T 1138/97 () of 6.11.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T113897.20001106
Datum der Entscheidung: 06 November 2000
Aktenzeichen: T 1138/97
Anmeldenummer: 90909663.8
IPC-Klasse: B29C 47/88
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Blasfolienherstellung
Name des Anmelders: Konermann, Stefan
Name des Einsprechenden: Octagon GmbH
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Ausführbarkeit (ja)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0409/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat das europäische Patent Nr. 0 478 641 (nachstehend Streitpatent genannt) in geändertem Umfang aufrechterhalten. Der Einspruch der Beschwerdeführerin (Einsprechenden) war auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) und b) EPÜ (mangelnde Neuheit und erfinderische Tätigkeit, fehlende Ausführbarkeit) gestützt.

II. Die Beschwerdeführerin legte Beschwerde ein, entrichtete die Beschwerdegebühr und reichte eine Beschwerdebegründung ein.

III. Am 6. November 2000 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Streitpatents.

Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Streitpatents auf der Grundlage der folgenden Dokumente:

a) Patentansprüche 1 bis 19, überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

b) Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.

IV. Die Ansprüche des Antrags des Beschwerdegegners enthalten sieben unabhängige Ansprüche, die wie folgt lauten:

"1. Verfahren zur Regelung des Dickenprofils einer Folienblase (10) in einer Folienblasvorrichtung mit einem die Folienblase (10) umgebenden Haupt-Kühlring (1), und einem Zusatzkühlring (3), der eine von dem Haupt-Kühlring (1) getrennte Ringdüse bildet, deren Austrittsöffnungen (20) in den von dem Haupt-Kühlring (1) abgegebenen Kühlgasstrom (2) münden, bei dem man:

a) über den Haupt-Kühlring (1) einen über den Umfang der Folienblase (10) einheitlichen Kühlgasstrom (6) zuführt,

b) getrennte Kühlgasströme (4) in verschiedenen Umfangsabschnitten der Folienblase (10) über getrennte Segmente (16;19) des Zusatzkühlrings (3) zuführt,

c) die Foliendicke oberhalb der Einfriergrenze in verschiedenen Umfangsbereichen abtastet und

d) eine die Kühlleistung der über den Zusatzkühlring (3) zugeführten Kühlgasströme bestimmende Größe segmentweise in Abhängigkeit von den gemessenen Foliendicken regelt,

dadurch gekennzeichnet, daß als Regelgröße die Förderleistung von gesonderten Kühlgas-Fördermitteln (7) für jedes einzelne Segment des Zusatzkühlrings (3) verwendet wird."

"2. Verfahren zur Regelung des Dickenprofils einer Folienblase (10) bei der Blasfolienherstellung, bei dem mit einem Haupt-Kühlring (1) ein über den Umfang der Folienblase (10) einheitlicher Kühlgasstrom erzeugt wird und die von dem Haupt-Kühlring abgegebene Kühlgasströmung (6) in einzelnen Umfangsbereichen der Folienblase modifiziert wird, dadurch gekennzeichnet, daß man einen Teil des zuführten Kühlgases am Umfang der Folienblase absaugt und die Saugleistung in einzelnen Umfangsbereichen der Folienblase getrennt steuert oder regelt."

"3. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, mit einem die Folienblase (10) umgebenden unsegmentierten Haupt-Kühlring (1), einem Zusatzkühlring (3), der eine von dem Haupt-Kühlring (1) getrennte, in einzelne Segmente (16;19) unterteilte Ringdüse bildet, deren Austrittsspalt (20) in den von dem Haupt-Kühlring abgegebenen Kühlgasstrom (2) mündet, und mit Einrichtungen zur Steuerung des Kühlgasstromes in den einzelnen Segmenten, dadurch gekennzeichnet, daß die Einrichtungen zur Steuerung des Kühlgasstromes getrennte Fördermittel (7) für jedes einzelne Segment umfassen."

"8. Verfahren zur Herstellung von Blasfolien in einer Folienblasanlage mit einem die Folienblase (110) umgebenden, einen ringförmigen Austrittsspalt (118) für Kühlluft aufweisenden Kühlring (116), bei dem zur Korrektur des Dickenprofils der Folienblase der Kühlluft-Durchsatz in den einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings (116) gesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, daß man zur gesteuerten Verringerung der Kühlluftströmung an der Folienblase (110) an in Umfangsrichtung des Kühlrings verteilten Positionen jeweils einen Teil (B) der Kühlluft abzweigt, indem man die Luft mittels einstellbarer Leitkörper oder Leitschaufeln (128;144;156;228) umlenkt, und daß man den Gesamt-Strömungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant hält."

