T 0357/97 () of 8.6.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T035797.20000608
Datum der Entscheidung: 08 Juni 2000
Aktenzeichen: T 0357/97
Anmeldenummer: 90121642.4
IPC-Klasse: B65D 90/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Abstellplatz für Container
Name des Anmelders: Kreuzer, Jörg, Dipl.-Volkswirt, et al
Name des Einsprechenden: (01) S-KON R. Bertels GmbH
(02) Schneider Werk St. Wendel GmbH & Co. KG
(03) R. & Th. Blass GmbH
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Von der Beschwerdeführerin 01 (Einsprechenden 01), der Beschwerdeführerin 02 (Einsprechenden 03) und der weiteren Verfahrensbeteiligten (Einsprechenden 02) eingelegte, auf die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ (fehlende Neuheit, fehlende erfinderische Tätigkeit) beruhende Einsprüche stützen sich in ihrer Begründung u. a. auf den Stand der Technik nach den Druckschriften

D1: CH-A-543 430

D2: NL-A-8 800 624

D7: Werbeschrift Hydrowa B.V., Eindhoven, Holland, "Olie en andere chemicalien..."

und auf eine angebliche offenkundige Vorbenutzung eines Container-Abstellplatzes auf dem Werksgelände der Firma Koch, Spiralbohrerfabrik, Engelskirchen, Werk 3, Leppestraße.

Die Einspruchsabteilung hat in der am 10. Februar 1997 zur Post gegebenen Zwischenentscheidung festgestellt, daß das Patent unter Berücksichtigung der von der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des Übereinkommens genügt.

II. Gegen diese Entscheidung haben die Beschwerdeführerinnen 01. und 02 am 2. April 1997 bzw. am 10. April 1997 unter gleichzeitiger Bezahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründungen sind am 10. Juni 1997 eingegangen.

III. Die Beschwerdeführerinnen 01 und 02 beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerden und die Aufrechterhaltung des Patents mit den der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen, d. h. mit den am 11. Dezember 1996 vorgelegten Ansprüchen 1 bis 11, der ebenfalls am 11. Dezember 1996 vorgelegten Beschreibung, Spalten 1 bis 7 und den Zeichnungen wie erteilt.

Der geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Abstellplatz für Behälter, in denen das Erdreich schädigende Materialien gelagert sind, wobei unterhalb des Behälterbodens eine Auffangeinrichtung mit einem Auffangbehälter, wobei die Ränder der Wanne (15, 32, 44) unterhalb des Behälterbodens liegen, und oberhalb des Behälters eine Abdeckung vorgesehen ist, wobei die Auffangeinrichtung eine Wanne (15, 32, 44) aufweist, ein den Behälter (1, 26, 36, 46) aufnehmendes Gestell (2) vorgesehen ist und der Abstellplatz ortsbeweglich und auf dem Boden abstellbar ausgeführt ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Behälter als Container (1, 26, 36, 46) mit einem oberen Einfüllbereich zur Aufnahme von Teilen, z. B. Schrottspänen, Schrottstanzteilen und dergl. mit daran haftendem Bohröl, ausgebildet ist, daß am Gestell (2) Stützen (14) befestigt sind, die bis auf den Boden der Wanne (15, 32, 44) reichen und daß die Abdeckung als hochklappbares Dach (12) oder verschiebbares Dach (20, 21, 22) ausgebildet ist, wobei die Dächer (12, 20, 21, 22) nach Hochklappen oder Verschieben den Einfüllbereich (33, 45, 55) des Containers (1, 26, 36, 46) freigeben."

IV. In einer Anlage zur Ladung für die mündliche Verhandlung hat die Beschwerdekammer unter anderem auf den von der Beschwerdeführerin 01 vorgebrachten Einwand bezüglich einer im geltenden Anspruch 1 neu formulierten Texstelle verwiesen und hierzu die Frage aufgeworfen, ob ein Leser des erteilten Anspruchs 1 die als unterhalb des Behälters liegend definierte Abdeckung auf den über den Auffangbehälter (16) liegenden Deckel (10) oder auf die als hochklappbares oder verschiebbares Dach definierte Abdeckung (nach dem letzten Teilmerkmal des erteilten Anspruchs 1) bezieht. Weiterhin wurde auf die relevante Frage verwiesen, ob es für einen Fachmann naheliegend war, die aus der Druckschrift D1 bekannte Abstell- und Lagervorrichtung im Hinblick auf bekannte Containerausbildungen nach dem weiteren Stand der Technik im Sinne des Streitpatents umzugestalten.

