European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:T088097.20000125 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Januar 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0880/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92200752.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60R 21/20 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gassack-Aufprallschutzvorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | KOLBENSCHMIDT Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Autoliv Development AB | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (bejaht) Inventive step (yes) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 92 200 752.1 wurde das europäische Patent Nr. 0 510 738 erteilt.
II. Der von der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) eingelegte Einspruch, der im wesentlichen auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende erfinderische Tätigkeit) gestützt war, führte zum Widerruf des Patents mangels erfinderischer Tätigkeit im Hinblick auf die im Einspruchsverfahren u. a. genannten Druckschriften DE-A-4 030 187 (D1) und DE-A-2 425 659 (D5) durch die am 13. Juni 1997 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin am 13. August 1997 bei gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingereicht. Die Beschwerdebegründung ist am 10. September 1997 eingegangen.
IV. Es wurde am 25. Januar 2000 vor der Kammer mündlich verhandelt.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen, zusammen mit den erteilten Zeichnungen.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Der nunmehr geltende Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Gassack-Aufprallschutzvorrichtung, bestehend aus einer Baueinheit, die einen zusammengefalteten Gassack (3, 12), einen Treibmittel enthaltenden Gasgenerator (2, 13) und ein den Gassack und den Gasgenerator aufnehmendes Gehäuse (1, 8) umfaßt, für den Einbau in Kraftfahrzeuge, bei denen im Frontteil des Fahrgastraumes eine Austrittsöffnung vorgesehen ist, die von einer nach oben schwenkbaren Klappe verdeckt ist, deren quer zur Bewegungsrichtung des Kraftfahrzeugs verlaufender oberer Rand mit dem daran angrenzenden Rand der Austrittsöffnung über einen Scharnierbereich verbunden ist, wobei die im Einbauzustand hinter der Klappe angeordnete Öffnung des Gehäuses (1, 8) durch eine Folie (4, 9) verschlossen ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Folie (4, 9) auf der Außenseite des Gehäuses aufgebracht ist und daß im Außenrandbereich der Öffnung des Gehäuses (1, 8) auf einem Teil des Umfangs scharfkantige, vorzugsweise sägezahnförmige Ausstellungen (5, 10) angebracht sind."
V. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Die EP-A-415 362 (D6) stelle den nächstkommenden Stand der Technik dar und offenbare ein Gassack-Modul, dessen Gehäuseöffnung durch einen perforierten Film abgedeckt sei. In den Zeichnungen der D6, insbesondere Figur 9, sei der "Film" unter Bildung von scharfkantigen seitlichen Randkanten aus dem Inneren der Gehäuseöffnung vorgewölbt. Es müsse demnach davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem Film um ein festes Plastikteil handle. Der Film solle den im Inneren des Gehäuses liegenden Gassack insbesondere vor Verschmutzung bei der Anlieferung u. dgl. schützen. Allerdings stelle dessen Perforierung einen Risikofaktor für das Eindringen von Schmutz dar und seine Formgebung begünstige Beschädigungen des Abdeckfilmes beim Transport. Das beim Streitpatent beanspruchte Gassack-Modul sei demgegenüber bei hoher Funktionssicherheit einfacher aufgebaut und gewährleiste einen noch besseren Schutz gegen Eindringen von Staub und Schmutz in das Gehäuse. Der Fachmann würde bei seinem Streben, dieses Ziel zu erreichen, zunächst auf das Gassack-Modul nach der D1 stoßen, bei dem die Gehäuseöffnung durch einen Moduldeckel mit einer diesem hinterlegten Folie und einen weiteren Abdeckungsfilm verschlossen sei. Beim Abdeckungsfilm handle es sich um eine weiche Schutzfolie, die im Falle einer Betätigung des Gassackes dessen Aufprall auf die mit der Folie hinterlegte Deckelvorrichtung dämpfen und eine Beschädigung des Gassackes an Vorsprüngen des Deckels vermeiden solle. Bei dieser Lösung sei eine absolute Sicherheit gegen das Eindringen von Schmutz und gegen eine Beschädigung der Abdeckung der Gehäuseöffnung gegeben. Die bekannte Konstruktion sei aber aufgrund der Anordnung des Deckels sowie der beiden Folien aufwendig. Der Fachmann habe somit, um zur beanspruchten Lösung zu gelangen, das aus der D1 bekannte Schalenprinzip verlassen und die an sich bekannte, bisher jedoch zu einem anderen Zweck eingesetzte Folie anstelle des Deckels verwenden müssen. Darüber hinaus sei beim Streitpatent erstmalig eine Abdeckungs- und Schmutzabhaltungsfolie ohne Perforierung benutzt worden. Um im Falle einer Gassackbetätigung ein optimales Aufreißen der Abdeckfolie zu gewährleisten, sei bei dem beanspruchten Modul im Außenrandbereich der Gehäuseöffnung auf einem Teil von dessen Umfang eine Aufreißvorrichtung mit scharfkantigen Ausstellungen angebracht.