"9. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Kühlring (116) radial außerhalb des Austrittsspaltes (118) einen Kranz von Ausstrittsöffnungen (126) aufweist und daß einstellbare Leitkörper oder Leitschaufeln (128;144;228) derart in der Kühlluftströmung (A) im Inneren des Kühlrings (116) angeordnet sind, daß sie einen Teil (B) des Kühlluftstromes an die Austrittsöffnungen (126) umlenken und bei ihrer Verstellung die Durchtrittsquerschnitte zu den Austrittsöffnungen und zum Austrittsspalt so verändern, daß der Gesamt-Strömungswiderstand im wesentlichen gleich bleibt."

"12. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8, gekennzeichnet durch in der Kühlluftströmung an oder stromabwärts des Austrittsspaltes (118) angeordnete Leitschaufeln (156), deren Radialposition und/oder Anstellwinkel steuerbar ist."

"14. Verfahren zur Herstellung von Blasfolien in einer Folienblasanlage mit einem die Folienblase (310) umgebenden, einen ringförmigen Austrittspalt (318) für Kühlluft aufweisenden Kühlring (316), bei dem zur Korrektur des Dickenprofils der Folienblase die Kühlluft-Strömung in den einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings (316) durch segmentweises Verengen oder Erweitern des Austrittsspaltes (318) gesteuert wird, dadurch gekennzeichnet, daß man die durch die Änderung der Spaltbreite bedingte Änderung des Strömungswiderstands zumindest teilweise kompensiert, indem man die Kühlluftströmung in den betreffenden Segmenten stromaufwärts des Austrittsspaltes in Abhängigkeit von der Spaltbreite drosselt."

"15. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 14, bei der der äußere Rand des Austrittsspaltes (318) durch radial verstellbare Schieber (320) begrenzt wird, dadurch gekennzeichnet, daß jedem Schieber eine stromaufwärts des Austrittsspaltes in der Kühlluftströmung angeordnete Drosseleinrichtung (326) zugeordnet ist, die antriebsmäßig mit dem Schieber gekoppelt ist und im Sinne einer stärkeren Drosselung der Kühlluftströmung betätigt wird, wenn der Schieber in Richtung größerer Spaltbreite bewegt wird."

V. Im Einspruchsverfahren wurden die folgenden Entgegenhaltungen als zum Stand der Technik gehörend genannt:

E1: US-A-4 443 400

E2: JP-A-43-12029

E3: DE-A-2 658 518

E4: US-A-4 209 475

E5: DE-A-3 743 720

E6: Plastverarbeiter, 29. Jahrgang 1978, Nr. 10, Seiten 543 - 550

E7: DE-A-2 254 687

E8: US-A-2 926 384

E9: FR-A-2 564 775.

Die Beschwerdeführerin hat im Beschwerdeverfahren zusätzlich noch die folgenden Entgegenhaltungen erwähnt:

E10: DE-A-3 634 535

E11: DE-A-3 243 884.

VI. Zur Begründung ihres Antrags hat die Beschwerdeführerin im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die zu lösende Aufgabe sei nicht die Erhaltung der Konstanz des Gesamtströmungswiderstandes, sondern die Kühlluftströmung derart zu steuern, daß eine Änderung der Kühlwirkung in den einzelnen Umfangsbereichen der Folienblase ermöglicht werde und extreme örtliche Schwankungen der Kühlwirkung vermieden werden. Es sei allgemein bekannt, um die Kühlwirkung eines Gebläses zu ändern, die Förderleistung entsprechend einzustellen.

Aufgrund fehlender Ausführbarkeit genügten die Gegenstände der Ansprüche 8, 9 und 12 nicht den Vorschriften des Artikels 83 EPÜ. Insbesondere sei es nicht möglich, den Gesamt-Strömungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant zu halten. Gemäß der Entscheidung T 409/91 reiche die Offenbarung eines einzigen Wegs zur Ausführung der Erfindung nur dann aus, wenn sie die Ausführung der Erfindung im gesamten beanspruchten Bereich ermögliche. In der in der Figur 5 des Streitpatents gezeigten Vorrichtung sei die Öffnung (126) entweder offen oder geschlossen. Daher sei eine Konstanz des Gesamt-Strömungswiderstands unerreichbar.

