T 0200/96 () of 8.6.1998

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1998:T020096.19980608
Datum der Entscheidung: 08 Juni 1998
Aktenzeichen: T 0200/96
Anmeldenummer: 90111952.9
IPC-Klasse: G09F 3/02
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Selbstklebeetikett zur Etikettierung von zylindrischen oder prismatischen Behältnissen
Name des Anmelders: SCHREINER ETIKETTEN UND SELBSTKLEBETECHNIK GMBH & CO.
Name des Einsprechenden: Tovenca AG
Kammer: 3.4.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100
European Patent Convention 1973 Art 114
European Patent Convention 1973 R 55(c)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (ja)
Verspätet genannte Druckschriften; nicht zugelassen, da nicht relevant für die Entscheidung
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0156/84
T 1002/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Der Beschwerdegegner ist Inhaber des europäischen Patents Nr. 0 463 193, gegen das der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. Februar 1995 Einspruch eingelegt hatte.

II. Gegen die am 28. Dezember 1995 abgesandte Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung gemäß Artikel 106 (3) EPÜ, mit der das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten wurde, hat der einsprechende Beschwerdeführer am 27. Februar 1996 Beschwerde eingelegt, gleichzeitig die Gebühr bezahlt und mit dem am 26. April 1996 eingegangenen Schreiben auch die Beschwerde begründet.

III. Die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung ist im wesentlichen damit begründet, daß die geänderten Unterlagen des Patents, insbesondere die unabhängigen Ansprüche 1 und 6, weder gegen Artikel 123 (2) EPÜ noch gegen Artikel 123 (3) EPÜ verstoßen und auch die erforderliche Neuheit gegeben sei, die vom Einsprechenden auch nicht mehr bestritten werde. Auch beruhen die Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1 und 6 unter Berücksichtigung der Druckschriften

D1: FR-A-1 109 145,

D2: GB-A-2 209 148,

D3: DE-C-3 426 087 und

D4: EP-A-0 239 273

auf einer erfinderischen Tätigkeit, da das Merkmal, daß das Etikett ausschließlich an dem dem abtrennbaren Abschnitt entgegengesetzten Endbereich eine Glattschicht aufweist und der abtrennbare Abschnitt derart dimensioniert ist, daß seine lösbare Verbindung zum Untergrund ausschließlich auf dem die Glattschicht aufweisenden Endbereich anzuordnen ist.

Zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe diene der Stand der Technik gemäß den Druckschriften D1 bis D4 und gebe keine Anregung für diese Merkmale zur Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe.

IV. In seiner Beschwerdebegründung vom 26. April 1996 nannte der Beschwerdeführer erstmalig zwei weitere Dokumente

D5: DE-A-2 901 374 und

D6: DE-A-2 442 711

und beantragte deren Einführung ins Verfahren, um auf der Basis dieser Dokumente die Patentfähigkeit des unter Schutz gestellten Gegenstandes anzugreifen.

V. Der Beschwerdeführer beantragte, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Hilfsweise beantragte er die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

VI. Der Patentinhaber und Beschwerdegegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

VII. Die Beschwerdekammer erließ einen Zwischenbescheid, in dem sie mitteilte, daß die beiden verspätet genannten Druckschriften möglicherweise nicht zum Verfahren zugelassen würden, da gemäß einer vorläufigen und unverbindlichen Beurteilung der beiden Druckschriften diese

- weder prima facie hochrelevant für den Gegenstand des vorliegenden Patents zu sein schienen

- noch es wahrscheinlich erschiene, daß aufgrund einer dieser Druckschriften eine Änderung des Verfahrensausgangs zu erwarten sei.

Die Kammer teilte mit, daß sie bezüglich der Zulassung der verspätet genannten Dokumente im wesentlichen gemäß den in der Entscheidung T 1002/92 unter Nr. 3 bis 3.5 der Entscheidungsgründe aufgestellten Kriterien zu entscheiden beabsichtige.

Gleichzeitig lud die Kammer zur mündlichen Verhandlung.

VII. Am 8. Juni 1998 fand eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt, an deren Ende

- der Beschwerdeführer die Aufhebung der Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung und den Widerruf des Patents beantragte,

- der Beschwerdegegner die Zurückweisung der Beschwerde beantragte.

