T 0945/96 () of 14.9.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T094596.20000914
Datum der Entscheidung: 14 September 2000
Aktenzeichen: T 0945/96
Anmeldenummer: 91118235.0
IPC-Klasse: B28C 5/42
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mischergetriebeanordnung
Name des Anmelders: SAUER-SUNDSTRAND GMBH & CO.
Name des Einsprechenden: POCLAIN HYDRAULICS
Kammer: 3.2.06
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Hauptantrag: erfinderische Tätigkeit (verneint)
Hilfsanträge 1, 2, 2a: Änderungen, Klarheit (nein: Widersprüche, Ansprüche und Beschreibung)
Hilfsantrag 2b: erfinderische Tätigkeit - nicht naheliegende Kombination bekannter Merkmale
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 482 660 (Anmeldungsnummer 91 118 235.0).

II. Gegen das erteilte Patent wurde am 8. Juni 1995 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Mit dem Einspruch wurde das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit angegriffen. Außerdem wurde die unzureichende Offenbarung der Erfindung auf der Grundlage von Artikel 100 b) EPÜ geltend gemacht.

III. Mit der am 16. August 1996 zur Post gegebenen Entscheidung wies die Einspruchsabteilung den Einspruch zurück.

Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß einerseits der Einwand der mangelnden Ausführbarkeit nicht zutreffe und andererseits das Patent in der erteilten Fassung die Erfordernisse des EPÜ im Hinblick auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit erfülle; selbst in Anbetracht des Standes der Technik, wie er u. a. in den Dokumenten

D3: Prospekt "ZF-Reduplan-Getriebe für Transport-Betonmischer", 21.08.1984

D6: Prospekt Hägglunds "Hydraulik Wheel Hub Motor; 18.04.1977"

D8: Prospekt "Aufsteck-Hydraulikmotor A341D, 2.1982"

D9: Prospekt "Hydrex-Radialkolbenmotoren K34D EN 3.1981"

D10: Prospekt "Hydromotoren mit hohem Drehmoment G4, 1985"

D11: EP-A-0 191 674

offenbart war, erhalte der Fachmann keine Anregung, die ihn in die Richtung einer Kombination der Merkmale des erteilten Anspruchs 1 führen könnte.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) am 15. Oktober 1996 unter Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 17. Dezember 1996 eingereicht.

V. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer wurde den Beteiligten mitgeteilt, daß die Argumente zur Substantiierung des Einwands nach Artikel 100 b) EPÜ die Kammer nicht überzeugen konnten. In Bezug auf die Neuheit des beanspruchten Gegenstandes war die Kammer der vorläufigen Auffassung, daß der beanspruchte Transportbetonmischer sich von dem in dem nächstkommenden Stand der Technik nach D3 offenbarten Mischer im Antrieb dadurch unterscheide, daß der Hydromotor ein Radialkolbenmotor sei und daß das Planetengetriebe nur eine Stufe habe.

Bei der Diskussion, ob der beanspruchte Gegenstand auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, könnten die Druckschriften D6, D8 und D9 von Bedeutung sein, weil sie im Vergleich zu Axialkolbenmotoren die besonderen Eigenschaften von Radialkolbenmotoren, wie hohes Drehmoment und niedrige Geräuschentwicklung offenbarten.

VI. Mit Schreiben vom 8. August 2000 hat die Beschwerdeführerin noch folgende Dokumente eingereicht:

D14: "Radaubrüder ins Abseits" mit dem Titel "Leises Bauen hat Zukunft", Auszug aus "bd baumaschinendienst", Heft 1, Januar 1990, Seiten 14 bis 16 und 20,

D15: Kopie einer notariell beglaubigten eidesstattlichen Versicherung von Herrn Dipl.-Ing. Alfred Schweizer vom 13. Januar 2000 mit einer Skizze, die angeblich den auf der Ausstellung "Bauma 89" präsentierten Antrieb darstellt,

D16: Kopien von Schreiben und Zeichnungen die den Schriftverkehr zwischen der Patentinhaberin und der Einsprechenden in der Zeit vom 27. Februar 1990 bis 13. Juni 1990 wiedergeben.

