T 0064/98 (Pulverwaschmittel/SASOL) of 15.5.2002

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2002:T006498.20020515
Datum der Entscheidung: 15 Mai 2002
Aktenzeichen: T 0064/98
Anmeldenummer: 91119602.0
IPC-Klasse: C11D 1/66
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Waschpulver
Name des Anmelders: SASOL Germany GmbH
Name des Einsprechenden: (I) Unilever PLC/Unilever NV
(II) Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
Kammer: 3.3.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 123
Schlagwörter: Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (nein)
Feststellung des nächstliegenden Standes der Technik
Naheliegende Kombination von zwei verschiedenen Lehren aus der gleichen Entgegenhaltung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 495 176 widerrufen worden war.

Das Streitpatent betrifft ein Waschpulver.

II. Gegen die Patenterteilung haben die Beschwerdegegnerinnen I und II (Einsprechenden I und II) Einspruch erhoben und Widerruf des Patents in vollem Umfang beantragt aufgrund mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 54 und 56 EPÜ bzw. 100 a) EPÜ) sowie wegen mangelnder Offenbarung (Artikel 83 bzw. 100 b) EPÜ). Sie stützten sich dabei unter anderem auf

Dokument (2): EP-A-0 370 312

Dokument (3): EP-A-0 403 948

Dokument (9): WO 90/04630.

III. Der angefochtenen Entscheidung lag ein Satz von 4. Ansprüchen zugrunde, der von der Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung eingereicht worden war und dessen einziger unabhängiger Anspruch 1 folgenden Wortlaut hat:

"1. Pulverwaschmittel, enthaltend als Tenside

3. bis 15 Gew.-% Alkylpolyglycosid,

1. bis 10 Gew.-% Aniontensid,

3. bis 5 Gew.-% Fettalkoholoxethylat und

1. bis 25 Gew.-% Seife,

dadurch gekennzeichnet,

daß das Alkylpolyglycosid der Formel I

R-O-Zn I,

in der R für einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten aliphatischen Alkylrest mit 9 bis 16 Kohlenstoffatomen oder Gemische davon und Zn für einen Polyglycosylrest mit n = 1,1 bis 1,4 Hexose- oder Pentoseeinheiten oder Gemische steht, entspricht."

In der angefochten Entscheidung kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand dieser Ansprüche die Erfordernisse der Artikel 54, 83, 84, 123 (2) und (3) EPÜ erfülle, sich aber für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre des Dokuments (3) ergebe.

IV. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Mit ihrer Beschwerdebegründung legte sie unter anderem folgende Dokumente vor:

Dokument (12): Budek in SÖFW 113, 359 - 363 (1987)

Dokument (14): Tabelle der Rezepturentwicklung von HDP (Persil@) 1973 - 1990.

V. Einen Antrag auf mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer nahm sie mit Schreiben vom 15. April 2002 zurück. Gleichzeitig legte die Beschwerdeführerin geänderte Anspruchsätze gemäß Hauptantrag sowie in 3 neuen Hilfsanträgen vor, mit jeweils einem einzigen unabhängigen Anspruch.

Die Ansprüche des Hauptantrages sind diejenigen, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde lagen (vgl. Punkt III).

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

"1. Pulverwaschmittel, dessen tensidischer Anteil

3. bis 15 Gew.-% Alkylpolyglycosid,

1. bis 10 Gew.-% Aniontensid,

3. bis 15 Gew.-% Fettalkoholoxethylat und

1. bis 25 Gew.-% Seife

enthält,

dadurch gekennzeichnet,

dass das Alkylpolyglycosid der Formel I

R-O-Zn (I),

in der R für einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten aliphatischen Alkylrest mit 9 bis 16 Kohlenstoffatomen oder Gemische davon und Zn für einen Polyglycosylrest mit n = 1,1 bis 1,4 Hexose- oder Pentoseeinheiten oder Gemische steht, und

dass das Fettalkoholoxethylat der Formel II

R''-O-(CH2-CH2-O)xH (II),

in der R'' einen linearen oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten Alkylrest mit 10 bis 20 Kohlenstoffatomen und x = 3 bis 15 bedeutet, entspricht."

