T 0669/96 () of 9.2.2000

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:2000:T066996.20000209
Datum der Entscheidung: 09 Februar 2000
Aktenzeichen: T 0669/96
Anmeldenummer: 91108118.0
IPC-Klasse: A61H 33/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Wasserbecken mit Luftsprudelvorrichtung, mit Halteventil in der Saugleitung
Name des Anmelders: Schüssler, Günter
Name des Einsprechenden: (I) Ucosam GmbH
(II) Fried. Wilh. Düker GmbH & Co.
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
Schlagwörter: Unzulässige Erweiterung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende I) hat gegen die am 15. Juli 1996 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung der Einsprüche gegen das Patent Nr. 454 177 die am 19. Juli 1996 eingegangene Beschwerde eingelegt und an demselben Tag die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 25. November 1996 eingereicht worden.

II. Das gesamte Patent war von den zwei Einsprechenden

- im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ insbesondere wegen Mangel an Neuheit und an erfinderischer Tätigkeit und

- im Hinblick auf Artikel 100 c) EPÜ, weil der Inhalt des Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Fassung der Stammanmeldung und der Teilanmeldung hinausgehe,

angegriffen worden.

III. Auf Antrag der Beschwerdeführerin und des Beschwerdegegners wurde am 9. Februar 2000 eine mündliche Verhandlung gehalten, an der auch die weitere Verfahrensbeteiligte (Einsprechende II) teilnahm. Am Ende der mündlichen Verhandlung waren die Anträge der Parteien wie folgt:

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents. Die anwesende weitere Verfahrensbeteiligte hat sich dem Antrag der Beschwerdeführerin angeschlossen.

Der Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Der unabhängige Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet wie folgt:

"Wasserbecken (2) mit Luftsprudelvorrichtung, mit einem Strömungssystem, das als Zirkulationskreislauf ausgebildet ist und in dem eine Saugleitung (15), eine Umlaufpumpe (1), eine Druckleitung (6, 17) und wenigstens eine Einstrahldüse (7) angeordnet sind, wobei der Zirkulationskreislauf eine Leitungsstrecke (20) aufweist innerhalb der eine Zugabestelle (22, 32) angeordnet ist, über die Chemikalien dem Zirkulationskreislauf zusetzbar sind, und wobei innerhalb des Zirkulationskreislaufs eine Spülwasserbevorratung (31) angeordnet ist, in die Reinigungmittel unmittelbar oder dosiert zugebbar sind und die Absaugleitung (15) ein Halteventil (30) aufweist, dadurch gekennzeichnet, daß das Halteventil (30) infolge von Pumpensaugleistung öffnet und infolge von Spülmitteldruck oder infolge von Federkraft die Leitung zum Innenbecken (14) hin sperrt und demzufolge dem Zirkulationskreislauf zugesetzte Reinigungschemikalien auf dortige Bakterien und Ablagerungen einwirken können und daß die Entleerung des Zirkulationskreislaufs über ein weiteres gesteuertes Ventil (35, 41, 69) erfolgt."

V. Die Beschwerdeführerin argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Das Patent verstoße gegen Artikel 100 c) EPÜ, 2. Alternative. Die 11 Einzelmerkmale des Anspruchs 1 seien nicht alle wortgetreu aus der Stammanmeldung EP-A-297 246 übernommen. Außerdem sei die Merkmalskombination als solche aus der Stammanmeldung nicht zu entnehmen. Gemäß den Entscheidungen T 169/93, T 191/93 und T 289/93 müßte eine beanspruchte Merkmalskombination den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar, eindeutig und vollständig zu entnehmen sein. Die Merkmalskombination des Hauptanspruchs sei dagegen nachträglich gebildet worden. Außerdem seien wesentliche Merkmale der ursprünglichen Offenbarung weggelassen worden. Insbesondere seien die ursprünglich offenbarten wesentlichen Merkmale bezüglich der Umkehrung der Strömungsrichtung und des Schließens der Eintrittsdüsen weggelassen worden.