Im Laufe des schriftlichen Verfahrens beantragte die Beschwerdeführerin die Aussetzung des Verfahrens gemäß Regel 13 (4) EPÜ.

VII. Am 14. September 2000 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Ferner nahm sie ihren Antrag auf Aussetzung des Verfahrens zurück.

Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen (Hauptantrag) oder

die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten auf der Basis der Ansprüche 1 bis 5 des Hauptantrags (Hilfsantrag 1) oder

auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchs 1 (Hilfsantrag 2) oder

auf der Basis der Ansprüche 1 bis 5 des Hilfsantrags 2 (Hilfsantrag 2a) oder

auf der Basis des Hilfsantrags 2a mit der in der mündlichen Verhandlung eingereichten Beschreibung (Hilfsantrag 2b) oder

auf der Basis des mit Schreiben vom 14. August 2000 eingereichten Anspruchs 1 (Hilfsantrag 3).

Anspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1 lautet:

"Transportbetonmischer mit einer Getriebeanordnung mit einem die Antriebswelle (3) der Betonmischertrommel über ein Planetengetriebe antreibenden Hydromotor, wobei der Abtrieb von der Getriebeanordnung über einen Planetenträger (12) erfolgt, von dem das Drehmoment an eine Antriebswelle (3) der Mischertrommel übertragen wird, dadurch gekennzeichnet, daß

- der Hydromotor ein im Mischergetriebegehäuse (1) abtriebsseitig nicht gelagerter, langsam laufender und ein hohes Drehmoment abgebender Radialkolbenmotor (100) ist;

- die inneren Kräfte des Radialkolbenmotors (100) über ein Lager (23) in einen Zwischenflansch (18) einleitbar sind;

- das Planetengetriebe ein einstufiges Planetengetriebe ist;

- die Getriebewelle (2) direkt mit einem Sonnenrad gekoppelt ist; und

- der Abtrieb über den Planetenträger (12) auf eine Bogenzahnkupplung (47) erfolgt, die das Drehmoment an die Antriebswelle (3) der Mischertrommel überträgt."

Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2, 2a und 2b lautet:

"Transportbetonmischer mit einer Getriebeanordnung mit einem die Antriebswelle (3) der Betonmischertrommel über ein Planetengetriebe antreibenden Hydromotor, wobei der Abtrieb von der Getriebeanordnung über einen Planetenträger (12) erfolgt, von dem das Drehmoment an eine Antriebswelle (3) der Mischertrommel übertragen wird, wobei

- der Hydromotor ein im Mischergetriebegehäuse (1) abtriebsseitig nicht gelagerter, langsam laufender und ein hohes Drehmoment abgebender Radialkolbenmotor (100) ist;

- die inneren Kräfte des Radialkolbenmotors (100) mittels einer Zentrierbuchse (24) über ein Lager (23) in einen Zwischenflansch (18) einleitbar sind, der sich zwischen dem Radialkolbenmotor (100) und dem Mischergetriebegehäuse (1) befindet;

- das Planetengetriebe ein einstufiges Planetengetriebe ist;

- die den Radialkolbenmotor (100) und das Planetengetriebe verbindende Getriebewelle (2) direkt mit einem Sonnenrad gekoppelt ist; und

- der Abtrieb über den Planetenträger (12) auf eine Bogenzahnkupplung (47) erfolgt, die das Drehmoment an die Antriebswelle (3) der Mischertrommel überträgt."

