T 1000/95 () of 6.9.1999

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1999:T100095.19990906
Datum der Entscheidung: 06 September 1999
Aktenzeichen: T 1000/95
Anmeldenummer: 92103809.7
IPC-Klasse: B01D 61/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum umweltschonenden Farbspritzlackieren mit einem in Wasser gelösten, emulgierten oder dispergierten lufttrocknenden Lack
Name des Anmelders: UNICOLOR AG
Name des Einsprechenden: Akzo Nobel N.V.
BASF Coatings AG
Herberts GmbH & Co. KG
Mankiewicz Gebr. & Co. (GmbH & Co.)
Kammer: 3.3.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (nein): Aggregation üblicher Maßnahmen
Inventive step (no)
Secondary indicia - satisfaction of a long-felt need (no)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0540/92
T 1077/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, das europäische Patent mit der Veröffentlichungsnummer 0. 508 107 in vollem Umfang zu widerrufen, wurde von der Patentinhaberin Beschwerde eingelegt.

II. Der angefochtenen Entscheidung lagen die erteilten Ansprüche 1 bis 8 zugrunde. Der unabhängige Anspruch 1 lautete wie folgt:

"Verfahren zum Farbspritzlackieren mit einer aus einem in Wasser gelösten, emulgierten oder dispergierten Lack bestehenden Spritzzusammensetzung in einem Farbspritzstand, der mit einer Kabine mit wasserberieselter Rückwand zum Auffangen und Auswaschen von Lacküberschuss (Overspray) in Kabinenabwasser versehen ist, wobei das gesamte Kabinenabwasser durch Ultrafiltration in einer Utrafiltrationseinrichtung in Permeat und lackhaltigen Rückstand aufgeteilt wird und dabei der lackhaltige Rückstand in der Ultrafiltrationseinrichtung durch Wasserentzug aus dem Kabinenabwasser an Lack anreichert wird, bis sein Lackgehalt im wesentlichen gleich demjenigen von frisch dem Farbspritzstand zugeführter Spritzzusammensetzung ist, der so an Lack angereicherte Rückstand der frisch zugeführten Spritzzusammensetzung beigegeben wird, um zum Farbspritzlackieren wiederverwendet zu werden, und das Permeat dem Farbspritzstand rückgeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass

a) in der Spritzzusammensetzung ein lufttrocknender Lack eingesetzt wird,

b) der dem Farbspritzstand zugeführten Spritzzusammensetzung eine Komponente zur Verhinderung der Koaleszenz des Lacks beigegeben wird,

c) der dem Farbspritzstand zugeführten Spritzzusammensetzung eine Komponente zur Verzögerung der Trocknung beigegeben wird,

d) dem Kabinenabwasser ein Derivat von Glykol oder eines höheren Alkohols als Komponente zur Einstellung des Durchsatzes bei der Ultrafiltration beigegeben wird, und

d)(sic) die Leitfähigkeit des dem Farbspritzstand rückgeführten Wassers überwacht und unterhalb eines vorbestimmten Grenzwerts gehalten wird".

Gegenstand der Ansprüche 2 bis 8 waren bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens gemäß Anspruch 1.

III. Im Einspruchsverfahren wurden unter anderen folgende Entgegenhaltungen herangezogen:

S11: Oberfläche + JOT, veröffentlicht März 1991

S15: DE-A-3 428 300.

Die angefochtene Entscheidung führt aus, das Verfahren gemäß Streitpatent unterscheide sich vom nächstliegenden Stand der Technik gemäß S11 durch den Einsatz eines lufttrocknenden Lackes und durch die Maßnahme, die Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers zu überwachen und unterhalb eines vorbestimmten Grenzwerts zu halten. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß kein Vorurteil gegen die Verwendung eines lufttrocknenden Lackes im Verfahren gemäß S11 bestanden hat. Es sei außerdem bekannt gewesen, entionisiertes Wasser zum Auswaschen des Oversprays zu verwenden. Daher sei es naheliegend gewesen, die Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers zu überwachen. Einen etwaigen Synergie-Effekt der Kombination der im Anspruch 1 vorgesehenen Merkmale hielt die Einspruchsabteilung für nicht glaubwürdig genug vorgetragen, so daß die erfinderische Tätigkeit nicht damit begründet werden konnte.

