T 0315/95 (Keimabtötung/SINGER) of 2.7.1999

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1999:T031595.19990702
Datum der Entscheidung: 02 Juli 1999
Aktenzeichen: T 0315/95
Anmeldenummer: 89119458.1
IPC-Klasse: A61L 2/20
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Abtöten von Keimen
Name des Anmelders: Singer, Joachim, et al
Name des Einsprechenden: (01) Goldwell AG
(02) Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
(03) Wella AG
Kammer: 3.3.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 52(1)
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Neuheit, ja: Auswahl von individualisierten Mischungen aus einem Kollektiv
Erfinderische Tätigkeit, nein: Lösung der Aufgabe naheliegend, geltend gemachte Vorteile nicht hinreichend belegt
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/83
T 0020/81
T 0939/92
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführer sind Inhaber des auf der Grundlage von fünf Patentansprüchen erteilten europäischen Patents Nr. 0 369 185 mit der Anmeldenummer 89 119 458.1.

Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zum Abtöten von Keimen, Keimprodukten, infektiösen Partikeln und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen dieser Zubereitungen, insbesondere von kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, wobei man die Festkörper oder Zubereitungen in einen Druckgasbehälter mit Ventil einbringt, bzw. einfüllt, dadurch gekennzeichnet, daß der Behälterinhalt mit Butan oder Dimethylether, oder Butan und Dimethylether, oder Butan und Kohlendioxid, oder Dimethylether und Kohlendioxid, oder Butan, Dimethylether und Kohlendioxid begast, wird."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 5 sind auf besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 gerichtet.

II. Gegen die Patenterteilung legten die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) 01, 02 und 03 Einsprüche ein und beantragten, jeweils gestützt auf Artikel 100 a) EPÜ, den Widerruf des europäischen Patents im gesamten Umfang mit der Begründung, daß der Gegenstand des Patents wegen mangelnder Neuheit (Artikel 52 (1); 54 EPÜ) und, unabhängig davon, auch wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit (Artikel 52 (1); 56 EPÜ) nicht patentfähig sei.

Von den im Verlaufe des Einspruchsverfahrens zum Nachweis der mangelnden Patentfähigkeit von den Beschwerdegegnerinnen (Einsprechenden) vorgelegten 27. Entgegenhaltungen sind folgende Entgegenhaltungen für diese Entscheidung von Bedeutung geblieben:

(1) Seifen-Öle-Fette-Wachse, 99. Jg., Nr. 25, 1973, Seiten 733 - 738

(2) W. Tauscher, Aerosol Technologie, Verlag für Chemische Industrie, H. Ziolokowsky KG, Augsburg 1981, Seiten 199 - 217

(11) J. Gen. Physiol. Vol. 52, 1968, Seiten 810 - 824

(12) Römpps Chemie-Lexikon, 8. Auflage, 1979, Bd. 1, Seite 539

(13) Römpps Chemie-Lexikon, 8. Auflage, 1981, Bd. 2, Seite 967

(14) DE-A-3 445 990

(15) FR-A-2 069 889

(21) DE-A-3 134 723

(22) DE-B-2 849 592

(24) L. W. Haase, Dry Ice as an Aerosol Propellant, in Aerosol Age, Seiten 73, 74, 76, 115, 116, 118.

III. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung beantragten die Beschwerdeführer (Patentinhaber) die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage eines geänderten unabhängigen Anspruchs mit folgendem Wortlaut:

"Verwendung der Gase Butan oder Dimethylether, oder Butan und Dimethylether, oder Butan und CO2, oder Dimethylether und CO2, oder Butan, Dimethylether und CO2 zum Abtöten, von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen dieser Zubereitungen, insbesondere von kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, wobei man die Festkörper oder Zubereitungen in einen Druckbehälter mit Ventil einbringt und den Behälterinhalt begast."

Zur Stützung ihres Antrags führten die Patentinhaber (Beschwerdeführer) folgendes Dokument gutachtlich ins Einspruchsverfahren ein:

(A) "Development of a New Method of Preservation of Cosmetic and Pharmaceutical Formulations", Inauguraldissertation vorgelegt von Yakubu Kokori E. Ibrahim an der Fakultät für Theoretische Medizin der medizinischen Gesamtfakultät der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg, 1992 .

IV. Die Einspruchsabteilung gelangte in ihrer Entscheidung zur Auffassung, daß der im Verlaufe des Einspruchsverfahrens geänderte, einzige unabhängige Anspruch den Voraussetzungen der Artikel 84, 123 (2) und (3) EPÜ genüge, und der beanspruchte Gegenstand auch das Erfordernis der Neuheit erfülle, jedoch in Anbetracht des entgegengehaltenen Standes der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Das Patent sei daher nach Artikel 102 (1) EPÜ zu widerrufen.

In der Entscheidungsbegründung führte die Einspruchsabteilung im wesentlichen aus, daß eine keimtötende oder konservierende Wirkung weder von Butan oder Dimethylether im einzelnen noch von den im Anspruch angeführten Gasgemischen, welche die genannten Gase gegebenenfalls in Anwesenheit von Kohlendioxid enthielten, aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik bekannt sei und die Verwendung dieser Gase bzw. der Gasgemische für den beanspruchten Zweck daher auf Grundlage der in der Entscheidung G 6/88, ABl. EPA 1990, 114, niedergelegten Grundsätze als neu im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ anzusehen sei. Dabei sei es für die Anerkennung der Neuheit im Sinne der oben angeführten Entscheidung unerheblich, daß die nicht vorbeschriebene keimtötende bzw. konservierende Wirkung der genannten Gase bzw. Gasgemische bei deren aus dem Stand der Technik bekannten Verwendung als Treibgase möglicherweise bereits inhärent aufgetreten sei.

Die Einspruchsabteilung sah die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe in der Bereitstellung eines Verfahrens zum Abtöten von Keimen und zur Konservierung von Produkten in Druckgasbehältern und verwies auf die Tatsache, daß im nächstliegenden Stand der Technik gemäß den Entgegenhaltungen (2), (15) und (24) die keimtötende und konservierende Wirkung des Treibmittels Kohlendioxid bereits beschrieben sei. Die im unabhängigen Anspruch 1 des Streitpatents vorgeschlagene Lösung der oben definierten Aufgabe beinhalte u. a. die Verwendung von Kohlendioxid enthaltenden Gasgemischen. Da der Fachmann aus der bekannten keimtötenden und konservierenden Wirkung von Kohlendioxid ohne weiteres auf eine gleichartige oder zumindest doch sehr ähnliche Wirkung der im Anspruch genannten Gasgemische, die Kohlendioxid enthalten, schließen konnte, sei die vorgeschlagene Lösung der Aufgabe naheliegend.

