T 1068/97 () of 8.2.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T106897.20000208
Datum der Entscheidung: 08 Februar 2000
Aktenzeichen: T 1068/97
Anmeldenummer: 92119869.3
IPC-Klasse: G04G 7/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Einrichtung zum Empfangen von mittels Funk übertragener, codierter Zeitsignale
Name des Anmelders: Buderus Heiztechnik GmbH
Name des Einsprechenden: (1) Joh. Vaillant GmbH u. Co.
(2) Viessmann Werke GmbH & Co. KG
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit (bejaht)
Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Novelty (yes)
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerde des Patentinhabers richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 555 534 widerrufen worden ist. Als Begründung führt die angefochtene Entscheidung an, daß der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhe. Dagegen stellt die angefochtene Entscheidung fest, daß die ebenfalls vorgebrachten Einspruchsgründe mangelnde Neuheit (Art. 100 a), 52 (1) und 54 EPÜ) und unzulässige Erweiterung (Art. 100 c) EPÜ) der Aufrechterhaltung des Patents nicht entgegenstünden.

II. Der einzige Patentanspruch in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"Einrichtung zum Empfangen mittels Funk übertragener, codierter Zeitsignale eines Senders (9) und zur Weiterleitung an die Schaltuhr (4) des Kesselreglers (3) einer Zentralheizungsanlage, bestehend aus einem an einer empfangsgünstigen Stelle eines Gebäudes angeordneten Empfänger (8) mit einer die Signale empfangenden Antenne (10) und einer Elektronik (11) zum Auswerten und Umsetzen der Sendeimpulse, dadurch gekennzeichnet, daß der Empfänger (8) für die Signale in einem mit dem Kesselregler (3) verbundenen, im Wohnbereich (5) angeordneten Fernbedienungsgerät (6) angeordnet ist und daß der Weiterleitung an die Schaltuhr (4) die installierte Zuleitung (7) vom Fernbedienungsgerät (6) zum Kesselregler (3) dient."

III. Die Beschwerdegegner 1 und 2 (Einsprechende 1 und 2) haben ihr Vorbringen auf folgende Dokumente gestützt:

E1: Anleitung für Montage, Inbetriebnahme, Diagnose und Service, Dekamatik-DE, der Fa. Viessmann Werke GmbH & Co, Druckschrift 5128 887 10/91

E2: Anleitung für Montage, Inbetriebnahme, Diagnose und Service, Dekamatik-HK2, der Fa. Viessmann Werke GmbH & Co, Druckschrift 5129 239 11/91

E3: Montageanleitung Wandmontagesockel für Bedieneinheit zur Dekamatik, der Fa. Viessmann Werke GmbH & Co, Druckschrift 5128 800 6/91

E4: DATABASE WPI Week 8533, Derwent Publications Ltd., London, GB; AN 85-201584, Anonymous "Heating controller with radio control - of clocks using controllers receiving standard long wave timing signals" (& Research Disclosure, Juli 1985, Nr. 25510, Seite 332)

E5: "Das Funktionsprinzip der Junghans MEGA"

E6: EP-A-0 424 772 (& DE-U-89 12675)

E7: EP-A-0 062 218

E8: DE-U-91 12730.

IV. Der Beschwerdeführer argumentierte im wesentlichen wie folgt:

a) E1 bis E3 offenbarten zwar Fernbedienungsgeräte mit Uhr im Wohnbereich, aber keinen Empfänger für mittels Funk übertragene Zeitsignale. Es sei nicht einmal eine Weiterleitung von Zeitsignalen an die Schaltuhr eines Kesselreglers vorgesehen. Ein Empfänger in einem Fernbedienungsgerät und die Weiterleitung der ausgewerteten und umgesetzten Signale über die installierte Zuleitung vom Fernbedienungsgerät zum Kesselregler sei weder in E1 bis E3 noch in einem der anderen Dokumente offenbart. Der bezüglich Funkuhren nachgewiesene Stand der Technik sage entweder nichts über die Anordnung des Empfängers aus (wie E4 und E5) oder offenbare, daß Empfänger für solche Funkzeitsignale nicht im Wohnbereich, schon gar nicht im Fernbedienungsgerät eines Kesselreglers, angeordnet würden (wie E6 bis E8).

