T 0146/97 () of 2.12.1998

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1998:T014697.19981202
Datum der Entscheidung: 02 Dezember 1998
Aktenzeichen: T 0146/97
Anmeldenummer: 87113357.5
IPC-Klasse: G01F 1/06
G01F 1/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Durchflußmengenmesser
Name des Anmelders: KUNDO SYSTEMTECHNIK GmbH
Name des Einsprechenden: 01) Inter Building und Marketing GmbH
02) Landis & Gyr Technology Innovation AG
Kammer: 3.4.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 100(b)
European Patent Convention 1973 Art 83
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erweiterung des Schutzes oder des Gegenstandes (nein)
Ausreichende Offenbarung (ja)
Neuheit (ja)
Erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0409/91
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Das europäische Patent Nr. 0 261 529 wurde unter Angabe von E1 = BE-A-890 523 als Stand der Technik mit einem Hauptanspruch und 16 abhängigen Ansprüchen auf der Grundlage der europäischen Patentanmeldung Nr. 87 113 357.5 erteilt.

Der erteilte abhängige Anspruch 8 entsprach im wesentlichen dem Text des abhängigen Anspruchs 11 der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung, der folgenden Wortlaut hatte:

"11. Durchflußmengenmesser nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß das mit dem rotierenden Meßelement (1) verbundene Rohrteil (5) und die in diesem angeordnete Elektrode (8) als Lagerelemente des rotierenden Meßelementes (1) ausgebildet sind."

II. Gegen das Patent haben die Einsprechenden I und II Einspruch erhoben und geltend gemacht, daß der Gegenstad des Patents im Hinblick auf u. a. E1 nicht neu oder nicht erfinderisch sei.

III. Das Patent wurde aufrechterhalten in geändertem Umfang.

Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Anspruch 1, der der einzige unabhängige Anspruch eines Anspruchssatzes mit 11 Ansprüchen war und aus einer Kombination der erteilten Ansprüche 1, 2, 3, 5 bis 7 und 8 (teilweise) bestand, hatte folgenden Wortlaut:

"1. Durchflußmengenmesser mit einem abhängig von der Fließgeschwindigkeit des flüssigen Mediums (3) drehbeweglichen Meßelement (1), z. B. einem Flügelrad, dessen Drehbewegungen in dazu proportionale elektrische Signale umwandelbar sind, welche einem elektrischen und elektronischen Zählwerk zur integrierenden Anzeige des Durchflußvolumens zuführbar sind,

wobei mit dem drehbeweglichen Meßelement (1) wenigstens ein Steuerelement (5) bewegungsgekoppelt ist, das in einem elektrisch wenigstens schwach leitenden flüssigen Medium (3) angeordnet ist, dem mindestens zwei Elektroden (8; 21, 22) zugeordnet sind, über welche die der Drehbewegungszählung dienenden elektrischen Signale abnehmbar sind,

wobei unter dem Einfluß der Drehbewegungen des Steuerelementes (5) eine periodische Veränderung des Wertes des an den Elektroden (8; 21, 22) meßbaren elektrischen Widerstandes des wenigstens schwach leitenden flüssigen Mediums (3) durch Veränderung der für dessen Wert maßgebenden Schichten und Zonen des flüssigen Mediums (3) bezüglich ihrer wirksamen Längenausdehnung und/oder ihres wirksamen Querschnitts eintritt,

wobei das Steuerelement als ein koaxial zur Drehachse (20) des rotierenden Meßelementes (1) angeordnetes und mit diesem verbundenes Rohrteil (5) aus einem Werkstoff mit von derjenigen des Mediums (3) stark abweichender elektrischer Leitfähigkeit ausgebildet ist, das entlang seines Umfanges wenigstens einen Durchbruch (10, 11) in seiner Mantelfläche (14) aufweist, der als axial gerichteter Schlitz (10, 11) ausgebildet ist,

wobei das Rohrteil (5) mit vom flüssigen Medium (3) umgeben bzw. von diesem durchsetzt ist,

wobei ferner wenigstens zwei erste einander etwa diametral gegenüberliegende Elektroden (21, 22) außen nahe der Mantelfläche (14) des Rohrteils (5) und wenigstens eine zweite Elektrode (8) innerhalb des Rohrteiles (5) angeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet,

