European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T002097.19990125 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 25 Januar 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0020/97 | ||||||||
Anmeldenummer: | 92107918.2 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05K 3/34 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verbindung von LLCCC-Bauelementen für die Raumfahrtelektronik | ||||||||
Name des Anmelders: | Daimler-Benz Aerospace Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Robert Bosch GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (bejaht) Inventive step (yes) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, ihren Einspruch gegen das europäische Patent Nr. 0 519 200 (Anmeldenummer 92 107 918.2) zurückzuweisen, legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Beschwerde ein.
II. Der Einspruch stützte sich auf einen Einspruchsgrund nach Artikel 100 a) EPÜ, nämlich fehlende erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 (Art. 52 (1) und 56 EPÜ).
III. Im Beschwerdeverfahren nannte die Beschwerdeführerin folgende bereits in der Einspruchsbegründung angeführte Druckschriften:
D1: EP-A-0 268 953,
D3: US-A-4 827 611,
D4: US-A-4 728 751,
D5: DE-A-2 259 133 und
D6: Handbuch der Leiterplattentechnik, Bd. 2, 1. Aufl., Saulgau/Württ., S. 391-393.
IV. Es fand eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet wurde.
V. Die Beschwerdeführerin beantragte am Ende dieser mündlichen Verhandlung, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
VI. Der einzige unabhängige Anspruch lautet:
"1. Verfahren zur Herstellung einer elektrischen Verbindung von oberflächenmontierbaren integrierten Schaltkreisen, sogenannten LLCCC-Bauelementen (Leadless Ceramic Chip Carrier) in einem hermetisch dichten Keramikgehäuse, durch Auflöten auf Leiterplatten über Verbindungselemente, dadurch gekennzeichnet, daß
a) die Verbindungselemente (10) aus einer beidseitig galvanisch verzinnten Ni-Folie (100) in entsprechender Länge und Breite unter Beibehaltung eines beidseitigen Quersteges (10a) ausgeätzt werden,
b) anschließend im mittleren Bereich ihrer Längsausdehnung mit einer halbkreisförmigen Biegung (11) versehen werden,
c) dann einer der beiden Querstege (10a) abgeschnitten wird,
d) die Verbindungselemente (10) mit ihren freien Enden (10b) an dem LLCCC-Bauelement verlötet werden,
e) und anschließend der andere Quersteg (10a) von den Verbindungselementen (10) abgeschnitten und durch Verlötung der Endflächen (10c) auf der Leiterbahn (12) der Leiterplatte (13) die Verbindung des LLCCC-Bauelementes mit letzterer hergestellt wird."
Die Ansprüche 2 und 3 sind vom Anspruch 1 abhängig.
VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin werden wie folgt zusammengefaßt:
Da die erstmals in der mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren von der Beschwerdegegnerin angegebenen Wirkung, nämlich die Erhöhung der Lebensdauer und Zuverlässigkeit der Lötverbindung durch die Wahl von Ni-Folie als Material für die Verbindungselemente statt der Be-Cu-Folie (nach dem nächsten Stand der Technik aus D3), weder aus der ursprünglichen Offenbarung herleitbar ist noch von der Beschwerdegegnerin bewiesen wurde, hätte sie bei der Neuformulierung der Aufgabe und somit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden dürfen. Diese Ansicht wird durch die Entscheidungen T 0495/91, T 0386/89, T 0013/84 und T 0184/82 gestützt. Es liegt daher ein Verfahrensfehler vor.
Da die Belastungen durch Temperaturwechsel und Vibrationen durch die Form der Verbindungselemente praktisch eliminiert sind, besteht für den Durchschnittsfachmann kein Anlaß, in der Verwendung von Ni als Material für die Verbindungselemente einen sich auf die Belastbarkeit der Lötverbindungen günstigen Effekt zu vermuten. Diese Aufgabe war vollständig gelöst, wenn anstelle von Ni ein Material wie bei D3, nämlich Cu-Be, verwendet wird, das hinsichtlich Elastizität und Federungsvermögen günstige Eigenschaften besitzt. Deshalb ist in der Verwendung von Nickel nur eine funktionsgleiche, alternative Ausführungsart zu sehen, und, ausgehend von D3, kann die objektive Aufgabe deshalb nur in der Bereitstellung eines alternativen Verfahrens gesehen werden.
