T 0103/98 () of 9.4.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T010398.20020409
Datum der Entscheidung: 09 April 2002
Aktenzeichen: T 0103/98
Anmeldenummer: 93102913.6
IPC-Klasse: B01D 53/44
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Metalle und/oder Oxide enthaltende Katalysatorelemente und Verfahren zum oxidativen Abbau von cyclischen organischen Verbindungen
Name des Anmelders: BASF Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Haldor Topsoe A/S
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Neuheit (ja) - nach Änderung
Erfinderische Tätigkeit (ja) - nicht naheliegende Modifikation
Änderung (zulässig): Basis durch Rückbezug gegeben
Rechtliches Gehör (bejaht) - Gelegenheit zur Stellungnahme vor der mündlichen Verhandlung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0004/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent mit der Veröffentlichungsnummer 0. 559 071 in vollem Umfang zu widerrufen, wurde von der Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.

II. Der Entscheidung lagen geänderte Ansprüche 1 bis 7 zugrunde, wobei die Ansprüche 1 bis 3 auf Katalysatorelemente und die Ansprüche 4 bis 7 auf katalytische Verfahren gerichtet waren. Die Einspruchsabteilung hat den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 4 gegenüber D2 (EP-A-0 402 122) als nicht mehr neu angesehen.

III. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2001 wurden die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung geladen, die am 9. April 2002 stattgefunden hat.

IV. Die Einsprechende und Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 22. Februar 2002 mitgeteilt, daß sie weder an der mündlichen Verhandlung teilnehmen noch weitere Stellungnahmen einreichen würde.

V. Mit Schreiben vom 8. März 2002 hat die Beschwerdeführerin als Grundlage für einen Hauptantrag und zwei Hilfsanträge drei Anspruchssätze mit entsprechender Beschreibung eingereicht, welche in der mündlichen Verhandlung durch folgende neuen Unterlagen ersetzt wurden:

- neue Ansprüche 1 bis 3

- angepaßte Beschreibung (Seiten 2 bis 8).

Der geltende Anspruch 1 lautete wie folgt:

"Verfahren zum oxidativen Abbau von cyclischen organischen Verbindungen in Abgasen in Verbrennungsanlagen, das im Temperaturbereich von 100° C bis 500° C unter Verwendung eines Katalysatorelements durchgeführt wird, (lies: bei dem) der Umsatz an Schadstoffen, die Verweilzeit des Abgases im Katalysatorelement und die Abmessungen des Katalysators der folgenden Gleichung (2) gehorchen:

FORMEL

worin bedeuten U = Umsatz an Schadstoffen

Tau = Verweilzeit

DT = temperaturabhängiger Diffusionskoeffizient des Schadstoffes im Abgas

d = hydraulischer Durchmesser der Durchgangsöffnung für n-Eck-förmige Durchgangsöffnungen oder doppelter Plattenabstand für plattenförmige Katalysatorelemente

und der Parameter A in Abhänigkeit (lies: Abhängigkeit) von der Form der kanalförmigen Durchgangsöffnung folgende Werte aufweist:

FORMEL

dadurch gekennzeichnet, daß es in zwei aufeinanderfolgenden Schritten bei verschiedenen Temperaturen durchgeführt wird, wobei im ersten Schritt bei tiefer Temperatur vorwiegend absorbiert und im zweiten Schritt bei gegenüber dem ersten Schritt erhöhter Temperatur die Schadstoffe oxidativ abgebaut werden."

VI. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich und mündlich im wesentlichen vorgetragen:

- In keiner der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen sei ein Intervallverfahren gemäß Anspruch 1 offenbart.

- Das beanspruchte Verfahren sei aufgrund der günstigen Energiebilanz ökonomisch vorteilhaft.

Wie bereits im Schreiben vom 22. Februar 2002 angekündigt, hat die Beschwerdegegnerin keine Eingaben zu den geltenden Ansprüchen gemacht.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung war die Antragslage wie folgt:

- Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen.

- Die Beschwerdegegnerin hat schriftlich die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

Die Kammer stellt zunächst fest, daß die erteilten Ansprüche mit den ursprünglichen Ansprüchen übereinstimmen. Daher wird im folgenden nur auf die ursprünglichen Ansprüche Bezug genommen.

1.1. Der geltende Anspruch 1 ist aus dem ursprünglichen Anspruch 4 und dem von diesem abhängigen Anspruch 6 zusammengesetzt. Anspruch 3 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 5.