Die Gegenstände der Ansprüche 8, 9 und 12 seien auch nicht neu. Entgegenhaltung E10 offenbare eine Anordnung, in der ein Teil der Kühlluft abgezweigt werde. Eine solche Anordnung werde auch in Figur 10 des Streitpatents gezeigt.

Ferner seien die Gegenstände der Ansprüche 8 und 9 gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung E6 sowie die Gegenstände der Ansprüche 8, 9 und 12 gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung E11 ebenfalls nicht neu. In Figur 4 der Entgegenhaltung E11 werde eine Vorrichtung gezeigt, in der die Luftströmung durch eine bewegbare Trennplatte (20) geteilt werde. Die Beschreibung auf Seite 21, Zeilen 17 bis 29 der Entgegenhaltung E11 zeige, daß wenigstens drei unabhängig voneinander einstellbare Schrauben (24) anwesend seien. Es sei daher implizit offenbart, daß die Platte (20) flexibel sei, um eine individuelle Einstellung der Schrauben zu erlauben.

Falls die Kammer entscheide, daß die Gegenstände der Ansprüche 8, 9 und 12 neu seien, sei der den Gegenständen der Ansprüche 8, 9 und 12 nächstkommende Stand der Technik die Entgegenhaltung E10. Die Gegenstände dieser Ansprüche ergäben sich in naheliegender Weise aus einer Kombination dieser Entgegenhaltung mit den Entgegenhaltungen E5 und/oder E11.

Das im Anspruch 14 beanspruchte Verfahren sei nicht ausführbar.

Gemäß dem in der Entgegenhaltung E5 offenbarten Verfahren bleibe der gesamte durchströmte Querschnitt des Kühlringes konstant. Da damit auch der Strömungswiderstand gleich bleibe, sei das Verfahren gemäß Anspruch 14 des Streitpatents nicht neu.

VII. Zur Begründung seines Antrags hat der Beschwerdegegner im schriftlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Der Erfindung liege die Aufgabe zugrunde, Instabilitäten des Regelsystems zu vermeiden. Die Lösung dieser Aufgabe liege darin, die einzelnen Umfangssegmente zu entkoppeln. Gemäß dem Verfahren des Anspruchs 8 werde dies erreicht, indem die Kühlluft in einem Segment nicht gedrosselt, sondern ein Teil davon abgezweigt werde. Damit werde eine Beeinflussung der Kühlluftdurchfuhr in den benachbarten Segmenten vermieden. In der Ausführung der Figuren 5 und 6 stelle die Öffnung (126) kein zusätzliches Hindernis zur Kühlluftdurchfuhr dar. Der Ausdruck "Segment" bezeichne nur einen Umfangsbereich und impliziere nicht die Anwesenheit von Trennwänden zwischen den Segmenten.

Die Gegenstände der Ansprüche 8, 9 und 12 seien neu. In der Anordnung der Entgegenhaltung E10 gebe es keine Aufteilung der Luftströme. Wie in Figur 1 gezeigt, sei der Raum außerhalb des Aufsatzrings (5) von der Irisblende (4) abgeschlossen. Eine Änderung der Kühlwirkung erfolge durch Verstellung des Aufsatzrings und unter Ausnutzung des Bernoullieffekts.

Da die Entgegenhaltung E10 keine Aufteilung der Luftströme zeige, bilde die Entgegenhaltung E5 den nächstkommenden Stand der Technik. Es gebe jedoch keinen Hinweis im Stand der Technik, die einzelnen Segmente zu entkoppeln und dadurch eine unabhängige Änderung der Kühlwirkung in den einzelnen Umfangsbereichen der Folienblase zu ermöglichen.

Die Trennplatte (20) der Entgegenhaltung E11 sei starr und erlaube allenfalls eine Schrägstellung; wie aus den in den Figuren 3 und 4 gezeigten Anordnungen ersichtlich, führe dies jedoch zu einer Änderung im Querschnitt des oberen und des unteren Luftschlitzes, und damit zu einer Änderung des Strömungswiderstandes.

Entscheidungsgründe

1. Ansprüche 1 und 3

1.1. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 sind neu, denn keine der Entgegenhaltungen zeigt gesonderte Kühlgasfördermittel für jedes einzelne Segment des Zusatzkühlrings. Die Neuheit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 wurde im übrigen nicht bestritten.