Aus D3 - insbes. Spalte 2 Zeile 8 und Spalte 3 Absatz 2 - ergibt sich, daß jedes Material, das die hohen thermischen und mechanischen Wechselbelastungen aushält, denen LLCCC-Bauelemente ausgesetzt sind, verwendet werden kann. Der Fachmann weiß, daß Cu-Be und Ni diese Eigenschaften besitzen und wird daher Ni in Erwägung ziehen. Es wird aber eingeräumt, daß viele Materialien in Frage kommen. Auch in den restlichen Unterschieden des Anspruchs 1 zu den aus D3 bekannten Verfahrensschritten sind lediglich triviale fachübliche Maßnahmen zu sehen, die ferner durch die Druckschriften D1 und D4 bis D6 nahegelegt sind.
VIII. Die Argumente der Beschwerdegegnerin werden wie folgt zusammengefaßt:
Die Aufgabe besteht aus zwei Teilen, wobei die Betonung auf der Eignung für die Raumfahrtelektronik liegt. Bei der Lösung ist die Kombination der geometrischen Ausbildung und der Materialwahl für die Verbindungselemente wichtig.
Als Material für die Verbindungselemente kommen zahlreiche Materialien in Frage, z. B. Cu, Cu-Legierungen, insbes. Cu-Be und Cu-Zn-Legierungen, und Bronze. Trotz schlechter Wärmeleitfähigkeit und schlechter elektrischer Leitfähigkeit gegenüber Cu und Cu-Be wurde - wegen dessen guter mechanischer und der guten chemischen Eigenschaften der Lötverbindung im Betrieb - Ni gewählt. Ni ist zäher und elastischer als Cu-Be. Die Cu-Be-Lötverbindung unterliegt im Betrieb einer chemischen Reaktion, und es gibt Gefügeänderungen, die die Festigkeit beeinflussen; bei Ni ist das nicht der Fall.
Allerdings wurden mit anderen Materialien als mit dem im Anspruch 1 genannten keine Vergleichsversuche durchgeführt.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Prozessuales
Die Beschwerdeführerin behauptet, daß die von der Beschwerdegegnerin im Einspruchsverfahren angegebene Wirkung - vgl. den ersten Absatz des Abschnitts VII. oben - weder aus der ursprünglichen Offenbarung herleitbar sei noch von der Beschwerdegegnerin bewiesen wurde. Sie hätte daher bei der Neuformulierung der Aufgabe und somit bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht berücksichtigt werden dürfen, und es liege daher ein Verfahrensfehler vor.
Wahrscheinlich hat die Einspruchsabteilung einen Beweis für den behaupteten Vorteil nicht für nötig angesehen. Es liegt daher allenfalls eine Fehlbeurteilung vor. Diese wäre aber nicht als wesentlicher Verfahrensmangel anzusehen, der eine notwendige Voraussetzung für die Zurückverweisung der Sache ohne sachliche Prüfung und eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist (R. 67 EPÜ). Ein wesentlicher Verfahrensmangel wäre insbesondere die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Verstoß gegen Art. 113 oder 116 (1) EPÜ) oder ein Fehlen der Begründung für die angefochtene Entscheidung (R. 68 (2) EPÜ).
3. Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1
Die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 wurde nicht bestritten. Tatsächlich offenbart keines der aktenkundigen Dokumente ein Verfahren zur Herstellung einer elektrischen Verbindung von integrierten Schaltkreisen mit einer Ni-Folie als Material für die Verbindungselemente.
3. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1
3.1. Es ist unbestritten, daß D3 den im Vergleich zum Gegenstand des Anspruchs 1 nächsten Stand der Technik offenbart.
D3 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung einer elektrischen Verbindung von oberflächenmontierbaren integrierten Schaltkreisen, sogenannten LLCCC-Bauelementen, in einem hermetisch dichten Keramikgehäuse, durch Auflöten auf Leiterplatten über Verbindungselemente, bei dem
die Verbindungselemente ("spaced flat fingers" 12) aus einer gänzlich verzinnten Be-Cu-Folie in entsprechender Länge und Breite unter Beibehaltung eines Quersteges ("support strip" 10) mit einer Material entfernenden Maschine entfernt werden,
anschließend mit zwei halbkreisförmigen Biegungen (B, C) versehen werden,
die Verbindungselemente (18, 20) mit ihren freien Enden ("heads" 26) an dem LLCCC-Bauelement (30) verlötet werden, und
anschließend der Quersteg (10) von den Verbindungselementen (18, 20) an einer Sollbruchstelle ("score line" 16) abgebrochen und durch Verlötung der Endflächen ("legs" E) auf den Leiterbahnkontakten der Leiterplatte (32) die Verbindung des LLCCC-Bauelementes mit letzterer hergestellt wird;
vgl. in D3 insbesondere die Figuren 1-5, die Beschreibung Spalte 2 Zeile 5 bis Spalte 3 Zeile 20 und die Ansprüche 3, 7 und 10.
