T 0348/97 () of 21.3.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T034897.20000321
Datum der Entscheidung: 21 März 2000
Aktenzeichen: T 0348/97
Anmeldenummer: 89112462.0
IPC-Klasse: F23G 5/16
F23G 5/32
F23G 5/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Anlage zur Verbrennung von Sondermüll
Name des Anmelders: ABB Management AG
Name des Einsprechenden: (01) L. & C. Steinmüller GmbH
(02) Deutsche Babcock Anlagen GmbH
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 7. Juli 1989 angemeldete europäische Patentanmeldung Nr. 89 112 462.0 wurde am 29. September 1993 das europäische Patent Nr. 0 353 491 erteilt.

II. Anspruch 1 des erteilten Patents hat folgenden Wortlaut:

"Anlage zur Verbrennung von gasförmigem, flüssigem und festem Sondermüll mit einem Drehrohrofen (1) und einer Brennkammer (20), in deren unteren Endbereich (21) der Drehrohrofen (1) und auch mindestens ein Brenner (23) zur Einleitung gasförmiger und flüssiger Teile des zu verbrennenden Mülls münden, dadurch gekennzeichnet, dass die Brennkammer (20) oberhalb des unteren Endbereichs als aufrechtstehendes zylindrisches Rohr mit gleichbleibendem Querschnitt ausgebildet ist, sich im unteren Endbereich (21) nach unten konisch verengt und am oberen Ende (25) sich gleichfalls konisch verengt und anschliessend in einen erweitertern Kanal übergeht, wodurch eine Einschnürung (26) gebildet wird, sowie dass in die Wand der Brennkammer (20) im Bereich mit gleichbleibendem Querschnitt zwecks Erzeugung einer Wirbelströmung Lanzen mit etwa tangential zur Wand der Brennkammer (20) gerichteten Achsen zur Einleitung flüssiger Abfälle ohne oder mit nur sehr geringem Heizwert eingebaut sind."

Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 ist offensichtlich der Wortlaut "erweitertern Kanal" durch "erweiterten Kanal" zu ersetzen.

An diesen unabhängigen Anspruch 1 schließen sich die von ihm abhängigen Ansprüche 2 und 3 an.

III. Gegen das vorgenannte Patent legten die am Verfahren kraft Gesetzes Beteiligte (Einsprechende 01) und die Beschwerdeführerin (Einsprechende 02) Einspruch ein und beantragten den Widerruf des Patents mit der Begründung, daß der Gegenstand des Patents nicht neu sei bzw. nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe (Art. 100 a) EPÜ).

Zur Stützung ihres Vorbringens verwiesen sie unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:

(D1) DE-A-3 625 397

(D5) A. Christmann: "Die Verbrennung von Industriemüll - Verfahrenstechnische und Ökologische Aspekte", 7. Internationales Seminar "Warheen met Industrieafval", 16. - 17. Juni 1987, Vrije Universiteit Brussel.

IV. Mit Entscheidung in der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 1996, mit schriftlicher Begründung am 24. Januar 1997 zur Post gegeben, wies die Einspruchsabteilung die Einsprüche zurück.

Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die einzelnen Druckschriften zwar Teilmerkmale des Anspruchs 1 zeigten, jedoch keinen Hinweis gäben, diese Teilmerkmale miteinander und mit weiteren Merkmalen zu kombinieren, so daß auch die Zusammenschau mehrerer oder aller in Betracht gezogenen Druckschriften nicht ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen könne.

V. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin am 26. März 1997 unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung ging am 21. Mai 1997 ein.

VI. Mit Bescheid vom 9. Februar 1999 legte die Kammer dar, daß sie nach vorläufiger Prüfung der Sachlage Zweifel daran hege, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Hinblick auf den Stand der Technik nach (D1) und (D5) als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzusehen sei.

VII. Am 21. März 2000 wurde auf entsprechende Hilfsanträge der Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegnerin hin mündlich verhandelt.

VIII. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Zur Stützung ihres Antrags brachte sie im wesentlichen folgendes vor:

Die Patentinhaberin wolle beim Gegenstand von (D1) nicht erkennen, daß der Bereich nach der Verengung im oberen Endbereich der Brennkammer in einen erweiterten Kanal übergehe. Dies gehe jedoch aus (D1), Spalte 3, Zeilen 39 bis 42 hervor, wo auf einen verjüngten Verweilzeitabschnitt in der Brennkammer verwiesen sei.

