T 1095/97 (Dreibasiges Treibladungspulver/WNC) of 15.11.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T109597.20001115
Datum der Entscheidung: 15 November 2000
Aktenzeichen: T 1095/97
Anmeldenummer: 90906180.6
IPC-Klasse: C06B 21/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung eines dreibasigen Treibladungspulvers
Name des Anmelders: WNC-NITROCHEMIE GMBH
Name des Einsprechenden: Société Nationale des Poudres et Explosifs (SNPE) S.A.
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 90 906 180.6 wurde das europäische Patent Nr. 0 424 490 erteilt. Das Patent wurde nach Einspruch von einer Einspruchsabteilung des EPA widerrufen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde der Patentinhaberin.

II. Als Einspruchsgründe sind genannt worden:

mangelnde Neuheit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 54 EPÜ), mangelnde erfinderische Tätigkeit (Artikel 100 a) in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ) und mangelnde Ausführbarkeit (Artikel 100 b) EPÜ).

Zur Stützung des Einspruchs wurden u. a. die nachfolgenden Druckschriften genannt:

D1: WO-A-88/02743

D6: FR-A-2 295 932

D7: EP-B-0 113 402.

Der Widerruf wurde mit mangelnder erfinderischer Tätigkeit des Patentgegenstandes, sowohl gemäß Hauptantrag (Ansprüche wie erteilt) als gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 begründet.

III. In der Beschwerdebegründung wurden den in der angefochtenen Entscheidung dargelegten Gründen gegen die erfinderische Tätigkeit widersprochen. Die Anträge die der Entscheidung zu Grunde lagen, wurden aufrechterhalten. Zusätzlich wurde als Hilfsantrag 3 ein mit Schreiben vom 24. April 1997 eingereichter und danach fallengelassener Hilfsantrag erneut gestellt. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 lautet wie folgt:

"Verfahren zur Herstellung eines dreibasigen Treibladungspulvers aus Nitrozellulose, Sprengöl und einem dritten, kristallinen Energieträger sowie Additiven unter Anwendung eines Lösungsmittels, gekennzeichnet durch folgende Schritte:

a) Aus wasserfeuchter Nitrozellulose und Sprengöl vorgemischte wasserfeuchte Rohmasse wird auf einer kontinuierlich arbeitenden, offenen Knetvorrichtung gelatiniert und dabei getrocknet, wobei der Knetvorgang so eingestellt wird, daß die Rohmasse beim Verlassen der Knetvorrichtung in ein fertig gelatiniertes Zwischenprodukt mit einem Restwassergehalt von weniger als 3 % überführt ist;

b) das Zwischenprodukt wird beim Verlassen der Knetvorrichtung granuliert;

c) das granulierte Zwischenprodukt (Granulat) und der dritte kristalline Energieträger sowie das Lösungsmittel werden einem kontinuierlich arbeitenden, geschlossenen Extruder zugeführt und in diesem durch Kneten homogenisiert und zu lösungsmittelfeuchten Pulversträngen extrudiert, wobei in Arbeitsrichtung des Extruders zuerst gemeinsam das Granulat und der kristalline Energieträger und nachfolgend das Lösungsmittel zugegeben werden;

d) die lösungsmittelfeuchten Pulverstränge werden auf Länge geschnitten und getrocknet."

In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 wurde zusätzlich aufgenommen, daß das Lösungsmittel dem Extruder in einer Menge von 60 bis 130 g pro kg der zugeführten Feststoffe (Granulat + kristalliner Energieträger) zugeführt wird.

In Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wurde die Menge des zugeführten Lösungsmittel auf 60 bis 100 g pro kg der zugeführten Feststoffe beschränkt.

IV. Am 15. November 2000 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Während dieser Verhandlung wurden die obengenannten Druckschriften erörtert.

V. Die Beschwerdegegnerin hat ihre Argumente gegen die erfinderische Tätigkeit der beanspruchten Gegenstände des Streitpatents bekräftigt. Die Wiederaufnahme des in der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung fallengelassenen Hilfsantrags 3 wurde als unzulässig betrachtet. Außerdem wurden die Änderungen in Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 als Verstoß gegen Artikel 123 (2) EPÜ angesehen.