Anspruch 1 gemäß dem dritten Hilfsantrag lautet:

"1. Transportbetonmischer mit einer Getriebeanordnung mit einem die Antriebswelle (3) der Betonmischertrommel über ein Planetengetriebe antreibenden Hydromotor, wobei der Abtrieb von der Getriebeanordnung über einen Planetenträger (12) erfolgt, von dem das Drehmoment an eine Antriebswelle (3) der Mischertrommel übertragen wird, dadurch gekennzeichnet, daß

- der Hydromotor ein im Mischergetriebegehäuse (1) abtriebsseitig nicht gelagerter, langsam laufender und ein hohes Drehmoment abgebender Radialkolbenmotor (100) ist;

- die inneren Kräfte des Radialkolbenmotors (100) über ein zugleich die Getriebewelle (2) über eine Zentrierbuchse (24) lagerndes Lager (23) in einen Zwischenflansch (18) einleitbar sind, der sich zwischen dem Radialkolbenmotor (100) und dem Mischergetriebegehäuse (1) befindet;

- das Planetengetriebe ein einstufiges Planetengetriebe ist;

- die Getriebewelle (2) direkt mit einem Sonnenrad gekoppelt ist; und

- der Abtrieb über den Planetenträger (12) auf eine Bogenzahnkupplung (47) erfolgt, die das Drehmoment an die Antriebswelle (3) der Mischertrommel überträgt."

VIII. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin läßt sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Da im angegriffenen Patent keine konkreten Werte bezüglich der Einsatzbedingungen wie der Eingangsdrehzahl an der Mischertrommel, des höchsten Drehmoments der Antriebswelle oder auch des höchsten oder mittleren Arbeitsdruckes angegeben seien, offenbare das Patent die Erfindung nicht so ausreichend, daß ein Fachmann sie ausführen könne. Deshalb sollte das Patent schon aus diesem Grund widerrufen werden (Artikel 100 b) und 83 EPÜ). Weiter sei unklar, wie mit den Merkmalen des Anspruchs 1 die gestellte Aufgabe gelöst werde.

Ausgehend von der dem Dokument D15 beigefügten Skizze, die eine auf der "bauma 89" ausgestellte Transportbetonmischer-Getriebeanordnung betreffe, sei die Neuheit des Transportbetonmischers gemäß Anspruch 1 nach dem Wortlaut lediglich dadurch gegeben, daß der Hydromotor abtriebsseitig nicht gelagert sei.

Es seien jedoch in Anbetracht der Rückbeziehung des Anspruchs 6 auf Anspruch 1 (gemäß Hauptantrag) Ausführungen mit umfaßt, in denen der Zwischenflansch und das Gehäuse des Radialkolbenmotors einstückig ausgebildet seien, so daß ein alternativ vorhandener Zwischenflansch, in dem der Hydromotor gelagert wird, in Anspruch 1 unberücksichtigt bleiben sollte.

Im übrigen seien vorteilhafte Lagerungsbeispiele im Stand der Technik dargestellt, wie z. B. in D11, wobei die inneren Kräfte des Radialkolbenmotors mittels einer Zentrierbuchse über ein Lager in einen Zwischenflansch einleitbar seien, der sich zwischen dem Radialkolbenmotor und dem Mischergetriebegehäuse befinde. Somit wäre die Lagerung des Radialkolbenmotors mit dem Getriebe gemäß Fig. 2 der D11 in dem aus D15 bekannten Radialkolbenmotor direkt anwendbar. Andere Dokumente wie die D9, zeigten die gleiche Bauweise des Radialkolbenmotors mit einem Getriebe, die auch in naheliegender Weise in der Anordnung nach der D15 angewendet werden könnte. Es fehle daher zumindest die erforderliche erfinderische Tätigkeit, so daß das Patent auch aus diesem Grund widerrufen werden sollte.

IX. Zur Stützung ihrer Anträge hat die Beschwerdegegnerin im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Begründung der mangelnden Ausführbarkeit der Erfindung sei insbesondere darauf gestützt, daß die "Dimensionierung der Antriebsvorrichtung des Betonmischers" nicht bestimmt werden könne. Dies habe nichts mit mangelnder Offenbarung zu tun, denn die konkrete Dimensionierung der Antriebsvorrichtung sei Aufgabe des Konstrukteurs. Vielmehr beziehe sich die Offenbarung auf eine prinzipielle Anordnung, deren "Lösung verstanden werden" muß (vgl. Regel 27 (1) c) EPÜ). Insoweit erfülle das Patent jedoch in offensichtlicher Weise die Anforderung der Ausführbarkeit durch einen Fachmann.

