T 0509/97 () of 15.10.1999

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1999:T050997.19991015
Datum der Entscheidung: 15 October 1999
Aktenzeichen: T 0509/97
Anmeldenummer: 91810191.6
IPC-Klasse: C08G 59/42
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
Download und weitere Informationen:
Text der Entscheidung in DE (PDF, 31 KB)
Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Modifizierte Epoxidharze
Name des Anmelders: Ciba Specialty Chemicals Holding Inc.
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - naheliegende Kombination bekannter Merkmale
Inventive step - obvious combination of known features
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0181/82
T 0939/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 21. März 1991 unter Beanspruchung der Priorität einer Schweizer Voranmeldung (1055/90) vom 30. März 1990 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 91. 810 191.6 mit der Veröffentlichungsnummer 0 449 776 und dem Titel "Modifizierte Epoxidharze" wurde von der Prüfungsabteilung mit Entscheidung vom 18. September 1996 zurückgewiesen. Die Zurückweisung erfolgte auf der Grundlage von am 26. März 1996 eingereichten Ansprüchen 1. bis 21.

Anspruch 1 lautet:

"Epoxidharzzusammensetzung enthaltend

a) mindestens ein Epoxidharz mit durchschnittlich mehr als einer 1,2-Epoxygruppe pro Molekül,

b) einen Anhydridhärter für das Epoxidharz a),

c) ein Core/Shell-Polymer und

d) eine Verbindung mit zwei aktiven Wasserstoffatomen, die befähigt ist, mit dem Epoxidharz a) zu reagieren."

Anspruch 19 betrifft daraus erhältliche auf an sich übliche Weise gehärtete Produkte, Anspruch 20 ein Verfahren zur Verbesserung der Zähigkeit von Epoxidharzen durch die Zugabe der Kombination der Komponenten c) und d) zu ungefüllten oder gefüllten Massen aus den Komponenten a) und b), Anspruch 21 die Verwendung der obigen Epoxidharzzusammensetzung als Gießharz, Laminierharz, Preßmasse, Beschichtungsmasse oder als Umhüllungssystem von elektrischen oder elektronischen Bauteilen.

Die Ansprüche 2 bis 18 betreffen bevorzugte Ausführungsformen der Epoxidharzzusammensetzung nach Anspruch 1.

II. Als Grund für die Zurückweisung nannte die angefochtene Entscheidung - unter Anerkennung der Neuheit - fehlende erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Hauptanspruchs 1 gegenüber der Lehre folgender Dokumente:

D1 EP-A-0 245 018,

D2 EP-A-0 191 872,

D3 US-A-3 856 883 und

D7 US-A-4 778 851,

von denen im Beschwerdeverfahren nur D1, D2 und D7 eine Rolle spielen.

Der Zusatz der Komponente c) zu einer aus D2 bekannten Zusammensetzung, die die Komponenten a), b) und d) enthielt, mit dem Ziel einer Verbesserung der Zähigkeit ergab sich gemäß der Entscheidung für den Fachmann in naheliegender Weise aus D2 in Verbindung mit der Lehre eines der Dokumente D1, D3 und D7.

III. Am 7. Oktober 1996 erfolgte die Übertragung der Patentanmeldung auf die Firma Ciba SC Holding AG, Basel (CH).

IV. Am 12. November 1996 hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde erhoben und am 17. Januar 1997 unter Beibehaltung des am 26. März 1996 eingereichten oben genannten Anspruchssatzes als Hauptantrag die Beschwerde begründet. Hilfsweise beantragte sie eine mündliche Verhandlung.

i) Mit einer weiteren Eingabe wurden am 9. September 1999 zwei Hilfsanträge eingereicht. Hilfsantrag 1 enthält 21 Ansprüche, die sich vom Hauptantrag nur im Wortlaut der im folgenden wiedergegebenen Definition der Komponente c) in Anspruch 1 unterscheiden. Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Hauptantrag noch zusätzlich durch die Streichung des Anspruchs 9 und die Umnumerierung der Ansprüche 10 bis 21:

Hilfsantrag 1:

"c) ein Core/Shell-Polymer enthaltend einen Kern (Core) ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Polybutadien, Polybutadien/Polystyrol, und Polybutadien/Acrylnitril und eine Hülle (Shell) ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Polymeren auf der Basis von