Die Ansprüche des Hilfsantrages 2 sind identisch mit denen von Hilfsantrag 1. Gemäß Aussage der Beschwerdeführerin (vgl. Schriftsatz vom 15. April 2002, Seite 3) sei Anspruch 1 dieses Hilfsantrages aber "durch Aufnahme der Merkmale aus Anspruch 4 gemäß Hauptantrag präzisiert."

Diese Merkmale haben folgenden Wortlaut:

"dass die Seife der Formel III

R'''COOP (III)

entspricht, in der R''' einen gesättigten und/oder ungesättigten Alkylrest mit 8 bis 22 Kohlenstoffatomen und P Wasserstoff, Alkali, Ammonium oder Alkanolammonium bedeutet."

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von einem derart präzisierten Anspruch 1 durch Beschränkung auf eine Seife mit einem gesättigten Alkylrest.

VI. Am 15. Mai 2002 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, zu der die Beschwerdeführerin, wie im Schreiben vom 15. April 2002 angekündigt, nicht erschienen ist.

VII. Die Beschwerdeführerin hat schriftlich im wesentlichen folgende Argumente vorgetragen:

- Die Ansprüche der Haupt- und Hilfsanträge entsprächen den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ.

- Die vorliegende Erfindung sei ausreichend offenbart, weil die Beschreibung des Streitpatents hilfreiche Hinweise auf das Mischverfahren gäbe, mit dem das beanspruchte Waschmittel überraschend hergestellt werden könne.

- Das beanspruchte Pulverwaschmittel sei in Dokument (9) (insbesondere Beispiel 8) nicht offenbart und daher neu.

- Dokument (3) sei zwar als nächstliegender Stand der Technik anzusehen, betreffe aber nur für Flüssigwaschmittel geeignete Formulierungen, die ein Fachmann kaum zur Entwicklung eines Pulverwaschmittels in Betracht gezogen hätte.

VIII. Die Beschwerdegegnerinnen trugen im wesentlichen folgende Argumente vor:

- Durch die unterschiedlichen Formulierungen in Anspruch 1 der verschiedenen Anträge, nämlich "Pulverwaschmittel, enthaltend als Tensid" gemäß Hauptantrag und "Pulverwaschmittel, dessen tensidischer Anteil...enthält" gemäß aller Hilfsanträge und ursprünglicher Fassung, würde der Streitgegenstand unterschiedliche Bedeutungen erhalten. Die neue Formulierung in Anspruch 1 gemäß Hauptantrag erfülle daher nicht die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

- Weder die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte überraschende Herstellbarkeit der Pulverwaschmittel noch die Beispiele des Streitpatents seien ausreichend offenbart (Artikel 83 EPÜ). Ein technischer Effekt der beanspruchten Zusammensetzung sei daher nicht glaubhaft gemacht worden.

- Beispiel 8 von Dokument (9) sei für den Gegenstand gemäß Hauptantrag neuheitsschädlich.

- In Anbetracht der Dokumente (9) und (14) hätte der Fachmann keinerlei Probleme gehabt, die in Dokument (3) für Flüssigwaschmittel beschriebenen Tensidmischungen auf feste Waschmittel zu übertragen, noch hätte diesbezüglich ein Vorurteil existiert.

- Die dem Streitpatent zugrundeliegende technische Aufgabe sei bereits in Dokument (2) gelöst worden. Selbst wenn Beispiel 3 des Streitpatents als repräsentativ für den Stand der Technik gemäß Dokument (2) betrachtet würde, sei dem Streitgegenstand demgegenüber kein überraschender Effekt beizumessen. Vielmehr ergebe sich der Gegenstand aller Ansprüche gemäß Haupt- und Hilfsanträge für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre des Dokuments (2).