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des angegriffenen Patents unterscheidet sich davon dadurch,
(1) daß an Stelle einer Be-Cu-Folie eine Ni-Folie zur Herstellung der Verbindungselemente verwendet wird,
(2) daß den Verbindungselementen zwei Querstege angeformt sind,
(3) daß die Verbindungselemente mit einer halbkreisförmigen Biegung versehen sind,
(4) daß die Verbindungselemente durch einen Ätzprozeß hergestellt werden und
(5) daß die Querstege von den Verbindungselementen abgeschnitten werden.
3.2. Von der Beschwerdegegnerin wurde nicht nachgewiesen, daß die Unterschiedsmerkmale Vorteile gegenüber dem Verfahren nach D3 bringen. Es wurde von der Beschwerdeführerin aber nicht bestritten und erscheint auch glaubhaft, daß sie zu Verbindungselementen führen, die unter den Beanspruchungen bei der Raumfahrt sehr zuverlässig sind.
Ausgehend vom nächsten Stand der Technik liegt daher der Lösung nach Anspruch 1 die technische Aufgabe zugrunde, ein alternatives Verfahren zu entwickeln, mit dem LLCCC-Bauelemente mit Leiterplatten derart verbunden werden können, daß sie auch beim Einsatz in der Raumfahrt ausreichend zuverlässig sind, d. h. hohen Temperaturwechselbelastungen und mechanischen Belastungen zuverlässig standhalten.
Diese an den neuen Stand der Technik angepaßte Aufgabe stützt sich somit nicht (mehr) auf nicht bewiesene Vorteile, entspricht der von der Beschwerdeführerin implizit angegebenen Aufgabe (vgl. den letzten Satz des zweiten Absatzes des Abschnitts VII. oben) und steht daher auch im Einklang mit der Rechtsprechung und auch mit den von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen (T 0495/91 unveröffentlicht, T 0386/89 unveröffentlicht, T 0013/84, ABl EPA 1986, 253 und T 0184/82, ABl EPA 1984, 261). Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist eine Neuformulierung der Aufgabe, die im Hinblick auf neuen Stand der Technik notwendig wird, nicht durch Artikel 123 (2) EPÜ ausgeschlossen (vgl. z. B. T 0013/84).
3.3. Es mag dahingestellt bleiben, ob es für den Durchschnittsfachmann im Hinblick auf den genannten Stand der Technik und/oder das Können des Fachmannes naheliegend war, statt der Unterschiedsmerkmale (2) bis (5) die entsprechenden Merkmale des angegriffenen Anspruchs 1 vorzusehen.
Jedenfalls war es nicht naheliegend, statt der Cu-Be-Legierung Ni als Material für die Verbindungselemente zu wählen (Unterschiedsmerkmal (1)). In keinem der aktenkundigen Dokumente wird nämlich dieses Metall für solche Verbindungselemente verwendet. Bei D3 wird, wie schon erwähnt, Be-Cu, bei D1, D4 und D6 Cu als bevorzugtes Material verwendet. Die Beschwerdeführerin nannte auch keine Hand- oder Lehrbücher oder Nachschlagewerke, aus denen hervorgeht, daß für den Durchschnittsfachmann Ni ein geeignetes Material für solche Verbindungen ist. Da es ferner eine Vielzahl von Materialien gibt, die hierfür in Frage kommen - dies wurde auch von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten - , da Cu-Be-Legierungen für ihre hohe elektrische und thermische Leitfähigkeit und gute Bruch- und Biegefestigkeit bekannt sind - vgl. auch D3 Spalte 3 Zeilen 16-19 - , während Ni als Leitermaterial wegen seiner geringen - im Vergleich zu Cu und Cu-Be erheblich geringeren - elektrischen Leitfähigkeit nicht üblich ist und die guten mechanischen Eigenschaften des Ni und auch die chemisch beständige Lötverbindung mit Ni nicht druckschriftlich als allgemein bekannt nachgewiesen wurden, ist die Wahl von Ni als nicht naheliegend anzusehen.
3.4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit das Ergebnis erfinderischer Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.
4. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche sind auf Grund der Rückbeziehung dieser Ansprüche auf den Anspruch 1 ebenfalls als neu und erfinderisch anzusehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.