Methylmethacrylat, Methacrylsäurecyclohexylester, Acrylsäurebutylester, Styrol, Methacrylnitril, Vinylacetat und Vinylalkohol"

Hilfsantrag 2:

"c) ein Core/Shell-Polymer, dessen Shell-Teil keine mit Epoxygruppen reagierende Gruppen aufweist"

ii) In der mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 1999 wurde ein dritter Hilfsantrag mit wiederum 21 Ansprüchen vorgelegt. Auch dieser Antrag unterscheidet sich vom Hauptantrag lediglich durch den Wortlaut der folgenden Definition der Komponente c) in Anspruch 1:

"c) ein Core/Shell-Polymer enthaltend als Core-Material Polybutadien, Polysulfid, Acrylkautschuk, Butylkautschuk oder ein Isopren-Elastomer"

iii) Zur Stützung ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen vorgetragen, die Kombination spezieller Komponenten a), b) und d) mit einem speziellen Core/Shell-Polymer c), bzw. die Auswahl eines speziellen Härtungssystems aus den Komponenten b) und d) für eine Kombination aus a) und c) seien durch den Stand der Technik nicht nahegelegt. Auch die dadurch erreichbaren, in Versuchen und Beispielen gezeigten Verbesserungen der Zähigkeit und anderer mechanischer Eigenschaften seien für den Fachmann nicht vorhersehbar gewesen. Dies gelte auch dann, wenn D2 zugegebenermaßen Zusammensetzungen beschreibe, deren Bestandteile zum Teil den Komponenten a), b) und d) entsprächen und die auch noch weitere Zusätze wie ein "flexibility-imparting agent" enthalten könnten. Vergleiche man eine Epoxidharz-Zusammensetzung, der wie in D1 ein konventioneller Zähigkeitsvermittler zugesetzt wurde, mit solchen, die ein Core/Shell-Polymer enthielten, so zeigten letztere wesentlich bessere Zähigkeitseigenschaften und erheblich höhere Zugfestigkeit.

V. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Zurückweisungsentscheidung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 bis 3 zu erteilen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 123 (2) EPÜ

Der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 3 erfüllen die Bedingungen des Artikel 123 (2) EPÜ. Die Änderungen der Ansprüche 1 und 10, bzw. im Hilfsantrag 2 der Ansprüche 1 und 9 ("Core/Shell-Polymer" statt "Zähigkeitsvermittler") werden durch folgende Stellen in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung gestützt:

Hauptantrag: Anspruch 9 und Seite 6, drittletzter Absatz

Hilfsantrag 1: Seite 7, Absatz 6

Hilfsantrag 2: Anspruch 10 und Seite 7, Absatz 4

Hilfsantrag 3: Seite 7, Absatz 1.

Die Definition von "niederviskos" in Anspruch 5 wird gestützt durch Seite 4, Zeilen 17 und 18.

Im übrigen wurden lediglich die Numerierung und die Bezugnahmen auf andere Ansprüche in den Ansprüche 9 bis 21. bzw. 20 angepaßt.

3. Dokumente

3.1. D1 beschreibt lagerstabile, thermisch härtbare Ein-Komponenten-Epoxidharz-Zusammensetzungen mit hervorragenden Scher- und Schlagzähigkeitseigenschaften, die für Verklebungen und Beschichtungen, für geformte, gegossene und eingekapselte Produkte geeignet sind (Seite 5, Zeilen 21 bis 24) und die neben dem härtbaren Harz ein Polyol, sowie eine katalytische Menge eines Imidazols enthalten (Anspruch 1). Laut Anspruch 6, sowie Seite 5, Zeilen 16/17, Seite 12, Zeilen 9/10 und Seite 13, Zeilen 30 bis 32 enthält die Zusammensetzung zudem vorzugsweise ein Zähigkeitsadditiv (toughening agent). Dies sind vorzugsweise carboxyl-terminierte Butadien-Acrylnitril-Verbindungen, die sowohl kautschukartige als auch thermoplastische Phasen beim Aushärten ergeben können (Seite 12, Zeile 17 bis 37), Kern-Schale-Polymerisate (Seite 13, Zeile 16 bis 25) oder Pfropfpolymere (Seite 13 , Zeilen 1 bis 15). Gemäß Anspruch 8 und Seite 13, Zeilen 26 bis 29 werden Kombinationen der ersten beiden genannten Typen zur Erzielung einer optimalen Zähigkeit bevorzugt. In den Beispielen werden ein Core/Shell-Polymer, das z. B. in Zeile 1 auf Seite 21 als "toughening agent" identifiziert wird, und ein Addukt eines Epoxidharzes mit einem carboxyl-terminierten Butadien-Acrylnitril eingesetzt.