Am 8. Juni 2000 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt. Bei der Verhandlung war lediglich die Beschwerdeführerin 01 anwesend. Die Beschwerdeführerin 02, die weitere Verfahrensbeteiligte und die Beschwerdegegnerin hatten schriftlich angekündigt, daß sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen würden.

V. Die Beschwerdeführerin 01 hat in der mündlichen Verhandlung wie folgt argumentiert:

Die im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents genannte "Abdeckung" sei in Verbindung mit der Angabe "unterhalb des Behälters" nach dem sprachlichen Begriffsverständnis des Fachmanns dem Auffangbehälter (16) zugeordnet und nicht, wie dies im geltenden geänderten Anspruch 1 definiert sei, als oberhalb des Behälters liegend und somit dem Behälter (Container) zugeordnet zu verstehen. Es handle sich demnach bei der diesbezüglichen Umformulierung im geltenden Anspruch 1 um eine unzulässige Änderung des erteilten Anspruchs 1 im Sinne von Artikel 123 (3) EPÜ.

Die im Streitpatent genannte Aufgabenstellung sei im Vergleich zum Stand der Technik nach der D1 nicht neu. Diese Druckschrift offenbare zur Lösung dieser Aufgabe neben den im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents aufgeführten Merkmalen auch noch die die Gestellstützen und die als Dach ausgebildete Abdeckung betreffenden Teilmerkmale aus dem Kennzeichen des Anspruchs 1. Die weitere Lehre nach dem Anspruchskennzeichen sei, was die Lösungsvariante mit hochklappbarem Dach anbetreffe, vollständig aus der D2 bzw. der D7, die einen Prospekt für den Gegenstand nach der D2 darstelle, bekannt. Die Umgestaltung der Vorrichtung gemäß D1 nach dem Vorbild der D2 bzw. D7 sei insbesondere dann naheliegend, wenn eine Belieferung des Behälters bzw. Containers von oben erwünscht sei. Der Fachmann werde dann durch das Vorbild der D2 bzw. D7 unmittelbar zur beanspruchten Lösung geführt. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit sei auch zu berücksichtigen, daß in der D1 ausdrücklich darauf hingewiesen sei, daß es sich bei dem beschriebenen Gegenstand um "Behälter aller Art" handle und daß somit die Größe des Behälters ebenso wie beim Streitpatent nicht festgelegt sei. Es habe auch kein Vorurteil des Fachmannes gegen eine Kombination der Lehren nach der D1 und der D2 bzw. D7 bestanden, wie in der angefochtenen Entscheidung argumentiert werde, denn insbesondere die D7 zeige, daß die Befüllung selbst eines relativ großen Containers ohne weiteres durch einen Gabelstapler möglich sei. Dies sei auch dann der Fall, wenn der Behälter, wie in der D1 gezeigt und beim Streitpatent beansprucht, auf Stützen stehe. Das Fassungsvermögen des in Rede stehenden Auffangbehälters (Wanne) müsse nämlich weit weniger groß als dasjenige des Behälters selbst sein, so daß sich die Höhe der Auffangwannenränder in der Größenordnung von 15 cm bewege. Das genannte Vorurteil sei auch nicht durch beweiskräftige Aussagen aus Literatur und Nachschlagwerken belegt worden. Die beanspruchte Vorrichtung beruhe demnach nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Zu einem solchen Ergebnis komme man auch, wenn man vom Stand der Technik nach der offenkundigen Vorbenutzung bei der Firma Koch ausgehe und diese im Hinblick auf die Lehre nach der Druckschrift D1 abändere.

Die Beschwerdeführerin 02 (Einsprechende 03) stütze ihre Argumentation in der Beschwerdebegründung ebenfalls auf den Stand der Technik nach der D1 in Verbindung mit dem Offenbarungsinhalt der D2 bzw. der offenkundigen Vorbenutzung bei der Firma Koch und bestreitet, daß die beanspruchte Vorrichtung den Anforderungen nach Artikel 56 EPÜ (erfinderische Tätigkeit) genüge.

Die weiter am Verfahren beteiligte Einsprechende 02 hat sich im Beschwerdeverfahren sachlich nicht geäußert.

VI. Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer (schriftlichen) Erwiderung auf die Beschwerden im wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin 01 im Zusammenhang mit der angeblich unzulässigen Änderung des Anspruchs 1 gäben den Offenbarungsinhalt des Streitpatents nicht so wieder, wie dieser bei objektiver Würdigung durch den Fachmann zu sehen sei. Die zusätzliche Aufnahme des Hinweises im Obergriff des Anspruchs 1, daß eine Abdeckung oberhalb des Behälters vorgesehen sei, stelle lediglich eine Klarstellung und keine unzulässige Änderung dar.