IV. Am 6. September 1999 fand eine mündliche Verhandlung statt.

V. Für die Begründung der erfinderischen Tätigkeit stützte sich die Beschwerdeführerin in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung auf folgende Argumente:

i) Es gebe ein Vorurteil gegen die Verwendung eines lufttrocknenden Lacks bei dem in S11 beschriebenen Verfahren. Der Grund dafür sei in dem unterschiedlichen Bindemittel zu sehen, welches einen völlig anderen Wirkungsmechanismus habe.

ii) Die Erfindung beruhe im wesentlichen darauf, daß im Kabinenabwasser die drei Zusatzkomponenten Koaleszenzmittel, Trocknungsinhibitor und Glykolderivat mit dem Bindemittel synergistisch zusammenwirken, indem sie zum Aufbau einer geeigneten Sekundärschicht reagieren.

iii) Es sei zwar bekannt, die oben genannten Komponenten zu verwenden, um lacktechnische Eigenschaften von Wasserlacken zu steuern. Es sei jedoch nicht naheliegend, dieselben Substanzen auf membrantechnische Eigenschaften abzustimmen.

iv) Die optimale Wahl der Stoffe und deren Gewichtsanteile brauche hierzu nicht explizit angegeben zu werden. Sie sei immer noch vertrauliches wertvolles Know-How, obschon sie im Rahmen der in der Beschreibung hinreichend offenbarten Erfindung gemäß Anspruch 1 liege. Außerdem könne der Fachmann durch Routineversuche die optimale Zusammensetzung genau ermitteln, wenn er wisse, daß das Gemisch auf die membrantechnischen Eigenschaften abzustimmen sei.

v) Gewisse Anionen seien als Membrangifte bekannt. Daher müssen die in der Formulierung der Lacke verwendeten Pigmente und Füllstoffe absolut salzfrei sein, was sich mit Hilfe der Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers überwachen lasse. Es sei somit nicht naheliegend, die Funktion der Ultrafiltrationsmembran über die Leitfähigkeit des Permeats zu überwachen.

Außerdem verwies die Beschwerdeführerin auf die Entscheidungen T 1077/92 und T 540/92. Darüber hinaus wurden Versuchsergebnisse und deren Auswertung eingereicht, um den Synergie-Effekt der verschiedenen Komponenten zu untermauern.

VI. Die Erwiderungen der Beschwerdegegnerinnen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

i) Das beanspruchte Verfahren unterscheide sich vom Verfahren nach S11 im wesentlichen nur durch den Einsatz von lufttrocknenden Lacken und die Überwachung der Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers.

ii) Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß ein Vorurteil gegen den Einsatz von lufttrocknenden Lacken im Verfahren gemäß S11 bestanden habe.

iii) Die Messung der Leitfähigkeit gehöre zum allgemeinen Fachwissen. Im übrigen ergebe sich die Einstellung einer niedrigen Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers aus der Druckschrift S15, die die Verwendung von entionisiertem Wasser lehrt.

iv) Die vorgelegten Versuche seien nicht nacharbeitbar. Sie hätten auch den behaupteten Synergismus nicht aufgezeigt.

v) Die vorgelegten Ergebnisse beträfen nur eine einzige nicht spezifizierte Kombination der drei Zusatzstoffe. Anspruch 1 sei so breit abgefaßt, daß das Schutzbegehren weit über das hinausgehe, wofür ein vermeintlicher synergistischer Effekt mit den Versuchen hätte glaubhaft gemacht werden können.

VII. Am Ende der mündlichen Verhandlung waren die Anträge wie folgt:

- Die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents wie erteilt.

- Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Entscheidungsgründe

Neuheit

1. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents ist neu. Dies wurde nicht in Frage gestellt.

Erfinderische Tätigkeit

2. Gegenstand des Streitpatents ist ein Verfahren zum Farbspritzlackieren mit einer aus einem in Wasser gelösten, emulgierten oder dispergierten Lack bestehenden Spritzzusammensetzung in einem Farbspritzstand, der mit einer Kabine mit wasserberieselter Rückwand zum Auffangen und Auswaschen von Lacküberschuss (Overspray) in Kabinenabwasser versehen ist. Das Kabinenabwasser wird dann durch Ultrafiltration in einer Utrafiltrationseinrichtung in Permeat und lackhaltigen Rückstand aufgeteilt und der lackhaltige Rückstand in der Ultrafiltrationseinrichtung durch Wasserentzug aus dem Kabinenabwasser an Lack angereichert, der so an Lack angereicherte Rückstand der frisch zugeführten Spritzzusammensetzung beigegeben und das Permeat dem Farbspritzstand rückgeführt.