Die von der Beschwerdeführerin neu in das Verfahren eingeführten Dokumente D14 bis D16 seien nicht relevant und sollten daher nicht weiter berücksichtigt werden.

Aber selbst in Anbetracht der in D15 offenbarten Radialkolbenmotor-Getriebe-Anordnung sei die Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag anzuerkennen, denn die konstruktive Ausgestaltung der Lagerung des Radialkolbenmotors sei dieser geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nicht zu entnehmen. Auch eine Interpretation des Anspruchs mit Bezug auf die im abhängigen Anspruch 6 oder die in der Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 51 bis 58, beschriebenen Ausführungen könne keine Zweifel an der Neuheit des beanspruchten Transportbetonmischers aufkommen lassen. Zumindest seien jedoch die in den Hilfsanträgen formulierten Bauarten der Transportbetonmischer gegenüber dem Gegenstand der offenkundigen Vorbenutzung nach den Dokumenten D14 und D15 neu.

Aufgabe der Erfindung sei es, einen Transportbetonmischer mit einer Getriebeanordnung zu schaffen, bei welchem eine wesentliche Geräuschreduzierung im Betrieb und ein kompakter Aufbau der Getriebeanordnung realisiert werde. Diese Aufgabe werde insbesondere gelöst durch den Antrieb des Mischergetriebes über einen an sich bekannten Radialkolbenmotor, der mittels einer Zentrierbuchse über ein Lager in einem Zwischenflansch ausgangsseitig gelagert sei. Eine solche kompakte Baueinheit aus Getriebeanordnung und Hydromotor sei aus dem Stand der Technik nicht herleitbar.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Ausreichende Offenbarung (Artikel 100 c) und 83 EPÜ)

2.1. Die Beschwerdeführerin machte im wesentlichen geltend, daß ein Fachmann die Erfindung nicht ausführen könne, da keine konkreten Werte über die Einsatzbedingungen der Radialkolbenmotor-Getriebe-Anordnung, wie die Drehzahl der Mischertrommel, das höchste Drehmoment der Antriebswelle oder auch Werte für den hydraulischen Druck angegeben seien.

2.2. Die Kammer ist der Auffassung, daß die Frage, ob das vorliegende Patent dem Erfordernis der Ausführbarkeit nach Artikel 100 b) bzw. 83 EPÜ genügt, aus dem Blickwinkel des auf dem Gebiet der Transportbetonmischer tätigen Fachmannes beurteilt werden muß. Diesem Fachmann sind - wie auch aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik zu erkennen - Transportbetonmischer mit Getriebeanordnungen der beanspruchten Art bekannt (siehe insbesondere die folgende Kommentierung der D15 in Punkt 3.3). Da der im angefochtenen Patent offenbarte Transportbetonmischer eine Weiterbildung derselben betrifft, sieht die Kammer im Fehlen solcher allgemeinen Bemessungsangaben keinen Grund, an der Ausführbarkeit des im Patent beschriebenen Transportbetonmischers zu zweifeln.

2.3. Auch kann die Kammer der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht folgen, wonach die Aufgabe des Patents nicht vom Patentgegenstand gelöst wird. Wie die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung dargelegt hat, geht es um die Lösung der objektive Aufgabe, und diese wird sehr wohl vom Patentgegenstand gelöst (vgl. auch Punkt 7.2 folgend).

3. Die im Beschwerdeverfahren eingereichte Dokumente D14 bis D16

3.1. Mit Schreiben vom 8. August 2000 hat die Beschwerdeführerin die Dokumente D14 bis D16 eingereicht. Die späte Einreichung wurde damit begründet, daß diese Dokumente erst durch eine Benachrichtigung des Deutschen Patentamtes vom 10. Mai 2000 dem deutschen Vertreter in einem parallelen Verfahren zugestellt wurden.