Die gegen die erfinderische Tätigkeit des Verfahrens gemäß dem erteilten Anspruch 1 vorgebrachten Argumente können wie folgt zusammengefaßt werden.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 unterscheide sich vom Verfahren gemäß D1 nur durch die Angabe, daß das Lösungsmittel in Arbeitsrichtung des Extruders nach dem Granulat und dem kristallinen Energieträger zugegeben werde. Die Angabe, daß die Mischung im Extruder geknetet wird, unterscheide das beanspruchte Verfahren nicht von dem in D1 offenbarten, bei dem das Granulat durch das Lösungsmittel angeteigt und Nitroguanidin (der kristalline Energieträger) in diesen Teig eingearbeitet werde. Die separate Zugabe des Lösungsmittels sei in Hinblick auf D7 naheliegend.

In Bezug auf die Lösungsmittelmengeangaben in Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 3 wurde geltend gemacht, daß diese Mengen innerhalb des üblichen Bereichs liegen und der Fachmann sowieso bestrebt ist, die Menge an Lösungsmittel so gering wie möglich zu halten.

VI. Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Argumente können wie folgt zusammengefaßt werden.

In D1 wird ausdrücklich von einem Kneten in dem Extruder abgeraten, so daß eine Homogenisierung durch Kneten gemäß Anspruch 1 nicht nahegelegen haben könne. Außerdem gäbe es wegen Explosionsgefahr ein Vorurteil gegen das Kneten eines dreibasigen Pulvers in einer geschlossenen Vorrichtung, so daß ein Fachmann ein derartiges Verfahren nicht ausgeführt hätte. Der Umstand, daß der Fachmann das beanspruchte Verfahren in Betracht gezogen haben könnte, genüge nicht für eine Verneinung der erfinderischen Tätigkeit. Der Erfindung liege die neue Erkenntnis zu Grunde, daß durch die Gelatinierung der Nitrozellulose vor der Zugabe des Nitroguanidins die Explosionsgefahr verringert werde. Dadurch sei es möglich, das Nitroguanidin durch Kneten einzuarbeiten und dadurch auch die Menge an Lösungsmittel zu verringern. Die in den Hilfsanträgen 2 und 3 angegebenen Mengen an Lösungsmittel seien viel niedriger als im Stand der Technik für die Herstellung von dreibasigem Pulver vorgesehen.

VII. Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt, oder hilfsweise mit den Ansprüchen gemäß Hilfsantrag 1 bzw. 2 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung am 23. Juni 1997 oder gemäß Hilfsantrag 3, eingereicht mit Schreiben vom 24. April 1997.

Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1

2.1. Die Kammer betrachtet in Übereinstimmung mit den Parteien D1 als nächsten Stand der Technik. Es ist unbestritten, daß D1 die Verfahrensschritte a), b) und d) gemäß Anspruch 1 offenbart. Verfahrensschritt c) enthält die Merkmale, daß das Granulat und der kristalline Energieträger sowie das Lösungsmittel einem kontinuierlich arbeitenden, geschlossenen Extruder zugeführt und zu lösungsmittelfeuchten Pulversträngen extrudiert werden. Auch diese Merkmale sind aus D1 bekannt (Seite 3, letzte Zeile bis Seite 4, erster Absatz). Nicht offenbart ist das Merkmal aus Schritt c) "wobei in Arbeitsrichtung des Extruders zuerst gemeinsam das Granulat und der kristalline Energieträger und nachfolgend das Lösemittel zugegeben werden". Es ist weiter strittig ob das Merkmal aus Schritt c) nachdem die zugeführte Mischung in der Extruder durch Kneten homogenisiert wird, in D1 offenbart ist.