Die in der Beschwerdeerwiderung bzw. in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdegegnerin erstmals genannten Druckschriften DE-A-2 643 451 (D7) und EP-A-363 986 (D8) offenbarten zwar schon Schneidvorrichtungen für Folien bei Gassack-Modulen, jedoch handle es sich dabei um relativ dicke Folien, die als Spannbänder zum Halten von die Gehäuseöffnung abschließenden Deckeln dienten. Um diese Folien zu zerschneiden, seien bei der D7 und der D8 zusätzlich spezielle Schneidvorrichtungen vorgesehen.
Um vom genannten Stand der Technik zur Lehre nach dem Streitpatent zu gelangen, hätten Teilmerkmale der bekannten Konstruktionen aus ihrem funktionellen Zusammenhang herausgerissen und zu einem anderen Zweck verwendet werden müssen. Dies könne nicht als naheliegend angesehen werden.
Die in der angefochtenen Entscheidung u. a. verwendete Argumentation, daß es naheliegend sei, das zum Zwecke des Verpackens allgemein bekannte Aufschrumpfen von Folien auch bei Gassack-Modulen anzuwenden und die Folie beim Einbau nicht zu entfernen, könne nicht überzeugen, da es im Kraftfahrzeugbau nicht üblich sei, Zulieferteile verpackt einzubauen. Allein schon der Gedanke, die Verpackung beim Einbau nicht zu entfernen, sei fernliegend.
Es sei somit nicht naheliegend, ausgehend vom Stand der Technik und dem Fachwissen zur beanspruchten Lehre zu gelangen.
VI. Die Beschwerdegegnerin trug im wesentlichen folgendes vor:
Es sei davon auszugehen, daß dem Fachmann die beiden in Rede stehenden Grundbauarten von Gassack-Modulen bekannt seien, nämlich die Anwendung eines mit einer Folie abgeschlossenen Moduls zusammen mit einem am Armaturenbrett angebrachten Deckel nach der D6 bzw. die Verwendung eines Moduls, bei dem die am Armaturenbrett sichtbaren Klappen am Modulgehäuse angebracht seien. Neben den offenen Gehäusen für Airbags (vgl. D5 aus dem Jahre 1974) seien dem Fachmann am Anmeldetag des Streitpatents alle Ausbildungen der durch Folien verschlossenen Gassackgehäuse geläufig gewesen. Es sei auch, wie die D1 in Spalte 6, ab Zeile 53 offenbare, bekannt, die Verschlußfolien mit oder ohne Perforation auszubilden. Bei der D6 (Figur 9) sei zwar die Folie offenbar im Innern des Gehäuses (im Gegensatz zum Streitpatent) befestigt, dies sei jedoch dadurch bedingt, daß das Gehäuse mittels umgebogener Laschen seines vorderen, offenen Endes am Armaturenbrett angebracht ist. Man könne das Gehäuse allerdings auch mit seinem geschlossenen Ende am Armaturenbrett befestigen und dann die Folie auf der Außenseite des Gehäuses anbringen, wie dies bei der D1 der Fall sei. Weiterhin könne der Fachmann der D1 entnehmen, daß eine das Airbag-Modul verschließende Verpackungsfolie beim Aufblasen des Airbags eingerissen werden müsse, um eine sichere Funktion zu gewährleisten. Die D7 bzw. D8 bewiesen, daß dem Fachmann die Anordnung von scharfkantigen Messern zum Aufreißen von Folien schon bekannt gewesen sei. Es sei auch selbstverständlich, bei der Verwendung von Verschlußfolien dafür zu sorgen, daß beim Aufblasen des Gassackes die Folienteile nicht in den Fahrgastraum geschleudert würden. Es müßten also die zum Aufreißen der Verschlußfolie angebrachten Messer funktionsgünstig angebracht sein, wie dies im letzten Teilmerkmal des Anspruchs 1 des Streitpatents definiert sei. Insbesondere bei der D8, Figuren 5 bis 11, sei schon erkennbar, daß zum Aufschneiden der Folie mehrere scharfkantige Zähne Verwendung fänden.
