T 0579/97 () of 1.12.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T057997.20001201
Datum der Entscheidung: 01 Dezember 2000
Aktenzeichen: T 0579/97
Anmeldenummer: 92111213.2
IPC-Klasse: B62D 25/16
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kotflügel zur Abdeckung eines Fahrzeugrads
Name des Anmelders: Sauermann, Hans
Name des Einsprechenden: Köver GmbH & Co. KG Metall- und Kunststoffverarbeitung
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 82
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 R 86(4)
Schlagwörter: Haupt- und Hilfsantrag - erfinderische Tätigkeit (verneint)
Auslegung der Ansprüche
Änderungen - Anspruchserweiterung (verneint)
Änderungen - Einspruchsverfahren
Änderungen - Patentanspruch - Aufnahme nicht recherchierter uneinheitlicher Gegenstände (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/91
G 0002/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 92 111 213.2 ist das europäische Patent Nr. 0 523 458 erteilt worden.

II. Der von der Beschwerdegegnerin (Einsprechenden) gegen das Patent eingelegte Einspruch, der sich auf den Einspruchsgrund gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) im Hinblick auf die u. a. genannten Druckschriften

D1: DE-A-3 939 937

D3: US-A-4 436 319

D5: US-A-3 834 732

D7: DE-A-3 637 453

stützte, führte zum Widerruf des Patents durch die am 1. April 1997 zur Post gegebene Entscheidung, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem damaligen Hauptantrag nicht neu sei und der Gegenstand des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe.

III. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer (Patentinhaber) am 2. Juni 1997 Beschwerde eingelegt und rechtzeitig die Beschwerdegebühr bezahlt. Die Beschwerdebegründung ist am 3. Juli 1997 eingegangen.

IV. Der Beschwerdeführer beantragte gemäß Hauptantrag die Aufrechterhaltung des Patents(Antrag Nr. 1) mit folgenden Unterlagen:

Ansprüche 1 und 4, eingegangen am 3. Juli 1997, Ansprüche 2, 3 und 5 bis 15 wie erteilt, Beschreibung, Seite 1, eingegangen am 3. Juli 1997, Spalte 1, Zeile 28 bis Spalte 4, Zeile 23 und Figuren 1 bis 7 wie erteilt;

gemäß Hilfsantrag (Antrag Nr. 2)

Ansprüche 1 und 4, eingegangen am 3. Juli 1997, weitere Ansprüche, Beschreibung und Zeichnung gemäß Hauptantrag.

Des weiteren beantragte der Beschwerdeführer hilfsweise die Streichung der Wortfolge "deren Außenwand vom Kotflügel (2) gebildet ist und" in den Zeilen 2 und 3 des Anspruchs 1 nach dem Haupt- bzw. Hilfsantrag.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

In Erwiderung auf eine Mitteilung der Beschwerdekammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK mit Ladung zur mündlichen Verhandlung erklärten beide Verfahrensbeteiligte, daß sie an einer mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würden und beantragten Entscheidung nach Lage der Akten.

V. Der Anspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet wie folgt:

"Kotflügel (2) zur Abdeckung eines Fahrzeugrads, an dessen Innenseite eine sich in seiner Längsrichtung erstreckende Kammer (6) vorgesehen ist, deren Außenwand vom Kotflügel (2) gebildet ist, und die in einer dem Fahrzeugrad zugewandten Innenwand (8) Eintrittsöffnungen (10) für von dem Fahrzeugrad abgespritztes Wasser und in einem unteren Bereich wenigstens eine Austrittsöffnung (12) für das Wasser aufweist, wobei die Innenwand (8) den Eintrittsöffnungen (10) zugeordnete, dem Fahrzeugrad zugewandte, in Richtung auf die Eintrittsöffnungen (10) zueinander strebende Wasserführungsflächen (20, 22) aufweist, die Begrenzungsflächen von sich quer zur Längsrichtung der Kammer (6) erstreckenden, sägezahnartig im wesentlichen gegen die Raddrehung gerichteten Rippen (24) sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Rippen (24) einstückig zusammenhängen und einstückig mit der Kammeraußenwand (2) und einem flexibel an dieser angeformten Schmutzabweiser (14) erstellt sind."

Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag enthält den vollständigen Wortlaut des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag, an dessen Ende folgender Text angefügt ist:

"wobei zwischen dem Schmutzabweiser (14) und der Kammeraußenwand (2) Schlitze (16) in nach innen gerichteten Randbereichen (18) vorgesehen sind."

VI. In der Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK teilte die Beschwerdekammer im Hinblick auf einen Einwand nach Regel 86 (4) EPÜ mit, daß die geänderten, von der Beschwerdegegnerin beanstandeten Merkmale des jeweiligen Anspruchs 1 eine Weiterbildung des Hohlkammerkotflügels im Sinne der ursprünglichen Aufgabenstellung darstellten und mit dem weiteren Inhalt des Anspruchs 1 durch eine einzige allgemeine Idee in einheitlicher Weise verbunden seien. Im übrigen seien bei der Recherchenprüfung auch keine uneinheitlichen Anmeldungsbestandteile festgestellt worden. Im Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit seien die Druckschriften D1, D3 und D7 zu berücksichtigen. Hinsichtlich des von der Beschwerdegegnerin u. a. noch vorgelegten Prospekts "Qualitäts-Kotflügel aus Kunststoff von Köver" fehle ein Veröffentlichungsnachweis.

VII. Die Beschwerdegegnerin erhob gegen die geänderten Ansprüche Einwände im Hinblick auf die Artikel 123 (2) und 84 EPÜ sowie Regel 86 (4) EPÜ und machte fehlende Patentfähigkeit geltend. Der Beschwerdegegner widersprach diesem Vorbringen.

Zur Argumentation der Verfahrensbeteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 und der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Hauptantrag

2.1. Zulässigkeit der Änderungen

2.1.1. Artikel 123 (2) EPÜ

Der Anspruch 1 enthält zusätzlich zu den im ursprünglichen Anspruch 1 enthaltenen Merkmalen noch folgende Teilmerkmale (zum Teil sprachlich umformuliert wiedergegeben):

A Die Außenwand der Kammer (6) ist vom Kotflügel (2) gebildet

und die Rippen (24) sind

B sägezahnartig ausgebildet,

C im wesentlichen gegen die Raddrehung gerichtet,

D einstückig mit der Kammeraußenwand (2) und

E einstückig mit einem flexibel an der Kammeraußenwand angeformten Schutzabweiser (14) erstellt.

Die Teilmerkmale A und C sind aus der ursprünglichen Beschreibung Seite 6, Zeile 37 bis Seite 7, Zeile 1 bzw. Seite 7, Zeilen 27/28 in Verbindung mit den Figuren 3 und 4 zu entnehmen. Das Teilmerkmal D ist im ursprünglichen Beschreibungstext Seite 6, Zeile 35 bis Seite 7, Zeile 1 in Verbindung mit dem Text Seite 4, Zeilen 24 bis 27 und der Figur 3 offenbart. Das Merkmal E ist aus dem ursprünglichen Beschreibungstext Seite 7, Zeilen 3 bis 5 in Verbindung mit den Figuren 2 bis 3 abzuleiten, woraus aus den Begriffen "angelenkt" und "einstückig" notwendig folgt, daß die Anformungsstelle des Schutzabweisers am Kotflügel flexibel ist.

Was das Teilmerkmal B "sägezahnartig" anbetrifft, so ist im ursprünglichen Anspruch 1 lediglich das Wort "zahnartig" enthalten. In der ursprünglichen Beschreibung (Seite 7, Zeilen 24 bis 28) ist in Zusammenhang mit der Form der Rippen angegeben:

"Diese Wasserführungsflächen 20, 22 sind Begrenzungsflächen von sich quer zur Längsrichtung der Kammer (6) erstreckenden, zahnartigen Rippen (24). Diese Rippen sind zur Außenseite des Kotflügels (2) nach unten geneigt, bevorzugt um 5 bis 15 ."