Der Beschwerdeführer habe zwar bei Anwendung von im Streitpatent vorgeschlagenen Gasen oder Gagemischen eine auf Vergleichsversuche gestützte Verbesserung der Wirksamkeit und eine Verbreiterung des Wirkungsspektrums geltend gemacht, jedoch fehle in diesen Versuchen ein Vergleich, der die geltend gemachten Vorteile gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik, nämlich der Anwendung von Kohlendioxid alleine zum Abtöten von Keimen und dergleichen belege. Da die geltend gemachte Verbesserung der Wirksamkeit oder eine Verbreiterung des Wirkungsspektrums somit nicht hinreichend belegt sei, fehle es dem Anmeldungsgegenstand an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

V. Die Beschwerdeführer legten gegen die obige Entscheidung Beschwerde ein. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens beantragten sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang entweder auf Grundlage des Hauptantrags bestehend aus dem der Entscheidung der Einspruchsabteilung zugrundeliegenden unabhängigen Anspruch (siehe Paragraph III oben) und entsprechend angepaßten abhängigen Ansprüche 2 bis 5 oder auf Grundlage eines der Hilfsanträge I bis V aufrechtzuerhalten.

Die Ansprüche 1 und 2 des Hilfsantrags I haben folgenden Wortlaut:

"1. Verwendung von Butan und/oder Dimethylether zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen dieser Zubereitungen, insbesondere von kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, wobei man die Festkörper oder Zubereitungen in einen Druckgasbehälter mit Ventil einbringt, bzw. einfüllt und den Behälterinhalt begast."

2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich CO2 hinzugefügt wird."

Die Ansprüche 1, 3 und 4 des Hilfsantrags II haben folgenden Wortlaut:

"1. Verwendung von Butan zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen dieser Zubereitungen, insbesondere von kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, wobei man die Festkörper oder Zubereitungen in einen Druckgasbehälter mit Ventil einbringt bzw. einfüllt und den Behälterinhalt begast.

3. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich CO2 hinzugefügt wird.

4. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich Dimethylether und CO2 hinzugefügt wird."

Der unabhängige Anspruch des Hilfsantrags III hat folgenden Wortlaut:

"1. Verwendung des Treibgases CO2 zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen, insbesondere kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen durch Einbringen in einen Druckgasbehälter mit Ventil, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich die Flüssiggase Butan und/oder DME eingesetzt werden."

Der unabhängige Anspruch des Hilfsantrags IV hat folgenden Wortlaut:

"1. Verwendung des Treibgases CO2 zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen, insbesondere kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen durch Einbringen in einen Druckgasbehälter mit Ventil, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich die Flüssiggase Butan und DME eingesetzt werden, wobei die Flüssiggase in einer Menge von 5 bis 20 Gew.-%, bezogen auf das Gewicht der Zubereitung und das Gas oder Gasgemisch mit einem Druck von 3 bis 20. bar verwendet wird."

Die Ansprüche 1, 3 und 4 des Hilfsantrags V haben folgenden Wortlaut:

"1. Verwendung von Dimethylether zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen dieser Zubereitungen, insbesondere von kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen, wobei man die Festkörper oder Zubereitungen in einen Druckgasbehälter mit Ventil einbringt bzw. einfüllt und den Behälterinhalt begast."

3. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich CO2 hinzugefügt wird.

4. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich Butan und CO2 hinzugefügt wird."

VI. Am 2. Juli 1999 fand in der Sache eine mündliche Verhandlung vor der Beschwerdekammer in Abwesenheit der Beschwerdegegnerin 03 statt. Mit der am 26. Juni 1999 beim Amt eingegangengen Eingabe hatte die Beschwerdegegnerin 03 ihre Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung angekündigt.

VII. Die Beschwerdeführer ließen zur Stützung ihrer Anträge im schriftlichen Verfahren und während der mündlichen Verhandlung im wesentlichen folgendes vorbringen:

Die Einspruchsabteilung habe in den Entscheidungsgründen zutreffend festgestellt, daß keine der Entgegenhaltungen, welche die Beschwerdegegnerinnen ins Einspruchsverfahren eingeführt hätten, die beanspruchte Verwendung der im Streitpatent aufgeführten Gase und Gasgemische neuheitsschädlich vorwegnehme.

Der Patentgegenstand beruhe jedoch, entgegen der Auffassung der Einspruchsabteilung, auch auf erfinderischer Tätigkeit. Denn weder die Entgegenhaltungen, welche die Einspruchsabteilung ihrer Entscheidung, das Patent mangels erfinderischer Tätigkeit zu widerrufen zugrunde gelegt habe, einzeln genommen noch deren, wie immer geartete, Kombination vermittelten dem Fachmann irgendeine verwertbare technische Lehre, die ihm die beanspruchte Verwendung hätte nahelegen können.

So beschreibe die Entgegenhaltung (2) zwar u. a. Butan, Dimethylether und Kohlendioxid als geeignete Treibmittel für Aerosolprodukte, jedoch werde in (2) von den genannten Treibmitteln einzig und allein für CO2 in den Zeilen 7 bis 9 auf Seite 215 eine bakterizide Wirkung sowie konservierende Eigenschaften erwähnt.

Entgegenhaltung (11) lehre, daß das Wachstum des Bakteriums Streptococcus faecalis unter Anwendung eines hohen hydrostatischen Druckes mit hohem Partialdruck eines inerten Gases gehemmt werden könne, wobei als inerte Gase in der Reihenfolge zunehmender Wirksamkeit Sauerstoff, Xenon, Stickoxid, Argon und Stickstoff ausdrücklich genannt seien.

Entgegenhaltung (12) enthalte bloß den Hinweis, daß Butan in großen Dosen narkotisch wirke, während (13) Dimethylether als etherisch riechendes, narkotisch wirkendes, feuergefährliches Gas beschreibe.

Gemäß der Lehre der Entgegenhaltung (14) werde ein Verfahren zur Entwesung von pflanzlichen und tierischen Produkten durch deren Behandlung mit einem gesundheitlich unbedenklichen Gas unter Druck oder Vakuum beschrieben. Als geeignete Gase seien neben CO2, Alkane und Alkene mit bis zu 3 Kohlenstoffatomen, deren partiell und vollständig fluorierte Abkömmlinge, N2O, SF6, Edelgase, N2, O2, und Luft entweder alleine oder in Form von Mischungen dieser Gase genannt.

Entgegenhaltung (15) beschreibe die konservierende Wirkung von CO2 unter Druck auf Kosmetikprodukte, die in Form von Milchen oder Cremes mit einer kontinuierlichen wäßrigen Phase vorlägen, wobei auf Seite 2, Zeile 24 ff darauf hingewiesen werde, daß zusätzlich zur Verwendung von CO2 die Keime durch eine kontrollierte Sterilisation eliminiert werden.

