwei Jahre) kein Beweisanzeichen für eine erfinderische Tätigkeit erkennen.

7. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht und Anspruch 1 daher den Verschriften gemäß Artikel 52 (1) und 56 EPÜ nicht genügt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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