3.2. Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammer sollte verspätetes Vorbringen nicht unberücksichtigt bleiben, wenn es für die zu treffende Entscheidung relevant ist, nicht als Verfahrensmißbrauch zu werten ist und die Zulassung des verspäteten Vorbringens nicht zu einer übermäßigen Verzögerung des Verfahrens führt.

3.3. Die Kammer ist der Auffassung, daß die Dokumente D14 und D15, zusammen gesehen, eine schlüssige Substantiierung der offenkundigen Benutzung eines Transportbetonmischers mit einer Getriebe-Anordnung gemäß der der D15 beiliegenden Skizze enthalten. Insbesondere erkennt der Fachmann unmittelbar, daß dieser offenkundig vorbenutzte Transportbetonmischer eine Getriebe-Anordnung enthält, die aus einem langsam laufenden und ein hohes Drehmoment abgebenden Radialkolbenmotor besteht, wobei die Abtriebswelle des Radialkolbenmotors über eine Verbindungsbuchse mit der Welle eines Sonnenrads eines einstufiges Planetengetriebes verbunden ist und der Abtrieb über den Planetenträger auf eine Bogenzahnkupplung erfolgt, die das Drehmoment an die Antriebswelle der Mischertrommel überträgt.

Diese auch im Anspruch 1 des angefochtenen Patents enthaltene Kombination ist in keinem der anderen Dokumente des Standes der Technik offenbart, und daher bildet die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung den nächstkommenden Stand der Technik. Die Relevanz der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung ist daher offensichtlich.

D16 betrifft im wesentlichen betriebsinterne Unterlagen, die normalerweise als vertrauliche Information eingestuft werden, daher nicht als Stand der Technik im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ angesehen werden können und folglich auch nicht relevant für die zu treffende Entscheidung sind.

3.4. Obwohl die Beschwerdegegnerin beantragt hat, die Dokumente D14 bis D16 wegen mangelnder Relevanz nicht im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, hat sie diese offenkundige Vorbenutzung nicht bestritten. Sie hat auch keine Zurückverweisung an die erste Instanz beantragt.

Da D14 und D15 als relevant im Sinne der Rechtsprechung der Beschwerdekammern einzustufen und keine Gründe zu erkennen sind, die darauf hinweisen, daß die späte Einführung der D14 und D15 einen Verfahrensmißbrauch darstellt und die Berücksichtigung dieses neuen Materials auch keine Verfahrensverzögerung zur Folge hat, hat die Kammer entschieden, D14 und D15 im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen. Die Einführung des Dokuments D16 wurde wegen mangelnder Relevanz abgewiesen.

4. Hauptantrag

4.1. Ausgehend von dem sich aus D14 und D15 ergebenden Transportbetonmischer mit einer Getriebeanordnung bleibt, nach dem Wortlaut des Anspruchs 1, als Unterschied übrig, daß der Radialkolbenmotor abtriebsseitig nicht gelagert ist und die inneren Kräfte (Stützkräfte) des Radialkolbenmotors über ein Lager in einen Zwischenflansch einleitbar sind.

4.2. Jedoch sind im Hinblick auf den abhängigen Anspruch 6, der eine Weiterbildung des Transportmischers nach Anspruch 1 betrifft, vom Anspruch 1 auch Ausführungen mit umfaßt, in denen der Zwischenflansch und das Gehäuse des Radialkolbenmotors einstückig ausgebildet sind.

Obwohl der Skizze der D15 keine näheren Konstruktionsmerkmale des Radialkolbenmotors entnommen werden können, ist es nach Auffassung der Kammer für den Fachmann offensichtlich, daß jeder als Aufsteckmotor geeignete Radialkolbenmotor verwendet werden kann, wie sie z. B. aus D8 bis D10 bekannt sind. Eine solche direkte Anwendung eines bekannten Radialkolbenmotors in der in D15 gezeigten Anordnung kann daher keine erfinderische Tätigkeit begründen. Anspruch 1 des Hauptantrags ist somit nicht gewährbar.

