T 0565/95 () of 8.10.1997

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1997:T056595.19971008
Datum der Entscheidung: 08 October 1997
Aktenzeichen: T 0565/95
Anmeldenummer: 85105184.7
IPC-Klasse: H01H 11/04
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Kontaktwerkstoff
Name des Anmelders: INOVAN GmbH & Co. KG Metalle und Bauelemente
Name des Einsprechenden: (01) W.C. Heraeus GmbH
(02) DODUCO GmbH + Co. Dr. Eugen Dürrwächter
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Inventive step - yes
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0422/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf des europäischen Patents Nr. 160 290 Beschwerde eingelegt. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß der Gegenstand des in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 1995 eingereichten Patentanspruchs für einen Kontaktwerkstoff im Hinblick auf folgenden Stand der Technik

D6: Zeitschrift "Electronic Packaging and Production", Materials, Januar 1983, Seiten 238 bis 240, Artikel von Robert J. Russel, "Diffused Gold: An Alternative to Plated Gold for High Reliability" und

D5: DE-C-2 350 394

auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Gutachtlich war dabei auch ein Sonderdruck aus der nachveröffentlichten Druckschrift

D11: "Metall, Internationale Zeitschrift für Technik und Wirtschaft", Heft 1, 41. Jahrgang 1987, Seite 42 ff., G. Weik (Erfinder der vorliegenden Streitpatentsache) et al., "Diffundierte Goldschichten für schaltende Kontakte", erstmals Gegenstand eines Vortrags auf einer Kontakttagung in Lausanne, 15. bis 19. September 1986.

erwähnt.

II. Am 8. Oktober 1997 fand vor der Kammer eine mündliche Verhandlung statt. Die Beschwerdeführerin reichte hierbei einen geänderten einzigen Patentanspruch und Beschreibungsseiten 1 bis 4 ein. Sie verwies außerdem in Verbindung mit der Diffusion gemäß D6 auf die bereits in der Streitpatentschrift und im Einspruchsverfahren berücksichtigte

D2: DE-A-3 143 549.

Die Beschwerdegegnerinnen machten auf die Klassifikation der der D5 entsprechenden und ebenfalls in der Streitpatentschrift genannten FR-A-2 208 993 aufmerksam.

III. Der nunmehr geltende einzige Patentanspruch lautet wie folgt:

"Kontaktwerkstoff, welcher aus einem Basismetall oder einer Basis-Metallegierung besteht, auf welchem/welcher eine Kontaktschicht aus Silber oder einer Silberlegierung, oder aus Palladium oder einer Palladiumlegierung aufgebracht ist, deren Kontaktfläche, um die Bildung resistenter, den Kontakt-Übergangswiderstand unzulässig erhöhender Korrosionsschichten zu verhindern, durch eine 0,1 m bis 1. m dicke Goldschicht korrosionsgeschützt ist, wobei die Schichten einer thermischen Diffusionsbehandlung ausgesetzt werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Goldschicht auf galvanischem Weg oder durch chemische Dampfplattierung oder durch Kathodenzerstäubung aufgebracht ist sowie der Kontaktwerkstoff abschließend einmal für die Dauer von 10. sec. bis 1000 sec. bei 350 C bis 650 C geglüht ist."

IV. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Druckschrift D6 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. In ihr sei ein Kontaktwerkstoff beschrieben, der im wesentlichen die im Oberbegriff des Patentanspruchs angegebenen Merkmale aufweise. Zeit- und Temperaturbedingungen für die Durchführung der geforderten Diffusion seien jedoch nicht angegeben. Der Auftrag der Goldschicht erfolge durch Walzplattierung. Zwar sei auch ein elektrochemisches Aufbringen der Goldschicht erwähnt, jedoch wegen des hohen Goldverbrauchs als nachteilig dargestellt. Gemäß dem in Figur 2 dargestellten Auger-Tiefenprofil sei die Goldschichtkonzentration ausgehend von der Oberfläche nicht konstant. Vermutlich sei dort eine mehrstufige Wärmebehandlung mit einer höheren Diffusionstemperatur (760 C) gewählt worden entsprechend D2, in der der Autor von D6 als Miterfinder genannt sei. Aufgabe der Erfindung sei es daher, Kontaktwerkstoffe zur Verfügung zu stellen, die gegenüber den in D6 beschriebenen Produkten im Hinblick auf die Vermeidung der Erhöhung des Kontakt-Übergangswiderstandes durch Korrosionsschichten verbessert seien.