Schließlich lehre (24) die Verwendung einer besonderen Form von Trockeneis als Treibmittel und verweise auf die konservierenden Eigenschaften von CO2.

Die Beschwerdeführer bestritten die Ansicht der Einspruchsabteilung nicht, wonach aus den Entgegenhaltungen (2), (15) und (24) die keimtötende und konservierende Wirkung des Treibmittels CO2 bekannt sei. Die Entgegenhaltungen (11) und (14) enthielten eingestandenermaßen auch Hinweise auf die Verwendung von bestimmten Gagemischen für den genannten Zweck. Aber weder hier noch in irgendeiner anderen Entgegenhaltung finde sich auch nur der geringste Hinweis auf eine mögliche Eignung von Butan oder Dimethylether zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern. Die Verwendung einer Kombination dieser Gase mit CO2 für den angestrebten Verwendungszweck sei für den Fachmann, entgegen der Ansicht der Einspruchsabteilung, daher in keiner Weise naheliegend.

Die Einspruchsabteilung habe zwar beanstandet, daß in den Unterlagen Vergleichsversuche fehlten, in denen die vorteilhafte Wirksamkeit der im Streitpatent angeführten Gase oder Gasgemische für den angestrebten Zweck gegenüber der Verwendung von Kohlendioxid alleine nachgewiesen worden sei. Da der Fachmann jedoch aus dem Stand der Technik keinerlei Anregung zur Verwendung oder Eignung von Butan oder Dimethylether oder von Gemischen dieser Gase mit Kohlendioxid für den genannten Zweck erhalten habe und die Erfindung somit durch den Stand der Technik nicht nahegelegt sei, könne alleine das Fehlen eines solchen Vergleichs nicht zur Aberkennung einer erfinderischen Tätigkeit führen.

Aus der nachveröffentlichten Dissertation von E. Ibrahim (A), die bereits der Einspruchsabteilung vorgelegen habe, seien jedoch auch Daten und Graphiken verfügbar, die belegten, daß Kohlendioxid alleine nur eine ungenügende Wirksamkeit zur Abtötung von Keimen und pathogenen Erregern entfalte. Insbesondere die auf den Seiten 59 bis 63 der genannten Dissertation vorgestellten Ergebnisse machten es deutlich, daß Kohlendioxid alleine weit weniger wirksam sei als die von den Beschwerdeführern im angefochtenen Patent vorgeschlagenen Gase und Gasgemische, die es zum erstenmal ermöglichten auf eine Vorbehandlung des zu konservierenden Materials durch Konservierungsmittel zu verzichten. Dadurch seien, entgegen der Meinung der Fachwelt, weder Konservierungsmittel noch mehr oder weniger aufwendige Sterilisationsmaßnahmen erforderlich, um Produkte keimfrei und haltbar zu machen.

VIII. Die Beschwerdegegnerinnen widersprachen dem Vorbringen der Beschwerdeführer.

Unter Bezugnahme auf die Angaben in der linken Spalte von Seite 734 der Entgegenhaltung (1), wonach für konservieringsmittelfreie Kosmetika in "Mehrfachentnahmebehältern" nur Aerosoldosen in Frage kämen, vertrat Beschwerdegegnerin 01 die Ansicht, es sei allgemein bekannt, daß aus Umweltschutzgründen als Aerosoltreibmittel ohnehin ausschließlich Propan, Butan, Dimethylether und Kohlendioxid verwendet werden. Die Anwendung dieser Treibmittel in Druckgasbehältern biete sich für den Fachmann daher von selbst an.

Die antimikrobiellen Eigenschaften von CO2 seien aus dem Stand der Technik gemäß den Entgegenhaltungen (2), (15) und (24) bereits bekannt und die nachgereichte Dissertation zeige folgerichtig in den Tabellen 3.1, 3.2 und insbesondere 3.6 sowie in der Zusammenfassung auf Seite 131, 2. Absatz, daß zur Erreichung eines antimikrobiellen Effekts in der Regel CO2 anwesend sein müsse, während demgegenüber die Verwendung von Butan alleine und des Gemisches Butan/Dimethylether gegenüber Dimethylether bzw. CO2 alleine keine ersichtlichen Effekte bewirke. Bei dem einzigen in der Dissertation (A) enthaltenen direkten Vergleich der beanspruchten Zusammensetzungen mit CO2 zeige die Verwendung von CO2 alleine deutlich bessere Reduktionswerte als Butan, das Gemisch CO2/Butan und das Gemisch CO2/Butan/Dimethylether. Von einem überraschenden Effekt der beanspruchten Treibmittel bzw. Treibmittelgemische, der als Anzeichen für erfinderische Tätigkeit herangezogen werden könne, könne daher keine Rede sein.

Die Beschwerdegegnerin 02 vertrat die Ansicht, die auf den Seiten 59 - 63 der genannten Dissertation (A) angegebenen Messwerte zeigten, daß CO2 alleine einen keimreduzierenden Effekt habe. Es sei jedoch nicht klar ersichtlich, ob mit den Gemischen Butan/Dimethylether und CO2/Butan/Dimethylether eine völlige Abtötung der Testkeime im Zeitraum der Messung von 28 Tagen überhaupt erreicht werde, da für diese Gemische eine abweichende Art der Darstellung gewählt worden sei.

Dazu komme, daß die angeführten Versuche in wasserfreien Ölkomponenten nicht repräsentativ für in der Regel wasserhaltige kosmetische und pharmazeutische Zubereitungen seien. Die Figuren 3.2, 3.3 und 3.5 auf den Seiten 48 - 49 der Dissertation zeigten, daß bei wasserhaltigen Systemen keine Wirkungssteigerung bei Verwendung der genannten Treibgasgemische gegenüber CO2 alleine eintrete und nicht alle Testkeime abgetötet werden, so daß ein überraschender Effekt nicht nachgewiesen worden sei und der Widerruf des Patents daher zu Recht erfolgt sei.

Abgesehen davon, daß alle Hilfsanträge zumindest abhängige Ansprüche enthielten, die auf eine Kombination von Butan und/oder Dimethylether mit CO2 als bevorzugte Ausführungsform gerichtet seien, und daher bereits aus den oben angeführten Gründen nicht patentfähig seien, könne der genannten Dissertation auf den Seiten 126 - 130 entnommen werden, daß die narkotische Wirkung von Gasen für deren antimikrobielle Wirkung ursächlich sei, da die Annahme bestehe, daß durch die Einwirkung solcher Gase eine Schädigung der Zellmembran und des Cytoplasmas erfolge. Es sei daher naheliegend, daß Dimethylether und Butan, die nachweislich eine narkotische Wirkung zeigten, eine keimtötende Wirkung ähnlich jener von CO2 aufwiesen. Damit fehle es auch allen Hilfsanträgen an erfinderischer Tätigkeit.