3.2. Ausgehend von der bekannten Tatsache, Epoxyharz-Zusammensetzungen aufgrund ihrer guten elektrischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften für gegossene Isolierungen elektrischer Bauteile einzusetzen (Seite 1, Zeilen 4 bis 11 und Seite 2, Zeilen 1 bis 4), beschreibt D2 in Anspruch 1 eine Mischung aus einem Epoxidharz mit mindestens zwei Epoxygruppen, dem Anhydrid einer polybasischen Carbonsäure, einer Verbindung mit mindestens zwei Phenolgruppen, einem Katalysator, sowie einem anorganischen Füller. Dieser sollte der Verbesserung der Mischung für die Verwendung als gegossene Isolatoren dienen. Die durch Schwund beim Härten, u. a. durch den Füllstoff hervorgerufenen Schwierigkeiten sollten beseitigt werden (Seite 3, Zeile 6 bis Seite 5, Zeile 6).

Die aus D2 bekannte Zusammensetzung enthält also - von der Beschwerdeführerin unbestritten - eine Kombination von Verbindungen, wie sie in der vorliegenden Anmeldung als Komponenten (a), (b) und (d) definiert sind. Als Beispiele identischer Komponenten seien Epoxyharz (D2: Seite 7, Zeilen 6 bis 11; Anmeldung: Anspruch 1), Methyltetrahydrophthalsäureanhydrid (D2: Seite 5, Zeilen 17. bis 18, Beispiele 1 bis 3 und Vergleichsbeispiele 1 bis 4; Anmeldung: Beispiele 1 bis 3 und 5 bis 12), Bisphenol A (D2: Seite 5, letzte Zeile, Seite 6, Zeilen 4. und 7; Anmeldung: Beispiele 1 bis 5 und 7) genannt. Mit der Kombination Anhydrid/Bisphenol A wird eine bessere Reißfestigkeit (crack resistance) erzielt (Seite 6, Zeilen 7 bis 11) als mit dem üblichen Anhydrid-Vernetzer allein. Auf Seite 7, Zeile 14 ff. werden Katalysatoren aufgezählt (vgl. dazu die Anmeldung: Seite 6, Zeilen 2 bis 5).

Auf Seite 8 werden Füllstoffe (Zeilen 1 bis 5) und als weiterer Zusatz ein "flexibility-imparting agent" (Zeilen 19 bis 21) genannt. Es sind dem Dokument jedoch keine weiteren Details zu dieser Komponente zu entnehmen.

3.3. D7 zielt auf die Verbesserung der Zähigkeit von Epoxid-Zusammensetzungen ohne signifikante Opferung von Wärmebeständigkeit durch Zusatz einer stabilisierten diskontinuierlichen Phase von reaktiven gepfropften (Core/Shell-)Kautschukteilchen, deren reaktive Gruppen beim Härten mit dem Epoxid reagieren (Anspruch 1; Spalte 5, Zeilen 13 ff.). In der kontinuierlichen Phase sind Härter, Vernetzer, reaktive und inerte Verdünner und Initiatoren oder Katalysatoren eingeschlossen (Spalte 5, Zeilen 10 bis 12).

Als Härter können die bekannten Systeme ohne Einschränkung eingesetzt werden (Spalte 6, Zeilen 35 bis 50), namentlich genannt werden in den Beispielen Methylendianilin und Triethylentetraamin.

4. Neuheit

Neuheit ist bereits von der Prüfungsabteilung anerkannt worden. Die Kammer sieht keinen Grund, hierzu eine andere Position einzunehmen.