Die Erfindung löse diese Aufgabe durch die Kombination folgender Merkmale:

a) Aufbringen der Goldschicht durch eine der alternativen Beschichtungsverfahren "galvanisch", "chemische Dampfplattierung" oder "Kathodenzerstäubung", um die Dickenschwankungen möglichst gering zu halten;

b) einmalige Diffusionswärmebehandlung für die Dauer von 10. sec. bis 1000 sec. bei 350 C bis 650 C zur Erzielung einer weitgehenden Konstanz der Goldkonzentration im Bereich der Werkstoffoberfläche. Gutachtlich wurde hierzu auf die Abb. 6 der auf die Beschwerdeführerin zurückgehenden nachveröffentlichten Druckschrift D11 verwiesen, die ein Auger-Tiefenprofil für einen Kontaktwerkstoff zeigt, der nach Aussage der Beschwerdeführerin unter Bedingungen hergestellt wurde, wie sie auch Gegenstand des Streitpatents sind.

Auch wenn die Druckschrift D5 eine Oberflächenbeschichtung und Behandlung offenbare, die mit den im kennzeichnenden Teil des Streitpatentanspruchs angegebenen Merkmalen weitgehend übereinstimmen, sei D5 kein relevanter Stand der Technik, da das dort gelehrte Verfahren lediglich dazu konzipiert worden sei, das ursprüngliche Aussehen von Gegenständen aus Silber oder mit versilberten Oberflächen zu bewahren, jedoch nicht für die möglichst verschleißbeständige Vermeidung von Übergangswiderständen durch Korrosion bei Kontaktwerkstoffen. Maßnahmen zur Steigerung eines beständigen guten Erscheinungsbildes von Schmuck und anderen Arten von Silbergegenständen einerseits und zum möglichst verschleißbeständigen Vermeiden von elektrischen Übergangswiderständen bei Kontaktwerkstoffen andererseits lägen nicht auf dem gleichen technischen Gebiet. Im Hinblick auf den von den Beschwerdegegnerinnen vorgebrachten Hinweis auf IPC-Klassifikationsangaben in der Patentschrift und in der der Druckschrift D5 entsprechenden FR-A-2 208 993 wurde bemerkt, daß solche Klassifikationsangaben wenig Aussagekraft für die Bestimmung eines Fachgebiets hätten, da sie auch falsch sein könnten. Im übrigen sei in der Entscheidung T 422/93 festgestellt worden, daß das allgemeine Fachwissen des maßgebenden Fachmanns keine speziellen Kenntnisse auf einem anderen Gebiet umfasse, auf dem die vorgeschlagene Lösung angesiedelt sei, wenn der nächstliegende Stand der Technik keinerlei Hinweis enthält, daß die Lösung dort zu suchen sei. Im Hinblick auf einen weiteren Einwand der Beschwerdegegnerinnen wurde bemerkt, daß es für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit einer speziellen technischen Lösung nicht relevant sein könne, ob sich die gleiche Firma mit beiden technischen Gebieten befasse oder nicht.