Die Beschwerdegegnerin 03 gab im schriftlichen Verfahren zu erkennen, daß sie sich der Begründung der Einspruchsabteilung für den Widerruf des Patents, insbesondere den in den Punkten 4.5 bis 4.7 genannten Gründen, anschließe.

Die genannte Dissertation (A) zeige insbesondere in der Tabelle 3.2 auf Seite 44, daß Butan z. B. bei einer Hautcreme keine keimtötende Wirkung aufweise und die erwartete keimtötende Wirkung erst durch die Mitverwendung von CO2 einsetze, wie aus der Interpretation der in den Tabellen 3.2 und 3.3 angeführten Ergebnisse durch den Autor der Dissertation (A) auf Seite 42 klar hervorgehe.

Die Treibgase Butan und Dimethylether hätten somit nachgewiesenermaßen keine oder eine geringere keimtötende Wirkung als CO2. Soweit für Dimethylether eine keimtötende Wirkung nachgewiesen werde, sei diese durch dessen bekannte narkotische Wirkung vorhersehbar gewesen.

Der Nachweis einer überraschenden synergistischen Wirkungsverstärkung der Kombinationen Butan/Dimethylether und CO2/Butan/Dimethylether gegenüber reinem CO2 sei nicht geführt worden. Zudem seien die Ergebnisse in den Abbildungen 3.16, 3.17, 3.18 und 3.19, auf welche die Beschwerdeführer besonders hinwiesen hätten, wenig aussagekräftig. Denn ein solcher Vergleich in wasserfreien Zubereitungen entspreche nicht den praxisüblichen Bedingungen, da sich viele Keime in Abwesenheit von Wasser ohnehin nicht vermehren könnten. Dies mache insbesondere der die Seiten 735 und 736 übergreifende Paragraph der Entgegenhaltung (1) deutlich, dem zu entnehmen sei, daß Mikroorganismen zu ihrer Vermehrung und ihrem Stoffwechsel Wasser benötigten und daher bei begrenztem Wassergehalt, wie beispielsweise in Pulvern (Pudern) oder Ölen (Sonnenöl), kaum mit einer Vermehrung zu rechnen sei.

Die Gegenstände gemäß Hauptantrag und den Hilsanträgen seien daher mangels erfinderischer Tätigkeit insgesamt nicht patentfähig.

IX. Die Beschwerdeführer beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents auf Grundlage des mit der Beschwerdebegründung eingereichten Hauptantrags.

Hilfsweise beantragten die Beschwerdeführer die Aufrechterhaltung auf Grundlage folgender Hilfsanträge:

1. Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 6, eingereicht mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag I;

2. Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag II;

3. Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 5, eingereicht am 21. Mai 1999 als Hilfsantrag III;

4. Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 5, eingereicht am 21. Mai 1999 als Hilfsantrag IV;

5. Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht mit der Beschwerdebegründung als Hilfsantrag III.

Die Beschwerdegegnerinnen beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Änderungen

2.1. Sowohl die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 bis 6 als auch die erteilten Ansprüche 1 bis 5 waren auf ein Verfahren zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen solcher Zubereitungen gerichtet. Das Verfahren beinhaltete folgende Verfahrensschritte:

(a) Einbringen bzw. Abfüllen der Festkörper oder Zubereitungen in einen mit einem Ventil versehenen Druckgasbehälter und

(b) anschließendes Begasen des Behälterinhalts mit bestimmten, in den Erstunterlagen näher bezeichneten Gasen oder Gasgemischen.

Die Ansprüche im Hauptantrag und den Hilfsanträgen wurden im Verlaufe des Einspruchsverfahrens dahingehend geändert, daß nunmehr alle Ansprüche auf die Verwendung von in den Erstunterlagen genannten Gasen und Gasgemischen zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern auf Festkörpern sowie in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und zum Haltbarmachen solcher Zubereitungen gerichtet sind, wobei diese Festkörper oder Zubereitungen in einen mit einem Ventil versehenen Druckgasbehälter eingebracht bzw. in diesen abgefüllt und anschließend der Behälterinhalt begast wird. Diese Änderung ist unter den Gesichtspunkten von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ nicht zu beanstanden.

Sowohl die ursprünglich eingereichten Verfahrensansprüche als auch die geänderten Verwendungsansprüche beinhalten dieselbe Folge von Verfahrensschritten zur Erzielung derselben technischen Wirkung und desselben Endzwecks. Was den wesentlichen Inhalt betrifft, ist im vorliegenden Fall zwischen den beiden Anspruchsformen daher kein sachlicher Unterschied zu erkennen (siehe in dieser Hinsicht: G 1/83 ABl. EPA 1985, 60, insbesondere Gründe, Punkt 11, 1. Absatz).

2.2. Keine der Beschwerdegegnerinnen hat gegen die geänderten Ansprüche gemäß Hauptantrag oder einem der Hilfsanträge einen Einwand unter Artikel 123 (2) oder (3) EPÜ geltend gemacht. Ein Einwand unter Artikel 84 EPÜ wegen mangelnder Klarheit, der sich auf die während des Einspruchsverfahrens vorgenommenen Änderungen der Ansprüche zurückführen ließe, wurde ebenfalls nicht erhoben. Die Kammer teilt diese Ansicht und kommt daher zum Schluß, daß die im Verlaufe des Einspruchsverfahrens vorgenommenen Änderungen der Ansprüche den oben angeführten formalen Erfordernissen des EPÜ nicht entgegenstehen und daher zulässig sind.

3. Gegenstand des Schutzbegehrens; technische Merkmale der Erfindung

3.1. Bevor sich die Kammer mit den Fragen von Aufgabe und Lösung, Neuheit und erfinderischer Tätigkeit befaßt, scheint es im vorliegenden Fall zweckmäßig, die im Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltenen technischen Merkmale bezüglich ihrer Bedeutung und Reichweite festzulegen. Demnach umfaßt der Anspruch 1

- die alternative Verwendung der Gase

- Butan oder

- Dimethylether, oder der folgenden Gasgemische in jedem möglichen Mischungsverhältnis

- Butan und Dimethylether

- Butan und CO2,

- Dimethylether und CO2, oder

- Butan, Dimethylether und CO2

- zum Abtöten von Keimen und dergleichen pathogenen Erregern jeglicher Art,

- auf Festkörpern sowie

- in Zubereitungen verschiedener Zusammensetzungen und

- zum Haltbarmachen dieser Zubereitungen, ohne jegliche Beschränkung hinsichtlich der Natur der zu behandelnden Festkörper und Zubereitungen - [entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung bewirkt das rein fakultative Merkmal "insbesondere von kosmetischen, medizinischen und pharmazeutischen Erzeugnissen" keinerlei Beschränkung der beanspruchten Verwendung hinsichtlich des zu behandelnden Substrats] - wobei die beanspruchte Verwendung folgende Verfahrensmaßnahmen beinhaltet:

- Einbringen oder Einfüllen der Festkörper oder Zubereitungen in einen Druckbehälter mit Ventil und

- Begasen des Behälterinhalts.