IX. Die Beschwerdeführerin beantragte schriftlich, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Streitpatent in geänderter Form gemäß Hauptantrag oder einem der drei Hilfsanträge aufrechtzuhalten.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag der Beschwerdeführerin

1. Artikel 123 (2) und (3) EPÜ

1.1. Ein Einwand unter Artikel 123 EPÜ wurde von Beschwerdegegnerin I erhoben, und zwar nur gegen die im Anspruch 1 verwendete Formulierung "enthaltend als Tenside".

1.2. Die entsprechende Formulierung im ursprünglichen (sowie im erteilten) Anspruch 1 lautet: "dessen tensidischer Anteil.....enthält".

Im Vergleich dazu bedeutet die neu gewählte Formulierung eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf Pulverwaschmittel, die als Tenside ausschließlich die in Anspruch 1 genannten vier Tensidklassen enthalten. Eine Stütze hierfür findet sich sowohl in der ursprünglichen Beschreibung (Seite 1, Zeilen 26 bis 28) als auch im Streitpatent (Seite 2, Zeilen 16 bis 17).

1.3. Die Beschwerdegegnerin I hat ferner geltend gemacht, durch die neue Formulierung würden sich die Prozentangaben im Anspruch nicht mehr - wie ursprünglich - auf den tensidischen Anteil beziehen, sondern auf das gesamte Waschmittelgewicht.

1.4. Wie jedoch von der Einspruchsabteilung zutreffend festgestellt wurde, beziehen sich die Prozentangaben auch in der ursprünglichen Fassung von Anspruch 1 auf die Gesamtzusammensetzung (vgl. ursprüngliche Beschreibung Seite 4, Zeilen 9 bis 10, Seite 5, Zeilen 11 bis 13, 19 bis 22 und 34 bis 36; Streitpatent, Seite 3, Zeilen 18, 43 und 51 bis 52, Seite 4, Zeile 4).

1.5. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß - bei korrekter Auslegung im Lichte der Beschreibung - die in Anspruch 1 verwendete Formulierung "enthaltend als Tenside" nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung und insbesondere nicht über die Formulierung "dessen tensidischer Anteil ... enthält" hinausgeht.

Die Ansprüche gemäß Hauptantrag erfüllen daher die Erfordernisse von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

2. Artikel 83 EPÜ

2.1. Einwände wurden unter folgenden Gesichtspunkten vorgetragen:

- Sofern sich die Beschwerdeführerin auf einen überraschenden Effekt hinsichtlich der Herstellbarkeit der beanspruchten Waschmittel beruft, sei dieser nicht offenbart, und

- ein Effekt sei auch nicht aus den Beispielen des Streitpatents abzuleiten, da die Zusammensetzung der dort verwendeten Waschmittel nicht eindeutig offenbart sei.

2.2. Beide Argumente gehen an der Bestimmung des Artikels 83 EPÜ vorbei, die lediglich verlangt, daß die Erfindung so vollständig zu offenbaren ist, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

Keine der Beschwerdegegnerinnen hat aber glaubhaft gemacht, daß der Fachmann nicht in der Lage sei, Pulverwaschmittel der beanspruchten Zusammensetzung herzustellen, beispielweise mittels der im Streitpatent genannten Sprühtrockungs- oder Agglomerationsverfahren (Seite 2, Zeile 5) bzw. Mischverfahren (Seite 4, Zeilen 39 bis 41).

2.3. Die Kammer hat daher keinen Grund, von der Beurteilung der Vorinstanz abzuweichen und kommt zu dem Ergebnis, daß die Bedingungen des Artikels 83 EPÜ erfüllt sind.

3. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

3.1. Die einzige Neuheitseinwand wurde in Bezug auf Beispiel 8 von Dokument (9) erhoben. Daraus sei nach Auffassung der Beschwerdegegnerin II ein Pulverwaschmittel gemäß Anspruch 1 bekannt (vgl. Tabelle auf Seite 24).