5. Aufgabe und Lösung

5.1. Die Patentanmeldung betrifft einerseits eine Epoxidharz-Zusammensetzung, daraus in an sich üblicher Weise herstellbare gehärtete Produkte und verschiedene Verwendungen der obigen Zusammensetzung, sowie andererseits ein Verfahren zur Verbesserung der Zähigkeit von Produkten aus gefüllten oder ungefüllten Epoxidharz-/Anhydridhärter-Systemen mittels einer Kombination der Komponenten c) und d).

Gemäß Seite 2, Absatz 2, der Beschreibung stellte sich die Anmelderin die Aufgabe, die Zähigkeit und die übrigen mechanischen Eigenschaften eines Epoxidharzes deutlich zu verbessern.

5.2. Zunächst muß die Bedeutung des Wortlautes von Anspruch 1 beurteilt werden, denn darin werden die beanspruchte Zusammensetzung, sowie ihre wesentlichen Komponenten definiert, die auch in den anderen unabhängigen Ansprüchen verwendet werden.

5.2.1. Die beanspruchte Zusammensetzung enthält gemäß Anspruch 1 die Komponenten a), b), c) und d). Die Aufzählung der Komponenten ist ausweislich der Ansprüche 2, 17 und 18 (+ Füllstoff), sowie 8 (+ Reaktionsbeschleuniger für die Härtung) und gemäß den Beispielen nicht beschränkend, sondern gibt lediglich Mindestanforderungen, d. h. die zwingend notwendigen Komponenten, wieder.

5.2.2. Die Beschwerdeführerin machte wiederholt geltend, die beanspruchte Zusammensetzung stelle eine Kombination spezieller Komponenten zur Verfügung. In Anbetracht der sehr allgemeinen, generischen Bezeichnungen der Komponenten a) "Epoxidharz mit durchschnittlich mehr als einer 1,2-Epoxidgruppe pro Molekül", b) "Anhydridhärter für das Epoxid a)", d) "Verbindung mit zwei aktiven Wasserstoffatomen, die befähigt ist, mit dem Epoxid a) zu reagieren" kann die Kammer diesem Argument nicht folgen. So fallen carboxyl-terminierte Butadien/Acrylnitril-Copolymere, wie sie auf Seite 6, Zeilen 14 bis 17 der Anmeldung als ursprüngliche Komponente c) "Zähigkeitsvermittler" genannt werden, ebenso unter die Definition der Komponente d) ("Dicarbonsäuren", vgl. Seite 8, Zeile 4 der Beschreibung).

5.2.3. Die unabhängigen Ansprüche sind auch hinsichtlich eines weiteren Aspekts völlig unspezifisch: sie enthalten keinerlei quantitative Angaben bezüglich der Mengen der Komponenten oder der Höhe des zur Verbesserung der Zähigkeit notwendigen Elastomergehaltes in der Komponente c). Dies gilt auch für Seite 6, Zeilen 6 bis 10. der Anmeldungsunterlagen.

5.3. Wie unter Punkt 3.2 dargelegt, zielte das Dokument D2 laut Seite 1 darauf ab, ausgehend von deren bekannten guten elektrischen, mechanischen und thermischen Eigenschaften, Epoxidmassen für die Verwendung als gegossene Isolatoren noch weiter zu verbessern. Als Lösung wurden Epoxidharz-Massen gefunden, die neben dem Füllstoff Anhydridhärter und Verbindung mit mindestens zwei Phenolgruppen, sowie gegebenenfalls Flexibilisator enthalten. Unter Flexibilisator hat die Fachwelt auch Zähigkeitsvermittler oder Schlagzähmacher verstanden (siehe Eingabe vom 22. März 1996, Seite 2, Zeilen 17 bis 26). Auch die Funktion dieses Additivs war der Fachwelt bereits zum Prioritätszeitpunkt der vorliegenden Anmeldung vertraut, nämlich gewissermaßen als gummielastischer Puffer im Bindemittel zu dienen, durch den mechanische Spannungen relaxieren und so Ablöseerscheinungen zwischen Bindemittel und Füllstoff reduziert oder vermieden werden können (vgl. Kunststoff-Handbuch, 2. Auflage, Band 10, Duroplaste, Hanser, München, 1988, Seite 363, "3.9.2.5 Flexibilisatoren").