VIII. Die gültigen unabhängigen Ansprüche 1 und 6 lauten:

"1. Selbstklebetechnik zur Etikettierung von zylindrischen oder prismatischen Behältnissen mit mindestens einem abtrennbaren Abschnitt (2a, 2b) und mit Mitteln zur lösbaren Verbindung zwischen dem abtrennbaren Abschnitt (2a, 2b) und dem den abtrennbaren Abschnitt (2a, 2b) tragenden Untergrund, dadurch gekennzeichnet, daß es ausschließlich an dem dem abtrennbaren Abschnitt entgegengesetzten Endbereich (3) eine klebstoffabweisende Glattschicht aufweist, daß die Glattschicht aus einer Silikonlackierung besteht, die durch Drucken aufgebracht ist, und daß der abtrennbare Abschnitt (2a, 2b) derart dimensioniert ist, daß seine lösbare Verbindung zum Untergrund ausschließlich auf dem die Glattschicht aufweisenden Endbereich (3) anzuordnen ist."

"6. Zylindrisches oder prismatisches Behältnis mit einem Selbstklebeetikett, das mindestens einen abtrennbaren Abschnitt (2a, 2b) und Mittel aufweist zur lösbaren Verbindung zwischen dem abtrennbaren Abschnitt (2a, 2b) und dem den abtrennbaren Abschnitt tragenden Untergrund, dadurch gekennzeichnet, daß das Selbstklebeetikett ausschließlich an dem dem abtrennbaren Abschnitt entgegengesetzten Ende mindestens einen Bereich (3) mit einer klebstoffabweisenden Glattschicht aufweist, daß die Glattschicht aus einer Silikonlackierung besteht, die durch Drucken aufgebracht ist, daß das Selbstklebeetikett von der Außenkante (4) des abtrennbaren Abschnitts (a, 2b) bis zur Außenkante (5) des die Glattschicht aufweisenden Bereichs (3) eine Abmessung (a) hat, die größer als der einfache und kleiner als der zweifache Umfang des Behältnisses ist, daß der Abstand (c) zwischen dem innenliegenden Rand (6) des abtrennbaren Abschnitts (2a, 2b) und der Außenkante (5) des entgegengesetzten Endes des Selbstklebeetiketts größer als der Umfang des Behältnisses ist, und daß der Abstand (b) zwischen dem innenliegenden Rand (7) des die Glattschicht aufweisenden Bereichs (3) und der Außenkante (4) des abtrennbaren Abschnitts (2a, 2b) kleiner als der Umfang des Behältnisses ist."

Die Ansprüche 2 bis 5 hängen von Anspruch 1 ab.

IX. Zur Begründung seiner Anträge trägt der Beschwerdeführer im wesentlichen folgende Argumente vor:

IX.A) Zur Relevanz des Dokumentes D5:

Der Druckschrift D5 entnimmt der Fachmann die Lehre, die Oberfläche eines Selbstklebeetikettes nur in Teilbereichen mit einer Glattschicht aus Silikon zu versehen, so daß eine silikonfreie, bedruckbare Fläche frei bleibt, die mit einer Beschriftung bedruckt werden kann. Diese Teilbeschichtung des Etiketts mit Silikon diene exakt der Lösung der gleichen Aufgabe wie beim Gegenstand des Patents, nämlich das Etikett auch nach seiner Fertigstellung jederzeit mit einem Aufdruck versehen zu können. Daß die Glattschicht durch Drucken aufgebracht werden kann, stellt - selbst wenn dieses Merkmal in D5 nicht ausdrücklich erwähnt ist - eine Selbstverständlichkeit dar.

Insbesondere ist aus der Druckschrift D5 auch das weitere Merkmal bekannt, durch das sich der Gegenstand nach Anspruch 1 des strittigen Patents vom Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1 unterscheidet, nämlich daß die Glattschicht ausschließlich auf dem Endbereich des Etikettes angeordnet ist.

Somit gelangt man - nach Auffassung des Beschwerdeführers - ausgehend von der Druckschrift D1 unter Heranziehung der Lehre der Druckschrift D5 unmittelbar zum Gegenstand des Anspruchs 1 des strittigen Patents.