daß die ersten Elektroden als längliche, zum Rohrteil (5) achsparallel verlaufende Teile (21, 22) ausgebildet sind, und

daß nur eine zweite Elektrode (8) koaxial innerhalb des Rohrteiles (5) vorgesehen ist,

daß die ersten Elektroden (21, 22) jeweils nur mit einem etwa der axialen Länge des Durchbruches (10, 11) in der Mantelfläche (14) entsprechenden, diesem (10, 11) gegenüberliegenden Bereich (16) ihrer Oberfläche kontaktgebend mit dem flüssigen Medium (3) verbunden sind, in den übrigen Bereichen hingegen die Elektroden (21, 22) gegen das Medium (3) isoliert ausgebildet sind,

daß das Rohrteil (5) und das Meßelement (1) als ein Teil im Kunststoffspritzverfahren hergestellt sind und

daß die zweite Elektrode (8) als ein Lagerelement des rotierenden Meßelementes (1) ausgebildet ist."

Die Einspruchsabteilung hat ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Bezüglich der Zulässigkeit der Änderungen und insbesondere des letzten Merkmals, daß die zweite Elektrode (8) als ein Lagerelement des rotierenden Meßelementes (1) ausgebildet ist, entspreche der neue Anspruch 1 den erteilten Ansprüchen 1 bis 3 und 5 bis 8 und damit auch einer Kombination der ursprünglichen Ansprüche, insbesondere Anspruch 11.

Selbst wenn der neue Anspruch 1 nicht im Einklang mit der im Patent erwähnten Aufgabe und dem in den Figuren gezeigten Ausführungsbeispiel sein sollte und bestimmte Merkmale richtigerweise anders heißen sollten, entspreche er jedoch dem Text ursprünglicher bzw. erteilter Ansprüche, womit die Änderungen zulässig seien. Außerdem sei die Erfindung ausreichend offenbart.

E1 und insbesondere der letzte Paragraph der Beschreibung sei der nächstkommende Stand der Technik; dabei könne das in der Strömungsrichtung angeordnete Flügelrad als zylindrisch gezähnte Glocke ausgebildet sein; es sei außerdem anzunehmen, daß in diesem Ausführungsbeispiel, wie in den weiteren, illustrierten Ausführungsbeispielen, auch zwei Elektrondenpaare vorgesehen seien; dieses relevante Ausführungsbeispiel sei in E1 nur kurz erwähnt und weitere, nötige Merkmale müßten entsprechend ausgestaltet werden. Somit entspreche E1 dem Oberbegriff des Anspruchs 1, weise jedoch die Merkmale des Kennzeichens nicht auf; so sei aus verschiedenen weiteren Teilen von E1 zu entnehmen, daß z. B. die ersten Elektroden keine länglichen, sondern punktförmige Elektroden seien.

Die Aufgabenstellung der Erfindung sei gewesen, die bekannte Vorrichtung so zu verbessern, daß ein größerer, besser definierter und konstanter Signalpegel erzielbar ist, und durch die Merkmale des Kennzeichens würde die gestellte Aufgabe offensichtlich gelöst. Der Fachmann, der sich die Aufgabe gestellt hat, die Vorrichtung gemäß E1 weiter zu entwickeln, müßte nämlich eine ganze Reihe von Schritten vollziehen, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Diese Schritte würden sich teilweise derart wirkungsmäßig unterstützen, daß eine besonders günstige konstruktive Gestaltung und Wirkungsweise des Geräts resultiert. Die meisten zitierten Entgegenhaltungen beträfen keine gattungsgemäße Vorrichtung, sondern z. B. Geräte, bei denen Licht moduliert werde oder Tachogeneratoren.

Daher würde der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

IV. Die Einsprechende II hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt.

V. Während der mündlichen Verhandlung vom 2. Dezember 1998, die von den beiden Parteien hilfsweise beantragt wurde, wurde eine neue, geänderte Fassung des Patents eingereicht.