Die beim beanspruchten Gegenstand zur Anwendung kommenden Konstruktionsmerkmale könnten zwar nur durch mehrere Druckschriften belegt werden, bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit müsse jedoch berücksichtigt werden, daß diese Merkmale aus dem Fachwissen abgerufen werden könnten, ohne daß es dabei mehrerer Schritte bedürfe, um zum Gegenstand des Streitpatents zu gelangen. Die beanspruchte Lehre beruhe daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 und der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Zulässigkeit der Änderungen
Der geltende Anspruch 1 setzt sich sinngemäß aus den Merkmalen der ursprünglichen, unverändert erteilten Ansprüche 1 und 4 zusammen. Die geltenden Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 5.
Die geltende Anspruchsfassung erfüllt somit die Anforderungen gemäß Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.
3. Gegenstand des Anspruchs 1, Aufgabenstellung, Lösung, Abgrenzung des Anspruchs 1 im Vergleich zum nächstkommenden Stand der Technik
3.1. Der Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents wird von dem Stand der Technik nach der D6 gedeckt. Bei der aus der D6 bekannten Aufprallschutzvorrichtung ist die Gehäuseöffnung von einer perforierten, vom Innenumfang des Gehäuses ausgehenden Folie verschlossen, die das Innere des Gehäuses und somit den gefalteten Gassack bei der Anlieferung des Moduls vor Eindringen von Staub und Schmutz schützen und somit die Funktionssicherheit garantieren soll. Im eingebauten Zustand des Gassack-Moduls wird die im Frontteil des Fahrgastraumes vorhandene Austrittsöffnung am Armaturenbrett von einer daran angelenkten Klappenanordnung abgedeckt. Beim Aufblasen des Gassackes wird die an der Öffnung des Gehäuses angebrachte Folie durch den Gassack entlang der perforierten Linien aufgerissen, wonach sich dieser weiter ausdehnen und nach Aufstoßen der Klappenanordnung in den Fahrgastraum eindringen kann.
Die in der gewünschten Richtung verlaufende Perforierung der Folie und deren Befestigung an der Innenseite des Modulgehäuses bedingen einen zusätzlichen Fertigungsaufwand. Die Perforierung schließt zudem das Eindringen von Schmutz und Staub nicht völlig aus.
3.2. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe besteht darin, eine Vorrichtung dieser Art zu schaffen, die einfach aufgebaut ist, noch zuverlässiger vor Eindringen von Staub und Schmutz in das Gehäuse schützt und zudem eine hohe Funktionssicherheit bietet.
3.3. Diese Aufgabe wird bei einer Vorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents durch die Merkmale nach dem kennzeichnenden Anspruchsteil gelöst.