IX.B) Hinsichtlich der Druckschrift D6 räumte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein, daß diese Druckschrift nicht von einer solchen Relevanz für den Gegenstand des Anspruchs 1 sei, daß sie die Kriterien der Entscheidung T 1002/92 erfüllen würde, und der Beschwerdeführer verzichtete daher darauf, auf diese Druckschrift weiter einzugehen.

X. Der Beschwerdegegner machte geltend, daß die mit Silikon beschichteten Trennmittelstreifen (Bezugszeichen 16 und 18 in Figur 1) der Druckschrift D5 nicht der Lösung der Aufgabe vorliegender Erfindung dienten, denn sie sollten über die Gesamtlänge der Etikettenrolle das Zusammenkleben zweier aufeinanderfolgender Rollenschichten verhindern, wohingegen beim Gegenstand des Anspruchs 1 ausschließlich das Zusammenkleben des abtrennbaren Teils mit auf das zu etikettierende Gefäß bereits aufgebrachten und mit dem abtrennbaren Teil überlappenden Teilen des Etiketts verhindert werden soll.

Auch handelt es sich bei dem Glattschichtbereich des Etiketts der Druckschrift D5 nicht um einen "Endbereich" im Sinne der Erfindung sondern lediglich um einen "Randbereich" des abzurollenden Etiketts und es stellt lediglich eine vom Fachmann nicht in Betracht gezogene, theoretische Möglichkeit dar, das Etikett der Druckschrift D5 senkrecht zu seiner Abrollrichtung um die Achse eines zu etikettierenden, zylindrischen Gefäßes aufzukleben. Die gesamte Lehre der Druckschrift D5 als auch die den Figuren zu entnehmende Dimensionierung der von der Rolle abtrennbaren Etiketten ist darauf abgestellt, das Aufkleben in Abrollrichtung um die Achse des zu etikettierenden Gefäßes zu insinuieren.

XI. Nach Prüfung der Druckschriften D5 und D6 hinsichtlich ihrer Relevanz für die zu treffende Entscheidung beschloß die Kammer, während der mündlichen Verhandlung die Druckschriften D5 und D6 nicht ins Verfahren einzuführen, weil keine der beiden Druckschriften prima facie für die zu treffende Entscheidung von solcher Hochrelevanz ist, daß sie bei vernünftiger Betrachtungsweise das Ergebnis der Entscheidung beeinflussen könnte.

Gleichzeitig gab die Kammer den Parteien ihre Absicht bekannt, die im Verfahren befindliche Druckschrift D4 während der mündlichen Verhandlung in besonders intensiver Weise in die Diskussion einzubeziehen.

XII. Der Beschwerdeführer ließ ausdrücklich sowohl den im Einspruchsverfahren erhobenen Einwand mangelnder Neuheit des Gegenstands nach Anspruch 1 bzw. Anspruch 6 als auch den Einwand nach Artikel 123 EPÜ fallen und führte zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit beim Anmeldungsgegenstand aus:

Aus der Druckschrift D1 geht ein Etikett hervor, das sowohl einen abtrennbaren Teil aufweist als auch eine Überlappung zeigt; dabei ist der überlappende Abschnitt auch gleichzeitig der abtrennbare Teil, wie aus der einzigen Figur zweifelsfrei hervorgeht.

Weiterhin offenbart die Druckschrift D2 eine durch Drucken aufgebrachte Silikon-Glattschicht in Verbindung mit einem zweilagigen Etikett.

Schließlich zeigt auch noch die Druckschrift D4 ein zweiteiliges Etikett, von dem ein Teil abgetrennt werden kann.