In der Schnittzeichnung gemäß Figur 3 sind die Rippen (24) in der vorstehend beschriebenen Formgebung dargestellt, wobei sich die die Rippen (24) formenden Wasserführungsflächen (20, 22) in der Figur 3 unter Bildung einer Spitze treffen. Diese Spitze ist dabei, wie aus der Figur 3 ersichtlich ist, gegen die Drehrichtung eines mit dem Kotflügel zusammenarbeitenden Rades gerichtet (vgl. Teilmerkmal C des geltenden Anspruchs). Die zahnartigen Rippen stellen sich im Querschnitt (Figuren 3, 4) als Begrenzungslinien der Spitze eines Pfeiles dar, der gegenüber einer Lotrechten zur Kotflügelkrümmung einer unsymmetrischen Verzahnung entsprechend geneigt ist.

Der Beschwerdeführer hat durch Vorlage von Auszügen aus Fachbüchern und dgl. belegt, daß bei Sägezähnen im allgemeinen geneigte unsymmetrische Zahnformen zur Anwendung kommen.

Es sind allerdings durchaus Sägeblätter bekannt, die symmetrische Zahnformen aufweisen, so daß davon auszugehen ist, daß der Begriff "sägezahnartig" nicht notwendigerweise Verzahnungen mit geneigten Zähnen aufweisen muß. Allerdings ist das im Anspruch 1 aufgeführte Teilmerkmal "sägezahnartig", das für sich allein stehend verschiedenartige Zahnformen umfaßt, durch das Teilmerkmal C "im wesentlichen gegen die Raddrehung gerichteten Rippen" auf eine geneigte, unsymmetrische Zahnform beschränkt, die in den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents eindeutig offenbart ist. Das Teilwort "säge-" im Anspruchsmerkmal "sägezahnartig" stellt aufgrund dieser Einschränkung der in Rede stehenden Rippenform eine überflüssige sprachliche Ergänzung dar, mit der kein zusätzliches technisches Merkmal in die Lehre des Anspruchs eingeführt wird.

Demnach verstößt auch das Teilmerkmal B "sägezahnartig" des Anspruchs 1 nicht gegen die Anforderungen des Artikels 123 (2) EPÜ.

2.1.2. Artikel 123 (3) EPÜ

Da der Wortlaut des geltenden Anspruchs 1, neben den zusätzlich aufgenommenen Teilmerkmalen, auch noch unverändert alle Merkmale aus dem erteilten Anspruch 1 aufweist, bestehen auch hinsichtlich Artikel 123 (3) EPÜ keine Bedenken gegen die geänderten Unterlagen.

2.1.3. Einwand gemäß Regel 86 (4) EPÜ

Die Regel 86 EPÜ bezieht sich auf die Änderung der europäischen Patentanmeldung, d. h. auf Änderungen der Anmeldungsunterlagen vor der Erteilung des Patents, wobei sich gemäß Absatz 4 geänderte Patentansprüche "nicht auf nicht recherchierte Gegenstände beziehen dürfen, die mit der ursprünglich beanspruchten Erfindung oder Gruppe von Erfindungen nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee verbunden sind".

Der auf Regel 86 (4) EPÜ gestützte Einwand der Beschwerdegegnerin ist im Einspruchsverfahren gegen die erteilte Fassung des Streitpatents vorgebracht worden.

Nach der Entscheidung G 1/91 (ABl. EPA 1992, 253) ist jedoch eine auf fehlende Einheitlichkeit gestützte Beanstandung eines erteilten Patents als Einspruchsgrund ausgeschlossen. Auch eine durch Änderung des Streitpatents entstehende Uneinheitlichkeit ist im Einspruchsverfahren hinzunehmen. Die Regel 86 (4)EPÜ ist demnach im Einspruchsverfahren jedenfalls dann nicht anwendbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - seitens der Recherchenprüfung keine uneinheitlichen Gegenstände festgestellt wurden, wie dies in dem der Entscheidung G 2/92 (ABl. EPA 1993, 591) zugrundeliegenden Sachverhalt der Fall war.