3.2. Wie schon die Einspruchsabteilung zurecht festgestellt hat, ist diesem Beispiel weder der Oligomerisierungsgrad des eingesetzten Alkylpolyglycosids noch die Art des nicht-ionischen Tensids zu entnehmen. Immerhin bietet Dokument (9) hierfür mehrere Möglichkeiten an, die zum Teil außerhalb der gemäß Anspruch 1 zwingend vorgeschriebenen Varianten liegen. So kann der Polyglycosylrest auch mehr als 1,4 Hexose- oder Pentoseeinheiten umfassen (Seite 8, Zeilen 18 bis 32 und Seite 14, Zeilen 11 bis 22), und als nicht-ionisches Tensid kommen auch Oxalkylate sekundärer Alkohole sowie von Alkylphenolen und Alkanolamiden (Seite 6, Zeilen 25 bis 29) in Frage.

Darüber hinaus offenbart Beispiel 8 nicht zwingend die Anwesenheit von Seife oder einen Mindestgehalt von 3. Gew.-% nicht-ionischen Tensids.

3.3. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß der Gegenstand von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht unmittelbar und eindeutig aus Dokument (9) zu entnehmen ist und somit den Erfordernissen des Artikels 54 EPÜ genügt.

Da die Beschwerde aus anderen Gründen scheitert, ist eine detalliertere Begründung nicht erforderlich.

4. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

4.1. Das Streitpatent betrifft pulverförmige Zusammensetzungen zum Waschen von Textilien (Seite 2, Zeilen 3 bis 4). Es geht aus von der Kenntnis, daß der tensidische Anteil solcher Zusammensetzungen anionische und nicht-ionische Tenside auf Basis von Erdöl umfaßt.

Im Hinblick auf eine mögliche Erdölverknappung und die nachteilige biologische Abbaubarkeit solcher Tenside befaßt sich das Streitpatent mit der Auffindung von Tensidkombinationen, die weitestgehend aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und die hervorragend biologisch abbaubar sind, wobei diese Pulver sehr gute Waschergebnisse erzielen müssen (Seite 2, Zeilen 3 bis 15).

4.2. Zu diesem Zweck wird ein Waschpulver vorgeschlagen, dessen tensidischer Anteil aus einer bestimmten Abmischung spezieller Alkylpolyglycoside mit Fettalkoholoxethylaten, Aniontensiden und Seife besteht (Seite 2, Zeilen 16 bis 29).

4.3. Dokument (3) wurde in der angefochten Entscheidung als nächstliegender Stand der Technik betrachtet, da es ebenfalls Waschmittel betrifft, deren Tensidanteil größtenteils aus nativen Rohstoffen gewonnen wird (Seite 2, Zeilen 1 bis 3). Dabei werden unter anderem die gleichen Tensidgemische eingesetzt wie beim Streitgegenstand (Beispiel 8).

Auch die Beschwerdeführerin hat in ihrem letzten Schriftsatz vom 15. April 2002 (Seite 3) Dokument (3) als nächstliegenden Stand der Technik bezeichnet.

Da Dokument (3) Flüssigwaschmittel betreffe, sei nach Meinung der Beschwerdeführerin aber fraglich, ob der Fachmann diesen Stand der Technik zur Entwicklung eines Pulverwaschmittels "überhaupt in Betracht gezogen hätte" (ibidem, Seite 4).

Hierzu hat die Beschwerdeführerin anhand von Dokument (12) (siehe Seite 360, rechte Spalte) gezeigt, daß sich pulverförmige und flüssige Waschmittel nicht nur hinsichtlich nicht-tensidischer Anteile, sondern auch bezüglich der tensidischen Anteile und insbesondere der Mengen der jeweiligen Tenside unterscheiden.

Auch die Beschwerdegegnerinnen haben Unterschiede zwischen flüssigen und pulverförmigen Waschmitteln anerkannt.