Im neuen Anspruch 1 wurde der Text, der bei der angefochtenen Entscheidung zugrundelag, wie folgt geändert:

Am Ende des Oberbegriffs wurde im Ausdruck "und wenigstens eine zweite Elektrode (8) innerhalb des Rohrteils (5)" das Wort "wenigstens" gestrichen.

Im kenzeichnenden Teil wurden die Ausdrücke

"daß die ersten Elektroden als längliche, zum Rohrteil (5) achsparallel verlaufende Teile (21, 22) ausgebildet sind,"

"diesem (10, 11)"

"die Elektroden (21, 22)"

"und daß die zweite Elektrode (8) als ein Lagerelement des rotierenden Meßelementes (1) ausgebildet ist"

durch die Ausdrücke

"daß die ersten Elektroden als längliche sich über einen Umfangswinkel erstreckende, zum Rohrteil (5) achsparallel verlaufende Teile (21, 22) ausgebildet sind,"

"diesem Durchbruch (10, 11)"

"die ersten Elektroden (21, 22)"

"und daß die zweite Elektrode (8) und das Rohrteil (5) als Lagerelemente des rotierenden Meßelementes (1) ausgebildet sind",

ersetzt.

VI. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten mit:

Ansprüchen: 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung; 2. bis 11, wie der Zwischenentscheidung vom 13. Dezember 1996 der Einspruchsabteilung zugrunde gelegt;

Beschreibung: überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

Zeichnungen: wie in der Patentschrift.

VII. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende II) hat beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen, und sie hat ihren Antrag auf folgende Argumente gestützt:

Das Patent enthalte unterschiedliche Ausdrücke für die Spezifizierung des gleichen Merkmals und außerdem sei im einzigen Ausführungsbeispiel in der Beschreibung und in den Zeichnungen die innere Elektrode (8) eigentlich keine Lagerwelle, sondern eine Lagerachse. Daher sei die Offenbarung der Erfindung ungenügend. Außerdem soll nach der Entscheidung T 409/91, OJ EPO 1994, 653 ein durch das Patent geschaffenes exklusives Recht nur gerechtfertigt sein, wenn der Beitrag zu der Technik genügend offenbart ist, was im vorliegenden Patent nur für das einzige angegebene Ausführungsbeispiel der Fall sein könnte.

Aus dem Dokument E1, das dem nächstkommenden Stand der Technik entspricht, sei viel mehr als bekannt, als das, was im Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 angegeben sei. Zusätzliche Merkmale seien den anderen Ausführungsbeispielen dieses gleichen Dokuments zu entnehmen, oder für das Funktioneren des Geräts unbedingt notwendig. Der Fachmann würde diese Merkmale sowie weitere Merkmale, die aus anderen Entgegenhaltungen zu entnehmen seien, ohne weiteres zusammenbringen. Dabei handle es sich um Merkmale aus dem einschlägigen technischen Gebiet oder verwandten Gebieten, die z. B. auf der Basis ähnlicher physikalischer Eigenschaften arbeiten und die er ohne weiteres in Betracht ziehen würde. Jedes Merkmal arbeite in vorhersehbarer Weise und wirke mit den anderen Teilmerkmalen nicht zusammen. Daher bestehe das beanspruchte Gerät nur aus einer Aggregation von bekannten Merkmalen, die nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

VIII. Die Beschwerdegegnerin hat zur Stützung ihres Antrags wie folgt argumentiert:

Das einzige Ausführungsbeispiel wurde in den Einspruchsschriften in bezug auf die Offenbarung nicht angegriffen und es hat sich in dieser Hinsicht nichts geändert, weil das Ausführungsbeispiel unverändert geblieben ist. Was andere Ausführungsbeispiele angeht, die nicht offenbart sind, jedoch im Rahmen des Schutzbereiches des vorliegenden Anspruchs 1 liegen könnten, ist es nicht ersichtlich, auf welche Schwierigkeiten ein Fachmann treffen könnte, der über die Information aus dem vollständigen Inhalt des Patents verfügt; dabei sind die bemängelten Fachausdrücke, die jedenfalls in der Fachliteratur nicht immer einheitlich verwendet werden, auf der Basis seines allgemeinen Fachwissens leicht zu interpretieren. Außerdem sind im vorliegenden technischen Gebiet weitere Ausführungsbeispiele für die Beschreibung nicht unbedingt notwendig. Daher offenbart das Patent die Erfindung deutlich und vollständig genug, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