b) E6 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar und offenbare die Merkmale des Oberbegriffs des einzigen Patentanspruchs. Der Umsetzer-Empfänger sei hier von den Auswertestationen bewußt getrennt und in einem separaten Gehäuse an einer empfangsgünstigen Stelle im Dachbereich angeordnet. Die dem Heizkessel zugeordnete Auswertestation sei im empfangsungünstigen Kellerbereich angeordnet und stelle eine von mehreren Zwischenstationen dar, die vom Umsetzer-Empfänger die umgesetzten Zeitsignale empfingen und für das jeweils zugeordnete Gerät auswerteten. Weiter werde hier als Übertragungsweg für die Weiterleitung der Zeitsignale ein vom heizungstechnischen Funktionsbereich getrennter Weg, nämlich das Stromversorgungsnetz oder eine separate Funkstrecke, verwendet. Eine Störung dieses separaten Übertragunswegs sei in E6 ausdrücklich ins Auge gefaßt. Die bekannte Einrichtung löse daher nicht die in der Patentschrift angegebene Aufgabe.

c) Der Gegenstand des Streitpatents stelle demgegenüber einen technischen Fortschritt dar. Die Integration des Empfängers in den heiztechnischen Funktionsbereich vereinfache die Installation der Anlage und mache Planungsarbeiten überflüssig. Trotzdem sei ein sicherer Empfang und eine ungestörte Weiterleitung der Zeitsignale gewährleistet. Die Anordnung des Empfängers im Fernbedienungsgerät und die Weiterleitung der Signale über die installierte Zuleitung stellten daher eine nicht naheliegende Kombination von zwei Schritten mit einer spezifischen Auswahl hinsichtlich des Einbauortes, des Geräts und der Zuleitung dar.

V. Der Beschwerdegegner 1 argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Der Gegenstand des Streitpatents sei dem Fachmann durch E6 allein nahegelegt. Denn E6 (Figur 2) offenbare einen Empfänger für (sekundär abgestrahlte) codierte Zeitsignale, der mit dem Kesselregler über das Stromversorgungsnetz verbunden sei. Der Gegenstand des Streitpatents unterscheide sich von E6 nur darin, daß der Empfänger nach dem Streitpatent in einem Fernbedienungsgerät im Wohnbereich angeordnet sei. Fernbedienungsgeräte seien aber an sich bekannt und in der Regel über eine Zuleitung mit dem von ihnen gesteuerten Gerät verbunden. Außerdem zeige E6 (Figur 1) auch andere Auswertegeräte (19) im Wohnbereich, welche durchaus in der Lage seien, den Kesselregler im Kellerbereich über die vorhandenen Leitungen fernzubedienen. Es biete sich dem Fachmann daher an, den Empfänger für die Zeitsignale in einem Fernbedienungsgerät im Wohnbereich anzuordnen.

VI. Der Beschwerdegegner 2 argumentierte im wesentlichen wie folgt:

a) Die Dokumente E1 bis E3 offenbarten Teile des Dekamatik-Systems und seien gewissermaßen als einziger, homogener Stand der Technik anzusehen. Nach diesen Montageanleitungen werde ein Fernbedienungsgerät mit Uhr im Wohnbereich angeordnet und mit dem Kesselregler über eine Zuleitung verbunden, über welche Zeitimpulse weitergeleitet würden. Dies ergebe sich daraus, daß z. B. zur Synchronisation oder Korrektur der Zeiteinstellung des Kesselreglers Zeitsignale weitergeleitet werden müßten. Eine Funkuhr werde in E1 bis E3 zwar nicht ausdrücklich genannt, sei aber aufgrund des durch E4 (oder E6 bis E8) belegten Fachwissens für den Fachmann vom Inhalt mit erfaßt (siehe Richtlinien, C-IV, 7.2). Der Gegenstand des Streitpatents sei daher nicht mehr neu.

b) Der Gegenstand des Streitpatents sei, ausgehend von dem in E1 bis E3 beschriebenen Dekamatik-System, auf jeden Fall naheliegend, da das einzige explizite Unterscheidungsmerkmal, die Verwendung einer Funkuhr anstelle einer konventionellen Uhr zur Zeitsteuerung von Heizungsreglern, schon lange bekannt gewesen sei. Zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents habe dies geradezu in der Luft gelegen, wie die Dokumente E4 bis E8 zeigten. Gegenüber E1 bis E3 sei die objektive Aufgabe nicht die in dem Streitpatent angegebene, sondern es werde nur eine präzisere und automatisierte Erzeugung von Zeitsignalen erreicht, die nicht erfinderisch sein könne. Die vom Beschwerdeführer genannten technischen Vorteile träfen nicht zu, da Heizungsfirmen sich nicht um Planungsarbeiten kümmerten, sondern fertige Pakete verkauften, deren Teile in einfacher und vertauschsicherer Weise zu montieren seien, wie E1 bis E3 bewiesen.