Eine Kombination der Lehren nach den Druckschriften D1 und D2 oder D7 führe nicht zum Gegenstand des Streitpatents. Der Behälter für den Abstellplatz nach der D1 sei zur Aufnahme von Brenn- und Schmierstoffen vorgesehen und stelle eine in sich schlüssige Offenbarung für den angegebenen Verwendungszweck dar. Außerdem handle es sich bei der D1 um einen kleinen Abstellplatz, der bei leergepumptem Behälter ein niedriges Gewicht aufweise, so daß er von Hand verschoben werden könne. Das in der D1 offenbarte Gestell für den Behälter bzw. Tank sei notwendig, um mittels Kannen und dergl. die Brenn- und Schmierstoffe aus den Fässern und Behältern entnehmen zu können. Der Fachmann habe keine Veranlassung gehabt, den Stellplatz nach der D1 in irgendeiner Weise umzugestalten, da er für den vorgesehenen Anwendungszweck sehr wohl geeignet sei. Werde hingegen dem Fachmann die Aufgabe gestellt, einen Abstellplatz für von oben zu befüllende und mittels Hebezeug zu transportierende Behälter zu schaffen, so würde er die Unbrauchbarkeit des Abstellplatzes nach der D1 feststellen, der andersartig ausgebildet und für andere Dimensionen ausgelegt sei. Zudem würde das in der D1 gezeigte Dach einer Befüllung von oben im Wege stehen. Der Abstellplatz nach der D1 müsse demnach, um ihn im Sinne des Streitpatents umzugestalten, komplett umkonstruiert werden, wofür der Stand der Technik keine Anregung gebe. Die D2 lehre, den Container direkt auf dem Boden abzustellen. Die Grube nach der geltend gemachten Vorbenutzung lehre zwar das Vorsehen einer Abdeckung, gebe aber keine Anregung, den ortsunbeweglichen Abstellplatz so umzubauen, daß er ortsbeweglich sei und dennoch einen Container aufnehmen könne. Der Fachmann wisse, daß der unkontrollierte Sumpf nach der Vorbenutzung keine umweltsichere Anlage sei, so daß die Lehre der Vorbenutzung ebenfalls keine Anregung für die beanspruchte Lösung geben könne. Die beanspruchte Vorrichtung sei daher neu und erfinderisch.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 sowie der Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Die im geltenden Anspruch 1 enthaltenen technischen Merkmale der beanspruchten Vorrichtung sind nach Auffassung der Beschwerdekammer durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt. Desgleichen haben die Änderungen im geltenden Anspruch 1 gegenüber dem Inhalt des erteilten Anspruchs 1 nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs geführt.

Da die beanspruchte Vorrichtung einschließlich des beanstandeten Merkmals, wie im folgenden erläutert wird, aufgrund von Artikel 56 EPÜ nicht patentfähig ist, ist die Frage der Zulässigkeit von Änderungen für die Aufrechterhaltung des Patents ohne Bedeutung. Es erübrigt sich somit, auf diese Frage näher einzugehen.

3. Neuheit

Die Vorrichtung nach der Druckschrift D1 offenbart unbestritten die Merkmale aus dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 des Streitpatents. Darüber hinaus ist aus der D1 auch noch ein Teil der im Kennzeichen des Anspruchs 1 aufgeführten Merkmale bekannt. Aus der Figur 1 und der Beispielsbeschreibung der D1 ist es nämlich auch bekannt, an dem Ständer bzw. Gestell "zum Aufstellen von Fässern (6) und Behältern (7) aller Art" Stützen zu befestigen, die bis auf den Boden der Auffangwanne (1) reichen. Darüber hinaus ist die oberhalb der Behälter vorgesehene Abdeckung als Dach (12) ausgebildet.

Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 unterscheidet sich von der nach der Druckschrift D1 noch dadurch,

"daß der Behälter als Container mit einem oberen Einfüllbereich zur Aufnahme von Teilen, z. B. ...mit daran anhaftenden Bohröl ausgebildet ist und daß die Abdeckung als hochklappbares oder verschiebbares Dach ausgebildet ist, wobei die Dächer nach Hochklappen oder Verschieben den Einfüllbereich des Containers freigeben.

Die Abstellvorrichtungen nach den Druckschriften D2 und D7 unterscheiden sich schon gattungsgemäß von der beanspruchten Vorrichtung dadurch, daß keine Auffangwanne vorgesehen ist, die zusammen mit Behälter und Auffangeinrichtung ortsbeweglich ist.