Außerdem betreffen die von der Beschwerdegegnerin im obigen Sinne beanstandeten Teilmerkmale B und C des Anspruchs 1 die Anstellung der Rippen gegen die Anströmrichtung des vom drehenden Rad abgespritzen Wassers und stehen demnach im engen Zusammenhang mit der ursprünglichen Aufgabenstellung, nämlich einen einfach herstellbaren Kotflügel zu schaffen, der vom Fahrzeugrad abgespritzes Wasser nach unten abführt, ohne daß es zu einem beachtlichen Teil abtropfen kann (vgl. Seite 4, 2. Absatz der ursprünglichen Beschreibung). Auch das weitere Teilmerkmal E ("die Rippen einstückig mit ... einem flexibel an der Kammeraußenwand angeformten Schmutzabweiser (14) erstellt sind,") wirkt im Sinne einer Verbesserung der Wasseraufnahme des Kotflügels und trägt aufgrund der einstückigen Ausführung des Schmutzabweisers zusammen mit dem Kotflügel (vgl. Teilmerkmal D) ebenfalls zur Vereinfachung der Herstellung bei. Die beanstandeten Merkmale stehen somit offensichtlich über eine einzige allgemeine erfinderische Idee in engem Zusammenhang mit dem weiteren Inhalt des Anspruchs 1.

Der Einwand der Beschwerdegegnerin gemäß Regel 86 (4) EPÜ ist demnach auch sachlich unbegründet.

2.2. Klarheit des Anspruchs 1 (Artikel 84 EPÜ)

Der Anspruch 1 betrifft einen Hohlkammerkotflügel, der eine dem Fahrzeugrad zugewandte Innenwand (8) und eine davon beabstandete Außenwand aufweist, zwischen denen sich eine in Längsrichtung des Kotflügelverlaufs erstreckende Kammer (6) befindet. In diesem Sinne ist bei Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschreibung und der Zeichnungen die von der Beschwerdegegnerin beanstandete Textstelle des Anspruchs 1 (Zeilen 1 bis 3) "Kotflügel ..., an dessen Innenseite eine ... Kammer vorgesehen ist, deren Außenwand vom Kotflügel gebildet ist" zu verstehen. Sie ist daher in sich nicht widersprüchlich und somit deutlich im Sinne von Artikel 84 EPÜ.

Im Fahrzeugbau ist es allgemein bekannt, am hinteren unteren Ende von Kotflügeln sogenannte Schmutzfänger bzw. Schmutzabweiser anzubringen, um vom Rad abgespritzen Schmutz oder Wasser in den unterhalb des Kotflügels bzw. der Fahrzeugkarosserie liegenden Bereichen abzufangen und dadurch nachfolgende Fahrzeuge gegen Verschmutzung zu schützen. Um Beschädigungen solcher Schmutzabweiser z. B. beim Überfahren von Bodenunebenheiten zu vermeiden sind diese im allgemeinen gelenkig bzw. flexibel am Fahrzeug bzw. Kotflügel angeordnet. Vor diesem Hintergrund ist das im Anspruchskennzeichen aufgeführte Teilmerkmal bezüglich des flexibel an der Kammeraußenwand des Kotflügels angeformten Schmutzabweiser ebenfalls als deutlich formuliert anzusehen.

2.3. Neuheit

2.3.1. Die D1 offenbart einen Hohlkammerkotflügel, dessen Innenkammer zur Aufnahme von Spritzwasser dient. Die dem Fahrzeugrad zugewandte Innenwand ist von zahnartigen Rippen gebildet, die Eintrittsöffnungen für das vom Fahrzeugrad abgespritze Wasser freilassen. Die Rippen weisen gegen die Raddrehung gerichtete, zueinander strebende Wasserführungsflächen auf und erstrecken sich quer zur Längsrichtung der Kammer. Die als Leitstege dienenden Rippen sind dabei mit den seitlichen Schenkeln des im Querschnitt gesehen U-förmig profilierten Hohlkammerkotflügel verbunden, der "aus einem spritzlappenähnlich hinter dem Fahrzeugrad angeordneten Hohlkörper" besteht (Spalte 2, Zeilen 4 bis 6), welcher gemäß Figur 3 in der Art eines formstabilen Spritzlappens über die Unterseite der Karosserie hinausragend verlängert ist. Die D1 offenbart demnach zumindest alle Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

