European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1999:T093496.19990920 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 20 September 1999 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0934/96 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89115058.3 | ||||||||
IPC-Klasse: | G02C 7/10 G02B 5/20 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Sonnenschutzfilter | ||||||||
Name des Anmelders: | Firma Carl Zeiss, et al | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Optische Werke G. Rodenstock | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Ursprüngliche Offenbarung von Änderungen (verneint) | ||||||||
Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent mit der Veröffentlichungsnummer 0. 355 672 und der Anmeldenummer 89 115 058.3 zu widerrufen, legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde ein und legte drei verschiedene Sätze von Ansprüchen vor.
II. In einer Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern wies die Kammer zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung darauf hin, daß nach vorläufiger Meinung der Kammer die vorgenommenen Änderungen der Ansprüche den Erfordernissen der Artikel 84 (Klarheit) und 123 (2) EPÜ (ursprünglichen Offenbarung) nicht genügten. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin einen Monat vor der mündlichen Verhandlung drei neue Anspruchssätze und kurz vor der Verhandlung zwei weitere Anspruchssätze ein.
Es fand eine mündliche Verhandlung statt, an deren Ende die Entscheidung verkündet wurde.
III. Die Beschwerdeführerin beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und ein Patent mit den mit Schreiben vom 16. September 1999 eingereichten beiden Anspruchssätzen (Hauptantrag und Hilfsantrag) aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
IV. Der unabhängige Anspruch des Hauptantrags lautet wie folgt:
"1. Sonnenschutzfilter zum Schutz des Auges vor schädlicher und störender Strahlung, gekennzeichnet durch folgende spektrale Verteilung der Transmission (TL) in Abhängigkeit von der auftretenden Strahlung
a) im Bereich L < 380 nm gilt TL < 1 %
b) im Bereich 380 nm < L < 400 nm gilt TL ansteigend und TL < 20 %
c) im Bereich 400 nm < L < 500 nm gilt 5 % < TL 15 % und im wesentlichen konstant
d) im Bereich 500 nm < L < 700 nm ist TL, ausgehend vom Wert für T500, angenähert linear ansteigend
e) dieser Anstieg hält an bis der Maximalwert der Transmission erreicht ist, der bis an den Rand des sichtbaren Spektralbereichs annähernd konstant bleibt."
Der unabhängige Anspruch des Hilfsantrags lautet wie folgt:
"1. Sonnenschutzfilter zum Schutz des Auges vor schädlicher und störender Strahlung aus transparentem Glas oder Kunststoff, das in der Masse gefärbt ist oder aus transparentem Kunststoff, dessen spektrale Transmission (TL) durch Einbringen von Farbmolekülen in oberflächennahe Schichten bestimmt ist, gekennzeichnet durch folgende spektrale Verteilung der Transmission (TL) in Abhängigkeit von der auftretenden Strahlung
a) im Bereich L < 380 nm gilt TL < 1 %
b) im Bereich 380 nm < L < 400 nm gilt TL ansteigend und TL < 20 %
c) im Bereich 400 nm < L < 500 nm gilt 5 % < TL 15 % und im wesentlichen konstant
d) im Bereich 500 nm < L < 700 nm ist TL, ausgehend vom Wert für T500, angenähert linear ansteigend
e) dieser Anstieg hält an bis der Maximalwert der Transmission des ungefärbten Materials erreicht ist, der bis an den Rand des sichtbaren Spektralbereichs annähernd konstant bleibt."
Die restlichen Ansprüche des Haupt- und Hilfsantrags sind jeweils vom Anspruch 1 abhängig.
V. Die von der Beschwerdeführerin zum Merkmal c) des Anspruchs 1 vorgetragenen Argumente werden wie folgt zusammengefaßt:
Der Wert 15 % dieses Merkmals ist eine Einschränkung der Angabe "ca. 15 %" im Beispiel gemäß Figur 1. Wenn z. B. "ca. 15 %" in einem Anspruch stünde, wäre es ja auch möglich, daraus 15 % zu machen.