Insbesondere zeigt die Druckschrift D1 einen Klebestreifen, genannt "ruban adhesive", wie ihn jedes Selbstklebeetikett auch aufweist, auf dem ein abtrennbarer Abschnitt, eben die mit Buchstabe "B" bezeichnete Vignette, aufgebracht ist. Nachdem die "vignette" von dem darunter liegenden "ruban adhésive" abtrennbar ist, muß dieses "ruban adhésive" zwingend ebenfalls mit einer Glattschicht versehen sein. Dieser als "ruban adhésive" als auch als "ruban de fermeture" bezeichnete Klebestreifen ist nämlich seiner Funktion nach nicht unbedingt auf ein "Verschlußband" beschränkt, sondern stellt ein übliches Etikett dar, da es - wie schon der Figur zu entnehmen ist - eindeutig ein Informationsträger ist. Das einlagige Etikett der Druckschrift D1 umfaßt eine Anfaßlasche "A", einen abtrennbaren Abschnitt "B", der als "vignette" bezeichnet wird, und einen Teil "C", der von dem abtrennbaren Abschnitt "B" überlappt wird (rechte Spalte, Zeilen 4 bis 5: "la vignette proprement dite chevauche de toute sa dimension le ruban de fermeture") und der ein Klebestreifen ist; zum Beweis dessen der Beschwerdeführer eine Kopie der Seite 383 aus "Dictionnaire FRANCAIS-ALLEMAND par Jean Clédière et Danile Rocher, LIBRAIRIE LAROUSSE 1976" überreichte.

XIII. Der Patentinhaber und Beschwerdegegner führte im wesentlichen aus:

Bei der Druckschrift D1 handelt es sich nicht um ein Selbstklebe-Etikett; ein solches wäre nämlich nicht als "ruban adhésive" sondern als "étiquette adhésive" oder als "étiquette gommé" bezeichnet. Im Anspruch 1 des vorliegenden Patents ist aber ausdrücklich von einem Selbstklebe-Etikett die Rede. Ferner ist das "ruban de fermeture scellant le couvercle sur le corps de la boite" (linke Spalte, 5. Absatz, Zeilen 5 bis 6 ) - im Résumé als "ruban de scellage" bezeichnet - keinesfalls ein Etikett, sondern - wie schon der Name sagt - es versiegelt das Gefäß und den zugehörigen Gefäßdeckel. Die Vignette überlappt aber, wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, lediglich dieses Versiegelungsband, nicht aber das "ruban adhésive". Beim Gegenstand des Anspruchs 1 erfolgt jedoch eine Selbstüberlappung des Etiketts. Des weiteren beinhaltet die Druckschrift D1 nichts über eine Silikon-Glattschicht, denn die Lösbarkeit der Vignette vom Untergrund könnte auch mittels einer Ölschicht oder anderer Maßnahmen bewerkstelligt werden; jedenfalls ist in D1 eine Silikon-Glattschicht oder gar deren Dimensionierung in keiner Weise offenbart.

Die Druckschrift D2, die zwar eine Silikon-Glattschicht offenbart, weist auch einen ablösbaren Abschnitt (15) auf, jedoch ist dieses Etikett für Gefäße kleinen Umfangs unbrauchbar, da es nicht die Dimensionierungs-Vorschrift des Anspruchs 1 aufweist. Darüber hinaus handelt es sich um ein Zwei-Schichtetikett, mit denen sich grundsätzlich Probleme beim Aufbringen auf Gefäße kleinen Durchmessers ergeben.

Die Druckschrift D4 ist insofern als nicht relevant zu betrachten, als der abtrennbare Teil des Etiketts einem völlig anderen Zweck dient als beim Anmeldungsgegenstand, nämlich einen Teil der Information dem Anwender zu verheimlichen und erst später nach seiner Abtrennung der Allgemeinheit zu offenbaren ("blind portion"). Das Problem einer eventuellen Überlappung des Patiententeils (12) mit dem Gefäßteil (11) wird mittels zweier verschiedener Klebstoffe unterschiedlicher Haftfestigkeit gelöst, wodurch sich dieses Etikett grundsätzlich von der beim Gegenstand des Anspruchs 1 gewählten Lösung unterscheidet, obwohl den Autoren dieser Druckschrift D4 die Silikonglattschicht bekannt war; vgl. Spalte 6, Zeile 5. Selbst unter Berücksichtigung der Überlappungsvorschrift des abtrennbaren Patienten-Teils (12) in Spalte 6, Zeilen 27 bis 47 gelangt man nicht zur Dimensionierungsvorschrift des Anspruchs 1, so daß auch diese Druckschrift D4 nichts zu der beim Gegenstand des Anspruchs 1 gefundenen Problemlösung beitragen kann.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Erfordernissen der Artikel 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist daher zulässig.

