European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T079697.19990929 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 September 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0796/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89121388.6 | ||||||||
IPC-Klasse: | H04L 12/56 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Paketvermittlungsstelle und Eingangs-Umwandlungseinheit hierfür | ||||||||
Name des Anmelders: | Alcatel SEL Aktiengesellschaft, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.5.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Stützung der Ansprüche durch die Beschreibung (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die europäische Patentanmeldung Nr. 89 121 388.6 wurde mit Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 27. Februar 1997 zurückgewiesen.
II. Die Zurückweisung erfolgte unter anderem mit der Begründung, daß Anspruch 1 die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ nicht genüge.
III. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) Beschwerde eingelegt und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das beantragte Patent zu erteilen. In der Begründung wurde unter anderem argumentiert, daß der Anspruch 1 gewährbar sei, da er klar und durch die Beschreibung gestützt sei. Ferner wurde argumentiert, daß der Anspruch alle für die technische Wirkung wesentlichen Merkmale enthalte. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung beantragt.
IV. In einer Mitteilung gemäß Artikel 11, Absatz 2 der VOBK hat der Berichterstatter die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Interpretation des Anspruchs 1 in Frage gestellt und folgende Dokumente erwähnt:
D3: IEEE INTERNATIONAL CONFERENCE ON COMMUNICATIONS 1988, Bd.2, Juni 1988, Seiten 911 - 915: Hajikano et al: "ATM SWITCHING ARCHITECTURE FOR BROADBAND ISDN MULTISTAGE SELF-ROUTING SWITCHING (MSSR)"
D4: Bellamy: "Digital Telephony", Wiley, New York 1982, Seiten 376 - 378, 448, 449.
V. Aus den Dokumenten D3 und D4 ging hervor, so wurde vom Berichterstatter argumentiert, daß das Problem der Datenanhäufung bei asynchroner Übertragung und dessen Lösung durch einen Zwischenspeicher vor dem Prioritätstag zum allgemeinen Fachwissen des im Netzwerkbereich tätigen Fachmannes gehört habe. Ferner wurde mit Bezug auf die Auslegung des Anspruchs 1 - insbesondere im Hinblick auf den Ausdruck "Eingangs-Umwandlungseinheit" - auf die Frage der Klarheit des Anspruchs gemäß Artikel 84 EPÜ hingewiesen.
VI. Eine mündliche Verhandlung fand am 29. September 1999 statt.
VII. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, ein Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Beschreibung: Seiten 1 und 3 bis 8 in der ursprünglich eingereichten Fassung; Seite 2 in der ursprünglich eingereichten Fassung mit den im Schreiben des Anmelders vom 30. August 1996 beantragten Änderungen;
Patentansprüche: 1 bis 8 in der ursprünglich eingereichten Fassung;
Zeichnungen: Blatt 1 in der ursprünglich eingereichten Fassung.
VIII. Der Anspruch 1 lautet wie folgt:
"Paketvermittlungsstelle mit Eingangsleitungen, über die in beliebiger Reihenfolge untereinander gleich lange Pakete ankommen, die verschiedenen Verbindungen angehören, dadurch gekennzeichnet, daß sie Eingangs-Umwandlungseinheiten aufweist, die die ankommenden Pakete derart umsortieren, daß sich jeweils ein Eingangsdatenstrom ergibt, bei dem Häufungen von zu einer bestimmten Verbindung gehörenden Paketen (Bursts) aufgelöst werden."
Gemäß Anspruch 2 bewirken die Eingangs-Umwandlungseinheiten, daß die ankommenden Pakete derart umsortiert werden, daß sich ein Zeitmultiplexsignal ergibt, bei dem eine feste Zuordnung zwischen den Zeitkanälen und den zu einer bestimmten Verbindung gehörenden Paketen vorliegt.