3. Das Verfahren, das dem Gegenstand des Streitpatents am nächsten kommt, ist in S11 beschrieben. Diese Entgegenhaltung betrifft umweltschonende, auf dem verlustfreien Lackierprinzip basierende Verfahren zum Farbspritzlackieren gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1 (siehe S11, Seite 19: "Rückgewinnung des Oversprays" und Seiten 19 bis 20: "Das Recycling-Verfahren"). Ferner enthält die eingesetzte Spritzzusammensetzung außer Einbrennlack noch die folgenden Zusatzkomponenten (vgl. S11, Seite 20: "Teilsystem 1: Der Lösungsmittelfreie Einbrennlack"):

i) eine Aminkomponente zur Verhinderung der Koaleszenz des Lackes,

iii) einen Trocknungsinhibitor, um ein schnelles Austrocknen des Wasserlackes zu vermeiden, und

iii) ein Glykolderivat, um den Durchsatz bei der Ultrafiltration sicherzustellen.

4. Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, Aufgabe des Streitpatents sei, ein gattungsgemäßes Verfahren bereitzustellen, mit welchem die Stabilität des Kabinenabwassers und des an Lack angereicherten Rückstands erreicht wird und im Dauerbetrieb aufrechterhalten bleibt (siehe Streitpatent, Seite 3, Zeilen 9 bis 13). Jedoch liegt dieselbe Aufgabe auch der Druckschrift S11 zugrunde und wurde mit den dort beschriebenen Maßnahmen bereits gelöst, da angegeben wurde, daß die Lackieranlage über ein Jahr ohne Probleme oder gar Ausfälle funktioniert hat (siehe Seite 20, rechte Spalte).

Die Kammer kann daher im Hinblick auf S11 die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe lediglich darin sehen, ein weiteres Verfahren zum Farbspritzlackieren unter Auffangen von Lacküberschuß bereitzustellen, wobei das gesamte Kabinenabwasser durch Ultrafiltration in Permeat und lackhaltigen Rückstand aufgeteilt und die Teilströme entsprechend rückgeführt werden.

5. Die Kammer hält es für glaubhaft, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 diese Aufgabe löst. Das wurde von den Beschwerdegegnerinnen auch nicht bestritten.

6. Es ist unstrittig, daß das Verfahren gemäß S11 dem Oberbegriff und den Merkmalen b) und c) des vorliegenden Anspruchs 1 entspricht.

6.1. In S11 wird nicht explizit darauf hingewiesen, daß Glykol dem Kabinenabwasser beigegeben wird oder werden soll. Die Beschwerdeführerin hat jedoch in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß dieser Verfahrensschritt durch die Maßnahme gemäß S11 verwirklicht wird, wonach Glykolderivat in der Lackzusammensetzung enthalten ist und zusammen mit dem Overspray ins Kabinenabwasser gelangt. Darüber hinaus wird das Glykolderivat in beiden Fällen ausdrücklich zum selben Zweck eingesetzt, nämlich zur Einstellung des Durchsatzes (vgl. S11, Seite 20, mittlere Spalte). Daher ist auch Merkmal d) des vorliegenden Anspruchs in S11 offenbart.

6.2. Somit schlägt das Streitpatent vor, die gegenüber S11 bestehende Aufgabe dadurch zu lösen, daß in der Spritzzusammensetzung ein lufttrocknender Lack eingesetzt (Merkmal a)) und die Leitfähigkeit des dem Farbspritzstand rückgeführten Wassers überwacht und unterhalb eines vorbestimmten Grenzwerts gehalten wird (Merkmal e), im Anspruch 1 fälschlicherweise als ein zweites Merkmal d) gekennzeichnet).

7. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Lösung der bestehenden Aufgabe durch den einschlägigen Stand der Technik nahegelegt wird.

7.1. Zu Merkmal a)

Die Beschwerdeführerin hat vorgetragen, jedoch nicht durch Beweismittel oder überzeugende Argumente substantiiert, gegen die Anwendung des Verfahrens gemäß S11 auf lufttrocknenden Lack habe ein Vorurteil bestanden. Die Kammer kann sich dieser Auffassung nicht anschließen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum sich die Lehre von S11 ausschließlich auf Einbrennlacke beziehen soll.