c) Auch von E6 als nächstliegendem Stand der Technik ausgehend, sei der Streitgegenstand nicht erfinderisch. E6 offenbare ein Fernbedienungsgerät im Wohnbereich, das einen Empfänger aufweise und über eine vorhandene Zuleitung mit dem Kesselregler verbunden sei. Denn die Auswertestationen (19) seien laut E6 (Spalte 2, Zeilen 11 bis 17) geeignet, die Zeit anzuzeigen und Lastkreis-Schaltstrecken zu steuern. Die Auswertestation für die Heizung im Wohnbereich, die in Figur 1, links, in E6 dargestellt sei, könne daher als Fernbedienung für den Kesselregler angesehen werden. Außerdem sei nach E6 (Spalte 2, Zeilen 23 bis 32; Spalte 3, Zeilen 6 bis 10) vorgesehen, den Umsetzer-Empfänger (12) für die empfangenen Funksignale in einer funktechnisch geeigneten Position, "etwa unter dem Dach" oder "etwa unter dem Dachstuhl", anzuordnen. Das schließe für den Fachmann den Wohnbereich mit ein, da praktisch nur die Kellerräume funktechnisch ungünstig seien. Als Unterschied verbleibe lediglich, daß beim Streitpatent die installierte Zuleitung des Fernbedienungsgeräts zum Kesselregler zur Weiterleitung der Signale verwendet werde. Da bekannte Fernbedienungen notwendigerweise eine Zuleitung zum Kesselregler aufwiesen, sei es trivial gewesen, diese Zuleitung zur Signalübertragung vom Funkuhrempfänger zum Kesselregler zu nutzen, um auf eine separate Verkabelung verzichten zu können. Auch die räumliche Kombination des Umsetzer-Empfängers und der Auswertestation im Wohnbereich, die der Fachmann wegen der funktechnisch geeigneten Position in Erwägung ziehen würde, führe bei der Lehre von E6 unmittelbar zum Gegenstand des Streitpatents. Ähnliche Überlegungen gälten auch für E7.

VII. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in unveränderter Form aufrechtzuerhalten. Die Beschwerdegegner 1 und 2 beantragten, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die angefochtene Entscheidung bringt die Auffassung der Einspruchsabteilung zum Ausdruck, daß der Einspruchsgrund unzulässiger Erweiterung (Art. 100 c) EPÜ) einer Aufrechterhaltung des europäischen Patents nicht entgegenstehe. Die Parteien haben diese Auffassung im Beschwerdeverfahren nicht bestritten. Die Kammer sieht keine Veranlassung, zu diesem Punkt Stellung zu nehmen.

3. Neuheit

3.1. Nach Ansicht der Kammer entspricht die vom Beschwerdegegner 2 angeführte Stelle der Richtlinien, C-IV, 7.2, der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, nämlich daß ein Gegenstand dann neuheitsschädlich getroffen ist, "wenn dieser unmittelbar und eindeutig aus einem Dokument hervorgeht, einschließlich der Merkmale, die darin zwar nicht ausdrücklich genannt sind, aber für den Fachmann vom Inhalt mit erfaßt sind."

3.2. Nach dem Wortlaut des vorliegenden einzigen Patentanspruchs ist der Empfänger (mit Antenne und Elektronik zum Auswerten) in dem im Wohnbereich angeordneten Fernbedienungsgerät angeordnet. Darunter ist ein übliches Gerät für die Fernbedienung eines Kesselreglers einer Zentralheizungsanlage zu verstehen, welches über die installierte Zuleitung mit dem Kesselregler verbunden ist. Die Beschreibung des Streitpatents (Spalte 2, Zeilen 51 bis 57) bestätigt, daß der Begriff im vorliegenden einzigen Patentanspruch im üblichen Sinne zu verstehen ist, da dort ausgeführt ist, daß in bekannter Weise vom Fernbedienungsgerät über die installierte Zuleitung Befehle an den Heizungsregler geleitet werden und der Empfänger zusätzlich zu den üblichen Funktionselementen in dem Fernbedienungsgerät angeordnet ist.

