T 0991/97 () of 26.1.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T099197.20000126
Datum der Entscheidung: 26 Januar 2000
Aktenzeichen: T 0991/97
Anmeldenummer: 91109446.4
IPC-Klasse: B22D 11/10
B22D 41/50
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verbindung zwischen dem Auslauf eines metallurgischen Gefäßes und einem Schutzrohr oder Eintauchausguß
Name des Anmelders: DIDIER-WERKE AG
Name des Einsprechenden: Foseco International Limited
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (bejaht)
Inventive step (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. In der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 1997 hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 469 268 u. a. im Lichte der Druckschriften

(D3) EP-A-0 369 147

(D5) FR-A-1 474 632 und

(D6) Metals and Materials, Mai 1985, Seiten 290 bis 295 "Refractory systems to improve concast steel quality"

in geändertem Umfang aufrechterhalten. Die schriftliche Entscheidung gemäß Artikel 106 (3) EPÜ erging am 22. Juli 1997.

II. Anspruch 1 gemäß vorgenannter Entscheidung lautet wie folgt:

"1. Verbindung zwischen dem Auslaufstein (2) eines metallurgischen Gefäßes und einem daran anschließenden Schutzrohr oder Eintauchausguß (3), wobei der Auslaufstein (2) und das Schutzrohr bzw. der Eintauchausguß (3) über einen Sitz miteinander verbunden sind und ein Ringraum (7) mit Zuleitung (10) für ein Inertgas konzentrisch zu dem Sitz angeordnet sowie oberhalb und unterhalb von kompressiblen gasdurchlässigen Dichtringen (5, 6) begrenzt ist, wobei der Sitz zwischen dem Auslaufstein (2) und dem Schutzrohr bzw. dem Eintauchausguß (3) konisch ausgebildet ist, wobei der Ringraum (7) mit den diesen begrenzenden Dichtringen (5, 6) im Bereich des konischen Dichtsitzes vorgesehen ist und wobei in der Zuleitung (10) für das Inertgas eine Anzeigeeinrichtung (11) für einen in dem Ringraum (7) anstehenden Gasdruck angeordnet ist."

III. Gegen vorgenannte Entscheidung hat die Einsprechende - nachfolgend Beschwerdeführerin - am 17. September 1997 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese am 13. November 1997 begründet.

IV. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK fand am 26. Januar 2000 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, in der die Parteien folgende Anträge stellten:

a) Beschwerdeführerin:

Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 469 268;

b) Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin):

Zurückweisung der Beschwerde, hilfsweise mit der Maßgabe, daß der Aufrechterhaltung des Patents Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 oder 2, beide eingegangen am 28. Dezember 1999 zugrundegelegt wird.

V. Die zur Stützung ihrer jeweiligen Anträge vorgebrachten Argumente der Parteien können im Hinblick auf den Hauptantrag im wesentlichen wie folgt zusammengefaßt werden:

a) Beschwerdeführerin

- (D6) als nächstkommender Stand der Technik betreffe die anmeldungsgemäße Problematik, den Zutritt von Luft zum flüssigen Metall zu verhindern, nämlich durch einen Tauchausguß ("shroud"), der über einen Dichtungsring an den Ausgußstein angeschlossen sei;

- der Dichtungsring gemäß (D6) sei aus kompressiblem, keramischen Fasermaterial, so daß sich Anspruch 1 lediglich durch die drei Merkmale unterscheide, eine zweite Dichtung, ein gasdurchlässiges Fasermaterial und eine Druckmeßvorrichtung für das Schutzgas vorzusehen;

- diese Unterschiedsmerkmale könnten aber eine erfinderische Leistung nicht begründen, weil zudem der erteilte Anspruch 8 ebenfalls nur einen Dichtring vorschreibe und (D6) bei übereinstimmendem Dichtungsmaterial schon die Eigenschaft der Gasdurchlässigkeit beinhalte und weil ein Druckmeßgerät z. B. aus (D5) oder aber auch aus (D2) = DE-A-3 612 403 bekannt sei;

- die Kombination von (D6) mit (D2) oder (D5) führe direkt zum Gegenstand von Anspruch 1, so daß dieser keinen Rechtsbestand haben könne, zumal bei fachmännischer Auslegung der (D6) auch beim Vorbekannten im Ringraum ein Überdruck herrschen müsse.

b) Beschwerdegegnerin

- (D6) werde von der Beschwerdeführerin nicht in zutreffender Weise berücksichtigt und zwar aus folgenden Überlegungen heraus:

- es sei nur eine einzige Dichtung vorhanden, wobei die gegenüberliegende Seite der Konusverbindung von Auslaufstein und Tauchausguß offen ausgebildet sei, nämlich durch Schlitze zum Tauchausguß hin; die Voraussetzungen für einen Druckaufbau im Ringraum der Konusverbindung seien damit ebensowenig gegeben wie die Notwendigkeit einer Druckmeßeinrichtung;

- da aus vorgenannten Gründen bei (D6) kein Überdruck im Ringraum erzielbar sei, könne Luft angesaugt werden, was im Gegensatz zum Beanspruchten stünde, bei dem durch die gezielte Gasdurchlässigkeit Argon permanent aus der oberen bzw. unteren Dichtung austrete und so dem Eindringen von Luft entgegenwirke;

- der gezielte Einsatz des Schutzgases als Sperrgas sei neben (D6) auch dem weiteren Stand der Technik nicht entnehmbar, obwohl per se Druckmeßeinrichtungen im Bereich des Tauchausgusses von metallurgischen Gefäßen bekannt seien, aber im Zusammenhang mit einem sog. Außensystem, bei dem das Schutzgas im Gegensatz zum Beanspruchten den Tauchausguß außen umgebe;

- somit könne auch eine gleichzeitige Betrachtung von (D6) und (D5/D2) den Fachmann nicht zum Gegenstand von Anspruch 1 hinführen, weil sich auch dabei nicht die Vorteile des Beanspruchten dahingehend ergäben, daß trotz Überdrucks im Ringraum auf die Gasdurchlässigkeit der Dichtungen gesetzt werde, daß durch Druckabfall im Ringraum auch eine einzige undichte Dichtung feststellbar sei und daß trotz einer defekten Dichtung, Luft nicht in den Ringraum eintreten könne;

- die Schlitze im Konusbereich von (D6) machten zudem eine Übertragung von Merkmalen aus (D3) hinfällig;

- zusammenfassend sei der Gegenstand des Anspruchs 1 als erfinderisch anzusehen und die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Änderungen

Anspruch 1 ist formal nicht zu beanstanden, weder aus dem Blickwinkel des Artikels 123 (2) EPÜ noch aus der Sicht des Artikels 123 (3) EPÜ, vgl. auch angefochtene Entscheidung, Abschnitt 2.1 zur Zulässigkeit der Ansprüche.

3. Neuheit

Die Neuheit des Beanspruchten steht außer Zweifel, so daß sich ins Detail gehende Erörterungen erübrigen.

4. Stand der Technik, Aufgabe, Lösung

4.1. Nächstkommender Stand der Technik ist (D6), die in Figur 3 in Verbindung mit einem konischen Sitz zwischen Auslaufstein und Schutzrohr/Eintauchausguß einen Dichtring offenbart. Dieser dichtet den Ringraum nach oben hin ab, während zur Unterseite des konischen Sitzes hin das Schutzgas frei über Schlitze abfließen kann. Diese Konstruktion hat große Schutzgasmengen zur Folge, die wiederum den Zutritt von Luft begünstigen, so daß die Schmelze nur unzureichend vor Luftsauerstoff geschützt wird.

4.2. Davon ausgehend liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, vgl. Beschreibungseinleitung gemäß Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung, die Abdichtung gegen Luftzutritt in das Schutzrohr bzw. den Eintauchausguß zu vereinfachen und zu verbessern sowie eine Dichtigkeitsüberwachung zu erreichen.

4.3. Diese Aufgabe ist mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst und zwar durch einen oberen und einen unteren Dichtring "5, 6" im Bereich des konischen Dichtsitzes und eine Anzeigeeinrichtung in der Zuleitung für das Schutz/Inertgas für einen im Ringraum zwischen den Dichtringen anstehenden Gasdruck.

4.4. Damit wird im Betrieb der Gießanlage erreicht, daß durch die kompresiblen und gasdurchlässigen Dichtringe hindurch Schutzgas permanent abströmt und als "Sperrgas" gegen den Zutritt von Luft wirkt.

Der im Ringraum anstehende Überdruck wird zudem überwacht, wobei ein Druckabfall unmittelbar erkennbar ist und bereits die Undichtigkeit eines Dichtringes erfaßbar ist. Durch die Sperrwirkung des Schutzgases ist selbst in diesem Fall noch kein Luftzutritt zur Schmelze möglich.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß Anspruch 1 die vorstehend genannte Aufgabe vollständig löst und Wirkungen erzielt, die dem gattungsbildenden Stand der Technik fremd sind.