Beim Abstellplatz nach der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung steht der Container (Foto 1) über ein Gestell (Foto 2) abgestützt in einer als Betonwanne ausgebildeten, in der Erde verankerten Auffangeinrichtung (Foto 3 bis 6). Die Auffangeinrichtung ist somit im Gegensatz zum beanspruchten Abstellplatz nicht ortsbeweglich.

Die weiteren im Beschwerde- bzw. Einspruchsverfahren genannten Druckschriften bzw. Beweismittel liegen dem Gegenstand des Streitpatents ferner als der vorstehend diskutierte Stand der Technik.

Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 in der geltenden Fassung ist somit im Vergleich zum aufgedeckten Stand der Technik neu, was auch im Beschwerdeverfahren nicht bestritten wurde.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Die gattungsgemäße Aufstellplatzvorrichtung nach der D1 dient, wie aus deren Figur 1 ersichtlich und in Spalte 2, Zeilen 17, 18 erörtert ist, zum "Aufstellen von ... und Behältern (7) aller Art". Nach dem Patentbegehren der D1 sind diese Behälter zur Aufnahme umweltgefährlicher Flüssigkeiten vorgesehen und sind, wie bereits unter Punkt 3 erwähnt, zusammen mit der Auffangeinrichtung als ortsbeweglicher und auf den Boden abstellbarer Abstellplatz ausgebildet. Durch die bekannte Vorrichtung wird demnach, wie auch gemäß Aufgabe des Streitpatents u. a. gefordert, ein Abstell- bzw. Entsorgungsplatz für mittels Hebezeug zu transportierende Behälter zur Verfügung gestellt, der eine Schädigung des Erdreichs durch Eindringen schädlicher Stoffe im Bereich des Abstellplatzes mit Sicherheit verhindert, wobei die Behälteröffnung gegen Eindringen von Regen, Schnee und dergl. geschützt ist. Die Behälter des in der Zeichnung der Figur 1 der D1 gezeigten Abstellplatzes sind ferner aufgrund der von den Behältern beabstandeten, jedoch unbeweglichen Überdeckung 12 bedingt von oben her zu befüllen. Dies folgt aus der Beschreibungseinleitung, Spalte 1, Zeilen 14, 15 der D1, wonach "alle Gefäße, Kannen, Behälter usw. über bzw. in einer öldichten Wanne aufgestellt werden". Aus dieser Textstelle in Verbindung mit dem o. g. Hinweis auf "Behälter (7) aller Art" (Spalte 2, Zeilen 17, 18) folgt, daß es sich, entgegen der Darstellung in der Figur 1, nicht notwendig um allseitig verschlossene Behälter handeln muß, sondern daß auch oben offene Behälter mitumfaßt sind, wie aus dem Hinweis auf "Kannen" ersichtlich ist. Das Befüllen von nach oben offenen Behältern ist bei der Vorrichtung nach der D1 infolge des von der Behälteroberseite beabstandeten festen Daches nur von Hand oder ggf. mit Hilfseinrichtungen nur von der Seite her möglich. Ein Befüllen der Entsorgungsbehälter mit Kran bzw. Hebevorrichtungen, wie dies normalerweise beim Transportieren von Schrottspänen und Schrottstanzteilen der Fall ist, ist bei der bekannten Vorrichtung nicht möglich.

Demnach besteht die beim Streitpatent gegenüber der D1 noch gelöste Aufgabe darin, die bekannte Vorrichtung derart weiterzubilden, daß die nach oben offenen Behälter auch von oben her ohne weiteres zu befüllen sind.

4.2. Nach Ansicht der Beschwerdegegnerin ist die Abstellvorrichtung nach der D1 nur für einen speziellen Verwendungszweck offenbart, nämlich für Behälter und/oder Fässer, in denen Brenn- und Schmierstoffe enthalten sind. Darüber hinaus handle es sich um einen kleinen Abstellplatz, der gegebenenfalls von Hand verschoben werden könne.