3.3. Keines der Dokumente E1 bis E3 weist einen Empfänger mit einer Antenne für über Funk übertragene Signale und eine Elektronik zum Auswerten und Umsetzen der Sendeimpulse in einem solchen Fernbedienungsgerät auf. Das wurde vom Beschwerdegegner 2 auch nicht bestritten. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Fachmann beim Lesen von E1 bis E3 eine Funkuhr anstelle einer konventionellen Uhr zur Steuerung eines Kesselreglers in Betracht gezogen hätte. Keines dieser Dokumente offenbart jedoch unmittelbar und eindeutig, die Antenne und Elektronik im Fernbedienungsgerät anzuordnen und umgesetzte Zeitsignale an eine Schaltuhr im Kesselregler weiterzuleiten. E4 und E6 bis E8 (siehe weiter unten) zeigen ja gerade, daß die Fachwelt vor dem Prioritätstag des Streitpatents andere Anordnungen der Antenne, Elektronik und Schaltuhr gewählt hat. Bei dieser Sachlage braucht nicht entschieden werden, ob E1 bis E3 überhaupt als einziger homogener Stand der Technik angesehen werden können.

3.4. Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs des vorliegenden Streitpatents gilt daher als neu.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Die Parteien, wie auch die angefochtene Entscheidung (Seite 7, Absatz 1), sind sich einig, daß die in E6 offenbarte Einrichtung als relevantester Stand der Technik angesehen werden kann. Nur der Beschwerdegegner 2 geht alternativ auch von E1 bis E3 als nächstliegendem Stand der Technik aus.

4.1.1. Es ist unbestritten, daß E6 die Merkmale des Oberbegriffs des einzigen Patentanspruchs des Streitpatents offenbart. Der Empfänger mit Antenne (15) und Elektronik (12) zum Auswerten und Umsetzen der Sendeimpulse ist in E6 an einer funktechnisch geeigneten Position, etwa unter dem Dach, angeordnet. Die ausgewerteten und umgesetzten Sendeimpulse werden von lediglich einem Umsetzer-Empfänger (12) über eine lokale Übermittlungsstrecke (Hausnetz oder Kurzwellen-Funkstrecke) parallel an beliebige Auswertestationen (19) übertragen. Somit können die von Langwellen-Sendern empfangenen Zeitsignale auch an (für Langwellen-Sender) funktechnisch unzugängliche Räume übermittelt werden. Eine Auswertestation kann auch die Funktion einer Schaltuhr in einem Heizungskeller übernehmen (E6, Spalte 1, Zeilen 33 - 50 und Spalte 2, Zeilen 11 - 32).

4.1.2. Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs hebt sich von diesem Stand der Technik durch die Merkmale seines kennzeichnenden Teils ab. Das Streitpatent (Spalte 2, Zeilen 16 - 21) nennt die gegenüber der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung unveränderte Aufgabe, ein sicheres Empfangen der Signale des Senders zu gewährleisten und dennoch auf separate Verkabelungen von einem entfernt sitzenden Empfänger zur Schaltuhr zu verzichten. Der Beschwerdeführer hat die Auffassung vertreten, daß E6 diese Aufgabe nicht löse. Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht uneingeschränkt anschließen. Denn E6 sieht ebenfalls keine separate Verkabelung vor, sondern verwendet in einer Ausgestaltung die vorhandene Verkabelung des Hausnetzes. Allerdings werden dazu Koppelstufen (34) für die Ein- und Auskopplung der Signale benötigt (E6, Spalte 4, Zeilen 33 - 43). Auch im sicheren Empfangen der Signale sieht die Kammer keinen wesentlichen Unterschied, da die gewählte Anordnung in E6 gerade die Möglichkeit bietet, eine empfangsgünstige Position unabhängig von den Auswertepunkten zu wählen. Unterschiede würden sich allenfalls in der gewählten Übertragungstechnik für die Weiterleitung der Zeitsignale ergeben. Daher verbleibt nach Ansicht der Kammer als objektive Aufgabe, unter Berücksichtigung der genannten Vorgaben (sicherer Empfang, keine separate Verkabelung) eine Anordnung zu finden, die einfacher zu installieren und kostengünstiger ist.

4.1.3. Diese Aufgabe wird beim Streitgegenstand auch gelöst. Denn durch die Verwendung von Teilen des heizungstechnischen Funktionsbereichs (Fernbedienungsgerät und Zuleitung) ist der Konstrukteur nicht auf andere Verkabelungen angewiesen und somit unabhängig von variablen Gebäudevorgaben, insbesondere deren Hausnetzen. Die einheitliche Ausführung sowie der Wegfall von Koppelstufen für das Hausnetz dürften auch eine kostengünstigere Ausführung bei trotzdem sicherem Empfang ermöglichen, zumindest dann, wenn nur Zeitsignale für den Kesselregler benötigt werden und wenn die Empfangslage ausreichend gut ist.