2. Neuheit und erfinderische Tätigkeit

2.1. Die Neuheit des Gegenstands nach Anspruch 1 bzw. Anspruch 6 wurde in der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer nicht mehr bestritten. Nach Überzeugung der Kammer ist sie auch eindeutig gegeben, da keines der zum Stand der Technik genannten Dokumente alle Merkmale des Gegenstands nach Anspruch 1 bzw. Anspruch 6 aufweist.

Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche ist somit neu.

2.2. Die Druckschrift D1 stellt den dem Gegenstand nach Anspruch 1 bzw. Anspruch 6 nächstkommenden Stand der Technik dar. Aus dieser Druckschrift ist gemäß den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 ein zur Etikettierung von zylindrischen oder prismatischen Behältnissen geeignetes Klebeetikett/Klebeband mit einem abtrennbaren Abschnitt (vignette B) und mit Mitteln zur lösbaren Verbindung zwischen dem abtrennbaren Abschnitt und dem den abtrennbaren Abschnitt tragenden Untergrund, einem Verschlußband, bekannt.

Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem strittigen Patent die Aufgabe zugrunde, ein Etikett zu schaffen, bei dem auch bei kleinen Krümmungsradien das Austreten von Klebstoff an den Rändern infolge der unterschiedlichen Biegung beim Übereinanderliegen mehrerer Schichten vermieden wird und dennoch der abtrennbare Abschnitt bei Bedarf abgehoben und nach dem Abtrennen anderweitig ein- oder aufgeklebt werden kann; vgl. Spalte 2, Zeilen 42 bis 48 und Spalte 3, Zeilen 5 bis 15 der Patentschrift.

Gelöst wird diese Aufgabe mittels der Merkmale des kennzeichnenden Teils der unabhängigen Ansprüche 1 bzw. 6.

Der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 weist folgende Merkmale auf, die in entsprechender Weise auch der Anspruch 6 wiedergibt:

- ausschließlich an dem dem abtrennbaren Abschnitt entgegengesetzten Endbereich befindet sich eine klebstoffabweisende Glattschicht;

- die Glattschicht besteht aus einer Silikonlackierung und wird durch Drucken aufgebracht;

- der abtrennbare Abschnitt ist derart dimensioniert, daß seine lösbare Verbindung zum Untergrund ausschließlich auf dem die Glattschicht aufweisenden Endbereich angeordnet ist.

2.3. Die Druckschrift D1 gibt keinerlei Anregung zur Lösung der gestellten Aufgabe mittels obiger Merkmale des kennzeichnenden Teils der Ansprüche 1 bzw. 6:

Diese Druckschrift offenbart einerseits keinerlei Glattschicht im Gegensatz zu der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, wonach eine Glattschicht notwendigerweise vorhanden sein müsse. Nach Überzeugung der Kammer ist aber eine Glattschicht bei der in D1 beschriebenen Vignette gar nicht erforderlich, weil die Vignette mit ihrer Klebeschicht auf der Oberfläche des nicht bedruckten Verschluß- bzw. Versiegelungs-Bandes ("ruban de fermeture" ou "ruban de scellage") aufgebracht ist. Falls zu befürchten sein sollte, daß beim Ablösen der Vignette von dem Verschluß-/Versiegelungs-Band die Klebschicht von der Vignette abreißen könnte, so könnte das Verschluß-/Versiegelungs-Band auch mit einer Öl- oder Fett-Schicht versehen sein. Jedenfalls fehlt in der Druckschrift D1 jeglicher Hinweis auf eine Glattschicht im Sinne einer Silikon-Glattschicht. Daher ist eine Glattschicht in der Druckschrift D1 auch nicht offenbart.

Darüber hinaus gibt die Druckschrift D1 aber auch keinerlei Anregung bezüglich der gegenseitigen Anordnung des abtrennbaren Abschnittes zur, bei der Druckschrift D1 nicht vorhandenen, beim Gegenstand der Ansprüche 1 bzw. 6 am entgegengesetzten Endbereich des Etiketts angeordneten Glattschicht.