3.2. Der jeweilige Anspruch 1 der Hilfsanträge I bis III und V ist bezüglich der für den angestrebten Zweck eingesetzten Gase oder Gasgemische auf eine bestimmte Auswahl der im Hauptantrag enthaltenen Alternativen beschränkt, entspricht hinsichtlich der übrigen technischen Merkmale jedoch dem Anspruch 1 des Hauptantrags.

3.3. Anspruch 1 des Hilfsantrags IV enthält zusätzlich die Merkmale, daß ein Gasgemisch verwendet wird, welches neben CO2 die Flüssiggase Butan und Dimethylether in einer Menge von 5 bis 20 Gew.-% bezogen auf das Gewicht der Zubereitung enthält und der Inhalt des Druckbehälter mit einem Druck von 3 bis 20 bar beaufschlagt wird.

4. Nächstliegender Stand der Technik

4.1. Die Tatsache, daß dem Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents die keimtötende und haltbarmachende Wirkung von Kohlensäure in verschiedenen Substraten, sei es bei der Verwendung von CO2 als Treibmittel oder bei der Druckbeaufschlagung der Substrate mit CO2 zu deren Haltbarmachung, bereits in allen Einzelheiten bekannt war, wurde von den Beschwerdegegnerinnen durch die Vorlage einer Reihe von Entgegenhaltungen belegt. In diesem Zusammenhang sei hierzunächst insbesondere auf die Entgegenhaltungen (15) und (24) verwiesen:

So vermittelt Entgegenhaltung (15) dem Fachmann die Lehre, daß eine dauerhafte Haltbarmachung von Milchen, Cremes und anderen Kosmetika mit einer kontinuierlichen wäßrigen Phase durch deren Behandlung mit Kohlendioxid unter Druck ohne Zusatz von anderen Konservierungsmitteln erzielt werden kann. In diesem Zusammenhang nehmen bereits die Erfinder von (15) in Anspruch, den Einsatz von Kohlensäure als leicht flüchtiges Konservierungsmittel als eine neue Verwendungsmöglichkeit dieses Gases dem Stand der Technik einverleibt zu haben (siehe insbesondere Seite 2, Zeilen 9 bis 23).

In der Entgegenhaltung (24) wird offenbart, daß ausführliche, jahrelange Forschungsarbeit und die lange praktische Erfahrung gezeigt haben, daß Kohlendioxid bereits in geringen Mengen und dementsprechend wirkungsvoller in größeren Konzentrationen, wie sie in Druckbehältern vorherrschen, das Wachstum von Pilzen und anderen verderbniserregenden Mikroorganismen hemmt. In (24) wird des weiteren darauf hingewiesen, daß die Anwesenheit von Kohlendioxid bekanntermaßen beim Transport und der Lagerung von Milch, Sahne, Frischgemüse und anderen leicht verderblichen Waren eine konservierende Wirkung aufweist und das Bakterienwachstum hemmt. Daraus schließt bereits der Autor von (24), daß es vermutlich nicht notwendig ist, Produkte, die bei der Verpackung mit Kohlendioxid druckbeaufschlagt werden, zur Haltbarmachung zu pasteurisieren, sterilisieren oder in anderer Weise durch Wärmeeinwirkung zu behandeln (siehe insbesondere Seite 115, Spalte 2, Zeile 11 bis Spalte 3, Zeile 6).

Der Einwand der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, in Entgegenhaltung (24) werde eine Form von Trockeneis mit besonderen physikalischen Eigenschaften als Kohlendioxidquelle eingesetzt, kann selbstverständlich nichts daran ändern, daß in Entgegenhaltung (24) für das Gas Kohlendioxid selbst die oben angeführten Eigenschaften und Wirkungen allgemein offenbart sind, da diese Eigenschaften und Wirkungen des reinen Gases völlig unabhängig davon sind, in welcher physikalischen Form das Trockeneis als Kohlendioxidquelle eingesetzt wird.

4.2. Stellt man dem beanspruchten Gegenstand des Streitpatents den im Verfahren befindlichen Stand der Technik gegenüber, ist nach Auffassung der Kammer in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Beschwerdegegnerinnen im Verlaufe der mündlichen Verhandlung jedoch der Inhalt der Entgegenhaltung (2) als nächstliegender Stand der Technik anzusehen.

Denn zunächst wird dem Fachmann auf Seite 199 von (2) die Lehre vermittelt, daß die Gase Butan, Isobutan, Propan, FKW's, Dimethylether, Kohlensäure, Distickstoffoxid, Stickstoff und Preßluft sowohl einzeln als auch in beliebiger Mischung untereinander, d. h. u. a. auch jene Gase (Butan, Dimethylether) und Gasgemische (Butan und Dimethylether, Butan und CO2, Dimethylether und CO2, Butan, Dimethylether und CO2), welche allesamt in Anspruch 1 des Streitpatents zur Verwendung für den beanspruchten Zweck der Keimabtötung und Haltbarmachung von Substraten jeglicher Art vorgeschlagen werden, bereits seit vielen Jahren in Aerosolprodukten als Treibmittel erfolgreich eingesetzt werden.

Darüber hinaus entnimmt der Fachmann derselben Entgegenhaltung (2) in gleichem Zusammenhang die zusätzliche technische Lehre, daß das auf Seite 199 bereits als Treibmittel für Aerosolprodukte erwähnte Kohlendioxid bakterizide Wirkung sowie konservierende Eigenschaften besitzt und auf Grund dieser Eigenschaften zusätzlich zu seiner Verwendung als Treibmittel auch zur Abtötung von Keimen und zur Haltbarmachung von verderblichen Produkten, beispielsweise von Lebensmitteln, Verwendung findet (siehe insbesondere (2) Seite 215 Zeile 7 bis 10).

4.3. Bei diesem Stand der Technik ergibt sich für den Fachmann folgendes zwingend:

Innerhalb der in der Entgegenhaltung (2) als Treibmittel offenbarten Gruppe von chemischen Stoffen und Stoffgemischen, die neben den einzelnen für diesen Zweck offenbarten Gasen auch alle möglichen Gemische dieser Gase einschließt (vgl. (2), Seite 199, Absatz 5, Zeilen 1 bis 2: "Diese im Laufe vieler Jahre erprobten und sowohl einzeln als auch in Mischung untereinander verwendeten Treibmittel"), weist jene Untergruppe, welche neben Kohlendioxid selbst alle möglichen Gasgemische mit einem Anteil an Kohlendioxid umfaßt, bakterizide Wirkung und konservierende Eigenschaften auf.