V. Die Beschwerdegegnerinnen trugen im wesentlichen folgendes vor:

Die der Druckschrift D5 entsprechende FR-A-2 208 993 sei der gleichen IPC-Klasse (C23C) zugeordnet wie die vorliegende Patentschrift und vom zuständigen Recherchenprüfer als besonders relevant zitiert worden. Es könne sich hierbei also nicht um einen fachfremden Stand der Technik handeln. Überdies wiese die Druckschrift D5 in den Spalten 1 und 2 in Verbindung mit einem Buch von Dettner auf eine Diffusionswärmebehandlung für Gegenstände der Elektrotechnik hin, bei der es nicht um das Aussehen von versilberten Gegenständen gehe. Beispiel 6 in Druckschrift D5 betreffe ganz allgemein die Beschichtung von Platten. Kontakte seien oftmals aus solchen Platten gefertigt. Viele Firmen befaßten sich sowohl mit dekorativen als auch mit Kontaktwerkstoffbeschichtungen. Dafür seien die gleichen Fachleute zuständig. Diese berücksichtigten daher die in Druckschrift D5 angegebenen Beschichtungsmaßnahmen und Diffusionsbedingen, wenn die in D6 nicht offenbarten Beschichtungsparameter festzulegen seien. Mit dem Hinweis auf das Auger-Tiefenprofil in Abbildung 6 der nachveröffentlichten D11 berufe sich die Beschwerdeführerin auf eine angeblich gleichmäßige Goldkonzentration an der Kontaktoberfläche, von der im Streitpatent nicht die Rede sei. Der Druckschrift D11 seien außerdem keine Zeit- und Temperaturbedingungen für die Diffusionsbehandlung entnehmbar, so daß nicht klar sei, ob gerade die nunmehr beanspruchten Zeit- und Temperaturparameter die in Abbildung 6 von D11 gezeigte gleichmäßige Goldkonzentration an der Werkstoffoberfläche gewährleiste. Damit sei die Argumentation in Verbindung mit Abbildung 6 von D11 lediglich spekulativ. Offenbar gehe es in Abbildung 6 von D11 um eine frühe Diffusionsphase und beim Tiefenprofil von Figur 2 der D6 um eine intensivere Diffusionsbehandlung. Der vorliegend beanspruchte Temperaturbereich von 350 C bis 650 C sei jedenfalls ebenso wie der Zeitraum von 10 sec. bis 1000 sec. (Faktor 100) außerordentlich breit. Das in D6 erwähnte "selective plating" beziehe sich auf ein galvanisches Aufbringen. Deshalb hätte die Beschwerdeführerin die drei nunmehr im kennzeichnenden Teil angegebenen Beschichtungsvarianten bereits in den Oberbegriff des Patentanspruches vom 5. Oktober 1994 aufgenommen.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 1997 eingereichten Unterlagen, nämlich eines Patentanspruchs und der Beschreibungsseiten 1 bis 4 (keine Figuren).

VII. Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Der nunmehr geltende Patentanspruch unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch nur redaktionell und durch das Weglassen des lediglich für den Stand der Technik geltenden Schichtstärkenbereiches von 5 m bis 20 m im Oberbegriff, womit der im erteilten Patentanspruch bestehende Widerspruch zu dem im kennzeichnenden Teil angegebenen Schichtstärkenbereich von 0,1 m bis 1 m ausgeräumt ist. Die oben genannten Änderungen verstoßen nicht gegen Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

3. Neuheit

Die Neuheit für den Gegenstand des Patentanspruches wurde auch von den Beschwerdegegnerinnen ausdrücklich als gegeben angesehen. Es ist also lediglich zu entscheiden, ob der Gegenstand des Patentanspruchs eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ aufweist.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Nächstkommender Stand der Technik und Aufgabe der Erfindung

Der nächstkommende Stand der Technik ergibt sich aus der Druckschrift D6. Daraus ist ein Kontaktwerkstoff bekannt, bei dem auf eine Kontaktschicht aus einer Palladium-Silber-Legierung eine Goldschicht mit einer Dicke von 0,127 bis 0,762 m (5 bis 30 inch) aufgebracht ist. Die Schichten werden zur Diffusion einer Wärmebehandlung unterzogen, wobei Zeit- und Temperaturbedingungen für die Diffusion nicht angegeben sind. Für die Bestimmung einer geeigneten Diffusion soll der Übergang von einem Gold- in einen silbrigen Farbton beobachtet werden, der bei 85 bis 90 % Goldanteil eintritt. Der Auftrag der Goldschicht erfolgt durch Walzplattierung. Zwar ist auch ein elektrochemisches Aufbringen (selective plating operation) erwähnt, durch das der Kontakt auf allen Seiten beschichtet wird. Diese Beschichtung ist in D6 jedoch wegen des hohen Goldverbrauchs als nachteilig dargestellt. Figur 2 von D6 zeigt ein Auger-Tiefenprofil für ein Material, bei dem eine 0,25 m dicke Goldschicht auf einer Palladium-Silberschicht im Rahmen einer Inlay-Verarbeitung einer thermischen Diffusionsbehandlung unterzogen wird. Nach der Diffusion enthält die Werkstoffoberfläche ca. 70 % Au, 18 % Pd und 12. % Ag. Gemäß Figur 2 ist die Goldkonzentration ausgehend von der Werkstoffoberfläche nicht konstant. Insbesondere die in D6 beschriebenen Tests 2 und 3 lassen vermuten, daß der bekannte Werkstoff im Hinblick auf einen geringen mechanischen Verschleiß und auf ein gutes Reibverhalten ausgelegt ist. Die Verwendung von Kontaktwerkstoffen in Schalt- und Steckkontakten bedingt jedoch eine starke elektrische und mechanische Beanspruchung, was zwangsweise zu Verschleiß und bei nicht gleichmäßiger Goldkonzentration an der Kontaktstelle zu wechselnden Übergangswiderständen führt. Aufgabe der Erfindung ist es daher, Kontaktwerkstoffe zur Verfügung zu stellen, die gegenüber den in D6 beschriebenen Produkten im Hinblick auf die Vermeidung der Erhöhung des Kontaktübergangswiderstandes durch Korrosionsschichten verbessert sind.