Ferner gibt die Druckschrift D1 keinerlei Hinweis auf eine Dimensionierung des Etiketts und schon gar keinen Hinweis in der Richtung, daß der abtrennbare Abschnitt ausschließlich auf dem die Glattschicht aufweisenden Endbereich zu liegen kommt.

2.4. Auch der übrige nachgewiesene Stand der Technik gibt in Kombination mit der Druckschrift D1 keine Hinweise zur Lösung gemäß den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche obengenannter Aufgabe :

2.4.1. Von den Merkmalen des kennzeichnenden Teils wird lediglich das Merkmal, daß

- die Glattschicht aus einer Silikonlackierung besteht und durch Drucken aufgebracht wird,

durch die Druckschrift D2 nahegelegt. Aus dieser Druckschrift ist bekannt, auf der Zwischenfläche zwischen Etiketten-Oberfläche und einer Etiketten-Basisschicht eine Silikon-Glattschicht, die durch Drucken aufgebracht ist, vorzusehen (vgl. Seite 6, Zeilen 3 bis 16), um darauf einen von der übrigen Etikett-Oberfläche abtrennbaren Abschnitt (Figuren 1 und 2, Bezugszeichen 15) anzuordnen, der eine selbstklebende Rückseite besitzt, die auf der silikonbedruckten Fläche des Rest-Etiketts nicht ankleben soll. Insofern wird obiges Merkmal der aufgedruckten Silikon-Glattschicht der Ansprüche 1 und 6 von Aufgabe und Lösung bezüglich des abtrennbaren Etikettenabschnittes durch die Druckschrift D2 nahegelegt.

Für die beiden verbleibenden Merkmale jedoch kann die Druckschrift D2 keinerlei Anregung vermitteln. Zum einen handelt es sich bei dem aus D2 bekannten Etikett um ein Zwei-Lagen-Etikett, bestehend aus einer selbstklebenden Etiketten-Basis (Bezugszeichen 12) und der darauf aufgebrachten zweiteiligen Etiketten-Oberschicht (Bezugszeichen 14 und 15). Derartige zweilagige Etiketten sind aufgrund ihrer Dicke von vornherein nicht geeignet, auf Gefäße von kleinem Krümmungsradius aufgebracht zu werden, da sich infolge der starken Krümmung die Etiketten-Oberschicht gegenüber der Etiketten-Basis verschiebt. Somit hätte der Fachmann diese Druckschrift zur Lösung der dem Patent zugrundeliegenden Aufgabe von vornherein nicht in Betracht gezogen.

Darüber hinaus offenbart die Druckschrift D2 keinerlei Dimensionierungsangaben, so daß die beiden verbleibenden Merkmale des Anspruchs 1 durch diese Druckschrift nicht nahegelegt sein können. Auch weist das Etikett gemäß dieser Druckschrift die klebstoffabweisende Glattschicht nicht - wie beim Gegenstand der Ansprüche 1 und 6 - an dem dem abtrennbaren Abschnitt entgegengesetzten Endbereich auf, sondern die klebstoffabweisende Glattschicht fällt mit dem abtrennbaren Abschnitt zusammen.

2.4.2. Die Druckschrift D4 erwähnt zwar auch ein silikon-behandeltes Papier (vgl. Spalte 6, Zeilen 2 bis 5), jedoch handelt es sich dabei nicht um das Etikett sondern um den Etikettenträger (Bezugszeichen 25 in Figur 3), von dem die Etiketten vor ihrer Applikation auf ein zu etikettierendes Gefäß abgezogen werden.