Die Gasgemische dieser Untergruppe eignen sich daher auf Grundlage dieser Eigenschaften und Wirkung nicht nur als Treibmittel, sondern gleichzeitig auch zum Abtöten von Keimen und zur Haltbarmachung von Substraten verschiedener Zusammensetzung. Es ist jedenfalls kein technischer Grund ersichtlich, der diesem zwingenden Schluß entgegenstehen könnte und die Beschwerdeführer haben in dieser Hinsicht auch nichts Gegenteiliges vorgetragen.

Die unmittelbare Nähe zwischen dem Gegenstand des Streitpatents und dem Stand der Technik gemäß Entgegenhaltung (2) wird für den Fachmann auch noch besonders dadurch greifbar und deutlich, daß zwischen der Verwendung der genannten Gasgemische als Treibmittel und der Verwendung zum Abtöten von Keimen und zur Haltbarmachung kein Unterschied in deren jeweiligen technischen Realisierung besteht. Beide Arten der Verwendung bedingen dieselben Verfahrensmaßnahmen. In beiden Fällen wird gewünschtenfalls das gleiche Substrat oder die gleiche Zubereitung in einen mit einem Ventil versehenen Druckbehälter eingebracht oder eingefüllt und gewünschtenfalls mit dem gleichen Gas oder Gasgemisch druckbeaufschlagt.

5. Aufgabe und Lösung

5.1. Bei Durchsicht der im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens gestellten Anträge fällt auf, daß von den ingesamt sechs Alternativen (Gasen und Gasgemischen), die zur bestimmungsgemäßen Verwendung im Hauptantrag nebeneinander vorgeschlagen werden, jene Ausführungsformen der Erfindung, die sich auf die Verwendung von Gasgemischen mit einem Gehalt an Kohlendioxid beziehen, im Hauptantrag und allen Hilfsanträgen beansprucht werden:

Hauptantrag,

Anspruch 1: Butan und CO2,

Dimethylether und CO2., Butan,

Dimethylether und CO2

Hilfsantrag I,

Anspruch 2: Butan und CO2,

Dimethylether und CO2, Butan,

Dimethylether und CO2

Hilfsantrag II,

Anspruch 3: Butan und CO2

Anspruch 4: Butan und CO2,

Dimethylether und CO2, Butan,

Dimethylether und CO2

Hilsantrag III,

Anspruch 1: Butan und CO2,

Dimethylether und CO2, Butan,

Dimethylether und CO2

Hilfsantrag IV,

Hilfsantrag V, Anspruch 3: Dimethylether und CO2,

Anspruch 4: Butan, Dimethylether und CO2.

Die obige Feststellung im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach die angeführten Gasgemische besonders vorteilhafte Eigenschaften bei deren bestimmungsgemäßen Verwendung aufweisen sollen, lassen es zweckmäßig erscheinen, bei der Beurteilung der Patentfähigkeit mit den oben angeführten Ausführungsformen der Erfindung zu beginnen. Diese Vorgangsweise scheint auch aus verfahrensökonomischen Gründen sinnvoll, da sie unmittelbar zu einer Entscheidung dahingehend führt, welche Anträge gegebenenfalls hinsichtlich der Patentfähigkeit der anderen hier nicht behandelten Ausführungsformen einer weiteren Prüfung unterzogen werden müssen und welche Anträge gegebenenfalls bereits wegen mangelnder Patentfähigkeit der hier in Betracht gezogenen Ausführungsformen als nicht gewährbar erachtet werden müssen.

5.2. Nachdem die keimtötende Wirkung und die konservierenden Eigenschaften von Kohlendioxid selbst und der im nächstliegenden Stand der Technik gemäß Entgegenhaltung (2) offenbarten und in Punkt 4.2 (oben) näher bezeichneten Gruppe von kohlendioxidhaltigen Gasgemischen in Anbetracht der Ausführungen in Punkt 4 oben für den Fachmann als bekannt vorausgesetzt werden muß, kann die dem Streitpatent für die hier in Betracht gezogenen Ausführungsformen der Erfindung zugrundeliegende technische Aufgabe gegenüber dem Stand der Technik gemäß (2) nur mehr darin gesehen werden, für den in den Ansprüchen angeführten, aus (2) an sich bereits bekannten Verwendungszweck bestimmte und geeignete Gasgemische bereitzustellen.

5.3. Zur Lösung der Aufgabe schlägt die Anmelderin vor, aus der in Punkt 4.2 (oben) näher bezeichneten Gruppe von kohlendioxidhaltigen Gasgemischen die Gemische

(a) Butan und CO2,

(b) Dimethylether und CO2 und

(c) Butan, Dimethylether und CO2

bereitzustellen.

5.4. Zwischen den Beschwerdeführern einerseits und den Beschwerdegegnerinnen andererseits konnte in der mündlichen Verhandlung über die Bedeutung und Reichweite des im Anspruch 1 aller Anträge zur Definition des angestrebten Verwendungszwecks verwendeten Begriffs "Abtötung von Keimen und anderen pathogenen Erregern" keine Übereinstimmung erzielt werden. Während die Beschwerdegegnerinnen unter dem Begriff "Abtötung" einen Vorgang verstehen, der als Ergebnis in jedem Fall absolute Steriltät, d. h. die vollständige Freiheit des behandelten Substrats von vermehrungsfähigen Keimen, Keimprodukten und infektiösen Partikeln verlangt, umfaßt dieser Begriff nach der von den Beschwerdeführern in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung bereits eine signifikante Reduzierung der Ausgangskeimzahl, wobei von den Beschwerdeführern im Verlaufe der mündlichen Verhandlung eine Reduzierung um zwei logarithmische Einheiten als signifikant bezeichnet wurde.

In der Streitpatentschrift selbst wird in diesem Zusammenhang in unterschiedlicher Weise von "Hemmung des Keimwachstums", Erreichung von "Keimfreiheit auf Festkörpern und in kosmetischen und medizinischen Erzeugnissen" (vgl. Seite 2, Zeilen 32 - 35), "Sterilisation von Festkörpern" (vgl. Seite 2, Zeile 58), von "vollständiger Abtötung zumindest aber einer Reduktion um 5 bis 6 log-Stufen von sehr resistenten Keimarten" (vgl. Seite 7, Zeilen 48 - 49) oder "Reduktion von 4 log-Stufen" (vgl. Seite 8, Zeilen 21 - 22) gesprochen.