Im Hinblick auf eine einstückige Erstellung von Rippen und Außenwand des Hohlkammerkotflügels sind in der D1 keine Ausführungen gemacht. Des weiteren ist das spritzlappenähnlich von der Karosserie nach unten verlängerte Ende des Hohlkammerkotflügels (Figur 3) formstabil und nicht flexibel an den Hohlkammerkotflügel angeformt. Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 des Streitpatents unterscheidet sich demnach durch seine kennzeichnenden Merkmale vom Kotflügel nach der D1.

2.3.2. Der Hohlkammerkotflügel nach der D7 ist zum nachträglichen Einbau an Kotflügelinnenflächen von Kraftfahrzeugen oder als Abdeckung kotflügelfreier Bereiche von Fahrzeugen vorgesehen. Die dem Rad zugewandte Innenfläche des Hohlkammerkotflügels ist für sich betrachtet flexibel gestaltet und ragt als Spritzwasserfänger unterseitig bis über den Kotflügel hinaus und bildet damit zusätzlich einen Schmutzabweiser. Die Begrenzungsflächen der Spritzwasseröffnungen an der Innenfläche des Hohlkammerkotflügels sind im Gegensatz zum Streitpatent nicht gegen die Raddrehung gerichtet und die die Öffnungen aufweisende Innenfläche ist nicht einstückig mit der Kammeraußenwand der Kotflügels erstellt.

2.3.3. Die D3 zeigt einen einstückig erstellten Hohlkammerkotflügel, bei dem im Gegensatz zum Streitpatent die Innenwand (14, 16) keine Rippen, sondern lediglich Schlitze mit nach innen bzw. außen abgebogenen Rändern aufweist.

2.3.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit im Vergleich mit diesen Druckschriften sowie mit dem weiteren, ferner liegenden Stand der Technik neu.

2.4. Erfinderische Tätigkeit

2.4.1. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe besteht darin, einen Kotflügel der gattungsgemäßen Art anzugeben, der einfach und rationell herstellbar ist und vom Fahrzeugrad abgespritzes Wasser gut abführt.

Die im Kennzeichen des Anspruchs 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmale befassen sich im wesentlichen mit den herstellungsspezifischen Angaben, daß die Rippen einstückig zusammenhängen und einstückig mit der Kammeraußenwand und einem an dieser angeformten Schmutzabweiser erstellt sind, wobei als einziges, die Funktionalität des Kotflügels betreffendes Anspruchsmerkmal die flexible Anformung des Schmutzabweisers an die Kammeraußenwand genannt ist.

Im Anspruch 1 des Streitpatents sind demnach keine weiteren Angaben enthalten, die die einstückige Erstellung von Kotflügel, Rippen und Schmutzabweiser sowie dessen flexible Anformung näher erläutern.

2.4.2. Es ist davon auszugehen, daß ein nach rationeller und einfacher Herstellung strebender Fachmann bei der Großserienfertigung in der Fahrzeugindustrie unter anderem die einstückige Herstellung von Bauteilen in Betracht zieht, zumal die einstückige Herstellung von Hohlkammerkotflügeln aus der D3 (Spalte 2, Zeilen 31 bis 34) ebenso bekannt war wie die Herstellung von Kotflügeln in einstückiger Bauweise mit flexibel angeformtem Schmutzabweiser. So offenbart der von der Beschwerdegegnerin genannte Prospekt "Qualitäts-Kotflügel aus Kunststoff von Köver" (mit dem Datum 2/89) auf den mit "Hinterradkotflügel" und "Kurzkotflügel" bezeichneten Blättern einen Kunststoffkotflügel in einstückiger Bauweise mit einem offensichtlich flexibel angeformten Schmutzfänger. Nach Überzeugung der Beschwerdekammer hat die Beschwerdegegnerin die Vorveröffentlichung dieser Druckschrift durch Vorlage der Gesamtausgabe des Prospektes, dessen Titelseite die vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents liegende Datumsangabe 2/89 aufweist, hinreichend nachgewiesen, zumal auch die Beschwerdeführerin bezüglich der Vorveröffentlichung dieses durch die Titelseite ergänzten Prospektes keine Einwände mehr erhoben hat.