4.1.4. Fernbedienungsgeräte für Heizungsregler waren zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents allgemein bekannt. Nichts deutet darauf hin, daß die Auswertestation in Figur 1 von E6 (Erdgeschoß, ganz links) ein solches Fernbedienungsgerät darstellt, oder daß sie auch nur in irgendeiner Form mit einem solchen Fernbedienungsgerät kombiniert oder verbunden wäre. Aufgrund der Beschreibung (E6, Spalte 4, Zeilen 20 - 32) und der Darstellungsweise für die übrigen Räume (E6, Figuren 1 und 2) dürfte diese Auswertestation die Funktion einer Schaltuhr für die Heizung eines an das eigentliche Wohnhaus angrenzenden Raums darstellen. Auf jeden Fall handelt es sich hier um eine Auswertestation, die in gleicher Weise, wie jene des Heizraums im Untergeschoß, Zeitsignale von dem gemeinsamen Umsetzer-Empfänger unter dem Dach empfängt. Wenn die Anordnung dahingehend vereinfacht werden sollte, daß nur Zeitsignale an heizungstechnische Geräte gesendet werden, würde der Fachmann, in Übereinstimmung mit der Lehre von E6, den Umsetzer-Empfänger an einer empfangsgünstigen Position in der Nähe eines Netzanschlusses anordnen und die Zeitsignale über das Hausnetz an die Schaltuhr im Keller und, sofern vorhanden, an die Uhr eines Fernbedienungsgeräts weiterleiten. Die Lehre von E6 ermöglicht es ja gerade, auf eine besondere Nähe zu heizungstechnischen Bauteilen zu verzichten (E6, Spalte 1, Zeile 33 bis Spalte 2, Zeile 6). Außerdem bietet die Beibehaltung des in E6 offenbarten Übertragungsweges den Vorteil, auch nachträglich noch weitere Auswertestationen anzuschließen, um z. B. einzelne Raumheizungen mit einer Schaltuhr zu steuern.

4.1.5. Man kann zwar, wie dies der Beschwerdegegner 1 gemacht hat, eine funkgesteuerte Auswertestation in E6 (Figur 2, rechts: 19) als Empfänger mit Antenne und Elektronik zum Auswerten ansehen. Nach E6 würde es jedoch kaum Sinn machen, diese empfangenen und umgesetzten Zeitsignale an ein anderes separates Gerät, insbesondere eine Schaltuhr einer anderen Auswertestation, weiterzuleiten. Auch wenn der Fachmann die Idee hätte, eine funkgesteuerte Auswertestation in der Nähe eines üblichen (in E6 nicht offenbarten) Fernbedienungsgerätes anzuordnen oder sogar mit diesem zu kombinieren, wäre es für ihn nicht naheliegend, gerade für die Verbindung zur Schaltuhr des Kesselreglers auf die schon vorhandene (Kurzwellen) Funkstrecke zu verzichten. Er müßte nämlich dazu, entgegen der Lehre von E6, von dem Konzept abgehen, daß von einer empfangsgünstigen Stelle alle anderen Zeitsignalempfänger versorgt werden.

4.1.6. Auch aus den anderen im Verfahren genannten Dokumenten erhält der Fachmann keinen Hinweis, der ihn in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents führen würde.

a) Auf der Suche nach einer einfacheren heizungsspezifischen Lösung könnte der Fachmann in E8 (Seite 2, Zeilen 1 - 11; Figuren 1 und 3) den Hinweis erhalten, daß die Anordnung einer Antenne und einer Elektronik im Gehäuse des Außentemperaturfühlers (oder an diesem) eine einfache Alternative darstellt, die ohne Übertragung von Signalen über das Hausnetz und in der Ausführung nach Figur 3 sogar ohne separate Leitungen auskommt. E8 gibt aber keinen Hinweis, den Zeitsignalempfänger im Fernbedienungsgerät im Wohnbereich anzuordnen.