1.2. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

Im Stand der Technik gemäß Entgegenhaltungen E1 bis E4 ist es durch Anwendung eines einzelnen Kühlgasfördermittels für alle Segmente des Kühlrings unvermeidlich, daß, wenn der Strömungswiderstand in einem Segment geändert wird, sich gleichzeitig der Gesamt-Strömungswiderstand ändert.

Gemäß Streitpatent, Seite 2, Zeilen 56 bis 58, besteht die Aufgabe der Erfindung darin, die Kühlluftströmung derart zu steuern, daß eine Änderung der Kühlwirkung in den einzelnen Umfangsbereichen der Folienblase ermöglicht wird und extreme örtliche Schwankungen der Kühlwirkung vermieden werden.

Die in Ansprüchen 1 und 3 beanspruchte Lösung dieser Aufgabe, gesonderte Kühlgasfördermittel für jedes einzelne Segment des Zusatzkühlrings vorzusehen, und dadurch den Kühlluftzufluß in einem Segment zu ändern, ohne eine Wirkung auf die benachbarten Segmente zu haben, ist dem Stand der Technik nicht entnehmbar. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 beruhen daher auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2. Ansprüche 8, 9 und 12

2.1. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)

Es wurde bestritten, daß es möglich sei, den Gesamt-Strömungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in einem Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant zu halten, indem man einen Teil der Kühlluft mittels einstellbarer Leitkörper oder Leitschaufeln abzweigt.

Wie hierbei im einzelnen vorzugehen ist, ist jedoch in der Beschreibung des Streitpatents auf Seite 7, Zeilen 18 bis 30, beschrieben. Dort wird gezeigt, daß durch die Wahl geeigneter Formen und Dimensionen der Leitschaufel (128) und der Öffnung (126) die Summe, gebildet aus dem Strömungswiderstand für die nicht abgezweigte Luft und dem Strömungswiderstand für die abgezweigte Luft, annähernd konstant gehalten werden kann.

Es ist richtig, daß Anspruch 8 die Maßnahmen zur Einhaltung des Gesamtströmungswiderstands nicht im einzelnen beschreibt. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Streitpatent, zu dem insbesondere auch die Beschreibung gehört, die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

Das in Anspruch 8 beanspruchte Verfahren ist daher für den Fachmann ausführbar. Ansprüche 9 und 12 beziehen sich auf Vorrichtungen zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 8 und genügen ebenfalls den Erfordernissen des Artikels 83 EPÜ.

2.2. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Von der Beschwerdeführerin wird geltend gemacht, daß der Gegenstand des Anspruchs 8 aufgrund der Offenbarung der Entgegenhaltung E10 nicht neu sei. Insbesondere wird geltend gemacht, daß ein Teil der durch den Kühlring (1) zugeführten Kühlluft durch den flexiblen Blendenring (5) abgezweigt und von der Blasfolie weggeleitet wird.

Diese Ansicht kann die Kammer nicht teilen. Wie in Figur 1 der Entgegenhaltung E10 und den durch (a,b,c) angedeuteten Luftströmungslinien gezeigt, wird der gesamte Luftstrom zwischen den Lamellen der Irisblende (4) und der Blasfolie (3) hindurch geleitet. Es ist nicht möglich, einen Teil des Luftstroms abzuzweigen, denn die Oberseite des Kühlrings (1), der Blendenring (7) und die Irisblende (4) bilden einen geschlossenen Raum. Eine Änderung der Kühlwirkung erfolgt durch eine Verstellung der Lamellen, wobei die Luftströmung mehr oder weniger gebremst wird (Spalte 2, Zeilen 5 bis 7).

Figur 3 zeigt lediglich eine andere Ausführungsform des in Figur 1 gezeigten festen Blendenrings (5). Eine Änderung des Luftstroms wird hier erreicht, indem der innere Rand des flexibel ausgebildeten Rings nach innen oder nach außen gebogen wird, so daß der Spalt zwischen Ring und Folienblase vergrößert oder verringert wird.

Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin kann daher der Entgegenhaltung E10 keine Vorrichtung entnommen werden, in der ein Teil der Kühlluft abgezweigt wird.

