European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:2000:T105896.20000726 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 26 Juli 2000 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 1058/96 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89119276.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | G01N 27/02 G01N 27/06 G01N 27/10 G01N 33/14 G05D 21/02 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Abfüllen von Bieren | ||||||||
Name des Anmelders: | LANG APPARATEBAU GMBH | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Endress + Hauser Conducta Gesellschaft | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Klarheit des geänderten Anspruchs (nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin (= Einsprechende) richtet ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, daß unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen das europäische Patent EP-B-375 863 (Anmeldung Nr. 89 119 276.7) und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Im Einspruchsverfahren hatte die Patentinhaberin (= Beschwerdegegnerin) erklärt, daß durch teilweises Ersetzen des Wortes "Flüssigkeit" durch "Getränk" klargestellt worden sei, daß es sich bei der Unterscheidung der Flüssigkeiten mittels Leitwertmessung um eine Unterscheidung von Produkten, d. h. von Getränken handele. Dazu wurde seitens der Einsprechenden bemerkt, daß die Einspeisung von Frischwasser eine Getränke/Wasser-Trennung impliziere und die Formulierung des Anspruchs 1 deswegen nicht auf eine Trennung von Getränken beschränkt sei. Der Einwand war nach der Auffassung der Einspruchsabteilung jedoch nicht gerechtfertigt, da es im Rahmen der Erfindung auch möglich erscheine, zusätzlich zur Getränke/Getränke-Trennung auch eine Getränke/Wasser-Trennung vorzunehmen.
II. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Fassung aufrechtzuerhalten. Hilfsweise wurde eine mündliche Verhandlung von der Beschwereführerin beantragt.
III. Der Wortlaut des unabhängigen Anspruchs lautet wie folgt, wobei zum besseren Verständnis die gegenüber dem Anspruch 1 in der erteilten Fassung durchgeführten Änderungen fettgedruckt sind:
"1. Verfahren zum Abfüllen von Bieren und anderen Getränken, bei dem die Getränke aus mehreren Tanks (6,7,8,9) durch eine gemeinsame Leitung, in die Frischwasser (10) einspeisbar ist und die über Ventile (2,3,4) zum Füller (5), zum Restgetränketank und zur Abwasserleitung führt, abgefüllt werden, wobei induktiv der Leitwert der Flüssigkeit und gleichzeitig deren Temperatur in der gemeinsamen Leitung erfaßt wird, wobei beim Wechsel der durch die gemeinsame Leitung strömenden Getränke nur ein derartiges Getränk auf das bisherige folgt, das gegenüber dem bisherigen Getränk einen größeren Leitwertunterschied als die induktiv meßbaren Leitwertschwankungen jedes der beiden Getränke aufweist, und wobei die Ventile (2,3,4) in Abhängigkeit von dem gemessenen Leitwert geöffnet und geschlossen werden."
Die Ansprüche 2 bis 7 sind vom Anspruch 1 abhängig.
IV. Entsprechend dem Hilfsantrag der Beschwerdeführerin wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt. In einem als Anlage zur Ladung beigefügten Bescheid verwies die Kammer auf die gegenüber der erteilten Fassung des Anspruchs 1 durchgeführten Änderungen, insbesondere auf die selektiven Änderungen der Begriffe "Flüssigkeit" bzw. "Flüssigkeiten" in "Getränk" bzw. "Getränke" und die entsprechend angepaßte Anspruchsgrammatik (im obigen Abschnitt III fettgedruckt). Da sich diese Begriffe inhaltlich unterscheiden würden, seien die Merkmale des Anspruchs 1 in Bezug auf die nicht als Getränk geltenden Flüssigkeiten unklar. Im Bescheid wurde auch analysiert, wie sich die gemäß der Erfindung zu lösende Aufgabe aus der geänderten Beschreibung ergebe. Diese Analyse lasse erkennen, daß der Anspruch 1 keine geeignete Definition des Gegenstands, für den Schutz begehrt wird, angebe. Somit gelangte die Kammer zu der vorläufigen Meinung, daß der Anspruch 1 in der geänderten Fassung nicht klar sei und somit dem Artikel 84 EPÜ nicht genüge.
V. Beide Parteien erklärten, daß eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung nicht erfolgen werde. Die mündliche Verhandlung fand sodann gemäß Regel 71 (2) EPÜ in Abwesenheit der Parteien statt. Am Ende der Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den in Regel 65 (1) EPÜ genannten Bestimmungen und ist somit zulässig.