5. Hilfsanträge

Da es bei den Hilfsanträgen um geänderte Unterlagen geht, muß neben Artikel 102 (3) EPÜ auch überprüft werden, ob die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ erfüllt werden, insbesondere, ob keine Widersprüche zwischen der Beschreibung und den Patentansprüchen bestehen.

Die Unterlagen der Hilfsanträge 1, 2, 2a und 2b unterscheiden sich von denen des Hauptantrags durch:

Hilfsantrag 1: die Streichung des erteilten Anspruchs 6,

Hilfsantrag 2: einteilige Formulierung des Anspruchs 1 mit Einfügung von zusätzlichen Merkmalen,

Hilfsantrag 2a: einteilige Formulierung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 und Streichung des erteilten Anspruchs 6,

Hilfsantrag 2b: einteilige Formulierung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2, Streichung des erteilten Anspruchs 6 und eine neue, in der mündlichen Verhandlung eingereichte Beschreibung.

6. Hilfsanträge 1, 2 und 2a

Die Kammer stellt fest, daß in Spalte 3, Zeilen 51 bis 58. der jeweiligen Beschreibung der Hilfsanträge 1, 2 und 2a (Beschreibung in der erteilten Fassung) Ausführungen beschrieben werden, die nicht mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 in Einklang zu bringen sind. Diese Ausführungsformen betreffen Getriebeanordnungen ohne Zwischenflansch oder auch eine Lagerung des Radialkolbenmotors an einer anderen Stelle als im Zwischenflansch.

Diese Widersprüche zwischen der Beschreibung und dem jeweiligen Anspruch 1 führen dazu, daß keiner der Hilfsanträge 1, 2 und 2a aufgrund des Artikels 84 EPÜ gewährbar ist.

7. Hilfsantrag 2b

7.1. Änderungen

Anspruch 1 des Hilfsantrags 2b enthält alle im erteilten Anspruch aufgeführten Merkmale, wobei zusätzlich noch spezifiziert wurde, daß die inneren Kräfte (Stützkräfte) des Radialkolbenmotors mittels einer Zentrierbuchse über ein Lager in den Zwischenflansch einleitbar sind, der sich zwischen dem Radialkolbenmotor und dem Mischergetriebegehäuse befindet, sowie daß die den Radialkolbenmotor und das Planetengetriebe verbindende Getriebewelle direkt mit dem Sonnenrad gekoppelt ist. Diese Anordnung entspricht der in Bezug auf die Figur beschriebenen Ausführungsform des Transportbetonmischers im Patent und in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den erteilten bzw. den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 bis 5.

Die neuen Ansprüche erfüllen somit die Erfordernisse des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ.

Die neue Beschreibung wurde an das neue Schutzbegehren angepaßt, insbesondere wurde die in Spalte 3, Zeilen 51 bis 58 nicht mit dem Anspruch 1 in Einklang stehende Ausführungsform gestrichen. Weiter wurde der nächstkommende Stand der Technik gemäß D15 kommentiert und die von der Erfindung zu lösende Aufgabe präzisiert.

Auch diese Änderungen geben keinen Anlaß zu Beanstandungen.

7.2. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

7.2.1. Ausgehend vom nächstkommenden Stand der Technik, wie er durch die offenkundig vorbenutzte Anordnung gemäß D14 und D15 dokumentiert wird, unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 dadurch, daß

- die inneren Kräfte des Radialkolbenmotors mittels einer Zentrierbuchse über ein Lager in einen Zwischenflansch einleitbar sind, der sich zwischen dem Radialkolbenmotor und dem Mischergetriebegehäuse befindet.

Die Neuheit des Gegenstandes nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2b wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt.

7.2.2. Die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe ist darin zu sehen, einen Transportmischer mit einer Getriebeanordnung zu schaffen, bei welchem unter Beibehaltung einer wesentlichen Geräuschreduzierung im Betrieb ein kompakter Aufbau realisiert werden kann (vgl. Spalte 1, Zeile 25 ff. der geänderten Patentschrift).