Aus der Einleitung von S11 ist zu entnehmen, daß sich der Stand der Technik mit der Entwicklung eines geeigneten Recycling-Verfahrens für wasserverdünnbare Spritzlacke im allgemeinen befaßt. Es stand daher dem Fachmann zunächst frei, das Verfahren auf jeden beliebigen Lack - darunter auch auf lufttrocknenden Lack - anzuwenden. Eine spezielle Lackzusammensetzung, welche ofentrocknenden Lack enthält, war lediglich als Beispiel angeführt, das der Zielsetzung entspricht (siehe Seite 18, mittlere Spalte und rechte Spalte). Es mag stimmen, daß das Verhalten der lufttrocknenden Lacke in der Spritzzusammensetzung sich von dem der Einbrennlacke unterscheidet und es dadurch einer neuen Abstimmung der Zusatzkomponenten auf den Lack bedarf. Die Kammer sieht darin für den Fachmann jedoch keinen Anlaß, die Anwendung des in S11 beschriebenen Verfahrens auf lufttrocknenden Lack nicht in Betracht zu ziehen und entsprechende Versuche durchzuführen. Die Beschwerdeführerin hat selbst darauf hingewiesen, daß die optimale Wahl der Stoffe aus den vorgegebenen Gruppen und deren aufeinander abgestimmten Mengen ohnehin durch Routineversuche zu ermitteln seien (siehe dazu Punkt 2 oben und Eingabe vom 19. Januar 1999, Seite 2, Absätze 4 und 5). Solche Versuche sind also üblich und bedürfen keiner erfinderischen Tätigkeit. Somit lag der Einsatz eines lufttrocknenden Lacks in der in S11 beschriebenen Spritzzusammensetzung zur Lösung der bestehenden Aufgabe nahe.

7.2. Zur Synergie der Zusatzkomponenten

7.2.1. Die Beschwerdeführerin hat argumentiert, daß im Kabinenabwasser die drei Komponenten Koaleszenzverhinderer, Trocknungverzögerer, Glykol (oder ein höherer Alkohol) gemäß den Merkmalen b) bis d) und der lufttrocknende Lack (Merkmal a)) synergistisch zusammenwirken, was eine störungsfreie Ultrafiltration mit Rückgewinnung der Lackzusammensetzung im System über einen längeren Zeitraum erst ermögliche (siehe auch Eingabe vom 18. März 1996, Brückenabsatz Seiten 7 und 8). Experimentelle Daten wurden eingereicht, um den Effekt dieser Synergie auf das Filtrationsverhalten aufzuzeigen. Es ist daher zu untersuchen, ob die Kombination der Komponente a) mit den Komponenten b) bis d) auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Hierbei berücksichtigt die Kammer, daß das Vorliegen des geltend gemachten Synergismus von den Beschwerdegegnerinnen bestritten wurde.

7.2.2. Die Beschwerdeführerin hat hierzu vorgetragen, daß der Synergismus nicht mit allen Komponenten in den einzelnen Gruppen und in deren beliebigen Mengenverhältnissen sondern erst durch Anpassung der jeweiligen Komponenten an das Lacksystem auftritt (siehe auch oben, Punkt 7.1 und V, iv)). Eine derartige Maßnahme ist jedoch im Verfahren gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 nicht vorgesehen. Der Wortlaut des Anspruchs 1 ist vielmehr in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin so auszulegen, daß alle gemäß Stand der Technik dafür üblichen Lackzusätze aus den Gruppen der Amine und Oxime im Prinzip geeignet seien, die Funktion eines Koaleszenzverhinderers bzw. eines Trocknungsverzögerers im Sinne des Merkmals b) bzw. c) von Anspruch 1 zu erfüllen. Auch wurde erklärt, daß die in vielen Lackzusammensetzungen eingesetzten Additive auf Basis von Glykolderivaten zur Einstellung des Filtrationsdurchsatzes im Sinne des Merkmals d) geeignet seien. Diese Interpretation steht auch im Einklang mit der ursprünglichen Offenbarung. So wird auf Seite 7, Absatz 1 der ursprünglichen Beschreibung darauf hingewiesen, daß die Komponente zur Verhinderung der Koaleszenz des Lacks auf bekannte Weise aus der Gruppe der Amine ausgewählt wird. Auch wurden lediglich Ketoxime und Butoxime als Beispiele solcher Komponente zur Verzögerung der Trocknung des Lacks, sowie Butylglykol, Butyldiglykol und Propylenglykole als Glykolderivate zur Einstellung des Durchsatzes bei der Ultrafiltration genannt (Seite 7, Absatz 2 bzw. Absatz 3).

7.2.3. Ein synergistischer Effekt für die gesamte Breite des Anspruchs 1 wurde also weder geltend noch glaubhaft gemacht. Somit muß die Kammer bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit davon ausgehen, daß jede der Komponenten a) bis d) im beanspruchten Verfahren lediglich die aus S11 bekannte Funktion hat.