Im übrigen betrifft diese Druckschrift ebenfalls ein Etikett mit einem entlang einer Linie (13) abtrennbaren Abschnitt (PATIENT RECORD 12) und einem auf das zu kennzeichnende Arzneimittelgefäß aufzuklebenden Etikettenteil (11). Gemäß der Beschreibung dieser Druckschrift (vgl. Spalte 6, Zeilen 27 bis 32) ist für den auf das zu etikettierende Gefäß aufzubringenden Abschnitt des Etiketts eine Längendimensionierung zwischen dem 0,7-fachen und dem 0,95-fachen des Gefäßumfangs vorgesehen, wodurch der abtrennbare Patienten-Abschnitt (12) den auf das Gefäß aufzubringenden Abschnitt (11) überlappt. Infolge dieser Überlappung und aufgrund der selbstklebenden Unterseite beider Etikettabschnitte haftet der Patienten-Abschnitt (12) auf der Etiketten-Oberfläche des Gefäßabschnittes (11). Zur Erleichterung der Ablösung des Patienten-Abschnittes (12) von der Etiketten-Oberfläche des Gefäß-Abschnittes (11) und zur Vermeidung der Zerstörung der auf den Gefäß-Abschnitt aufgedruckten Information ist das zweiteilige Etikett der Druckschrift D4 mit zwei unterschiedlichen Klebstoffen verschiedener Haftfähigkeit auf der Unterseite von Gefäß- und Patienten-Abschnitt beschichtet (vgl. Spalte 5, Zeilen 21 bis 42; Spalte 6, Zeilen 41 bis 47). Somit konnte auch diese Druckschrift keine Anregung für die beim strittigen Patent gewählte Lösung geben, denn obgleich zum Zeitpunkt der Anmeldung des Gegenstands der Druckschrift D4 die Silikon-Glattschicht an sich bekannt war (vgl. Spalte 6, Zeile 5), wählte der Erfinder gemäß der Druckschrift D4 eine völlig andere, in eine andere Richtung weisende, aufwendigere Lösung mit der Beschichtung mittels zweier Klebstoffe unterschiedlicher Haftfähigkeit.

Auch hat der Erfinder des Gegenstands gemäß der Druckschrift D4 zwar das Problem der Überlappung von Gefäß-Abschnitt (11) und Patienten-Abschnitt (12) beim Aufbringen auf das zu etikettierende Gefäß erkannt; er hat jedoch auch für die Längen-Dimensionierung des Etiketts eine andere Lösung vorgeschlagen als die beim strittigen Patent gewählte, so daß auch in dieser Hinsicht die Druckschrift D4 keine Anregung für die beim Streitpatent gewählte Lösung vermitteln konnte.

2.4.3. Die im Beschwerdeverfahren vom Beschwerdeführer nicht mehr herangezogene Druckschrift D3 liegt vom patentierten Gegenstand noch weiter ab und hat nur am Rande einen Bezug zu Etiketten, insofern als darin erwähnt wird, daß Organopolysiloxan-Verbindungen abhäsive Eigenschaften gegenüber Klebstoffen besitzen, so daß sich entsprechende Harze zur Beschichtung von Etiketten-Trägerpapieren eignen (vgl. Seite 3, Zeilen 36 bis 41).

2.5. Die Gegenstände sowohl des Anspruchs 1 als auch des Anspruchs 6 beruhen somit gegenüber dem in Betracht gezogenen Stand der Technik auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 erfüllen aufgrund ihrer Rückbeziehung auf den unabhängigen Anspruch 1 zwangsläufig das Erfordernis des Artikels 56 EPÜ.

3. Die Kammer hatte bereits in einem Zwischenbescheid den Parteien mitgeteilt, daß sie bezüglich der Zulassung der verspätet genannten Druckschriften D5 und D6 im wesentlichen gemäß den in der Entscheidung T 1002/92 unter Nr. 3 bis 3.5 der Entscheidungsgründe aufgestellten Kriterien zu entscheiden beabsichtige. Nach sorgfältiger Überprüfung dieser beiden Druckschriften hinsichtlich ihrer Relevanz für die zu treffende Entscheidung kam die Kammer zu dem Schluß, daß die Druckschriften D5 und D6 nicht ins Verfahren einzuführen sind, weil keine der beiden Druckschriften weder für sich allein noch in Verbindung mit einer der anderen im Verfahren befindlichen Druckschriften von solcher Relevanz für die zu treffende Entscheidung ist, daß sie das Ergebnis der Entscheidung beeinflussen könnten.

Eine ins Detail gehende Begründung hierzu ist nicht erforderlich; vgl. die Entscheidung T 0156/84, Nr. 3.10 der Entscheidungsgründe.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

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