2.2. D1 verwendet für die Einarbeitung des Nitroguanidins in den Teig nicht den Ausdruck "Kneten". In D1 wird der Ausdruck "Kneten", in Zusammenhang mit dem Knetvorgang auf der offenen Scherwalze benutzt (Schritt a) gemäß Streitpatent). In Zusammenhang mit der Herstellung eines zweibasigen POL-Pulvers erwähnt D1, daß in dem Extruder keine Knetung stattzufinden braucht und der Extruder nur eine Förderschnecke und keine Knetelemente hat (Seite 3, in der Mitte und Seite 8, erster voller Absatz). Weil das Granulat schon homogen ist und bei der Herstellung eines zweibasigen Pulvers keine dritte Komponente eingearbeitet werden muß, ist es offensichtlich, daß in diesem Fall im Extruder nicht mehr geknetet werden muß. Aber auch wenn keine Knetwirkung mehr beabsichtigt ist, findet nach Auffassung der Kammer bei der Förderung eines Teiges mittels einer Förderschnecke in einem Extruder, durch die unvermeidbaren Scherkräfte eine Durchmischung des Teiges und damit eine Knetung statt. Dies ist sicherlich der Fall, wenn ein Zweiwellenextruder benutzt wird. Diese Möglichkeit wird in D1 ausdrücklich erwähnt (Seite 8). Diese Auffassung wird durch die Angabe im Streitpatent gestützt, daß der für die Knetung verwendete Extruder in üblicher Weise mit ein oder zwei Schnecken versehen ist (Spalte 6, Zeilen 53-56). Eine besondere Formgebung der Schnecke oder der Einbau von Knetelementen werden im Streitpatent nicht erwähnt. Die Knetwirkung im Extruder ist selbstverständlich viel geringer als auf der Scherwalze, was eine Erklärung dafür sein könnte, daß in D1 der Ausdruck Kneten nur in Zusammenhang mit der Gelatinierung auf der Scherwalze verwendet wird und nicht für die Einarbeitung der dritten Komponente in das angeteigte Granulat. Dies ändert jedoch nichts daran, daß die Einarbeitung eines Feststoffes in einen Teig, wie in D1 ausdrücklich erwähnt (Seite 4, Zeile 6), einen Knetvorgang unabdingbar macht. Die Beschwerdeführerin hat demgemäß nicht glaubhaft darlegen können, wie man ohne Kneten das Nitroguanidin in einen Teig aus Granulat und Lösungsmittel einarbeiten kann. Das Argument der Beschwerdeführerin, ein Fachmann würde eine Knetung eines dreibasigen Pulvers in einem geschlossenen Extruder, wegen Explosionsgefahr, nicht in Betracht ziehen, wird von D1 nicht gestützt, denn wie oben ausgeführt, bedingt die dort offenbarte Einarbeitung in einem geschlossenen Extruder zwangsläufig bereits ein Kneten. Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko besteht gemäß D1 vor allem bei der Gelatinierung, wenn die energietragenden Komponenten ohne Lösungsmittel geknetet werden. Deswegen sollte die Knetwirkung im Extruder bei der Herstellung eines POL-Pulvers gemäß D1 niedrig gehalten werden; für die Herstellung eines dreibasigen Pulvers gemäß D1, die in Anwesenheit eines Lösungsmittels erfolgt, ist das Explosionsrisiko beim Kneten viel geringer. Auch wurde bereits in D7 vorgeschlagen, ein dreibasiges Pulver in Anwesenheit eines Lösungsmittels in einem geschlossenen Extruder zu kneten. Weil gemäß D7 keine vorangehende Gelatinierung auf einer Scherwalze stattfindet, sondern alle Komponenten in dem Extruder geknetet werden müssen, sind hohe Scherkräfte erforderlich, wodurch die Masse sich erhitzt. Darum ist bei der Knetung gemäß D7 als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme eine Temperierung mittels einer Kühlflüssigkeit vorgesehen. Beim Verfahren gemäß D1, bei dem die Hauptknetarbeit auf der Scherwalze ausgeübt wird, ist eine Kühlung des Extruders nicht ausdrücklich vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen. Die Kammer kann keinen Grund erkennen, weshalb ein Fachmann die in D1 gegebenen Anweisungen zur Herstellung eines dreibasigen Pulvers nicht befolgen würde. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß D1 eine ausführbare Lehre zur Herstellung eines dreibasigen Treibladungspulvers gibt, wobei das Granulat in Anwesenheit eines Lösungsmittels zusammen mit einem kristallinen Energieträger in einem geschlossenen Extruder geknetet wird.