Es habe für den Fachmann kein Grund bestanden, von der Konfiguration der Nachbrennkammern mit Verengung im oberen und unteren Bereich abzuweichen, wie das Beispiel gemäß Bild 9 in (D5) zeige. Danach sei es für den Fachmann selbstverständlich, die vorhandene Verengung im Endbereich der Nachbrennkammern mit rechteckigem Querschnitt in eine konische Verengung mit kreisrundem Querschnitt auszubilden.

(D5) weise auf Seite 8, Zeilen 9 und 10, auf eine konische Verengung durch Einschnürung im Strömungskanal dadurch hin, daß Turbolatoren u. a. als Strömungslenknasen vorgesehen seien, wie aus Bild 12 von (D5) hervorgehe. Die Ausbildung einer Wirbelströmung mit hohem Gesamtdrehimpuls werde ebenfalls gemäß (D5) erreicht, wo gemäß Seite 7 eine intensive Durchmischung der Abgase aus dem Drehrohr und die Auflösung von Gas-Luft-Strähnen sichergestellt werde.

Auf Seite 7 von (D5) sei auch auf die Installation von Lanzen schon hingewiesen worden. Diese könnten sehr steil angestellt werden, so daß es damit möglich sei, eine Wirbelströmung mit hohem Drehimpuls in Gang zu halten. Die konische Verengung am oberen Ende der Nachbrennkammer mit den Strömungslenknasen gemäß Bild 12 von (D5) bilde für eine rasch kreisende Strömung eine Schwelle, die die axiale Komponente der Strömung beschränke und die Verwirbelung der Rauchgase im Übergang zum Abzug verbessere. Die Lanzen, die der Fachmann selbstverständlich tangential anstelle, dienten dazu, die Wirbelströmung ständig anzutreiben und ihr den erforderlichen Drehimpuls aufzuprägen.

Der Gegenstand des Streitpatents sei somit für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Kombination der Entgegenhaltungen (D1) und (D5) mit identischer oder äquivalenter Wirkung zu entnehmen.

IX. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte die Zurückweisung der Beschwerde. Ihr Vorbringen läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Aus (D1) sei nicht entnehmbar, daß nach der Verengung der Brennkammer im oberen Endbereich dieselbe in einen erweiterten Kanal übergehe, sondern es führe der längere verengte Verweilzeitabschnitt mit etwa konstantem Querschnitt zu einem Abhitzekessel.

Dem Stand der Technik seien zur Lösung der zugrundeliegenden Aufgabe, nämlich die Verweilzeit der Rauchgase zu erhöhen, keine Hinweise auf eine runde Ausbildung der Brennkammer zu entnehmen. Auch aus einer runden Brennkammerform folge nicht zwingend, daß die Verengung im Endbereich der Brennkammer konisch sein müsse. Durch die konische Einschnürung werde die Rotation der Wirbelströmung beschleunigt und damit die Durchmischung der Rauchgase gefördert.

Die tangentiale Komponente bei der Ausrichtung der Brenner gemäß (D1) trage kaum zu einer Erhöhung der Mindestverweilzeit bei. Es handle sich dabei um Teilströmungen, die zur Turbulenzerzeugung gegeneinander gerichtet seien, wobei der Drehimpuls der Gesamtströmung etwa gleich Null sei.

Der Anstellwinkel von Brennern sei wegen des großen Brennerdurchmessers und wegen des Umstandes, daß die heiße Flamme die Ausmauerung nicht streifen dürfe, auf kleine Werte beschränkt, so daß Brenner - im Gegensatz zu Lanzen - keine Wirbelströmung mit großem Drehimpuls hervorrufen könnten. Anspruch 1 enthalte eine Reihe von Merkmalen mit einer gemeinsamen Wirkung, die insbesondere in der Erhöhung der Mindestverweilzeit der Rauchgase durch Ausbildung einer Strömung mit hohem Drehimpuls und relativ kleiner axialer Komponente bestehe.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Neuheit

2.1. Der nächstkommende Stand der Technik wird durch (D1) beschrieben, was zwischen den Parteien nicht streitig ist.

Diese Entgegenhaltung zeigt gemäß Figur 3 eine Anlage zur Verbrennung von gasförmigem, flüssigem und festem Sondermüll mit einem Drehrohrofen 6 und einer Brennkammer 51, in deren unteren Endbereich der Drehrohrofen und auch mindestens ein Brenner zur Einleitung gasförmiger und flüssiger Teile des zu verbrennenden Mülls münden. Die Brennkammer ist oberhalb des unteren Endbereiches aufrechtstehend mit einem quadratischen Querschnitt ausgebildet und weist etwa in der Mitte ihrer Vertikalerstreckung eine Querschnittsverjüngung 60 mit einem sich daran anschließenden Kanal 53 von konstantem Querschnitt auf, der nach einer Umlenkung von 180 in einen nach unten gerichteten Abschnitt 61 der Brennkammer 51 übergeht.