Aus der Entgegenhaltung E11 ist eine Vorrichtung zur Herstellung einer Folienblase bekannt, in der Kühlluft durch einen nach oben gerichteten Schlitz (22) in Extrusionsrichtung der Blase und durch einen nach unten gerichteten Schlitz (23) in entgegengesetzter Richtung zur Extrusionsrichtung abgegeben wird. Die Schlitze (22,23) sind durch eine Trennplatte (20) voneinander getrennt. In der Figur 4 wird eine Anordnung gezeigt, die dazu dient, die Trennplatte zu bewegen und dadurch die Kühlluftströmung in Extrusionsrichtung und in entgegengesetzter Richtung gleichzeitig einzustellen. Es ist jedoch nicht möglich, den Kühlluftdurchsatz in einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings zu steuern.

Seitens der Beschwerdeführerin wird argumentiert, daß die Trennplatte flexibel sei, so daß die Einstellung der einzelnen Schrauben (24) es ermöglicht, den Kühlluft-Durchsatz in einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings zu steuern. Es gibt jedoch in der Entgegenhaltung E11 weder einen Hinweis darauf, daß die Trennplatte flexibel ist, noch daß eine solche Steuerung möglich oder wünschenswert wäre.

Aus der Entgegenhaltung E6 ist es bekannt, zur Vermeidung großer Dickentoleranzen den Folienschlauch am Umfang möglichst gleichmäßig zu kühlen. Verschiedene Formen der Außenkühlluftsysteme sind beschrieben, unter anderem auch Systeme, bei denen die Kühlluft durch mehrere Austrittsspalte geführt wird. Es gibt jedoch keinen Hinweis auf eine segmentweise Steuerung der Kühlluftzufuhr, wobei der Gesamt-Strömungswiderstand in einem Umfangssegment konstant gehalten wird.

Auch der restliche Stand der Technik offenbart weder ein Verfahren noch eine Vorrichtung, wobei ein Teil der Kühlluft ohne Änderung des Gesamt-Strömungswiderstands abgezweigt wird.

Das Verfahren gemäß Anspruch 8 sowie die Vorrichtungen gemäß Ansprüche 9 und 12 des Streitpatents sind daher neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltungen E10 und E11. Dasselbe gilt in bezug auf den übrigen Stand der Technik.

2.3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

2.3.1. Nächstliegender Stand der Technik

Die Entgegenhaltung E4 bildet den nächstliegenden Stand der Technik. Es wäre jedoch ebenfalls möglich, die Entgegenhaltung E5 als nächstliegenden Stand der Technik heranzuziehen. Aus jedem dieser Dokumente ist ein Verfahren mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 8 bekannt. Die in der Entgegenhaltung E10 veröffentlichte Vorrichtung zeigt keine Aufteilung des Kühlrings in einzelne Umfangsbereiche.

In der bekannten Vorrichtung gemäß Entgegenhaltung E4 wird zur Korrektur des Dickenprofils der Folienblase die Breite des Austrittspaltes des Kühlrings segmentweise durch verschiebbare Blätter verengt oder vergrößert und dabei der Kühlluft-Durchsatz in den einzelnen Umfangsbereichen des Kühlrings gesteuert.

2.3.2. Aufgabe

Bei dieser bekannten Vorrichtung gemäß Entgegenhaltung E4 kommt es zu unerwünschten Wechselwirkungen zwischen benachbarten Segmenten, da sich bei der Verengung des Spaltes in einem Segment ein erhöhter Kühlluftdurchsatz in den benachbarten Segmenten ergibt. Solche Wechselwirkungen machen es schwierig, die Kühlluftströmungen so zu steuern, daß eine einheitliche Foliendicke erreicht wird.

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung von Blasfolien mit einer einheitlichen Foliendicke vorzusehen, das verhältnismäßig einfach zu steuern ist.

2.3.3. Lösung

Diese Aufgabe wird gemäß dem Verfahren nach Anspruch 8 dadurch gelöst, daß zur gesteuerten Verringerung der Kühlluftströmung an der Folienblase an in Umfangsrichtung des Kühlrings verteilten Positionen jeweils ein Teil der Kühlluft abgezweigt wird, indem die Luft mittels einstellbarer Leitkörper oder Leitschaufeln umgelenkt wird, und daß der Gesamt-Strömungswiderstand für die abgezweigte und die nicht abgezweigte Kühlluft in dem betreffenden Umfangssegment unabhängig von der Position der Leitschaufeln konstant gehalten wird.