b) E4 (insbesondere rechte Spalte der Research Disclosure) und E7 (Seite 13, Absatz 2) zeigen, daß Langwellenempfänger-Bausteine mit eingebauter Ferritantenne zum Empfangen mittels Funk übertragener, codierter Zeitsignale zum Einbau in bestehende Apparate verfügbar waren. E4 offenbart einen Empfänger im Bereich des Heizungsreglers und schlägt vor, gegebenenfalls die Ferritantenne an eine empfangsgünstigere Stelle über ein Koaxialkabel auszulagern.

c) E7 (Seite 2, Absatz 2 bis Seite 3, Absatz 2 und Seite 9, letzter Absatz bis Seite 11, Zeile 6) sieht vor, den Empfänger in der Wohn- oder Gebäudeeinheit so anzuordnen, daß optimale Empfangsbedingungen bestehen, und die ausgewerteten Signale über das Hausnetz an verschiedene Geräte zu übertragen. Eine Kombination von E6 und E7 würde den Fachmann daher nicht näher an den Streitgegenstand heranführen. Ausgehend von E7 gelten ähnliche Überlegungen wie unter Punkt 4.1.4 supra.

d) E5 offenbart nur das Funktionsprinzip einer Funkuhr und gibt keinen Hinweis auf die dem Streitgegenstand zugrundeliegende Aufgabenstellung.

e) E1 bis E3 offenbaren keine Funkuhr und geben dem Fachmann somit keinen Hinweis, wie die Anordnung der Antenne, der Elektronik und des Übertragungswegs zur Schaltuhr des Kesselreglers gegenüber E6 vereinfacht werden können.

4.2. Der Beschwerdegegner 2 ist auch von dem in E1 bis E3 offenbarten Dekamatik-System als nächstliegendem Stand der Technik ausgegangen.

4.2.1. Nach Auffassung der Kammer kommt dieser Stand der Technik nicht als objektiver Ausgangspunkt für die Erfindung des Streitpatents in Frage. Denn Fernbedienungsgeräte für Kesselregler mit Uhr waren schon zum relevanten Zeitpunkt der Dokumente E4 und E6 bis E8 allgemein bekannt und standen damit grundsätzlich als möglicher Einbauort für einen Funksignalempfänger zur Verfügung. Beim Streitpatent geht es (ähnlich E6 bis E8) um technische Wirkungen, die durch eine bestimmte Anordnung eines Zeitsignalempfängers und die Weiterleitung von Zeitsignalen an Geräte mit Uhrfunktionen erzielt werden. Das Funktionsprinzip einer Funkuhr und ihrer wesentlichen Komponenten ist dabei als bekannt vorausgesetzt (siehe Streitpatent, Spalte 1, Zeilen 5 - 33, und E5). Ein Stand der Technik, der sich mit ähnlichen Problemen beschäftigt, wie z. B. E6 bis E8, stellt daher einen realistischeren Ausgangspunkt dar und ist deshalb vorzuziehen, um eine rückschauende Betrachtungsweise zu vermeiden.

4.2.2. Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß der Beschwerdegegner 2 die Kammer nicht überzeugt hat, daß E1 bis E3 eine Weiterleitung von Zeitsignalen an eine Schaltuhr des Kesselreglers offenbaren. E1 (Punkt 5.2.3), E2 (Punkte 5.2.1 und 5.2.2) und E3 (Seiten 4 und 5) ist zu entnehmen, daß Bedieneinheiten der Dekamatik auch als Fernbedienungen eingesetzt werden können, die dann als "Fernversteller für die integrierten Funktionen" einsetzbar sind. Damit können die grundsätzlich witterungsgeführten Anlagen als raumtemperaturgeführte Anlagen betrieben werden. Die Bedieneinheiten selbst weisen Schaltuhren auf. Eine Weiterleitung von Zeitsignalen (oder auch nur von Befehlen zur Synchronisation) an eine Schaltuhr des Kesselreglers ist in keinem der Dokumente offenbart. Selbst wenn der Fachmann in einem Fernbedienungsgerät nach E1 bis E3 eine Funkuhr anstelle einer konventionellen Uhr verwendete, wäre er nicht beim Gegenstand des Streitpatents angelangt, da keine mittels Funk übertragenen und elektronisch umgesetzten Sendeimpulse als Zeitsignale an eine Schaltuhr weitergeleitet würden.

4.3. Der Gegenstand des einzigen Patentanspruchs des vorliegenden Streitpatents ergibt sich somit nicht in naheliegender Weise aus dem nachgewiesenen Stand der Technik und hat daher als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend zu gelten (Art. 56 EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird in unveränderter Form aufrechterhalten.

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