2.2. Anspruch 1 unterscheidet sich von der durch (D1) bekannten Anlage durch folgende Merkmale:

(A) die Brennkammer ist als zylindrisches Rohr ausgebildet

(B) die Brennkammer verengt sich im unteren Endbereich konisch nach unten

(C) die weitere Verengung ist am oberen Ende der Brennkammer angeordnet, ist konisch ausgebildet und geht anschließend in einen erweiterten Kanal über, wodurch eine Einschnürung gebildet wird

(D) in die Wand der Brennkammer sind im Bereich mit gleichbleibendem Querschnitt zwecks Erzeugung einer Wirbelströmung Lanzen mit etwa tangential zur Wand der Brennkammer gerichteten Achsen zur Einleitung flüssiger Abfälle ohne oder mit nur sehr geringem Heizwert eingebaut.

2.3. Aus den vorstehend genannten unterschiedlichen Merkmalen des Anspruchs 1 gegenüber der nächstkommenden bekannten Anlage folgt unmittelbar, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 neu ist. Dieser Umstand war im Einspruchsbeschwerdeverfahren auch nicht streitig.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Gemäß dem einleitenden Teil der Beschreibung des Streitpatents wird die zugrundeliegende technische Aufgabe darin erblickt, eine Nachbrennkammer, wie sie durch (D1) bekannt ist, derart auszugestalten, daß die Verweilzeit der Abfälle in derselben möglichst lang ist.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch den Gegenstand des Anspruchs 1, wobei insbesondere die unter Abschnitt 2.2 oben genannten Merkmale (A), (C) und (D) hierzu beitragen. Wie aus den Merkmalen (B) und (C) hervorgeht, ist Merkmal (A) auf ein kreiszylindrisches Rohr zu beziehen. Der kreisförmige Querschnitt der Brennkammer fördert die Ausbildung einer Wirbelströmung, d. h. einer um die Mittelachse der Brennkammer kreisenden Strömung, da hierbei die Rotation der Strömung nicht gestört wird, wie dies z. B. bei einem rechteckigen Kanalquerschnitt der Fall wäre. Merkmal (C) führt zu dem Effekt, daß durch die Ausbildung einer Einschnürung am oberen Brennkammerende ein Hindernis für die Strömung in axialer Richtung gebildet wird, wobei aufgrund der Verringerung des Kanaldurchmessers in Verbindung mit einer konischen Kanalgestaltung die Rotationsgeschwindigkeit der Strömung erhöht wird. Die tangential zur Wand ausgerichteten Lanzen gemäß Merkmal (D), die infolge ihrer Beaufschlagung mit Abfällen ohne oder mit geringem Heizwert relativ kühle Fluidstrahlen erzeugen und daher in Bereichen nahe der Kanalwand tangential zu dieser angeordnet werden können, bewirken die Aufrechterhaltung bzw. die Verstärkung des Drehimpulses der Strömung ohne Beschleunigung in axialer Richtung. Schließlich ist es auch plausibel, daß die kreiszylindrische Gestaltung der Brennkammer im unteren Endbereich mit einer konischen Verengung nach unten gemäß o. g. Merkmal (B) die Turbulenz der aus dem Drehrohrofen austretenden Strömung aufgrund der Diffusorwirkung erhöht. Es besteht somit kein Zweifel und ist auch nicht streitig, daß die zugrundeliegende Aufgabe durch Anspruch 1 gelöst wird.

3.2. Hinsichtlich des Arguments der Beschwerdeführerin, die Patentinhaberin erkenne beim Gegenstand von (D1) nicht, daß der obere Endbereich der Brennkammer in einen erweiterten Kanal übergehe, ist folgendes zu bemerken:

Gemäß Anspruch 1 des Patents befindet sich die konische Verengung bzw. Einschnürung am oberen Ende der als aufrechtstehendes zylindrisches Rohr ausgebildeten Brennkammer. Gemäß (D1), Figuren 3 und 4, schließt sich eine als rechteckig sich darstellende Verengung an den mittleren Höhenbereich der Brennkammer an und setzt sich nach einer 180 -Umlenkung abwärts noch innerhalb der Brennkammer (siehe "nach unten gerichteter Abschnitt 61 der Nachbrennkammer" in Spalte 4, Zeilen 5 bis 7) fort. Eine lediglich im Umlenkbereich der bekannten Brennkammer ersichtliche Querschnittsvergrößerung des Kanals dürfte nicht als erweiterter Kanal im Sinne des Anspruchs 1 anzusehen sein, sondern als Strömungsumlenkbereich, der infolge der an der Kanalinnen- und -außenseite auftretenden Totzonen mit Wirbelbildung keine von der Strömung beaufschlagte Erweiterung des Strömungskanals darstellt.