Das Merkmal c) ist ausreichend klar, wenn man bedenkt, daß sich die Lehre an den Fachmann richtet. Es wäre praktisch nicht möglich, für jede Wellenlänge einen einzelnen Transmissionsgrad anzugeben. Eine solche Formulierung würde überdies dazu führen, daß kein Produkt diese Forderung erfüllen könnte.
VI. Die von der Beschwerdegegnerin vorgetragenen Argumente zum Merkmal c) des Anspruchs 1 werden wie folgt zusammengefaßt:
Beide Ansprüche 1 basieren nur noch auf dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1. Die Auswahl unter den zwei Beispielen fällt unter den Tisch. Die Angabe im Merkmal c), daß im Wellenlängenbereich zwischen 400 und 500 nm der Transmissionsgrad TL kleiner oder gleich 15 % sein soll, hat keine Basis in den ursprünglichen Unterlagen. Aus der ursprünglichen Beschreibung, Seite 4 unten zu Figur 1 und auch aus dieser Figur selbst ergibt sich, daß der Wert überschritten wird, nach Figur 1 sogar deutlich.
Der Ausdruck "im wesentlichen konstant" ist unklar im Sinne von Artikel 84 EPÜ. Er entspricht auch nicht der Beschreibung der Figur 2, weil danach der Transmissionsgrad im Bereich zwischen 410 und 500 nm ansteigt und somit nicht konstant sein kann.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde erfüllt die Voraussetzungen der Artikel 106 bis 108 und der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.
2. Änderungen des Anspruchs 1 des Hauptantrags
2.1. Der Umfang der Prüfung im Beschwerdeverfahren ist auf die Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ beschränkt, sofern sie im Einspruchsverfahren eingeführt sind oder gemäß Regel 57a geltend gemacht werden. Darüber hinaus sind aber gemäß Artikel 102 (3) in Verbindung mit Artikel 111 (1) EPÜ alle Erfordernisse des EPÜ insoweit noch zu prüfen, als sie in unmittelbarem Zusammenhang mit Änderungen der Patentunterlagen nach der Erteilung stehen.
2.2. Die ursprünglichen Unterlagen offenbaren für den TL-Verlauf im Wellenlängenbereich von 400 bis 500 nm folgendes:
In den Ansprüchen ist lediglich im Anspruch 1 unter c) angegeben, daß TL im fraglichen Bereich zwischen 5 % und 30. % liegt.
In der Beschreibung des Ausführungsbeispiels der Figur 1 wird ausgeführt, daß oberhalb L = 380 nm die Transmission TL bis etwa L = 400 nm schnell auf einen Wert von ca. 15 % ansteigt und daß dieser Wert bis L = 500 nm etwa konstant bleibt.
Den Kurven der Figuren sind keine exakten TL-Werte zu entnehmen. Die Kurven und ihre erste Ableitung zeigen einen stetigen Verlauf. Es ist dabei auch zu beachten, daß gemäß letztem Absatz der Beschreibung die Figuren nur den prinzipiellen Verlauf dieser Kurve zeigen.
Im fraglichen Bereich hat die Kurve der Figur 1 etwa folgenden Verlauf: bei 400 nm ist TL etwa 12 %, steigt dann bis 425 nm auf etwa 17 % an, fällt bis 485 nm auf etwa 15 % ab und steigt dann bis 500 nm auf etwa 19 % an. Sie liegt im gesamten Bereich von etwa 405 bis 500 nm - mit Ausnahme vielleicht eines kurzen Stücks um 485 nm - über 15 %.
In der Beschreibung des Ausführungsbeispiels der Figur 2 wird angegeben, daß die Transmission für Wellenlängen unter 400 nm auf Werte unter 1 % herabgesetzt ist, dann ansteigt und im Bereich zwischen 410 und 500 nm einen Wert von ca. 12 % erreicht. Danach - also über 500 nm - steigt die Transmission mit der Wellenlänge an.