Als Ausgangspunkt für die vorliegende Erfindung kann nur ein kurzer Abschnitt der Beschreibung von E1 als relevant gelten; die weiteren Ausführungsbeispiele von E1 sollten nicht in Betracht gezogen werden, weil sie anders arbeiten und somit andere Merkmale enthalten. Das gleiche gilt für die Merkmale, die für die Vervollständigung dieses kurzen Abschnittes nötig sind. Der Fachmann, der sich die Aufgabe gestellt hat, die Vorrichtung gemäß E1 zu entwickeln, müßte nämlich eine ganze Reihe von Schritten vollziehen, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Diese Schritte unterstützen sich jedoch teilweise wirkungsmäßig derart, daß eine besonders günstige konstruktive Gestaltung und Wirkungsweise des Geräts resultiert. Da der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 somit nicht aus einer Aggregation von Mitteln besteht, beruht er auf einer erfinderischen Tätigkeit.

IX. Die Einsprechende I hat keine Beschwerde eingelegt. Sie hat auf die Schriftsätze der Beschwerdeführerin und -gegnerin und auf die Ladung der Beschwerdekammer, die ihr als einer Beteiligten nach Artikel 107 EPÜ zugestellt wurden, nicht reagiert.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Zulässigkeit der Änderungen

Der vorliegende Anspruch 1 enthält Merkmale, die aus abhängigen Ansprüchen in der erteilten Fassung, wie z. B. Anspruch 8 stammen und die den Schutzbereich, der durch den erteilten Anspruch 1 bestimmt war, beschränken.

Außerdem ergibt sich der vorliegende Anspruch 1 aus der Kombination des unabhängigen Anspruchs 2 und der auf diesen rückbezogenen Ansprüche 3, 5 bis 7 und 11 in der ursprünglichen Fassung, wobei zusätzlich aus der Beschreibung (siehe z. B. Spalte 3, Zeilen 29 bis 36) das Merkmal der umfangswinkelartigen Gestaltung der zweiten Elektroden entnommen ist. Dabei ist zu bemerken, daß, anders als in der Fassung des Anspruchs 1, die der angefochtenen Entscheidung zugrundelag, Anspruch 11 der ursprünglichen Fassung nicht nur teilweise, sondern in seinem ganzen Umfang in den neuen Anspruch einbezogen wurde.

Somit genügen die neue Fassung des Anspruchs 1 und die neue Fassung des Patents den Erfordernissen von Artikel 123 (3) und 123 (2) EPÜ, nach welchen die Patentansprüche nicht in der Weise geändert werden dürfen, daß der Schutzbereich erweitert wird, bzw. das europäische Patent nicht in der Weise geändert werden darf, daß sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Dies wurde übrigens von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Offenbarung der Erfindung

Die Beschwerdeführerin hat wie folgt argumentiert:

In der vorliegenden Fassung des Patents würden unterschiedliche Ausdrücke für die Spezifizierung des gleichen Merkmals verwendet; so würden z. B. die Wörter "Lagerelemente", "Lagerwelle (8)", "Lagernabe" und "Lagerzapfen" für das Rohrteil und/oder die zentrale Elektrode verwendet; außerdem sei im einzigen Ausführungsbeispiel in der Beschreibung und in den Zeichnungen die innere Elektrode (8) eigentlich keine Lagerwelle, sondern eine Lagerachse. Daher sei die Offenbarung der Erfindung ungenügend. Außerdem soll nach der oben erwähnten Entscheidung T 409/91 ein durch das Patent geschaffenes exklusives Recht nur gerechtfertigt sein, wenn der Beitrag zu der Technik genügend offenbart ist, was im vorliegenden Patent nur für das einzige angegebene Ausführungsbeispiel der Fall sein könnte.