Entscheidungsgründe
1. Die Anmeldung betrifft eine Paketvermittlungsstelle, die Pakete empfängt, die in beliebiger Reihenfolge untereinander ankommen und verschiedenen Verbindungen angehören. Die Anmelderin geht davon aus, daß es vor dem Prioritätstag bekannt war, Pufferspeicher vorzusehen, um Kollisionen zwischen Paketen zu vermeiden. Gemäß dem Ausführungsbeispiel werden die ankommenden Pakete in einem Paketspeicher vorübergehend gespeichert und mittels einer Steuereinheit ausgelesen, wobei der eingangsseitig asynchrone Datenstrom in synchroner Zeitmultiplextechnik ausgelesen wird; somit werden alle Pakete, die zu einer bestimmten Verbindung gehören, gesammelt und in einem oder mehreren bestimmten Zeitschlitzen ausgegeben.
2. Eine Paketvermittlungsstelle, die asynchrone in synchrone Daten umsortiert, wird jedoch nicht im Anspruch 1, sondern in dem auf Anspruch 1 bezogenen Anspruch 2 erwähnt. Die Paketvermittlungsstelle gemäß Anspruch 1 ist lediglich dadurch gekennzeichnet, daß Eingangs-Umwandlungseinheiten die ankommenden Pakete derart umsortieren, daß sich jeweils ein Eingangsdatenstrom ergibt, bei dem Häufungen von zu einer bestimmten Verbindung gehörenden Paketen (Bursts) aufgelöst werden. Die Paketvermittlungsstelle gemäß Anspruch 1 schließt sowohl synchrone als auch asynchrone Datenvermittlung ein.
3. Von seiten der Beschwerdeführerin wurde argumentiert, Anspruch 1 beziehe sich auf ein zweites Ausführungsbeispiel, das auf Seite 2, vorletzter Absatz der Beschreibung erläutert werde. Gemäß diesem Absatz erfolgt die Vermittlung lediglich vorzugsweise in synchroner Zeitmultiplextechnik; eine Vermittlung in asynchroner Technik sei auch vorteilhaft, da der Datenstrom dadurch geglättet werde und der Aufwand an Pufferspeicher gesenkt werde.
4. Die Kammer stellt fest, daß aus der von der Beschwerdeführerin zitierte Stelle auf Seite 2 nicht zu entnehmen ist, wie eine Vermittlung in asynchroner Technik auszuführen sei.
5. Die Beschwerdeführerin hat auf die Beschränkung aufmerksam gemacht, daß die Pakete zu einer bestimmten Verbindung gehören, d. h. nicht alle Pakete werden gleich behandelt, sondern jede Verbindung wird für sich behandelt. Eine derartige Behandlung hat gemäß der Beschwerdeführerin den Vorteil, daß sogenannte "Bursts", die aus den individuellen Quellen stammen, eliminiert werden und ein ausgeglichener Datenfluß dadurch möglich sei. Sie war jedoch in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, die Kammer davon zu überzeugen, daß ein Ausführungsbeispiel, das eine derartige Auslegung des Anspruchs unterstützt, aus der Beschreibung zu entnehmen sei. Die angegebene Stelle auf Seite 2 erwähnt lediglich, daß die Erfindung auch bei asynchroner Technik angewendet werden könne, sagt jedoch nicht, wie eine derartige Anwendung ausgeführt werden kann. Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft machen, daß der Durchschnittsfachmann unter Anwendung seines allgemeinen Fachwissens eine solche Paketvermittlungsstelle in asynchroner Technik hätte realisieren können, bei der im Eingangsdatenstrom Häufungen von zu einer bestimmten Verbindung gehörenden Paketen aufgelöst werden.
6. Die Bestimmung des Artikels 84 EPÜ, nach der die Patentansprüche von der Beschreibung gestützt sein müssen, gehört zu den wesentlichen Erfordernissen des EPÜ, dessen Sinn darin besteht, daß Patentschutz nur in dem Umfang gewährt werden sollte, in dem die Erfindung in der Patentschrift der Öffentlichkeit offenbart worden ist. Im vorliegenden Fall verlangt die Beschwerdeführerin jedoch den Schutz für einen Bereich, der wesentlich breiter ist als die in der Beschreibung angegebene technische Lehre.
7. Da keine weiteren Anträge vorliegen, ist die Beschwerde zurückzuweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.