Im fraglichen Bereich hat die Kurve der Figur 2 etwa folgenden Verlauf: bei 400 nm ist TL etwa 2 %, steigt dann bis 410 nm auf etwa 10 % an, erreicht bei etwa 430 nm etwa 12 %, fällt bis 470 nm auf etwas unter 11 % ab und steigt dann bis 500 nm auf etwa 13 % an.
2.3. Der Transmissionswert 15 % ist nur in der Beschreibung der Figur 1 direkt genannt, und zwar in der Weise, daß TL bis etwa 400 nm auf einen Wert von ca. 15 % ansteigt und dann bis 500 nm etwa konstant bleibt. Diese ungefähre Konstanz bedeutet aber, daß TL nicht unter 15 % bleibt, sondern auch über diesen Wert ansteigen muß. Dies sieht man auch eindeutig aus dem Verlauf der Kurve der Figur 1, die ja im Bereich von etwa 405 bis 500 nm über 15. % liegt, mit Ausnahme vielleicht eines kurzen Stücks um 485 nm.
Die Beschränkung von TL auf Werte bis maximal 15 % im Wellenlängenbereich zwischen 400 und 500 nm steht also im Widerspruch zur ursprünglichen Offenbarung.
2.4. Die Änderungen im Anspruch 1 verletzen daher den Artikel 123 (2) EPÜ, und somit ist dieser Anspruch schon deswegen nicht gewährbar.
2.5. Darüber hinaus ist die Kammer der Ansicht, daß die Änderungen des Anspruchs 1 nicht im Einklang mit Artikel 84 EPÜ stehen. Vor allem führen die Ausdrücke "im wesentlichen konstant" und "annähernd konstant" in den Merkmalen c) and e) zu einem unklaren Anspruch, da der Bereich der Abweichungen vom konstanten (Transmissions-)Wert nicht definiert ist.
2.6. Die Beschwerdeführerin behauptet, daß es praktisch nicht möglich sei, für jede Wellenlänge einen einzelnen TL-Wert anzugeben, weil eine solche Formulierung dazu führe, daß kein Produkt diese Forderung erfüllen könne.
Um den Kurvenverlauf im fraglichen Bereich entsprechend den Figuren mathematisch exakt zu definieren, ohne sich dadurch auf viele konkrete Wertepaare L/T(L) festzulegen, genügte z. B. folgende Angabe: T(L) liegt im L-Bereich von 410 bis 500 nm in einem gewissen %-Bereich (z. B. zwischen 5 % und 30 %), wobei die Differenz des Maximalwertes und des Minimalwertes von T(L) in diesem L-Bereich einen relativ kleinen Wert (z. B. 5 % absolut) nicht überschreiten darf. Eine derartige Formulierung ist allerdings aus den ursprünglichen Unterlagen nicht abzuleiten.
3. Der Anspruch 1 des Hilfsantrags unterscheidet sich von dem des Hauptantrags nur durch die zusätzlichen Materialangaben im Oberbegriff und im Merkmal e). Die Merkmale a) bis d) des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag und des Hauptantrags sind identisch. Die Frage, ob das Merkmal c) den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen ist, wird durch diese zusätzlichen Angaben offensichtlich nicht berührt.
Daraus folgt, daß der Anspruch 1 des Hilfsantrags aus dem gleichen Grund wie der Hauptantrag nicht gewährbar ist.
4. Da somit mindestens ein Anspruch jedes Antrags nicht gewährbar ist, ist es nicht nötig, die abhängigen Ansprüche zu prüfen und zu untersuchen, ob die Änderungen und die Ansprüche den weiteren Erfordernissen des EPÜ, insbesondere deren Artikel 54 und 56 (Neuheit und erfinderische Tätigkeit), genügen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.