Diese Argumente können jedoch aus folgenden Gründen nicht überzeugen:

Nach Artikel 83 EPÜ oder Artikel 100 b) EPÜ kommt es im wesentlichen nur darauf an, daß das europäische Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann. Das einzige Ausführungsbeispiel wurde in den Einspruchsschriften in bezug auf Offenbarung nicht angegriffen, und es hat sich in dieser Hinsicht nichts geändert, weil das Ausführungsbeispiel unverändert geblieben ist. Was andere Ausführungsbeispiele angeht, die nicht offenbart sind und jedoch im Rahmen des Schutzbereiches des vorliegenden Anspruchs 1 liegen könnten, schließt sich die Kammer der Argumentation der Beschwerdegegnerin an, wonach es nicht ersichtlich ist, auf welche Schwierigkeiten ein Fachmann stoßen könnte, der über die Information aus dem vollständigen Inhalt des Patents verfügt; dabei sind die bemängelten Fachausdrücke, die jedenfalls in der Fachliteratur nicht immer einheitlich verwendet werden, auf der Basis seines Fachwissens leicht zu interpretieren. Außerdem sind aufgrund der im vorliegenden Patent schon enthaltenen Information in dem diesem Patent entsprechenden technischen Gebiet weitere Ausführungsbeispiele für die Offenbarung der Erfindung nicht erforderlich. Da somit nicht ersichtlich ist, daß sich die vorliegende Erfindung auf Gegenstände bezieht, die für den Fachmann nicht aus der ursprünglich eingereichten Anmeldung hervorgehen, ist es auch nicht notwendig, die Schlußfolgerungen der oben erwähnten Entscheidung T 409/91 (vgl. insbesondere Punkt 3.5 der Gründe) heranzuziehen, die einen solchen Fall behandelt.

Daher ist nach Auffassung der Kammer die Erfindung im vorliegenden Patent so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen kann (Art. 83 und 100 b) EPÜ).

4. Klarheit und Stützung von der Beschreibung

Das gleiche gilt auch insofern für die Klarheit der Patentansprüche und ihre Stützung durch die Beschreibung, da sie sich, wie oben schon ausgeführt, hinreichend auf ein Ausführungsbeispiel stützen und die Ausdrücke, die eventuell nicht eindeutig sind, vom Fachmann auf der Basis seines allgemeinen Fachwissens ohne weiteres interpretiert werden können.

Daher genügen die Ansprüche den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ, nach dem sie den Gegenstand angeben müssen, für den Schutz begehrt wird, wobei sie insbesondere deutlich und von der Beschreibung gestützt sein müssen.

5. Neuheit

Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 gehört nicht zum Stand der Technik und ist somit neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ, was übrigens von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wurde.

6. Erfinderische Tätigkeit

6.1. Es wurde nicht bestritten, daß E1 dem nächstkommenden Stand der Technik entspricht.

Aus E1 (siehe insbesondere letzter Absatz der Beschreibung; siehe auch Figuren 1 und 2 und entsprechender Text) ist ein Durchflußmengenmesser bekannt, der mit einem drehbeweglichen Meßelement, z. B. einem Flügelrad, versehen ist; abhängig von der Fließgeschwindigkeit des flüssigen Mediums sind die Drehbewegungen des Meßelements in dazu proportionale elektrische Signale umwandelbar und einem elektrischen und elektronischen Zählwerk zur integrierenden Anzeige des Durchflußvolumens zuführbar.

Bei diesem Durchflußmengenmesser ist wenigstens ein Steuerelement mit dem drehbeweglichen Meßelement bewegungsgekoppelt und in einem elektrisch wenigstens schwach leitenden flüssigen Medium angeordnet; dem Durchflußmengenmesser sind mindestens zwei Elektroden zugeordnet, über welche die der Drehbewegungszählung dienenden elektrischen Signale abnehmbar sind.

Unter dem Einfluß der Drehbewegung des Steuerelementes tritt eine periodische Veränderung des Wertes des an den Elektroden meßbaren elektrischen Widerstandes des wenigstens schwach leitenden flüssigen Mediums ein; dies geschieht durch Veränderung der für dessen Wert maßgebenden Schichten und Zonen des flüssigen Mediums bezüglich ihrer wirksamen Längenausdehnung und/oder ihres wirksamen Querschnitts.