Die D1 bezieht sich jedoch nicht nur auf diesen Verwendungszweck, wie sich aus dem Text in Spalte 1, Zeilen 7 und 8 der D1 "Die Lagerung von Fässern und Behältern enthaltend gefährliche Güter..." ergibt. Die Behälter nach der D1 sind demnach nicht auf die Aufnahme von Brenn- und Schmierstoffen beschränkt, sondern sollen ganz allgemein für die Aufnahme umweltgefährdender Güter geeignet sein. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß sich von der Veröffentlichung der D1 (1973) bis zum Prioritätstag des Streitpatents (1989) die Sensibilität im Umgang mit umweltgefährdenden Materialien stetig erhöht hat, so daß nunmehr neben den höchst umweltgefährdenden Brenn- und Schmierstoffen auch mit umweltgefährdenden Flüssigkeiten, z. B. mit Bohröl verschmutzte Festteile (wie Bohrspäne, Schrottstanzteile usw.) zu den gefährlichen Gütern, die das Erdreich schädigen, gerechnet werden. Es lag somit am Prioritätstag des Streitpatents für den Fachmann auf der Hand, den mobilen Abstellplatz nach der D1 auch zur Entsorgung von mit Öl verschmutzten Teilen der Industrie zu benutzen. Solche verschmutzten Teile fallen im übrigen auch an Großbaustellen an, bei denen mobile Werkstätten zur Bearbeitung von Metallteilen wie Rohrverbindungen, Heizungsteilen zur Anwendung kommen. Der bekannte mobile Abstellplatz nach der D1, in der ausdrücklich auf nicht standortgebundene Maschinen, wie Baumaschinen verwiesen wird (Spalte 1, Zeilen 1, 2), bot sich somit dem Fachmann dafür an, neben flüssigen Gütern auch alle weiteren mit Öl und dergl. behafteten sonstigen Abfallteile zu entsorgen. Es versteht sich hierbei von selbst, daß zur Entsorgung solcher Teile zwecks einfacher Befüllung nur nach oben offene Behälter in Frage kommen, die zudem einer Überdachung bedürfen, um bei Regenwetter eine Auffüllung mit Wasser und ein Überlaufen der oben schwimmenden Ölstände zu vermeiden, wie dies auch in Spalte 1, Zeilen 33 bis 37 der D1 angegeben ist. Festgüter, Abfallstoffe und dergl. werden auf Baustellen und in Fabriken schon seit Jahrzehnten zunehmend maschinell durch Gabelstapler, Fahrzeuge, Kräne und dergl. befördert. Es ist auch aus diesem Grunde für einen Fachmann selbstverständlich, zur Lagerung umweltgefährdender Güter nach oben offene Behälter zu benutzen, bei deren maschineller Befüllung eine unerwünschte Berührung der verschmutzten Güter mit der Umgebung des Behälters vermieden wird. Solche nach oben offene Behälter zur Entsorgung von verschmutzten Teilen waren am Prioritätstag des Streitpatents allgemein bekannt, wie dies die Druckschriften D2 bzw. D7 zeigen. Um eine Befüllung zu ermöglichen, ist die obligatorische Regenschutzabdeckung nach der D2 bzw. D7 als hochklappbares Dach ausgebildet.

Es bedurfte somit keiner erfinderischen Überlegungen, um den mobilen Abstellplatz nach der D1 so umzugestalten, daß er auch für das Abstellen von offenen, maschinell zu befüllenden Behältern Verwendung finden konnte.

4.3. Weder in der D1 noch im Anspruch 1 oder in der Beschreibung des Streitpatents sind beschränkende Angaben über Abmessungen und Größe der transportablen Behälter enthalten. Somit ist der Anspruch 1 des Streitpatents nicht auf Großbehälter beschränkt, so daß die Anspruchslehre in dieser Hinsicht kein weiteres, durch die D1 nicht offenbartes Merkmal umfaßt.

4.4. Das Vorhandensein eines Vorurteils der Fachwelt gegen die Verwendung des aus der D1 bekannten Abstellplatzes zur Lagerung von Teilen, z. B. Schrottspänen, Schrottstanzteilen und dergl. mit daran haftendem Bohröl, wie es in der angefochtenen Entscheidung geltend gemacht wurde, ist nicht durch Literatur und anerkannte Nachschlagwerke belegt worden. Die Beweislast für ein Vorurteil liegt im vorliegenden Fall bei der Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin), die jedoch im Beschwerdeverfahren hierzu nichts vorgebracht hat (vgl. "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA", 3. Auflage, 1998, Seite 157, Punkt 7.2).

Die Kammer sieht kein Hindernis für den Fachmann, den mobilen Abstellplatz nach D1 auch zur Entsorgung von verschmutzten festen Teilen in Erwägung zu ziehen und ihn für diesen Anwendungszweck im Sinne des Vorbilds nach der D2 bzw. D7 umzugestalten.

5. Aus vorstehenden Gründen kann die erste Lösungsalternative (mit einem hochklappbaren Dach) nach dem geltenden Anspruch 1 nicht als auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhend angesehen werden. Da somit eine der beiden im Anspruch 1 definierten Alternativen nicht patentfähig ist, kann der Anspruch 1 in der geltenden Fassung nicht bestehen bleiben.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 teilen das Schicksal des Anspruchs 1.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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