2.3. Als einziger Unterschied verbleibt also nur die Zugabe des Lösungsmittels nach dem Granulat und dem kristallinen Energieträger. Gemäß Streitpatent lag der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein verbessertes kontinuierlich durchführbares Verfahren anzugeben, das insbesondere mit einem geringeren maschinellen Aufwand als bisher auskommt und dessen Ablauf leicht einstellbar und kontrollierbar ist (Spalte 2, Zeilen 4-11). Es ist jedoch in Bezug auf D1 weder eine Verbesserung des Verfahrens noch eine Verringerung des maschinellen Aufwands erkennbar. Ausgehend von D1 kann die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe jedoch darin gesehen werden, für das dort allgemein gelehrte Verfahren für die Herstellung von dreibasigem Pulver eine konkrete Ausführungsart anzugeben. Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 durch ein Verfahren gelöst, bei dem in Arbeitsrichtung des Extruders zuerst gemeinsam das Granulat und der kristalline Energieträger und nachfolgend das Lösemittel zugegeben wird. Diese Angabe ist konkreter als die allgemeine Angabe in D1, dem warmen Granulat von der Scherwalze im Extruder Lösungsmittel hinzuzudosieren und an dieser Stelle auch das Nitroguanidin hinzuzugeben. Die Kammer hält es daher für glaubhaft, daß mit dem Verfahren gemäß Anspruch 1 diese Aufgabe tatsächlich gelöst wird.

2.4. Es bleibt zu untersuchen, ob die beanspruchte Lösung der bestehenden Aufgabe für den Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war. Wie bereits oben erwähnt, enthält D1 in Bezug auf die Zugabe der Komponenten für die Herstellung eines dreibasigen Pulvers in den Extruder keine genauen Angaben. Der Fachmann wird sich deswegen in anderen Publikationen auf dem einschlägigen technischen Gebiet umsehen. Er wird dabei auch D7, eine europäische Patentschrift mit dem Titel "Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung ein- oder mehrbasiger Treibladungspulver", näher in Betracht ziehen. Diese Patentschrift offenbart ein Verfahren zur Herstellung eines dreibasigen Pulvers, bei dem die vorgemischten Feststoffe in einem Extruder zusammen mit einem Lösungsmittel geknetet werden (Beispiel 2 und Spalte 6, Zeilen 8-56). Die Vormischung wird dabei durch eine Zugabeöffnung (6) und das Lösemittel in den stromabwärts gelegenen Düsenkanal (7) eingegeben (Fig. 2 und Spalte 5, Zeilen 11-21). Nach Auffassung der Kammer wird der Fachmann, der sich die oben genannte Aufgabe stellt, sofort erkennen, daß diese in D7 angegebene Reihenfolge der Zudosierung der Feststoffe und Lösungsmittel auch für das Verfahren gemäß D1 geeignet ist und seine Aufgabe löst.

2.5. Dem Argument der Beschwerdeführerin, daß ein Fachmann durch Zusammenschau der Lehren von D1 und D7 die beanspruchte Lösung zwar hätte finden können, jedoch nicht ohne erfinderische Tätigkeit finden würde, kann die Kammer nicht folgen. Beide Druckschriften betreffen die sichere Herstellung von dreibasigen Treibladungspulvern. Für das hier zu lösende Problem, einen konkreten Weg anzugeben, um Feststoffe und Lösungsmittel einem Extruder zuzuführen, gibt es nur wenig Möglichkeiten. Die Beschwerdeführerin hat nicht dargelegt, daß für den Fachmann die Wahl einer dieser Möglichkeiten davon abhängt, wie die erhaltene lösungsmittelhaltige Masse anschließend weiterverarbeitet wird. Auch die Kammer kann einen Zusammenhang zwischen der Zugabereihenfolge und der Weiterverarbeitung nicht erkennen. Wenn man also schon zugunsten der Beschwerdeführerin unterstellt, daß ein Fachmann die beanspruchte Zugabereihenfolge nicht auch ohne Hilfe der Druckschrift D7 gefunden hätte, so ist die Kammer jedenfalls im Hinblick auf das Vorbild in D7 davon überzeugt, daß der Fachmann die beanspruchte Reihenfolge sicherlich in Betracht gezogen hätte.