1.2. Anspruch 2 entspricht dem ursprünglichen abhängigen Anspruch 7 mit dem Unterschied, daß die obere Temperaturgrenze im zweiten Verfahrenschritt von 550° C in Übereinstimmung mit den Angaben im ursprünglichen Anspruch 4 auf 500° C reduziert worden ist. Die Kammer hält diese Änderung ebenfalls für zulässig im Sinne von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ, weil diese Temperaturgrenze durch die Rückbeziehung offenbart war, und weil durch den weiter eingeschränkten Temperaturbereich der Schutzbereich nicht erweitert wird.

2. Neuheit

Es ist unbestritten, daß keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen alle Merkmale des Verfahrens gemäß Anspruch 1 offenbart. Dies wird in der nachfolgenden Diskussion über erfinderische Tätigkeit weiter verdeutlicht.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Anspruch 1 betrifft ein Verfahren zum oxydativen Abbau von cyclischen organischen Schadstoffen in Abgasen unter Verwendung eines Katalysatorelements, bei dem der Umsatz an Schadstoffen, die Verweilzeit des Abgases im Katalysatorelement und die Abmessungen des Katalysators einer definierten Gleichung gehorchen (siehe Punkt V oben).

3.2. In Übereinstimmung mit den Parteien ist die Kammer der Auffassung, daß D2 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt, welcher ein Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 offenbart.

3.3. Gegenüber D2 kann die technische Aufgabe darin gesehen werden, die Energiebilanz des bekannten Verfahrens zu verbessern.

3.4. Um die technische Aufgabe zu lösen, wird in Anspruch 1 vorgeschlagen, ein "Intervallverfahren" zur Verfügung zu stellen, bei dem der Abbau in zwei aufeinanderfolgenden Schritten bei verschiedenen Temperaturen durchgeführt wird. Dabei wird im ersten Schritt bei tiefer Temperatur vorwiegend absorbiert und erst im zweiten Schritt werden bei gegenüber dem ersten Schritt erhöhter Temperatur die Schadstoffe dann oxydativ abgebaut (siehe kennzeichnendes Merkmal des Anspruchs 1, Punkt V oben).

3.5. Gemäß D2 muß die Temperatur für die ganze Betriebsdauer bei mindestens 250 C gehalten werden, um die Schadstoffe zu zersetzen (siehe Zusammenfassung und Anspruch 1). Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, gemäß der beanspruchten Verfahrensweise könne die Betriebstemperatur über einen längeren Zeitraum niedrig gehalten werden, bis die Absorptionskapazität des Katalysators erschöpft sei. Die Zersetzung selbst, welche bei der höheren Temperatur stattfindet, brauche weit weniger Zeit. Daraus resultiere die angestrebte deutliche Energieersparnis. Dies hält die Kammer für ohne weiteres glaubhaft. Die technische Aufgabe wird daher durch das beanspruchte Verfahren tatsächlich gelöst.

3.6. Es ist unbestritten, daß die Möglichkeit eines vorgeschalteten Absorptionsschritts in D2 nicht einmal angedeutet, schon gar nicht als wesentlich erachtet wird. Auch kann die Kammer in keiner anderen Druckschrift einen Anhaltspunkt dafür finden, daß der katalytische Abbau von organischen Schadstoffen in einem Intervallverfahren in Betracht kommt. Das modifizierte Verfahren gemäß Anspruch 1 ist also weder aus D2 für sich allein noch aus der Kombination von D2 mit einer anderen im Verfahren befindlichen Entgegenhaltung herleitbar.

4. Die Ansprüche 2 bis 3 betreffen bevorzugte Ausführungsarten des Verfahrens gemäß Anspruch 1. Deren Gegenstand ist somit ebenfalls neu und erfinderisch. Die Beschreibung ist korrekt an die Ansprüche angepaßt worden.

5. Rechtliches Gehör

Die geltenden Ansprüche 1 bis 3 entsprechen im wesentlichen den Ansprüchen 1 bis 3 des mit Schreiben vom 8. März 2002 eingereichten Hauptantrags. Lediglich Anspruch 2 wurde weiter eingeschränkt, um einen Widerspruch zu beseitigen (siehe Punkt 1.2 oben). Das Schreiben vom 8. März 2002 war der Beschwerdegegnerin vor der mündlichen Verhandlung zugegangen. Daher kann sie von den der mündlichen Verhandlung zugrundeliegenden Anträgen nicht überrascht worden sein. Infolgedessen kann die Kammer in der folgenden Entscheidung zu Ungunsten der Beschwerdegegnerin keine Abweichung von der Stellungnahme der Großen Beschwerdekammer G 4/92 (ABl. EPA 1994, 149) erkennen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

- Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

- Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen aufrechtzuerhalten.

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