Die Ergebnisse in der Streitpatentschrift sind weit davon entfernt zu zeigen, daß eine vollständige Abtötung aller Keime im Sinne von absoluter Steriltät bei Verwendung der oben vorgeschlagenen Gasgemische in jedem Fall in allen untersuchten Substraten oder auf Festkörpern tatsächlich erreicht werden kann. Die Kammer geht zwar von absoluter Sterilität als dem eigentlich erstrebenswerten Ziel aus, ist jedoch bereit, in dieser Frage zugunsten der Beschwerdeführer zu unterstellen, daß auch eine Keimreduzierung auf Festkörpern und in Zubereitungen verschiedener Art und die Haltbarmachung solcher Zubereitungen letztlich durch eine Abtötung von Keimen, wenn auch in geringerem Maße, erreicht wird. Da man den Angaben in der Streitpatentschrift zumindest entnehmen kann, daß bei Einwirkung der für den angestrebten Verwendungszweck vorgeschlagenen, oben näher bezeichneten Gasgemische auf bestimmte Testkeime in ausgewählten Substraten (vgl. Tabellen 1 bis 4) oder auch auf Festkörper (vgl. Seite 7, Zeile 54 bis Seite 8, Zeile 28) im Vergleich mit der Ausgangskeimzahl bzw. mit der Keimzahl von völlig unbehandelten Substraten (ohne Gas) eine Abtötung von Keimen im Sinne einer Keimreduzierung im Bereich der in der mündlichen Verhandlung von den Beschwerdeführern als signifikant geltend gemachten Größenordnung bis hin zu einer Größenordnung, die unter der Nachweisgrenze liegt, zumindest über einen beschränkten Zeitraum hinweg im wesentlichen erreicht werden konnte, geht die Kammer davon aus, daß die oben definierte Aufgabe, die in der Bereistellung von bestimmten Gasgemischen für den angestrebten Verwendungszweck zu sehen ist, tatsächlich gelöst wird.

6. Neuheit

Es konnte im Verlaufe des Verfahrens nicht gezeigt werden, daß die Verwendung der aus der in Punkt 4.2 (oben) näher bezeichneten bekannten Gruppe von kohlendioxidhaltigen Gasgemischen ausgewählten Gemische, nämlich Butan und CO2, Dimethylether und CO2 oder Butan, Dimethylether und CO2, in individualisierter Form für den im Streitpatent beanspruchten Verwendungszweck der Öffentlichkeit im Sinne von Artikel 54 (2) EPÜ bereits zugänglich gemacht worden wäre. Da dies von den Beschwerdegegnerinnen nicht bestritten wurde, erübrigen sich weitere Ausführungen zur Frage der Neuheit. Auf Grundlage des bekannt gewordenen Standes der Technik können die hier in Betracht gezogenen Ausführungsformen der Erfindung daher als neu im Sinne von Artikel 54 (1) EPÜ gelten.

Es muß daher untersucht werden, ob die vorgeschlagene Lösung im Lichte des Standes der Technik auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

7. Erfinderische Tätigkeit

7.1. In Anbetracht der Ausführungen in Punkt 3 (oben) zur Breite der Ansprüche im Streitpatent, sieht sich die Kammer veranlaßt, als erstes auf folgendes hinzuweisen. Nach ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammern ist bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Rahmen des Artikel 56 EPÜ zu beachten, daß alle Ausführungsformen der Erfindung, die unter einen rechtsgültigen Anspruch fallen, erfinderisch sein müssen. Andernfalls muß der Anspruch so geändert werden, daß er nichts Naheliegendes mehr umfaßt, damit das mit dem Patent verliehene Monopolrecht gerechtfertigt ist (siehe in dieser Hinsicht beispielsweise T 939/92, ABl. EPA 1996, 309, insbesondere Gründe, Punkt 2.4.2).

7.2. Da von den in Punkt 5.1 (oben) angeführten Ansprüchen gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen I, II, III und V die Verwendung von Gasgemischen umfaßt wird, die neben Kohlendioxid Butan und/oder Dimethylether in jedem nur denkbaren Mischungsverhältnis ohne jede Einschränkung enthalten können und somit Ausführungsformen der Erfindung, bei denen diese Gase neben Kohlendioxid in beliebig kleinen Mengen bis zu deren Nachweisgrenze herunter im Gemisch enthalten sein können, unter die oben angeführten Ansprüche fallen, fehlt es allen oben angeführten Anträgen allein schon deshalb an erfinderischer Tätigkeit, weil für solche Gemische nach allgemeinem technischen Verständnis im Vergleich mit Kohlensäure von vorneherein weder eine qualitativ noch quantitativ unterschiedliche keimtötende und haltbarmachende Wirkung zu erwarten ist und auch nicht nachgewiesen wurde.

7.3. Ungeachtet der Ausführungen in Punkt 7.2 gilt für alle Anträge, daß es für den Fachmann naheliegend war, zur Lösung der bestehenden Aufgabe aus der in Punkt 4.2 (oben) näher bezeichneten Gruppe von kohlendioxidhaltigen Gasgemischen, die, wie in Punkt 4 oben ausgeführt, auf Grund ihres Kohlendioxidgehalts von vorneherein eine keimtötende und konservierende Wirkung aufweisen, zunächst jene Gemische in Betracht ziehen, die in einer bestimmten Zusammensetzung bereits als Treibgase bevorzugt eingesetzt wurden. So ist die Verwendung des Gemisches Dimethylether und CO2 beispielsweise in der Entgegenhaltung (21) als Treibgas für ein Antiperspirations- oder Frisiermittel (siehe insbesondere Seite 17, Tabelle 2, Seiten 30 bis 31, Beispiele 5 und 6) oder in der Entgegenhaltung (22) als Treibgas für als Kosmetik-, Raum- oder Medizinalspray zu versprühenden Mischungen im allgemeinen (siehe u. a. Anspruch 1) ausführlich beschrieben. Die Verwendung von Gemischen von verflüssigten niederen Kohlenwasserstoffen, beispielsweise solchen bestehend aus 30 % Propan, 20% Isobutan und 50 % Butan mit CO2, als Treibgas ist in der Entgegenhaltung (21) ebenfalls offenbart (siehe insbesondere Seite 17, Tabelle 2, Seiten 31 bis 32, Beispiele 7).

Die vorgeschlagene Lösung war auch insofern naheliegend, als in der Entgegenhaltung (24) bereits angedeutet wurde daß es vermutlich nicht notwendig ist, Produkte, die bei der Verpackung mit Kohlendioxid druckbeaufschlagt werden, zur Haltbarmachung zu pasteurisieren, zu sterilisieren oder in anderer Weise durch Wärmeeinwirkung zu behandeln (siehe insbesondere Seite 115, Spalte 2, Zeile 11 bis Spalte 3, Zeile 6). Der Fachmann konnte daher davon ausgehen, daß derselbe vorteilhafte Effekt auch bei Gasgemischen mit einem entsprechenden Anteil an Kohlendioxid eintritt.