Diese Aufgabe wird durch die Kombination der Merkmale des Anspruchs 1 gelöst, insbesondere durch die Verwendung eines langsam drehenden Radialkolbenmotors und die spezielle Anordnung von Zwischenflansch, Lager und Zentrierbuchse zueinander.

Durch diese Merkmale wird erreicht, daß unter Beibehaltung des schon mit der offenkundig vorbenutzten Anordnung nach D14, D15 erreichten niedrigen Geräuschpegels eine besonders kurze, dadurch stabilere und auch kompaktere Bauweise erzielt werden kann. Die Zentrierbuchse impliziert, daß der Antrieb der Sonnenradwelle durch die Zentrierbuchse hindurch im Inneren des Motors abgegriffen wird und so keine herausstehenden Antriebsteile vorhanden sind, wie z. B. in der Skizze nach D15 erkennbar, die eine kurze Baulänge verhindern.

7.2.3. Die aus D14, D15 bekannte offenkundig vorbenutzte Anordnung gibt keinen Hinweis auf eine Bauart, bei der die inneren Kräfte (Stützkräfte) des Radialkolbenmotors mittels einer Zentrierbuchse über ein Lager in einen Zwischenflansch einleitbar sind, denn hier ist die Ausgangswelle des Radialkolbenmotors einfach mittels einer Kupplungmuffe mit einer das Sonnenrad tragenden Welle verbunden. Eine solche Verbindung mittels Muffe verlangt zwar einen in der Skizze nach D15 eingezeichneten "Zwischenflansch", dieser ist jedoch als zusätzliches Teil und ohne Lagerung für den Radialkolbenmotor zwischen dem Planetengetriebe und dem Radialkolbenmotor angeordnet und beeinflußt die Baulänge und Stabilität des Antriebs negativ.

7.2.4. Einziges Dokument, in dem eine Lagerung eines Radialkolbenmotors mittels einer "Zentrierbuchse" im Sinne des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 2b offenbart wird, ist die Ausführungsform gemäß Figur 2 der D11.

D11 zielt darauf ab, eine kompakte Konstruktion des Motors bereitzustellen, insbesondere dadurch, daß ein Lager zur Aufnahme sowohl der vertikalen als auch der horizontalen Kräfte verwendet wird (siehe die kennzeichenden Merkmale des Anspruchs 1 der D11). Jedoch ist nicht erkennbar, daß ein solcher Motor kompakter ist als die aus D8 oder D9 bekannten Motoren. Auch ist in D8 ausdrücklich erwähnt, daß ein solcher Motor kleinbauend und leicht ist (siehe letzte Seite der D8).

Aufgrund dieser Tatsachen hat der Fachmann keinen Anlaß, aus der Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Radialkolbenmotoren gerade die in Figur 2 der D11 offenbarte Ausführungsform eines Radialkolbenmotors auszuwählen.

7.3. Zusammenfassend kommt die Kammer zu der Schlußfolgerung, daß der zur Verfügung stehende Stand der Technik keinen Hinweis in Richtung der im Anspruch 1 des Hilfsantrags 2b beanspruchten Lösung vermittelt und daher der Gegenstand dieses Anspruchs auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ), so daß das Patent auf der Basis des vorliegenden Anspruchs 1 Bestand haben kann.

Bestandsfähig sind auch die abhängigen Ansprüche 2 bis 5, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 enthalten (Regel 29 (3) EPÜ).

Die angepaßte Beschreibung entspricht den Vorschriften der Regel 27 EPÜ und ist für die Aufrechterhaltung des Patents in geänderter Fassung geeignet.

Unter diesen Umständen erübrigt es sich, auf den dritten Hilfsantrag einzugehen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Der Hauptantrag und die Hilfsanträge 1, 2 und 2a der Beschwerdegegnerin werden zurückgewiesen.

3. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten:

- Anspruch 1 des Hilfsantrags 2b wie in der mündlichen Verhandlung überreicht

- Ansprüche 2 bis 5 wie erteilt

- Beschreibung Spalten 1 bis 3 wie in der mündlichen Verhandlung überreicht

- Figur 1 wie erteilt.

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