D2 wurde bereits von der Prüfungsabteilung als nächstliegender Stand der Technik angesehen. Dieser Einschätzung, der auch die Kammer zustimmt, schloß sich in der mündlichen Verhandlung die Beschwerdeführerin an. Die bekannte Zusammensetzung gibt nur nicht an, daß es sich bei dem Flexibilisator um ein Core/Shell-Polymer handeln kann, die anderen Komponenten von D2 fallen - unbestritten - unter die Definitionen von Anspruch 1.

5.4. Gemäß Seite 1, Absätze 1 und 2, der Anmeldungsunterlagen zielt die Erfindung auf die Verbesserung von Zähigkeitseigenschaften und Reduktion der Sprödigkeit von Epoxidharzen ab, die bekanntermaßen im gehärteten Zustand ansonsten gute mechanische und chemische Eigenschaften aufweisen. Gemäß Seite 2, Absatz 2, wurde diese Aufgabe durch Zugabe eines Zähigkeitsvermittlers gelöst, der nun als Core/Shell-Copolymer weiter präzisiert wurde, in Kombination mit einer Verbindung mit zwei aktiven Wasserstoffatomen. Neben der Erhöhung der Zähigkeit wird dort auch undifferenziert auf eine Verbesserung der "übrigen mechanischen Eigenschaften" hingewiesen.

Gegenüber D2 wurde im Verlauf des Verfahrens von der Beschwerdeführerin diese technische Aufgabe dahingehend modifiziert, daß bei Verbesserung der Zähigkeitseigenschaften die anderen mechanischen und thermischen Eigenschaften nicht verschlechtert werden sollten.

5.5. Da sich die neue von der aus D2 bekannten Zusammensetzung nur durch die Tatsache unterscheidet, daß dort kein Core/Shell-Polymer offenbart wurde, so sollten sich Änderungen der Eigenschaften ausschließlich auf diese Modifikation zurückführen lassen.

5.5.1. Vergleichsversuche zum Stand der Technik unter Verwendung eines Zähigkeitsvermittlers, der weder unter die jetzige Definition von c) noch unter eine andere Definition in Anspruch 1 fällt, liegen in der Anmeldung jedoch nicht vor. In den Beispielen der Anmeldung wurden eine Reihe von Rezepturen untersucht, die sich voneinander jedoch nicht allein durch dieses Merkmal unterscheiden, sondern vielmehr auch Variationen der Komponenten a), b) und/oder d) sowie zum Teil die Gegenwart von Quarzmehl in unterschiedlichen Mengen aufweisen. Auch die Art der Einarbeitung der einzelnen Komponenten unterscheidet sich, was in Anbetracht der reaktiven Gruppen in den Massen ebenso einen Einfluß auf zumindest einige der Eigenschaften ausüben dürfte. Diese Versuche und ihre Ergebnisse lassen daher nach Ansicht der Kammer nicht den Schluß zu, daß die oben angesprochene technische Aufgabe tatsächlich durch den geltend gemachten Beitrag zum Stand der Technik gelöst wird, insbesondere nicht im gesamten breiten Bereich der Ansprüche (vgl. T 939/92, ABl. EPA 1996, 309; insbesondere Punkt 2.4.2 der dortigen Entscheidungsgründe).

5.5.2. Auch der Versuchsbericht vom 18. August 1995 kann die Lösung der technischen Aufgabe gegenüber D2 nicht belegen, da er die Erfindung nicht mit der am nächsten kommenden Ausführungsform des Standes der Technik vergleicht, die die Anwesenheit eines Flexibilisators einschließt.

5.5.3. Der Versuchsbericht vom 22. März 1996, der die Auswahl des Härtungssystems als wesentliches Auswahlkriterium belegen soll und eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 mit einer solchen gemäß einer Ausführungsform von D7 vergleicht, kann die obige Beurteilung auf der Basis von D2 nicht entkräften.

5.5.4. Ebensowenig kann dies der Versuchsbericht vom 3. September 1999, da dort eine Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 mit einer Masse verglichen wird, die neben den Komponenten a), b) und d) des erfindungsgemäßen Versuchs zusätzlich weitere Verbindung enthält, die unter die Definition der Komponente d) fällt, d. h. eine Dicarbonsäure, die mit dem Epoxid reagieren kann (siehe Punkt 5.2.2).