4.2. Lösung

Gemäß dem geltenden Patentanspruch wird diese Aufgabe gelöst durch:

a) Aufbringen der Goldschicht gemäß einem der drei alternativen Beschichtungsverfahren "galvanisch", "chemische Dampfplattierung" oder "Kathodenzerstäubung";

b) eine abschließende einmalige Diffusionswärmebehandlung für die Dauer von 10 sec. bis 1000 sec. bei 350 C bis 650 C.

Die in Merkmal a) angegebenen Beschichtungsverfahren erlauben einen möglichst gleichmäßigen Goldauftrag ohne die beim mechanischen Plattieren (bevorzugte Beschichtung gemäß D6) in Kauf zu nehmenden größeren Dickenschwankungen. Nach Angabe der Beschwerdeführerin bewirken die in Merkmal b) angegebenen Wärmebehandlungsparameter eine begrenzte Diffusion derart, daß eine weitgehend gleichmäßige Goldkonzentration an der Werkstoffoberfläche verbleibt. Die Kammer hat keine Anhaltspunkte oder Gründe, daran zu zweifeln, daß die in Abbildung 6 der gutachlich zitierten Druckschrift D11 gezeigte konstante hohe Goldkonzentration an der Kontaktwerkstoffoberfläche durch die im oben genannten Merkmal b) angegebenen Parameterbereiche nicht gewährleistet sind. Gemäß dem Auger-Tiefenprofil in Abbildung 6 von D11 verbleibt bei einer ursprünglich aufgebrachten Au-Schicht von 0,5 m nach einer Diffusion Gold bis zu einer Schichtdicke von ca. 0,4 m in einer Konzentration von ca. 94 % konstant, also weit höher als bei dem in Figur 2 von D6 gezeigten Profil (an der Oberfläche dort nur 70 % und nicht konstant).