Die Entscheidung der Beschwerdekammer T 211/95, zitiert auf Seite 238 der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, 3. Auflage 1998, mache deutlich, daß zur Gewährung einer Teilanmeldung eine trennbare Lehre vorhanden sein müsse. Im vorliegenden Fall offenbare die Stammanmeldung auf Spalte 5, Zeile 27 bis Spalte 6, Zeile 27, und in Anspruch 13, daß die Umkehrung der Strömungsrichtung ein wesentliches Merkmal der in der Teilanmeldung wiedergegebenen Lehre sei.

Der Beschwerdegegner argumentierte im wesentlichen wie folgt:

Der Einwand nach Artikel 100 c) EPÜ sei unbegründet. Nach dieser Vorschrift dürfe der Gegenstand der Teilanmeldung nicht über den Inhalt der Stammanmeldung hinausgehen. Der Gegenstand der Teilanmeldung sei insbesondere aus den Ansprüchen 1 und 13 herzuleiten. Die Ansprüche 1 bis 12 der Stammanmeldung stellten vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung der Stammanmeldung dar. Anspruch 13, obwohl rückbezogen, sei dagegen keine Weiterbildung der (Stamm)Erfindung, vielmehr erkenne der Fachmann den in Anspruch 13 dargestellten Gegenstand als eine getrennte Erfindung, die in der Beschreibung der Stammanmeldung, Spalte 5, Zeile 27 bis Spalte 6, Zeile 27 erläutert sei. Die Umkehr der Strömungsichtung sei kein wesentliches Merkmal. Auch das Schließen der Einstrahldüsen sei nicht notwendig. Es sei auch möglich, Düsen an verschiedenen Höhen vorzusehen: Einige am Boden des Wasserbeckens und andere auf Schulterhöhe, wobei die letzteren auch bei dem Spülvorgang geöffnet bleiben könnten.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Artikel 100 c) EPÜ, 2. Alternative

Nach Artikel 100 c) EPÜ, 2. Alternative, kann ein Einspruch darauf gestützt werden, daß der Gegenstand des europäischen Patents - wenn das Patent auf einer europäischen Teilanmeldung beruht - über den Inhalt der früheren Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Die Kammer ist sich mit den Parteien darin einig, daß die Quelle für die Offenbarung des Gegenstands der Teilanmeldung, auf die das Streitpatent zurückgeht, in der EP-A-297 246 (Stammanmeldung), Spalte 5, Zeile 27 bis Spalte 6, Zeile 27 sowie in dem Anspruch 13 zu finden ist.

Anspruch 13 ist jedoch kein unabhängiger Anspruch, sondern insbesondere auf Anspruch 1 zurückbezogen. Dies hat zur Folge, daß das Wasserbecken mit dem darin angegebenen Halteventil (30) und seiner Funktionen zumindest auch noch die Merkmale des Anspruchs 1 aufweist, d. h. der Auslaß der Einstrahldüsen muß einen Ventilkörper aufweisen, der bei Flußumkehr wenigstens einen Eingang/Ausgang öffnet und wenigstens einen anderen Ausgang/Eingang verschließt. Weder die Flußumkehr noch deren Wirkung auf die Einstrahldüse sind in Anspruch 1 des Streitpatents enthalten.

Auch die Beschreibung der Stammanmeldung, Spalte 5, Zeile 27 bis Spalte 6, Zeile 27, ergibt kein anderes Bild. Denn diese Stelle beschreibt detailliert die in Figur 1 dargestellte Ausführungsform, die gleichfalls auf einer Betätigung der Einstrahldüse (7) bei Flußumkehr beruht.

Eine allgemeinere Ausführungsform, die diese Merkmale nicht enthält, ist auch keiner anderen Stelle der Stammanmeldung zu entnehmen.

Da Anspruch 1 des Streitpatents diese beiden Merkmale nicht enthält, verstößt er gegen Artikel 100 c) EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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