2. Nach den selektiven Änderungen der Begriffe "Flüssigkeit" bzw. "Flüssigkeiten" in "Getränk" bzw. "Getränke" verbleibt im Anspruch 1 nur ein einziger Hinweis auf eine Flüssigkeit. Dieser befindet sich in einem Verfahrensschritt, aus dem hervorgeht, daß induktiv der Leitwert der Flüssigkeit und gleichzeitig deren Temperatur in der gemeinsamen Leitung erfaßt wird. Die Tragweite des Begriffs "Flüssigkeit" wird im Anspruch nicht präzisiert. Einerseits könnte der Begriff lediglich als "Flüssigkeit zum Trinken" verstanden werden, was einem Getränk entsprechen würde. Andererseits könnte dieser Begriff auch eine von einem Getränk zu unterscheidende oder ein Getränk umfassende verallgemeinerte Flüssigkeit einschließen. Die zweite Deutungsmöglichkeit wird dem Fachmann, wie die Beschwerdeführerin zu Recht ausgeführt hat, durch den Hinweis auf die Einspeisung von Frischwasser nahegelegt und zudem durch die Tatsache untermauert, daß ohne weiteres eine konsistente Formulierung wie "Leitwert des Getränks" möglich gewesen wäre. Offenbar hat auch die Einspruchsabteilung "Flüssigkeit" im zweiten Sinne verstanden. Es ergibt sich somit, daß die Beschwerdegegnerin zwar die Absicht einer Einschränkung auf "Getränke" erklärt hat, es ihr aber wegen des Hinweises auf "Flüssigkeit" nicht gelungen ist, diese Einschränkung in die Tat umzusetzen. Dies führt zu einer folgenschweren Unklarheit darüber, ob sich der Begriff "Flüssigkeit" lediglich auf die Flüssigkeit des Getränks oder nach wie vor auf andere Flüssigkeiten, wie z. B. Frischwasser, bezieht. Infolge dieser Unklarheit bleibt entsprechend unklar, welche "Flüssigkeit" von den jeweiligen beanspruchten Verfahrenschritten erfaßt wird. Ohne genaue Erfassung dieser "Flüssigkeit" wird das Verfahren als Ganzes unklar, da keine hinreichend klare Grundlage für die darauf aufbauende Ventilsteuerung und Abfüllung existiert. Der geänderte Anspruch 1 ist somit für sich genommen unklar. Eine entsprechende Unklarheit ist auch in den Unteransprüchen 2-4 zu verzeichnen.
3. Der Klarheitsmangel wird auch nicht durch die Beschreibung beseitigt. Ein Vergleich mit der an den geänderten Anspruch angepaßten Beschreibung (siehe die Anlage der angefochtenen Entscheidung) läßt nämlich die technische Bedeutung des inhaltlichen Unterschieds zwischen den Begriffen "Flüssigkeit" und "Getränk" und die damit verbundene Unklarheit des Anspruchs noch deutlicher erkennen. Den Zeilen 6-12 der Seite 2 der Beschreibung ist nämlich zu entnehmen, daß es in Bezug auf die von der Erfindung zu lösende Aufgabe in erster Linie darauf ankommt, Wasser, Spülwasser, verschiedene Biersorten und verschiedene alkoholfreie Getränke möglichst mit Hilfe technischer Meßeinrichtungen unterscheiden zu können. Für eine breite Auslegung des Begriffs "Flüssigkeit" sprechen auch die letzten drei Zeilen der Seite 3, wo ein sicheres Erkennen von geringen Mengen von Reinigungs- und Desinfektionsmitteleinbrüchen erwähnt wird. Diese zu lösende Aufgabe wird durch Detailangaben in der Beschreibung erläutert. So sind gemäß den Zeilen 18-21 der Seite 4 die Unterschiede zwischen Bier und alkoholfreien Getränken sowie zwischen Biersorte a und Biersorte b reproduzierbar zu erfassen. In den Zeilen 31-34 der Seite 4 wird dann ausgeführt, daß die gezeigten Leitwerte verschiedener Getränke deutlich über dem des Betriebswassers liegen, wodurch eine Phasentrennung zwischen Produkt und Spülwasser ohne weiteres möglich ist. Auch Reinigungs- oder Desinfektionsmitteln, die offensichtlich nicht als Getränke gelten können, werden in den Zeilen 21-23 der Seite 5 erwähnt. Im Gegensatz zu der Beschreibung schweigt jedoch die im Anspruch definierte Lösung darüber, wie im Falle des als Flüssigkeit, jedoch offensichtlich nicht als Getränk anzusehenden Spülwassers die gestellte Aufgabe realisiert werden kann. Zusammenfassend ist somit festzustellen, daß dem beanspruchten Verfahren keine Merkmale zu entnehmen sind, die sich auf eine Lösung jener Aufgaben beziehen, die in Zusammenhang mit den nicht als Getränk geltenden Flüssigkeiten stehen. Aus diesem Grund fehlen dem beanspruchten Gegenstand wesentliche Merkmale zur Lösung der gemäß der Beschreibung gestellten Aufgabe, wodurch der Klarheitsmangel des geänderten Anspruchs 1 noch verstärkt wird.
4. Wegen der Verwendung eines unklaren Begriffs im geänderten Anspruch 1 sowie mangelnder Übereinstimmung des Anspruchsgegenstands mit der gemäß der Beschreibung zu lösenden Aufgabe genügt dieser Anspruch nicht den Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.