Durch das Aufbringen der Folie auf der Außenseite des Gehäuses, z. B. durch Aufschrumpfen, ist eine einfache Befestigung möglich. Durch die Verwendung einer Schneidvorrichtung, die mit ihren scharfkantigen Ausstellungen ein sicheres Aufreißen der Folie und somit den Verschluß der Öffnung mittels einer nicht perforierten Folie gestattet, ist eine staub- und schmutzdichte Versiegelung des Gehäuseinneren möglich. Außerdem werden durch die Anordnung der scharfkantigen Ausstellungen am Außenrand der Gehäuseöffnung unerwünschte Verletzungen des Gassackes vermieden, ohne daß weitere Vorkehrungen, wie die Anbringung von Schutzplatten (vgl. z. B. in Figur 2 der D7 das Teil 48), getroffen werden müssen. Dabei bewirken die "auf einem Teil des Umfangs im Außenrandbereich der Öffnung des Gehäuses" angebrachten Ausstellungen, daß die Abdeckfolie in der erwünschten Weise geschlitzt wird, um den Aufreißvorgang im optimalen Sinne zu steuern. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe wird somit offensichtlich durch die beanspruchte Vorrichtung gelöst.
3.4. Die im Kennzeichen des Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale sind bei der Vorrichtung nach der D6 nicht vorhanden, so daß der Anspruch 1 gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik richtig abgegrenzt ist.
4. Neuheit
Die Neuheit des Gegenstandes nach dem Anspruch 1 gegenüber der Vorrichtung nach der Druckschrift D6 folgt notwendig aus den Ausführungen unter Punkt 3.4.
Das Luftsack-Modul nach der D1 ist durch am Modulgehäuse 102 (Figur 16) angebrachte Deckel 1, 2 bzw. 11, 12 (Figur 1 bzw. Figur 10) verschlossen, die innen durch eine Reißband-Folie 16 und einen den Luftsack vor Beschädigung durch die Deckelteile schützenden weichen Film 20 abgedeckt sind. Die bekannte Vorrichtung ist demnach im Vergleich zur beanspruchten Vorrichtung gattungsfremd, bei der die Deckel nicht am Luftsackgehäuse, sondern am Armaturenbrett befestigt sind.
Bei der Luftsack-Vorrichtung nach der D5 sind zwar in Übereinstimmung mit dem Streitpatent die Deckel 1, 5 am Armaturenbrett angelenkt, allerdings sind keine Folien od. dgl. offenbart, die die Öffnung des Luftsack-Gehäuses im noch nicht montierten Zustand vor dem Eindringen von Schmutz und Staub schützen.
Bei den Druckschriften D7 und D8 sind in Übereinstimmung mit dem Streitpatent die den Luftsack-Modul abschirmenden Deckel am Armaturenbrett angelenkt, jedoch ist die bei diesen Vorrichtungen vorgesehene, durch Schneidvorrichtungen aufreißbare Folie nicht zum Abdecken der Gehäuseöffnung des Luftsack-Moduls vorgesehen, sondern dient in Form einer die Deckel außen umgreifenden Reißfolie als Schutz gegen unbeabsichtigtes Öffnen der Deckel. Bei der D7 und der D8 sind keine Vorkehrungen offenbart, wie das noch nicht eingebaute Luftsack-Modul gegen Eindringen von Staub und Schmutz und gegen mechanische Beschädigungen gesichert ist.
Die weiteren im Beschwerdeverfahren nicht näher erörterten Entgegenhaltungen liegen dem Streitpatent ferner als die vorstehend besprochenen und bedürfen daher keiner näheren Erläuterung.
Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 ist somit unbestritten neu.
5. Erfinderische Tätigkeit
5.1. Bei der Aufprallschutzvorrichtung nach dem Anspruch 1 des Streitpatents wird ausgehend von den Merkmalen nach dem Oberbegriff, die aus der D6 bekannt sind, eine verbesserte Lösung im Sinne der Aufgabenstellung (vgl. den vorstehenden Punkt 3.2) nach den Merkmalen des Kennzeichens dadurch erzielt, daß
A) die Folie (4, 9) auf der Außenseite des Gehäuses aufgebracht ist und
B) daß im Außenrandbereich der Öffnung des Gehäuses (1, 8)
B1) auf einem Teil des Umfangs
B2) scharfkantige, vorzugsweise sägezahnförmige Ausstellungen (5, 10)
angebracht sind.