Diese erfindungsmäßige Lösung der oben genannten Aufgabe wird nicht durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik nahegelegt. Insbesondere gibt es keinen Hinweis, für eine Abzweigung der Luftströmung, ohne Änderung des Gesamt-Strömungswiderstands, zu sorgen. Um so mehr als dem Stand der Technik nicht zu entnehmen ist, daß die Änderung des Strömungswiderstands in einem Segment zu einer Änderung der Strömungswiderstände in der restlichen Segmente führt und daß diese Änderungen der Strömungswiderstände eine stabile Steuerung des Verfahrens schwierig machen.

Das Verfahren gemäß Anspruch 8 des Streitpatents beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ und stellt somit eine patentfähige Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ dar.

Das Gleiche gilt auch für die Gegenstände der auf den Anspruch 8 rückbezogenen Ansprüche 9 und 12, welche Vorrichtungen zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 8 betreffen.

3. Ansprüche 14 und 15

3.1. Ausführbarkeit (Artikel 83 EPÜ)

Anspruch 14 bezieht sich auf das mit Bezug auf die Figuren 13 bis 17 der Zeichnungen des Streitpatents beschriebene Verfahren. Auf Seite 9, Zeilen 40 bis 47 des Streitpatents wird beschrieben, wie die Kühlwirkung in einem Segment durch den Schieber (320) geändert werden kann, ohne dadurch den Gesamt-Strömungswiderstand, und damit den Kühlluftdurchsatz, in dem Segment zu ändern.

Das im Anspruch 14 beanspruchte Verfahren ist daher für den Fachmann ausführbar.

3.2. Neuheit (Artikel 54 EPÜ)

Die Beschwerdeführerin verwies auf das in der Entgegenhaltung E5 offenbarte Verfahren, gemäß dem der gesamte durchströmte Querschnitt des Kühlringes konstant bleibt (Entgegenhaltung E5, Spalte 3, Zeilen 6 bis 9). Eine Vergrößerung der Durchsatzmenge in einem bestimmten Bereich des Kühlringes führt hier jedoch zu einer Verkleinerung des Durchsatzes in anderen Winkelbereichen des Kühlringes (Spalte 3, Zeilen 9 bis 13). Es gibt daher keinen Hinweis in dieser Entgegenhaltung, die durch die Änderung der Spaltbreite bedingte Änderung des Strömungswiderstands zumindest teilweise zu kompensieren, indem man die Kühlluftströmung in einem einzelnen Segment stromaufwärts des Austrittsspaltes in Abhängigkeit von der Spaltbreite drosselt.

Das Verfahren gemäß Anspruch 14 des Streitpatents ist daher neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung E5. Dasselbe gilt in bezug auf den übrigen Stand der Technik.

Das Gleiche gilt auch für den Gegenstand des auf den Anspruch 14 rückbezogenen Anspruchs 15, welcher eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 14 betrifft.

3.3. Erfinderische Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ)

Anspruch 14 bietet eine alternative Lösung zu der oben unter Punkt 2.3.2 angegebenen Aufgabe an. Gemäß Anspruch 14 wird die durch die Änderung der Spaltbreite bedingte Änderung des Strömungswiderstands zumindest teilweise kompensiert, indem man die Kühlluftströmung in einem einzelnen Segment stromaufwärts des Austrittsspaltes in Abhängigkeit von der Spaltbreite drosselt. Durch diese Kompensation hat eine Änderung des Strömungswiderstands in einem Segment keine Wirkung auf die Strömungen in den anderen Segmenten.

Wie oben unter Punkt 2.3.3 erwähnt, spricht der Stand der Technik das Problem, daß eine Vergrößerung der Durchsatzmenge in einem bestimmten Bereich des Kühlringes eine Verkleinerung des Durchsatzes des Kühlringes in den anderen Winkelbereiche hervorruft, und die sich daraus ergebenden Nachteile nicht an.

Das Verfahren gemäß Anspruch 14 des Streitpatents beruht daher auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ und stellt somit eine patentfähige Erfindung im Sinne des Artikels 52 (1) EPÜ dar.

Das Gleiche gilt auch für den Gegenstand des auf den Anspruch 14 rückbezogenen Anspruchs 15, welcher eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens gemäß Anspruch 14 betrifft.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent auf der Grundlage der folgenden Dokumente aufrechtzuerhalten:

a) Patentansprüche 1 bis 19, überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

b) Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.

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