4.3. Die von den Beschwerdegegnerinnen für die beanspruchte Lösung als besonders relevant angesehene Druckschrift D5 betrifft ein Verfahren zur Verbesserung der Anlaufbeständigkeit von Gegenständen aus Silber und Silberlegierungen bzw. Gegenständen, die mit Silber oder einer Silberlegierung überzogen sind. Diese Gegenstände werden mit einem Metall beschichtet, welches im eindiffundierten Zustand die Anlauf- und Korrosionsbeständigkeit der Silberoberfläche verbessert. Das Metall ist in einer Schichtdicke von 0,01 bis 10 m aufgetragen. Die Beschichtungs- und Diffusionswärmebehandlung kann durch Vakuumdampfen, elektrolytische oder chemische Abscheidung "gemäß üblichen Methoden" in einem Temperaturbereich zwischen 100 bis 500 C und in einer Zeitdauer zwischen wenigen Sekunden und mehreren Stunden erfolgen. Für die aufzubringende Metallschicht kommen wenigstens ein Edelmetall in Form von Gold, Platin, Palladium oder ein anderes Metall der Platingruppe und ggf. ein unedles Metall in Betracht. Bei allen in D5 angegebenen Beispielen sind die jeweils gewählten Beschichtungsparameter und Materialien jedoch lediglich danach bewertet, inwieweit die beschichteten Gegenstände ein gegen Anlaufen beständiges gutes silbriges Aussehen bewahren. Oberflächen können aus den verschiedensten Gründen besonders behandelt oder bearbeitet werden, z. B. Korrosionsschutz, Restauration, Dekoration, Verschleißbeständigkeit, Härtesteigerung, optische oder thermische Reflexion, elektrische Leitfähigkeit, Reinigbarkeit, Ölschutz, Lötbarkeit, thermische Leitfähigkeit. Beschichtungsverfahren werden im allgemeinen für die jeweiligen Zwecke besonders ausgelegt. Der Fachmann für Kontaktwerkstoffe ist nicht am beständigen guten Aussehen bzw. an der Anlaufbeständigkeit eines ohnehin starkem Verschleiß ausgesetzten Kontaktwerkstoffes interessiert, sondern an seinen möglichst beständigen guten elektrischen Eigenschaften. Korrosion wird von ihm insoweit bekämpft, als die elektrischen Eigenschaften über einen längeren Zeitraum nachteilig beeinflußt werden können. Ein Fachmann, der ausgehend von D6 entsprechend den dort angegebenen Tests die Korrosionsbeständigkeit, Verschleißfestigkeit, thermische Beständigkeit und Beständigkeit gegen schädigende Umwelteinflüsse von Kontaktwerkstoffen verbessern möchte, wird sich nach Auffassung der Kammer nicht auf einem Gebiet umsehen, welches Verfahren zur Verbesserung der Anlaufbeständigkeit von Silbergegenständen betrifft. Daran ändert auch die in der Druckschrift D5 enthaltene Bemerkung nichts, daß jede Art Silber oder versilberte Gegenstände für die mechanische oder elektrische Industrie nach dem dort angegebenen Verfahren behandelt werden kann, da dies gemäß D5 lediglich im Zusammenhang mit einem beständigen guten Aussehen zu verstehen ist. Bekanntlich wird in der elektrischen Industrie eine Vielfalt von Gegenständen hergestellt, bei denen es auch auf gutes bleibendes Aussehen ankommen kann. Die Verfahren in dem in D5 zitierten Buch von Dettner wurden gerade deshalb nicht weiter erläutert, weil sie sich nicht für Schmuck, Tafelsilber und Ziergegenstände eignen. Daß durch das in D5 beschriebene Beschichtungsverfahren ein Kontaktwerkstoff im Hinblick auf einen gleichmäßigen und beständigen Kontaktübergangswiderstand verbessert werden kann, ist dieser Druckschrift jedenfalls nicht entnehmbar. Ebensowenig verweist die Ausgangs-Druckschrift D6 hinsichtlich der zu wählenden Beschichtungsmethode und Wärmebehandlung auf das Gebiet der Oberflächenbehandlung zur Verbesserung eines beständigen guten Aussehens; vgl. hierzu die Entscheidung T 422/93, ABl. EPA 1997, 24. Die IPC-Klassifikationsangabe C23C, die auf der Streitpatentschrift lediglich als Nebenklasse angegeben ist, und auf der der D5 entsprechenden FR-A-2 208 993 nachträglich aufgebracht wurde, trägt lediglich dem Umstand Rechnung, daß die angestrebten unterschiedlichen Eigenschaften durch Beschichtungs- und Diffusionstechniken erzielt werden. Wie die Hauptklasse (H01H) der Streitpatentschrift erkennen läßt, würde sich ein Fachmann für elektrische Schalter an dem Stand der Technik orientieren, der die elektrischen Eigenschaften eines Kontaktwerkstoffes im Hinblick auf die zu erwartenden spezifischen Belastungen und deren Auswirkungen auf den elektrischen Übergangswiderstand verbessern können, aber nicht generell an beliebigen Beschichtungsverfahren, geschweige denn solchen, die ästhetischen Zwecken dienen.

Eine gemeinsame Betrachtung der in den Druckschriften D5 und D6 vorgeschlagenen Lösungen wäre daher nur aufgrund einer unzulässigen rückschauenden Betrachtungsweise möglich.

4.4. Die Kammer kommt daher zum Ergebnis, daß der zitierte Stand der Technik dem Fachmann keine Anregung zur beanspruchten Lösung der angegebenen Aufgabe vermittelt und daß der aus einer Kombination von Merkmalen hervorgehende Gegenstand des Streitpatentanspruchs auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht. Die Beschreibung erfüllt die Vorschriften des EPÜ.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

- einziger Anspruch, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 1997

- Beschreibungsseiten 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 1997.

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