5.2. Die bekannten Aufprallschutzvorrichtungen nach den Druckschriften D1, D5, D6 und D8 sind ebenso wie die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Streitpatents als Modul anlieferbar, bei dem der Gassack und der Gasgenerator in einem Modulgehäuse angeordnet sind, das üblicherweise (wie in den Druckschriften D5, D6 und D8 gezeigt ist) hinter eine Austrittsöffnung im Frontteil des Fahrgastraumes, insbesondere im Armaturenbrett eingesetzt wird. Diese Austrittsöffnung wird entweder durch eine am Rand der Austrittsöffnung (d. h. am Armaturenbrett) angelenkte Klappeneinrichtung (wie beim Streitpatent bzw. den Druckschriften D5 bzw. D6) oder durch Klappenvorrichtungen abgeschlossen, die nicht am Armaturenbrett, sondern am Modulgehäuse selbst befestigt sind (wie in der D1 und der D8 gezeigt). Die D7 offenbart eine aus den Anfängen der Aufprallschutzvorrichtungen stammende Bauweise (veröffentlicht im Jahre 1977), bei der der Gassack und der Gasgenerator ohne eigenes Gehäuse an einer Halterung am Fahrzeug angebracht sind. Die Schutzvorrichtung wird dabei von zwei an der Halterung angelenkten Deckeln gebildet.
5.3. Bei dem Ausführungsprinzip (nach der D1 bzw. D8) mit einer am Modul befestigten Deckelvorrichtung stellt sich die in Rede stehende Teilaufgabe (Schutz gegen Schmutz u. dgl.) nicht, denn bei dem mit einem festen Deckel verschlossenen Modulgehäuse ist das Innere gegen äußere Einflüsse optimal geschützt. Dabei werden die Deckel über innen (D1, Figur 10, Folie 16) bzw. außen (D8, Figur 5, Folie 94) angebrachte Folien in die Schließstellung verspannt. Diese Folien (16 bzw. 94) haben somit die Funktion von Spannbändern. Um im Falle einer Gassackbetätigung das Öffnen der in die Schließlage verspannten Deckel zu gewährleisten, sind bei der D1 in der Spannfolie 16 Schlitze bzw. Langlöcher 19. vorgesehen, die das Zerreißen erleichtern. Bei der D1 ist die Spannfolie 16 zur Öffnung des Modulgehäuses hin durch eine weitere weiche Folie 20 abgepolstert, die eine Beschädigung des Gassackes durch die die Spannfolie 16. gegen die Deckel haltenden Vorsprünge 14, 15 vermeiden soll. Nach Angabe in der D1 (Spalte 6, Zeilen 59. bis 65) kann der weiche Abdeckungsfilm 20 ggf. auch mit Schlitzen bzw. Langlöchern zum Auf- bzw. Zerreißen ausgestattet sein, wenngleich dies aufgrund von dessen Weichheit und leichter Aufreißbarkeit nicht als unbedingt notwendig angesehen wird. Bei der D8 wird die Spannfolie 94 bei einer Betätigung des Gassackes durch eine aus mehreren Ausstellungen bestehende Schneidvorrichtung durchstochen, um damit das Aufreißen des Films zu erleichtern.
Bei den Aufprallschutzvorrichtungen nach der D1 bzw. D8 dienen die dort vorhandenen Folien, wie schon erwähnt, dazu, um die Gehäusedeckel in Schließstellung zu verspannen bzw. den Luftsack vor Beschädigungen beim Auftreffen auf Deckelvorsprünge zu schützen (Abdeckungsfilm 20 bei der D1).
Auch bei der Gassack-Aufprallschutzvorrichtung nach der D7 dient die "Haut" (22, 40) dazu, die beiden Deckelteile (Figur 1) bzw. einen der beiden Deckelteile (Figuren 2, 3) in Schließstellung zu halten. Im Bereich der Spannfolie liegt eine geschärfte Spitze oder Kante einer Schneidvorrichtung 46, die beim Aufblasen des Gassackes die Folie durchschneidet und ein gezieltes Aufreißen der Folie zur Folge hat.