4.4. Die Beschwerdegegnerin I hat - wie schon im Einspruchsverfahren - in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer auf das im Streitpatent zitierte Dokument (2) hingewiesen, das in den Beispielen (siehe insbesondere Seite 6, Zeile 56 bis Seite 7, Zeile 26 und die folgenden Tabellen, sowie Seite 3, Zeile 57 bis Seite 4, Zeile 3) Waschpulver mit verbesserten Waschergebnissen offenbart, die nicht nur Alkylpolyglycosid und Aniontensid, sondern auch Seife enthalten.

Darüber hinaus befaßt sich Dokument (2) auch mit der Substitution von Tensiden auf petrochemischer Basis durch solche, die aus nativen Grundstoffen erhältlich sind (Seite 2, Zeile 53 bis Seite 3, Zeile 7).

4.5. Die Kammer teilt daher die Auffassung, daß Dokument (2) dem Gegenstand des Streitpatents näher kommt als Dokument (3), weil es sich nicht nur mit dem gleichen Problem wie das Streitpatent befaßt, nämlich der Vermeidung petrochemischer Ausgangstoffe, sondern auch auf exakt demselben technischen Gebiet der Pulverwaschmittel liegt. Darüber hinaus gehört dieses Dokument zu dem Stand der Technik von dem das Streitpatent ausgeht (Seite 2, Zeilen 36 bis 37).

Dokument (2) betrifft Waschmittel, die ein Tensidgemisch aus Alkylpolyglycosid und Aniontensid im Gewichtsverhältnis 1:5 bis 5:1 enthalten (vgl. Ansprüche).

Konkret beschrieben ist in Beispiel 1(b) ein Waschpulver, das, bezogen auf das Gesamtgewicht, 12,5 % eines Alkylpolyglycosids mit 12 bis 14 C-Atomen im Alkylrest und einem Oligomerisierungsgrad von 1,3, 2,5 % eines Aniontensids und 1,5 % Seife als Tenside enthält (Seite 7, Zeilen 2 bis 35). Ähnliche Waschmittel sind in den Beispielen 2(b), 3(b), 4(b), 5(b), 6(b) und (c), 7(b) und 8(b) offenbart.

Im Unterschied zum Streitgegenstand enthalten diese Zusammensetzungen jedoch kein Fettalkoholoxethylat.

4.6. Nach dem von den Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit angewandten Aufgabe-Lösung-Ansatz ist nunmehr festzustellen, welche technische Aufgabe durch den Streitgegenstand gegenüber diesem nächstliegenden Stand der Technik objektiv gelöst wird und ob die gemäß Streitpatent vorgeschlagene Lösung dieser Aufgabe im Lichte des verfügbaren Stands der Technik naheliegend ist oder nicht.

4.7. Laut Streitpatent (Seite 4, Zeilen 53 bis 55) weisen die in den Tabellen offenbarten Beispiele ein verbessertes Waschvermögen auf, sowohl gegenüber nicht näher definierten Marktprodukten 9 (V) bzw. 7 (V) als auch gegenüber bekannten Formulierungen 1 (V) bis 3 (V), die aber entweder kein anionisches Tensid (Beispiel 2(V)) oder kein Fettalkoholoxethylat (Beispiele 1(V) und 3(V)) enthalten. Letztere können als repräsentativ für Waschmittel gemäß Dokument (2) gelten (vgl. Punkt 4.5).

Die Beispiele im Streitpatent sind aber allesamt unvollständig und nicht erfindungsgemäß beschrieben, da sie die Zusammensetzung der Waschpulver nur zu 79,2 Gew.-% bzw. 81,7 Gew.-% und ohne jeglichen Seifengehalt offenbaren.

4.8. Die Beschwerdeführerin hat angegeben, Seife sei in den Beispielen durchwegs zu 2,5 Gew.-% zugegen gewesen und die darüber hinaus scheinbar fehlende Menge sei Wasser, in Form von anhaftender Feuchte und Kristallwasser.

Die Beispiele 4 bis 8 seien daher erfindungsgemäß und belegten überraschende Effekte hinsichtlich der Pulver- und Wascheigenschaften des Streitgegenstandes im Vergleich zum Stand der Technik.