5.6. Durch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen und zusätzlichen Versuche wird also nicht gezeigt, daß durch ein Core/Shell-Polymer als Komponente c) die oben genannte technische Aufgabe tatsächlich gelöst wird , so daß sich dieses unterscheidende Merkmal als eine willkürliche Auswahl im Rahmen der allgemein definierten Komponenten a) bis d) darstellt.

In Übereinstimmung mit gefestigter Rechtsprechung (RSpr BK, 3. Auflage, 1999, Kapitel I. D. 4.1) muß daher untersucht werden, welche andere technische Aufgabe objektiv bestand. Wegen des Fehlens relevanter Vergleichsdaten kann die zu lösende technische Aufgabe folglich nur im Vorschlag weiterer Epoxidzusammensetzungen gesehen werden (vgl. z. B. T 181/82, insbesondere Punkt 11 der Begründung; ABl. EPA 1984, 401).

Da sich sämtliche Anträge nur durch die Definition der Komponente c) voneinander unterscheiden, gilt dieser Schluß für alle diese Anträge gleichermaßen.

6. Naheliegen der Erfindung Es bleibt daher noch zu entscheiden, ob sich die angebotene Lösung für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab oder über eine Optimierung einzelner Eigenschaften durch Modifizierung bekannter Rezepturen innerhalb der normalen Sachkenntnis eines Fachmanns hinausging.

6.1. Wie dargelegt, unterscheidet sich der Gegenstand von Anspruch 1 von der Zusammensetzung in D2 nur dadurch, daß dort zwar der Zusatz eines Flexibilisators vorgeschlagen, aber nicht näher spezifiziert wird.

6.2. Der Zusatz einer derartigen Komponente ("toughening agent") zu vernetzbaren Epoxidharz-Zusammensetzungen wird aber, wie unter Punkt 3.1 gezeigt, auch in D1 ausdrücklich empfohlen. Ausweislich der Beispiele des Dokuments spielt dabei ein Produkt "Paraloid BTA 731 (toughening agent)" (Seite 21, Zeile 1) eine herausragende Rolle. Dieses Produkt ist auf Seite 13, Zeile 25 als Core/Shell-Polymer identifiziert.

6.3. Bei der vorliegenden breiten Definition der Komponenten a), b) und d) mußten Argumente außer Betracht bleiben, die sich auf engere Definitionen der Komponenten gründeten. Genau wie die Formulierung des Anspruchs 1 ist auch der Hinweis auf die "übrigen mechanischen Eigenschaften" der beanspruchten Zusammensetzung so unspezifisch, daß er ebensowenig als eine konkrete Anregung zum gezielten technischen Handeln angesehen werden kann, sondern allenfalls als Hinweis, daß einzelne mechanische Eigenschaften im Rahmen des bekannten bzw. naheliegenden Wissens durch Variation der Rezeptur optimiert werden können.

6.4. Aus diesen Gründen kommt die Kammer zu der Feststellung, daß Anspruch 1 des Hauptantrages nicht die erforderliche erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufweist.

6.5. Da sich die Hilfsanträge sachlich allein durch die nähere Definition der Natur des Core/Shell-Polymers vom Hauptantrag unterscheiden, gelten die obigen Feststellungen auch für die Ansprüche 1 aller zur Entscheidung anstehenden drei Hilfsanträge. Gemäß einem von der Beschwerdeführerin am 9. September 1999 vorgelegten Merkblatt des Paraloid®-Herstellers, handelt es sich bei dem in D1 verwandten Produkt genau wie bei der in den vorliegenden Beispielen der Anmeldung eingesetzten Paraloid-Typ um MBS-Polymere (Methylmethacrylat-Butadien-Styrol-Polymere). Ein Unterschied, der zu einer anderen Beurteilung eines der Hilfsanträge hätte führen können, ist daher und mangels weiterer unterstützender Daten nicht ersichtlich.

6.6. Da aus den vorgenannten Gründen in keinem der Anträge Anspruch 1 gewährbar ist, erfüllt kein Antrag als Ganzes die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ. Eine nähere Untersuchung der übrigen Ansprüche dieser Anträge erübrigt sich daher.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Quick Navigation