2.6. Es mag sein, daß durch die Prä-Gelatinierung auf der Scherwalze vor der Einarbeitung des Nitroguanidins die Explosionsgefahr gegenüber einem Verfahren, bei dem alle Komponenten gleichzeitig geknetet werden, verringert wird, und daß der Fachmann sich dessen nicht bewußt war; für die Suche nach einer Lösung des obengenannten Problems ist das Fehlen dieser Einsicht jedoch, wie vorstehend erläutert, unbeachtlich.

2.7. Die Kammer ist daher der Überzeugung, daß die beanspruchte Lösung der obengenannten Aufgabe durch das Verfahren gemäß Anspruch 1 sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, so daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.

3. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2

Dieser Anspruch enthält als zusätzliches Merkmal die Zuführung des Lösungsmittel in einer Menge von 60 bis 130 g pro kg der zugeführten Feststoffe. D1 sagt über die Menge des Lösungsmittels nicht aus. In D7 wird für ein dreibasiges Treibladungspulver 240 bis 300 g Lösungsmittel pro kg Feststoff in dem Extruder vorgeschlagen (Beispiel 2). Dabei ist jedoch zu bedenken, daß gemäß D7 alle Komponenten in dem Extruder gemischt werden und das Lösungsmittel auch zur Gelatinierung dient. Bei diesem Prozeß entweicht ein Großteil des Lösungsmittels wieder durch die Entgasungsöffnung (8); siehe Spalte 5, Zeilen 21-26. Es ist somit für einen Fachmann selbstverständlich, daß beim Verfahren gemäß D1, bei dem die Gelatinierung vor der Eingabe in den Extruder schon abgeschlossen ist, die Menge an Lösungsmittel gegenüber D7 wesentlich niedriger gehalten werden kann. Die geeignete Menge muß er durch fachmännisches Experimentieren herausfinden. Er wird jedenfalls versuchen, diese Menge so gering wie möglich zu halten, weil höhere Mengen Lösungsmittel die mechanische Stabilität des Extrudats verringern würden und das Lösungsmittel auch wieder entfernt werden muß. Darüber hinaus ist es aus D6 bekannt, daß für die Herstellung eines dreibasigen Treibladungspulvers durch Kneten und Extrudieren der gesamten Masse eine Lösungsmittelmenge von 10 bis 25 Gew.% ausreicht (Seite 5, Zeilen 11-14). Weil das Lösungsmittel auch hier für die Gelatinierung verwendet werden muß, ist es naheliegend, beim Verfahren gemäß D1 an der in D6 genannten unteren Grenze der Richtwerte oder mit noch geringeren Mengen zu arbeiten. Dem Vortrag der Beschwerdeführerin, das damalige technische Verständnis hinsichtlich Lösungsmittelanteil laufe der technischen Lehre des Streitpatents gerade entgegen, kann die Kammer somit nicht folgen. Vielmehr ist sie der Überzeugung, daß es für einen Fachmann mit der Aufgabe, das Verfahren gemäß D1 weiter zu konkretisieren, nahe lag, einen Bereich von 60 bis 130 g Lösungsmittel pro kg Feststoff in Betracht zu ziehen.

4. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3

Die Ansprüche gemäß Hilfsantrag 3 wurden bereits während des Verfahrens vor der Einspruchsabteilung eingereicht, jedoch unter dem Druck von Einwänden unter Artikel 123 (2) EPÜ wieder fallengelassen. Hinsichtlich der Zulässigkeit dieses Hilfsantrags braucht die Kammer keine Stellungnahme abzugeben, da aus den gleichen Erwägungen die die Kammer schon für den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 in Betracht gezogen hat, der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Erwägungen der Kammer, die dazu geführt haben, die Angabe eines konkreten Mengenbereichs des Lösungsmittels in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 nicht als erfinderisch zu betrachten, sind nämlich nicht vom Zahlenwert der Obergrenze dieses Bereichs abhängig. Hilfsantrag 3 ist damit auch nicht gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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