T 0754/95 () of 10.6.1998

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1998:T075495.19980610
Datum der Entscheidung: 10 Juni 1998
Aktenzeichen: T 0754/95
Anmeldenummer: 90104571.6
IPC-Klasse: A61M 5/31
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Alle Dokumente zum Beschwerdeverfahren finden Sie im Register
Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Spritze für medizinische Zwecke
Name des Anmelders: Arzneimittel GmbH Apotheker Vetter & Co. Ravensburg
Name des Einsprechenden: Bünder Glas GmbH
Kammer: 3.2.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 113(1)
European Patent Convention 1973 R 67
Schlagwörter: Rückzahlung der Beschwerdegebühr (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0007/82
T 0231/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) hat gegen die am 11. Juli 1995 zur Post gegebene Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Aufrechterhaltung des Patents Nr. 397 977 die am 16. August 1995 eingegangene Beschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beschwerdegebühr entrichtet. Die Beschwerdebegründung ist am 8. November 1995 eingegangen.

II. Das gesamte Patent war im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ wegen Mangel an Neuheit und an erfinderischer Tätigkeit angegriffen worden. Die Einspruchsabteilung war zur Auffassung gekommen, daß die vorgebrachten Gründe der Aufrechterhaltung des Patents in ungeänderter Fassung nicht entgegenstünden.

III. Die Beschwerdeführerin beantragt:

1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und dem Einspruch stattzugeben,

2. hilfsweise die Zurückverweisung mangels rechtlichem Gehör an die Einspruchsabteilung, und

3. bei Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung die Beschwerdegebühr in voller Höhe zurückzuzahlen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

IV. Aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung ergibt sich folgendes:

Während der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende auf ihre Eingabe vom 20. Dezember 1994 und die dazugehörenden Anlagen verwiesen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich diese Dokumente jedoch weder in der Akte, noch konnte die Einsprechende beweisen, diese Eingabe tatsächlich an das EPA abgesandt zu haben. Daraufhin trug der Vorsitzende der Einspruchsabteilung vor, aus dem Zwischenbescheid vom 21. März 1995 zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung ginge klar hervor, welche Eingaben die Grundlage der mündlichen Verhandlung bildeten. Es wäre daher die Aufgabe der Einsprechenden gewesen, die fehlende Berücksichtigung der Eingabe anzumahnen. Daraufhin teilte der Vorsitzende mit, daß diese Dokumente im Verfahren nicht berücksichtigt werden könnten.

Die Entscheidung wurde am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet.

In der schriftlichen Entscheidung wird ausgeführt, spätere Nachforschungen hätten ergeben, daß die Eingabe der Einsprechenden tatsächlich zum angegebenen Zeitpunkt beim EPA eingegangen, jedoch nicht ordnungsgemäß zur Einspruchsakte gelangt und demgemäß der Patentinhaberin zugestellt worden sei. Da die dieser Eingabe als Anlage beigefügten neuen Beweismittel somit zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht zur Verfügung standen, konnten sie weder berücksichtigt noch gewürdigt werden. Dazu komme, daß die Einsprechende, die nur pauschal auf diese Eingabe hingewiesen habe, die Möglichkeit, diese Beweismittel während der Verhandlung noch in das Verfahren direkt einzuführen, nicht wahrgenommen habe.

Die Beschwerdeführerin bestreitet, daß nur pauschal auf die neuen Eingaben und auf die dazugehörigen Dokumente während der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde und macht auf einen Widerspruch zwischen Entscheidung und Protokoll aufmerksam, wonach, nach dem Protokoll, der Vorsitzende bekannt gemacht hat, daß diese neuen Dokumente nicht berücksichtigt werden konnten, während dagegen laut der Entscheidung die Einsprechende die Möglichkeit, diese Beweismittel in das Verfahren einzuführen, nicht wahrgenommen hat. Im Rahmen ihres Hilfsantrags verlangt sie daher, um eine Instanz nicht zu verlieren, die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückverweisung an die erste Instanz.

Die Beschwerdegegnerin hat zu diesem angeblichen Mangel des rechtlichen Gehörs keine Stellung genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Es ist unbestritten, daß wegen einem von der Einsprechenden nicht zu vertretenden innenamtlichen Organisationsmangel ihre Eingabe vom 20. Dezember 1994 in der angefochtenen Entscheidung vom 11. Juli 1995 nicht berücksichtigt worden ist.

Da der Zwischenbescheid vom 21. März 1995 keine genauen Angaben über die Eingaben der Parteien enthielt, konnte die Beschwerdeführerin vor der mündlichen Verhandlung nicht erkennen, daß diese Eingabe nicht zur Akte gelangt war. Übrigens ergibt sich vielmehr aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung, daß der Beschwerdeführerin nicht die Gelegenheit geboten wurde, die als Anlage ihrer Eingabe vom 20. Dezember 1994 beigefügten neuen Beweismittel in das Verfahren einzuführen.

Die angefochtene Entscheidung ist also mangelhaft. Dieser Mangel stellt darüber hinaus ein Verstoß gegen Artikel 113 (1) EPÜ und einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, siehe T 231/85, Punkt 10 der Gründe, ABl. EPA 1989, 74.

3. Artikel 10 der Verfahrensordnung der Beschwerdekammer schreibt weiter vor, daß eine Kammer die Angelegenheit an die erste Instanz zurückverweist, wenn das Verfahren vor der ersten Instanz wesentliche Mängel aufweist, es sei denn, daß besondere Gründe gegen die Zurückverweisung vorliegen. In dem vorliegenden Fall liegen solche Gründe nicht vor.

Die Sache muß daher an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen werden, wenngleich die Beschwerdeführerin dies nur hilfsweise beantragt hat.

4. Da diese Nichtberücksichtigung einen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne der Regel 67 EPÜ darstellt, ist auch die Rückerstattung der Beschwerdegebühr geboten (siehe auch J 7/82, ABl. EPA 1982, 391).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zur Weiterbehandlung zurückverwiesen.

3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

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