Bezüglich der nicht definierten Marktprodukte 9(V) hat die Beschwerdeführerin die Rezeptur von Persil 1987 als repräsentativ angegeben.

Selbst wenn man diese zusätzlichen Informationen akzeptiert, ist den Tabellen des Streitpatents kein Beweis für einen derartigen Effekt zu entnehmen. Denn die "erfindungsgemäßen" Beispiele 4 bis 8 in den Tabellen 1 und 2 des Streitpatents unterscheiden sich von den Vergleichsbeispielen 1(V) und 3(V) nicht nur in der zusätzlichen Anwesenheit des Fettalkoholoxethylats, sondern auch durch Variationen innerhalb des nach Anspruch 1 möglichen Gewichtsverhältnisses "anionischer Tensidanteil/nicht-ionischer Tensidanteil" und zumeist auch in der Anwesenheit eines zusätzlichen Aniontensids.

Daher ist den Beispielen des Streitpatents nicht zu entnehmen, daß die verbesserten Eigenschaften der "erfindungsgemäßen" Produkte 4 bis 8 im Vergleich zu den Produkten 1(V) und 3(V) gemäß Dokument (2) tatsächlich auf die im Streitgegenstand kombinierten Merkmale zurückzuführen wären.

Gleiches gilt für Persil@ 1987, das nach Angaben der Beschwerdeführerin für das Vergleichsbeispiel 9(V) steht. Auch dieser Stand der Technik unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von der Zusammensetzung der "erfindungsgemäßen" Beispiele (vgl. Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 10. Mai 1999, Seite 7, Gegenüberstellung von Persil 1987 und Beispiel 6 als "erfindungsgemäße" Formulierung), insbesondere dadurch, daß es kein Alkylpolyglycosid und weniger Gesamttenside enthält.

4.9. Die durch den Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber Dokument (2) glaubhaft gelöste "objektive" technische Aufgabe kann daher nur wie folgt definiert werden:

Bereitstellung weiterer pulverförmiger Waschmittel mit Tensidanteilen auf Basis nachwachsender und damit biologisch abbaubarer Rohstoffe.

4.10. Die Lösung dieser technischen Aufgabe besteht gemäß Anspruch 1 des Hauptantrags darin, daß im Tensidgemisch gemäß Beispielen 1(b) von Dokument (2) zusätzlich 3 bis 5. Gew.-% Fettalkoholoxethylat eingesetzt wurde.

4.11. Mischungen aus anionischen und nicht-ionischen Tensiden werden in vielen marktüblichen Waschpulvern verwendet (vgl. Streitpatent, Seite 2, Zeilen 5 bis 9). Fettalkoholoxethylat ist ein dafür typisches nicht-ionisches Tensid (vgl. Dokument (14) und Dokument (2) Beispiele V1 und 1(a)).

Daß solche marktüblichen Waschpulver annehmbare Waschergebnisse erzeugen, ist selbstverständlich und wird durch die Vergleichsbeispiele in Dokument (2) bestätigt. Es wird gezeigt, daß auch Waschpulver mit solch üblichen Mischungen aus Aniontensid und Fettalkoholoxethylat als nicht-ionisches Tensid gute bis sehr gute Waschergebnisse erzeugen können (vgl. z. B. in Tabelle 1 von Dokument (2) die Remissionswerte für "Fett-/Pigment" oder "Mineralöl" der Beispiele 1(a) und 1(b) oder die für "Makeup" oder "Kosmetik" der Beispiele V1 and 1(b)).

Dokument (2) hat dem Fachmann daher nicht nur den Einsatz von aus nachwachsenden Rohstoffen hergestelltem Alkylpolyglycosid als nicht-ionischen Bestandteil der Tensidmischung eines Pulverwaschmittels nahegelegt, sondern ihn auch implizit daran erinnert, daß zufriedenstellende bis gute Waschergebnisse auch durch Mischungen aus Aniontensid und Fettalkoholoxethylat erreichbar sind.