Die bekannten Folien bzw. Filme nach der D1, D7 und D8 haben somit eine andere Funktion als die Folie beim Streitpatent. Diese bekannten Folienausbildungen vermögen demnach einem Fachmann keinen Hinweis zu geben, die bei der gattungsgemäßen D6 zur Abkapselung des Gassack-Moduls vorgesehene Folie 114 (Figur 9) und deren Anordnung im Sinne der beanspruchten Lösung zu verbessern. Selbst wenn man davon ausginge, daß es für einen Fachmann aufgrund der aus den Druckschriften D7 und D8 bekannten Folienschneidvorrichtungen naheliegend wäre, die bei der Ausführung gemäß D6 vorgesehene Perforierung der Abdeckfolie 114 wegzulassen und hierfür eine Schneidvorrichtung vorzusehen (vgl. das Teilmerkmal B2) aus der oben stehenden Merkmalsliste des Kennzeichens des Anspruchs 1), dann wären immer noch die weiteren Teilmerkmale A), B) und B1) aus dem Kennzeichen des Anspruchs 1 des Streitpatents zu verwirklichen. Für diese Merkmale gibt es beim Stand der Technik kein Vorbild, denn in den Druckschriften D1, D7 und D8 ist keine Verschlußfolie mit einer Funktion im Sinne des Streitpatents gezeigt und somit auch kein Hinweis auf die Befestigung für eine solche Folie gegeben. Bei der weiteren Entgegenhaltung D5 ist das Gasmodulgehäuse an seiner Öffnung nicht verschlossen und weist auch ansonsten keine Folie irgendwelcher Art auf.
5.4. Durch die Anbringung der Folie auf der Außenseite des Gehäuses (Merkmal A)) ist es möglich, die Schneidvorrichtung am Außenrandbereich der Öffnung des Modulgehäuses anzubringen, wodurch der sich im Innern des Gehäuses befindende Gassack nicht Gefahr läuft, an der Schneidvorrichtung beschädigt zu werden. Das Teilmerkmal A) begünstigt somit einerseits eine einfache Herstellung des Gassack-Moduls (vgl. den Punkt 3.3) und vermeidet andererseits eine Beeinträchtigung der Funktion des Gassackes.
5.5. Aus den vorstehenden Betrachtungen folgt, daß selbst der gemeinsame Offenbarungsinhalt mehrerer bzw. aller genannten Druckschriften nicht zur beanspruchten Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents führen könnte.
5.6. Nach Überzeugung der Beschwerdekammer vermag auch das allgemeine Fachwissen einem Fachmann nicht nahezulegen, die zum Verpacken von Handelsware bekannten Kunststoffolien auf ein Gassackgehäuse gemäß der D5 aufzuschrumpfen und die Folie dann beim Einbau auf dem Modul zu belassen. Im Kraftfahrzeugbau ist es vielmehr üblich, mit Schutzfolien bedeckte Zulieferteile vor dem Einbau auszupacken und ohne Schutzfolie einzubauen. Wie schon vorstehend erwähnt, vermag auch der aufgedeckte Stand der Technik dem Fachmann keinen Hinweis zu geben, eine ggf. zum Schutz des Modulgehäuses vorgesehene Schutzfolie nach der Montage auf dem Gassack-Modul zu belassen und im Sinne der beanspruchten Lehre mit Schneidvorrichtungen zu versehen.
5.7. Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 ist daher durch den insgesamt aufgedeckten Stand der Technik auch in Verbindung mit dem Fachwissen nicht nahegelegt und beruht demnach auf erfinderischer Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ).
6. Die abhängigen Ansprüche enthalten zweckmäßige Weiterbildungen der Vorrichtung nach Anspruch 1 und sind ebenfalls gewährbar. In der Beschreibung sind die notwendigen Anpassungen an die geltende Anspruchsfassung vorgenommen worden.
Das Patent hat somit aufgrund der geltenden Unterlagen Bestand.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit den folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Ansprüche 1 bis 4 und Beschreibung, jeweils vorgelegt in der mündlichen Verhandlung,
Zeichnungen wie erteilt.