Das Steuerelement ist als ein Rohrteil aus einem Werkstoff mit von derjenigen des Mediums stark abweichender elektrischer Leitfähigkeit ausgebildet, das koaxial zur Drehachse des rotierenden Meßelementes angeordnet und mit diesem verbunden ist; das Rohrteil weist entlang seines Umfanges wenigstens einen Durchbruch in seiner Mantelfläche auf, der als axial gerichteter Schlitz ausgebildet ist.

Das Rohrteil ist vom flüssigen Medium umgeben bzw. von diesem durchsetzt.

Es sind ferner wenigstens zwei erste einander etwa diametral gegenüberliegende Elektroden außen nahe der Mantelfläche des Rohrteils und eine zweite Elektrode innerhalb des Rohrteils angeordnet.

6.1.1. Anders als im Durchflußmengenmesser des vorliegenden Anspruchs 1 sind jedoch die ersten Elektroden des bekannten Geräts nicht als längliche, sich über einen Umfangswinkel erstreckende, zum Rohrteil achsparallel verlaufende Teile ausgebildet. Die Argumente der Beschwerdeführerin, daß aus E1 zu entnehmen sei, daß die ersten Elektroden des bekannten Geräts als längliche, zum Rohrteil achsparallel verlaufende Teile ausgebildet seien, sind insofern nicht überzeugend, als der letzte Absatz der Beschreibung eine glockähnliche Gestaltung des Steuerelements erwähnt, das zusätzlich einen gezahnten Rand aufweist, jedoch keine Information über die Gestaltung der Elektroden enthält. Außerdem wird dort ein Hinweis auf die Form gemäß Figur 2 und somit auch durch Rückbeziehung von Figur 2 auf Figur 1, auf die Form gemäß Figur 1 gegeben, wobei erkennbar ist, daß wie von der Beschwerdegegnerin überzeugend argumentiert wurde, nicht die länglichen Teile der ersten Elektroden bzw. der zweiten Elektroden, sondern die Enden dieser Elektroden einander gegenüber stehen, so daß anzunehmen ist, daß diese Elektroden als punktförmige Elektroden gegeneinander wirken.

Außerdem ist aus E1 nicht zu entnehmen, daß im bekannten Durchflußmengenmesser nur eine einzige zweite Elektrode koaxial innerhalb des Rohrteils vorgesehen ist,

daß die ersten Elektroden jeweils nur mit einem etwa der axialen Länge des Durchbruches in der Mantelfläche entsprechenden, diesem Durchbruch gegenüberliegenden Bereich ihrer Oberfläche kontaktgebend mit dem flüssigen Medium verbunden sind, in den übrigen Bereichen hingegen die ersten Elektroden gegen das Medium isoliert ausgebildet sind,

daß das Rohrteil und das Meßelement als ein Teil im Kunststoffspritzverfahren hergestellt sind, und

daß die zweite Elektrode und das Rohrteil als Lagerelemente des rotierenden Meßelementes ausgebildet sind.

6.2. Gemäß der vorliegenden Beschreibung (siehe Seite 1, der in Spalte 1 einzusetzende Teil) besteht ein Nachteil der bekannten Konstruktion darin, daß mit den punktförmigen Elektroden nur ein relativ kleiner Signalhub erzeugt werden kann, womit der Erfindung die Aufgabe zugrundeliegt, diesen bekannten Durchflußmengenmesser so zu verbessern, daß ein größerer, besser definierter und konstanterer Signalpegel erzielbar ist.

6.3. Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht argumentiert, daß bestimmte Merkmale des Kennzeichens, wie z. B. die Herstellung des Rohrteils und des Meßelements als ein Teil im Kunststoffspritzverfahren, nur teilweise zur Lösung dieser Aufgabe beitragen und hauptsächlich mit der Vereinfachung des Herstellungsverfahrens zu tun hätten.

Darauf kommt es jedoch nach Meinung der Kammer nicht an, solange glaubhaft ist, daß jedenfalls weitere Merkmale des Kennzeichens des vorliegenden Anspruchs 1, und zwar die längliche, sektorartige Gestaltung der ersten Elektroden und die koaxiale Gestaltung der zweiten Elektrode, die zusammen mit dem Rohrteil Lagelemente des Geräts bilden, zur Lösung dieser Aufgabe beitragen.