4.12. Die Kammer folgert daraus, daß der Fachmann schon allein durch Dokument (2) ausreichend Anregung erhält, in einem Waschpulver Alkylpolyglycosid und Fettalkoholoxethylat als nicht-ionische Tenside zu kombinieren, um ein weiteres pulverförmiges Waschmittel bereitzustellen, das Tenside aus nativen Grundstoffen enthält, zumal Dokument (2) auf die Möglichkeit, weitere Tenside zuzusetzen, hinweist (Seite 6, Zeilen 49 bis 50).

Dabei kann es, in Abwesenheit eines darauf basierenden besonderen Effekts (vgl. Punkt 4.8), nicht auf die konkrete Menge an Fettalkoholoxethylat von 3 bis 5 Gew.-% ankommen.

Unter diesen Umständen ist es auch unerheblich, ob mit dem Streitgegenstand gegenüber anderen handelsüblichen Waschmitteln, wie Persil@ 1987, verbesserte Waschergebnisse erzielt werden.

4.13. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hauptantrages gegenüber dem aus Dokument (2) bekannten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruht.

Hilfsanträge 1 bis 3

5. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthält zusätzlich zu den Merkmalen von Anspruch 1 gemäß Hauptantrag eine genauere Definition des einzusetzenden Fettalkoholoxethylats. Dieses unterscheidet sich aber nicht von dem gemäß Beispiel 1(a) aus Dokument (2) (vgl. insbesondere Seite 7, Zeilen 21 bis 22) und kann somit keinen erfinderischen Beitrag im Sinne von Artikel 56 EPÜ leisten.

Gemäß Beschwerdeführerin (vgl. unter Punkt V) soll Anspruch 1 des zweiten Hilfsantrags zusätzlich eine Definition der Seife enthalten. Danach soll es sich um C8-C22-Fettsäuren bzw. deren Salze handeln. Da die gleichen Seifen auch in Beispiel 1 von Dokument (2) verwendet werden (Seite 7, Zeile 12), kann auch dieses Merkmal nicht zu einem gemäß Artikel 56 EPÜ erfinderischen Gegenstand führen.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 unterscheidet sich von den Waschmitteln nach Dokument (2) zusätzlich dadurch, daß nur Seifen aus "gesättigten" Fettsäuren eingesetzt werden dürfen.

Diese Bedingung ist bei den in Dokument (2) genannten C8-C22-Fettsäuren offengelassen (Seite 7, Zeile 12). Daß die Fettsäurereste von Seifen für Waschmittelrezepturen gesättigt oder ungesättigt sein können, ist allgemein bekannt (vgl. Dokument (3), Seite 4, Zeilen 12 bis 13 und Dokument (12), Seite 360, rechte Spalte, letzter Absatz).

Die Beschwerdeführerin hat aber nicht gezeigt oder geltend gemacht, daß speziell durch die Verwendung von Seifen aus gesättigten Fettsäuren besondere technische Effekte erzielt würden. Daher ist dieses Merkmal nur als willkürliche Auswahl aus zwei Möglichkeiten zu betrachten.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht somit ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit im Sinne vom Artikel 56 EPÜ.

6. Somit bietet keiner der gestellten Anträge eine Basis zur Aufrechterhaltung des Patents.

7. Vorliegende Entscheidung gegen die Anträge der Beschwerdeführerin wurde in deren vorangekündigter Abwesenheit während der mündlichen Verhandlung erlassen. Die Entscheidung ist aber ausschließlich auf Tatsachen und Beweismittel gestützt, die bereits im schriftlichen Verfahren, einschließlich Einspruchsverfahren, vorgebracht wurden und zu denen sich die Beschwerdeführerin auch schriftlich äußerte. Daher ist das rechtliche Gehör (Artikel 113 (1) EPÜ) dieser Partei gewahrt (siehe auch G 4/92, ABl. EPA, 1994, 149; sowie T 341/92, ABl. EPA, 1995, 373).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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