2.4.3. Da weiterhin auch bei der gattungsgemäßen D1 das untere Ende des Hohlkammerkotflügels (gemäß Figur 3) über den Fahrzeugboden hinausragt und damit auch die Funktion eines Schmutzabweisers (vgl. auch Spalte 2, Zeile 5 der D1) hat, lag es für einen Fachmann auf der Hand, bei einstückiger Herstellung von Hohlkammerkotflügeln den Schmutzabweiser nach dem Vorbild des Prospektes der Firma Köver flexibel anzuformen.

Ein nach herstellungsfreundlicher Gestaltung strebender Konstrukteur wird demnach aufgrund der ihm bekannten Kotflügelbauweisen einen Hohlkammerkotflügel nach der D1 in naheliegender Weise im Sinne der Lehre des Anspruchs 1 des Streitpatents weiterentwickeln.

2.4.4. Aus den vorstehenden Gründen kann der Gegenstand nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhend angesehen werden. Er ist daher nicht patentfähig und der Hauptantrag zurückzuweisen.

3. Hilfsantrag

Der Anspruch 1 nach dem Hilfsantrag enthält zusätzlich zu den Merkmalen nach dem Anspruch 1 des Hauptantrags noch das Zusatzmerkmal

"wobei zwischen dem Schmutzabweiser (14) und der Kammeraußenwand (2) Schlitze (16) in nach innen gerichteten Randbereichen (18) vorgesehen sind".

Es ist insbesondere in der Kunststoffertigungstechnik allgemein üblich, zwischen einstückig hergestellten Teilen eine Flexibilität dadurch zu erreichen, daß im Verbindungsbereich dieser Teile die Wandstärke durch Anbringung von Schlitzen, Kerben oder dgl. verringert wird, um im Bedarfsfalle eine Beweglichkeit dieser Teile gegeneinander zu ermöglichen, vgl. in diesem Zusammenhang z. B. in dem genannten Prospekt "Qualitäts-Kotflügel aus Kunststoff von Köver" die Anbringung des in den Kunststoffkotflügel integrierten Schmutzfängers, der im Anformungsbereich an die Wandung des Kunststoffkotflügels offensichtlich durch Einprägung einer Mulde einen verringerten Querschnitt aufweist und flexibel angelenkt ist. Es bedarf für einen Fachmann daher keines erfinderischen Zutuns, das bekannte Konstruktionsprinzip zur Erzeugung flexibel angelenkter einstückiger Teile auch bei Bauelementen mit Hohlkammerquerschnitten anzuwenden. Bei derartigen Querschnitten bietet es sich an, die Flexibilität durch Vorsehen eines Schlitzes sicherzustellen.

Der Gegenstand nach dem Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit ebenfalls nicht patentfähig.

4. Die als weiterer Hilfsantrag zu wertende, von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Streichung der Wortfolge "deren Außenwand vom Kotflügel (2) gebildet ist" im Anspruch 1 ist vorbeugend beantragt worden für den Fall, daß die Kammer diese Formulierung als widersprüchlich zum übrigen Inhalt des Anspruchs ansehen sollte. Das letztere ist wie unter Punkt 2.2 erläutert, nicht der Fall.

Im übrigen ändert die Streichung dieser Wortfolge nichts an der technischen Gesamtlehre des Anspruchs 1 (Haupt- und Hilfsantrag), sodaß auch ein derart geänderter Anspruch 1 als nicht patentfähig anzusehen ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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