6.4. Die Beschwerdeführerin hat auch wie folgt argumentiert:

Die Fachkenntnisse des einschlägigen Fachmanns beschränken sich nicht nur auf das technische Gebiet der Durchflußmengenmesser mit einem abhängig von der Fließgeschwindigkeit des flüssigen Mediums drehbeweglichen Meßelement, dessen Drehbewegungen in dazu proportionale elektrische Signale umwandelbar sind, sondern sie erstrecken sich auf weitere Geräte, die zum gleichen Zweck oder zu vergleichbaren Zwecken ähnliche physikalische Wirkungen benützen. Der kennzeichnende Teil des vorliegenden Anspruchs 1 bestehe aus 5. Teilmerkmalen, wobei jedes Teilmerkmal an sich oder aus den zitierten Entgegenhaltungen bekannt sei und lediglich eine Teilaufgabe erfülle. Da jedes der 5. Teilmerkmalen an sich in vorhersehbarer Weise arbeite und mit den anderen Teilmerkmalen nicht zusammenwirke, bestehe der beanspruchte Durchflußmengenmesser nur aus einer Aggregation von Merkmalen, die nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Dieses Argument kann aus folgenden Gründen nicht überzeugen:

Wie schon in der angefochtenen Entscheidung in bezug auf die im Einspruchsverfahren zitierten Entgegenhaltungen glaubhaft ausgeführt wurde, betreffen diese Dokumente entweder Geräte, die nach einem anderen Prinzip arbeiten, wobei z. B. keine elektrische Signale, sondern Licht moduliert wird, oder Geräte, die keine Durchflußmengenmesser, sondern Tachogeneratoren sind.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, daß der Beschwerdeführerin mit der Anlage zur Ladung zu der mündlichen Verhandlung mitgeteilt wurde, daß die mit der Beschwerdebegründung eingereichten neuen Entgegenhaltungen nicht relevant erschienen und somit als verspätet nicht berücksichtigt werden könnten. Die Beschwerdeführerin hat dazu im wesentlichen keine weiteren Argumente vorgebracht, so daß die Kammer an ihrer Meinung festhält und diese Dokumente nicht berücksichtigt (Art. 114 (2) EPÜ).

In bezug auf die in den Schriftsätzen der Beschwerdeführerin und während der mündlichen Verhandlung zitierten Entgegenhaltungen, die alle lediglich isolierte Merkmale des vorliegenden Anspruchs 1 aufweisen, kommt die Kammer deshalb zum folgenden Ergebnis:

Wie in der angefochtenen Entscheidung und auch in der Argumentation der Beschwerdegegnerin überzeugend ausgeführt wurde, kann nur ein kurzer Abschnitt der Beschreibung von E1, und zwar der letzte Paragraph der Beschreibung, als relevanter Ausgangspunkt für die vorliegende Erfindung gelten; weitere Merkmale sind daraus nur durch den Vergleich mit anderen, illustrierten Ausführungsbeispielen von E1 oder als für die Vervollständigung dieses kurzen Abschnittes nötige Merkmale abzuleiten; der Fachmann, der sich die Aufgabe gestellt hat, die Vorrichtung gemäß E1 zu entwickeln, müßte daher eine ganze Reihe von Schritten vollziehen, um zum Gegenstand des Anspruchs 1 zu gelangen. Es ist glaubhaft, daß diese Schritte sich teilweise derart wirkungsmäßig unterstützen, daß eine besonders günstige konstruktive Gestaltung und Wirkungsweise des Geräts resultiert.

Daher beruht der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ, so daß der Anspruch im Sinne von Artikel 52 (1) EPÜ patentierbar ist und das Patent auf dieser Basis aufrechterhalten werden kann (Art. 102 (3) EPÜ).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten, mit:

Ansprüchen: 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung; 2. bis 11, wie der Zwischenentscheidung vom 13. Dezember 1996 der Einspruchsabteilung zugrunde gelegt;

Beschreibung: überreicht in der mündlichen Verhandlung; und

Zeichnungen: wie in der Patentschrift.

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