Sollte man diesen Bereich dennoch als eine Erweiterung des Strömungskanals zur Bildung einer Einschnürung ansehen, so würde hier der Effekt der Verstärkung der kreisenden Strömung bzw. Wirbelströmung gemäß Patent nicht auftreten, da es hierzu noch der verbleibenden Merkmale des Anspruchs 1 bedarf, nämlich insbesondere der Ausbildung der Brennkammer als zylindrisches Rohr mit konischer Verengung sowie der Erzeugung einer Wirbelströmung durch geeignete Elemente wie die tangential ausgerichteten Lanzen gemäß o. g. Merkmal (D). Die durch gegeneinander gerichtete Brenner 11a' hervorgerufenen Einzelströmungen 16, 17 gemäß Figur 4 von (D1) sind nicht geeignet, im Kanal eine Wirbelströmung zu erzeugen, sondern bewirken lediglich eine gesteigerte Turbulenz der Strömung.

(D1) ist somit für sich betrachtet nicht geeignet, den Fachmann zur Lehre des Anspruchs 1 hinzuführen.

3.3. Aus (D5) geht in dem Abschnitt "Sekundär- und Nachbrennzone" auf Seite 7 und 8, insbesondere Seite 8, Absatz 1, hervor, daß die Nachbrennkammern von Verbrennungsanlagen für Müll mit rechteckigem oder rundem Querschnitt ausgebildet werden können. Hinsichtlich der Nachbrennkammern mit rundem Querschnitt ist angegeben, daß sich die Mischwirbel in den Randzonen viel gleichmäßiger über den Umfang verteilt ausbilden und diese Gleichmäßigkeit zu einer wirksameren Durchmischung der Rauchgase führt. Offensichtlich ist hier das Ziel gesetzt worden, eine Vielzahl von Mischwirbeln im Brennkammerumfangsbereich im Sinne einer wirksamen Durchmischung der Rauchgase zu erzeugen, wobei kein Hinweis auf das Konzept der Erzielung einer Wirbelströmung, d. h. einer kreisenden Strömung um die Mittelachse der Brennkammer, gegeben ist.

In dem o. g. Abschnitt von (D5) ist weiterhin ausgeführt, daß in der Nachbrennkammer zusätzliche Brenner und Lanzen installiert werden können, wobei die Brenner aufgrund ihrer Turbulenzerzeugung gleichzeitig die Aufgabe eines Gasmischers übernehmen. Angaben darüber, wie die Lanzen eingebaut sind oder welche Art von Abfällen sie in die Brennkammer einleiten (o. g. Merkmal (D)), sind aus (D5) nicht zu entnehmen.

In Bild 9 von (D5) ist im unteren Brennkammerbereich eine sich nach unten verjüngende Verengung zu erkennen. Diese liegt aber im wesentlichen unterhalb der Einmündung des Drehrohrofens in die Brennkammer und damit nicht in dem im Anspruch 1 definierten Endbereich, in dem sie die aus dem Drehrohrofen austretende Strömung im Sinne einer Erhöhung der Strömungsturbulenz aufgrund der Diffusorwirkung des Strömungskanals, wie gemäß dem Streitpatent, beeinflussen könnte, und ist auch nicht konisch nach unten sich verjüngend, wie gemäß Merkmal (B), gestaltet. Die in Bild 9 von (D5) dargestellte Verengung im unteren Brennkammerbereich dient offensichtlich dem Austrag von unverbrennbaren Müllpartikeln (siehe "4 Ash extractor") ohne unmittelbare Einwirkung auf die Rauchgasströmung.

Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, mit den Turbolatoren bzw. Strömungslenknasen gemäß Bild 12 von (D5) werde aufgrund der konischen Verengung durch Einschnürung die axiale Strömungskomponente beschränkt und die Rotation der Wirbelströmung zuerst beschleunigt und dann wieder verlangsamt, ist folgendes zu bemerken:

Die in Bild 12 dargestellten und im Abschnitt "Sekundär- und Nachbrennzone" auf den Seiten 7 und 8 von (D5) genannten "Turbulatoren, d. h. Strömungslenknasen" dürften entsprechend ihrer Bezeichnung als isolierte, nasenartige Vorsprünge ausgebildet sein, denen gemäß der Beschreibung auf Seite 7 die Funktion von Turbulenzbildnern zukommt. Ein Hinweis darauf, daß die Strömungslenknasen am oberen Ende der Brennkammer angeordnet und konisch sich verjüngend ausgebildet sind, wie u. a. gemäß Merkmal (C) gefordert, ist weder Bild 12 noch der zugehörigen Beschreibung von (D5) zu entnehmen. Aus dem Fehlen einer derartigen sich konisch verjüngenden Brennkammergestaltung am oberen Brennkammerende beim Stand der Technik folgt unmittelbar, daß die Anordnung von Strömungslenknasen zwar zu einer Erhöhung der Strömungsturbulenz, nicht jedoch - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - zu einer Beschleunigung der Rotation einer Wirbelströmung führt; die isoliert einander gegenüberstehenden Strömungslenknasen bilden vielmehr ein Hindernis für die Entwicklung bzw. Aufrechterhaltung einer großräumigen Wirbelströmung im Kanal.

Die Beschwerdeführerin hat weiter ausgeführt, die Lanzen gemäß (D5) könnten ebenfalls sehr steil angestellt werden und trügen somit wesentlich mehr Drehimpuls in die Strömung ein. Es sei mit diesen Lanzen daher möglich, eine Wirbelströmung mit hohem Drehimpuls dauernd in Gang zu halten.

Diese Argumentation begnügt sich damit, auf Möglichkeiten hinzuweisen, die beim Betrieb und beim Einbau von Lanzen in eine Brennkammer denkbar sind; es werden jedoch keine Stellen im Stand der Technik angegeben, aus denen der Fachmann tatsächlich eine Anregung zu diesen Maßnahmen erhält. Dies gilt insbesondere für den Einbau der Lanzen mit tangential zur Wand der Brennkammer gerichteten Achsen zum Zweck der Erzeugung einer Wirbelströmung, wobei die Beaufschlagung der Lanzen mit flüssigen Abfällen ohne oder mit nur sehr geringem Heizwert erfolgt (o. g. Merkmal (D)) (siehe hierzu die Ausführungen im Abschnitt 3.1 oben).

3.4. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, gehen die o. g. Merkmale (B), (C) und (D) der Anlage zur Verbrennung von Sondermüll aus (D5) nicht als bekannt hervor. Schon aus diesem Grunde kann die gemeinsame Betrachtung von (D1) und (D5) nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen.

Es kommt hinzu, daß (D1) und (D5) zwar das Problem der Aufrechterhaltung der für den erwünschten Ausbrand des Mülls erforderlichen Verweilzeit in der Brennkammer ansprechen und auch eine Lösung hierfür anbieten, nämlich die intensive Durchmischung der Gase durch Vergrößerung der örtlichen Strömungsturbulenz; im Gegensatz dazu werden gemäß dem Streitpatent Maßnahmen ergriffen, wie sie durch die o. g. Merkmale (A) bis (D) wiedergegeben sind, die gezielt eine Erhöhung der Verweilzeit durch Erzeugung einer großräumigen, die Vertikalströmung überlagernden Wirbelströmung erreichen. (D1) und (D5) weisen somit in eine andere Richtung, so daß die Ansicht der Beschwerdeführerin, die gemeinsame Betrachtung dieser Entgegenhaltungen führe den Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Streitpatents, auf einer unzulässigen ex post-Analyse in Kenntnis des Gegenstandes des Streitpatents beruht.

3.5. Die übrigen im Einspruchsverfahren genannten Entgegenhaltungen wurden im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß diese Entgegenhaltungen für die zu treffende Entscheidung nicht relevant sind.

Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß die Anlage zur Verbrennung von gasförmigem, flüssigem und festem Sondermüll gemäß Anspruch 1 als erfinderisch anzusehen ist (Artikel 56 EPÜ) und dieser Anspruch somit Bestand hat.

4. Dem erteilten Anspruch 1 können die Ansprüche 2 und 3, die auf weitere Ausführungsbeispiele der Erfindung gerichtet sind, unverändert als von diesem abhängige Ansprüche folgen.

5. Damit liegen keine Gründe vor, die der Aufrechterhaltung des Patents in seiner erteilten Fassung entgegenstehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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