7.3. Zu Merkmal e)

Gemäß Eingabe der Beschwerdeführerin sei eine erhöhte Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers ein Anzeichen für die Membranvergiftung und damit für die Unbrauchbarkeit des rückzuführenden Permeats. Daher sei es erforderlich, die Leitfähigkeit des Permeats zu überwachen und unter einem Grenzwert zu halten, was die Verwendung von frischem Wasser mit niedriger Leitfähigkeit und von absolut salzfreien Pigmenten und Füllstoffen in der Lackzusammensetzung voraussetze. Ein bestimmter Grenzwert könne allerdings nicht angegeben werden, da dieser vom jeweiligen Lacksystem abhänge (siehe auch Schriftsatz vom 18. März 1996, Punkt 4, Seiten 6 und 7).

7.3.1. Der Umstand, daß nur salzfreie Pigmente und Füllstoffe eingesetzt werden, kann nicht berücksichtigt werden, da dies kein Merkmal des beanspruchten Verfahrens ist und die ursprünglichen Unterlagen nicht einmal einen entsprechenden Hinweis enthalten.

7.3.2. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, daß die Überwachung der Leitfähigkeit des Permeats eine übliche Maßnahme bei Ultrafiltrationsverfahren sei. Somit stellt sich nur die Frage, ob das Halten der Leitfähigkeit des rückgeführten Wassers unterhalb eines vorbestimmten Grenzwerts naheliegend war. Hierbei ist festzuhalten, daß dieser Grenzwert nicht im Anspruch spezifiziert ist.

7.3.3. Die Beschwerdeführerin hat selbst ausgeführt, daß die Verwendung von entionisiertem Wasser eine übliche Maßnahme im einschlägigen Stand der Technik ist (siehe auch Eingabe der Beschwerdeführerin vom 18. März 1996, Seite 6, Punkt 4). Diese Ansicht wird auch vom vorliegenden Stand der Technik bestätigt. Beispielweise wird in S15 ein Verfahren beschrieben, bei dem die Wandflächen der Spritzkabine ständig mit Wasser berieselt werden und das entstandene Lack-Wassergemisch anschließend zum Zwecke der Lackrückgewinnung über ein Ultrafilter geführt wird. Dort wird empfohlen, als Umlauf- und Berieselungsflüssigkeit sowie zum Ausgleich der Wasserverdunstung ausschließlich entsalztes Wasser zu verwenden (siehe S15, Ansprüche 1 und 2, Beschreibung Seite 5, Zeilen 22 bis 24 und Seite 6, Zeilen 12 bis 17).

Die Kammer muß davon ausgehen, daß durch die ausschließliche Verwendung von entsalztem Wasser im Verfahren gemäß S15 die Leitfähigkeit des dort rückgeführten Wassers selbstverständlich unter einem bestimmten - nicht weiter spezifizierten - Grenzwert im Sinne des vorliegenden Anspruchs 1 gehalten wird.

7.3.4. Somit hätte der Fachmann die Überwachung und Einstellung der Leitfähigkeit des Permeats auch zur Lösung der bestehenden Aufgabe in Betracht gezogen.

8. Die Kammer folgert daraus, daß sich das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Streitpatents lediglich durch eine Aggregation üblicher Maßnahmen vom Stand der Technik unterscheidet. Eine Kombination dieser Maßnahmen im Sinne einer Wechselwirkung zur Lösung einer Aufgabe, für deren Lösung diese Maßnahmen in Kenntnis des Standes der Technik nicht in Betracht gezogen worden wären, kann die Kammer hierin nicht sehen. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

9. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen T 1077/92 vom 5. Dezember 1995 und T 540/92 vom 1. März 1995 sind hier nicht relevant. In diesen Entscheidungen wurde als Indiz für die erfinderische Tätigkeit die Tatsache herangezogen, daß die Erfindung erstmals ein Problem gelöst hat, um dessen Lösung sich die Fachwelt lange Zeit erfolglos bemüht hat. Im vorliegenden Fall ist die Druckschrift S11 im März 1991, d. h. ganz kurz vor dem Prioritätstag des Streitpatents, der Öffentlichkeit zugänglich geworden. Darin wird ein Verfahren beschrieben, welches über ein Jahr störungsfrei abgelaufen war, also das im Streitpatent angegebene Problem bereits gelöst hat. Von vergeblichen Bemühungen der Fachwelt zur Lösung dieses Problems kann daher hier nicht die Rede sein.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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