5. Erfinderische Tätigkeit

5.1. Bei gegebener Neuheit des Beanspruchten ist noch zu untersuchen, ob die Verbindung gemäß Anspruch 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht oder nicht. Die Kammer kommt dabei zu folgendem Ergebnis:

5.2. Zunächst ist der Beschwerdeführerin mit Blick auf (D6) darin zuzustimmen, daß auch dort ein Dichtungsmaterial vorliegt, das als kompressibel und gasdurchlässig anzusehen ist, nämlich ein "ceramic fibre gasket", und daß auch bei (D6) ein irgendwie gearteter Überdruck des Schutzgases vorliegt, da ansonsten Schutzgas nicht gefördert werden könnte.

Was in (D6) indes fehlt, ist ein beidseitig geschlossener Ringraum wie beim Gegenstand des Anspruchs 1. Bei (D6) kann das Gas den Weg des geringsten Widerstandes gehen, der zweifelsfrei durch die nach unten weisenden Schlitze gegeben ist. Die bekannte Verbindung ist mithin ein einseitig offenes System, so daß ein nennenswerter Überdruck im Ringraum sich erst gar nicht aufbauen kann und überdies zu hohem Gasverbrauch und dem Auftreten einer Injektorwirkung am Dichtring führt.

5.3. Trotz vermeintlich übereinstimmender Merkmale, nämlich keramisches Fasermaterial und Schaffung eines Schutzgas-Überdruckes, kann bei (D6) nicht das erreicht werden, was Inhalt des Anspruchs 1 ist:

Verhinderung des Luftzutrittes durch Einsatz des Schutzgases als Sperrgas nach oben und unten hin bzw. Überwachung der Funktionsfähigkeit beider Dichtringe über den Überdruck im Ringraum.

5.4. Bei diesen Gegebenheiten ist es irrelevant, wenn ein Merkmal aus der Gesamtkombination gemäß Anspruch 1 in Form der Anzeigeeinrichtung für den anstehenden Gasdruck per se bekannt ist, z. B. aus (D5) oder aus (D2), weil diesen beiden Druckschriften die beanspruchte Dichtungsausbildung fremd ist, vgl. (D2), einzige Figur, die keinerlei Dichtung zwischen Auslaufstein und Schutzrohr/Eintauchausguß aufzeigt bzw. (D5), insbesondere Figur 4, für die das zu (D2) Gesagte gilt. Die Beschwerdegegnerin hat mit Blick auf (D2) zutreffenderweise noch darauf verwiesen, daß dort ein sog. "Außensystem" vorliege, d. h. das Schutzgas gelangt nicht in das Innere des Schutzrohres/Eintauchausgußes, sondern umgibt dieses Bauteil außen. Auch dieser Umstand spricht gegen die Relevanz von (D2).

5.5. Damit fehlen für den Fachmann, der vor der Lösung vorstehender Aufgabe steht und die Erfindung nicht kennt, die Voraussetzungen einer kombinatorischen Betrachtungsweise von (D6), (D5), (D2) und ggf. von (D3).

5.6. Auch wenn der geltende Anspruch 8 (erteilter Anspruch 8) auf ein einstückiges Ringbauteil und fakultative Distanzstege "12" abgestellt ist, steht er nicht im Widerspruch zum geltenden Anspruch 1, da er klar auf zwei Dichtringe gerichtet ist, auch wenn diese "ein einstückiges Ringbauteil bilden".

Vorstehend wurde auf die Wirkung des Schutzgases als "Sperrgas" verwiesen; es ist unmittelbar erkennbar, daß auch ein "einstückiges Ringbauteil" diese Wirkung nicht unmöglich macht, so daß der diesbezügliche Einwand der Beschwerdeführerin in der Sache fehlgeht.

5.7. (D3) hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nur eine streifende Erwähnung seitens der Beschwerdegegnerin erfahren. Es sei deshalb nur darauf verwiesen, daß ihre Ausführung gemäß Figur 5 keinen konischen Dichtsitz aufweist und schon deshalb abliegt vom Beanspruchten und daß ihre Ausführung gemäß Figur 6 im Konusbereich nur eine Dichtung "19" zum Inhalt hat, so daß (D3) nicht weiter reicht, als die gattungsbestimmende (D6). Allein das spricht gegen die Möglichkeit einer kombinatorischen Betrachtung mit weiterem Stand der Technik.

5.8. Vorstehende Überlegungen zusammenfassend, ist der Gegenstand des Anspruchs 1 vom hier zu berücksichtigenden Stand der Technik nicht nahelegt und Anspruch 1 somit rechtsbeständig.

5.9. Dies gilt auch für die Ansprüche 2 bis 8, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Anspruchs 1 betreffen.

Hilfsanträge

6. Bei gewährbarem Hauptantrag braucht auf die Hilfsanträge 1. und 2 nicht mehr eingegangen zu werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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