Somit kann das Vorbringen der Beschwerdeführer, sie hätten entgegen der Meinung der Fachwelt gefunden, daß bei der Verwendung der beanspruchten Gasgemische weder Konservierungsmittel noch mehr oder weniger aufwendige Sterilisationsmaßnahmen erforderlich seien, um Produkte keimfrei und haltbar zu machen, in Anbetracht des Standes der Technik gemäß (24) nicht als Überwindung eines Vorurteils angesehen werden. Ganz im Gegenteil, bei der Verwendung der beanspruchten Gasgemische tritt ein Effekt ein, der für den mit dem Stand der Technik gemäß der Lehre der Entgegenhaltungen (2), (15) und (24) vertrauten Fachmann vorhersehbar, auf gar keinen Fall aber überraschend war.

7.4. Ein mit der vorgeschlagenen Lösung der Aufgabe verbundener unerwarteter vorteilhafter Effekt, insbesondere die von den Beschwerdeführern in der müdlichen Verhandlung geltend gemachte synergistische Wirkungsverstärkung bei der bestimmungsgemäßen Verwendung der genannten Gasgemische zum Abtöten von Keimen und zur Haltbarmachung von Zubereitungen in dem Sinne, daß die gemeinsame Wirkung der Gasmischung größer ist als die Summe der Einzelwirkungen der Bestandteile dieser Mischung, läßt sich den Angaben in der Streitpatentschrift in keinem Fall entnehmen, da diese keinen Vergleich mit der bekannten Verwendung von Kohlendioxid für den angestrebten Zweck beinhaltet. Ein solcher Nachweis konnte auch nicht durch das gutachtlich vorgelegte Dokument (A) erbracht werden.

7.5. Ganz im Gegenteil dazu ist der Tabelle 3.1 auf der Seite 43 von (A) zu entnehmen, daß bei einer Creme vom Typ einer Öl in Wasser Emulsion, die zur Keimabtötung und Haltbarmachung mit CO2 über einen Zeitraum von acht Monaten mit einem Druck von 12 bar beaufschlagt wurde, die Verwendung der Gaskombination von ebenfalls 12 bar CO2 und zusätzlich 7 Gew-% Butan bei den Testkeimen Staph. aureus und C. albicans im Vergleich mit CO2 zu gleichen Resultaten führt und keine Verbesserung zeigt, beim Testkeim P. aeruginosa jedoch signifikant schlechter wirkt und die Keimzahl um 3 log. Einheiten höher liegt als bei der Verwendung von CO2 allein. Die Verwendung der Gaskombination 12 bar CO2 und zusätzlich 7. Gew-% Dimethylether zeigt in der Tabelle 3.1 von Dokument (A) ebenfalls keine Verbesserung gegenüber der Verwendung von CO2 allein bei einem Druck von 12 bar.

Die Beschwerdeführer haben geltend gemacht, daß es sich bei dem oben geschilderten Vergleich um sogenannte "Vorversuche" handle. Es konnte von den Beschwerdeführern jedoch nichts geltend gemacht werden und es gibt auch keinerlei Hinweise in den Unterlagen, daß diese Versuche nicht nach der Lehre gemäß den Ansprüchen des Streitpatents durchgeführt worden wären. Sie müssen daher uneingeschränkt in Betracht gezogen werden.

7.6. Die Beschwerdeführer haben in der mündlichen Verhandlung auf die Ergebnisse in den Fig. 3.1 bis 3.8 auf den Seiten 47 bis von Dokument (A), in denen ein Casein-Pepton-Soya-Pepton (CASO)-Nährmedium als Substrat verwendet wird, als repräsentativ für alle von den Ansprüchen umfaßten Gase und Gasgemische und Substrate, seien es Festkörper oder Zusammmensetzungen jeglicher Art, verwiesen.

Vergleicht man die in Kurvenform dargestellten Ergebnisse in den oben angeführten Figuren, fällt zunächst auf, daß weder bei Verwendung von Kohlendioxid noch von irgendeinem der oben angeführten Gasgemische eine völlige Abtötung aller Keime erreicht wird.

Nach Ansicht der Kammer treffen die von den Beschwerdegegnerinnen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken zu, ob aus diesen Kurven eindeutig herleitbar ist, daß eine gegebenenfalls beschleunigte Abtötung bestimmter Keime tatsächlich auf die Kombination von CO2 mit den Flüssiggasen Butan (Fig. 3.5), Dimethylether (Fig. 3.7) oder Butan und Dimethylether im Verhältnis 1:2 (Fig. 3.8) zurückzuführen ist, da hier eine Probe, die mit 10 bar CO2 druckbeaufschlagt wurde (Fig. 3.2) mit Proben verglichen wurde (Fig. 3.5, 3.7, 3.8), die jeweils zusätzlich zur Druckbeaufschlagung mit 10 bar CO2 noch allesamt die beachtliche Menge von 10 Gew.-% bezogen auf das Gewicht der Zubereitung des jeweiligen Flüssiggases enthalten, so daß der Vergleich unter völlig unterschiedlichen Partialdruckverhältnissen durchgeführt wurde, wie sich auch aus der Tabelle 3.4 herleiten läßt.

Schwerer wiegt nach Ansicht der Kammer jedoch, daß die in den Figuren auf den Seiten 47 - 51 aufgeführten Werte im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdeführer auf keinen Fall für den ganzen beanspruchten Bereich auf Grund ihrer Widersprüchlichkeit mit entsprechenden anderen Angaben in (A) repräsentativ sein können. So soll beispielsweise aus der Kurve 3.7 hervorgehen, daß zwar bei Begasung von Keimen im oben näher bezeichneten Nährmedium CASO mit der Kombination 10 bar CO2 und 10. Gew.-% Dimethylether die Keimzahl der Keime Staph. aureus, Ps. aeruginosa und B. subtilis bereits innerhalb eines Zeitraums von höchstens acht Tagen unter der Nachweisgrenze liegt, während andererseits gemäß Tabelle 3.2 auf Seiten 44 und 45 bei Begasung mit dem Gasgemisch der gleichen Zusammensetzung, nämlich der Kombination 12 bar CO2 und 7 Gew.-% Dimethylether, die voll im beanspruchten Bereich liegt, die Keimzahl derselben, oben angeführten Keime Staph. aureus, Ps. aeruginosa und B. subtilis sowohl in einer Creme als auch im selben Nährmedium CASO selbst nach einem Monat immer noch 102 (log 2)/g Substrat beträgt und beispielsweise beim Keim Staph. aureus die Keimzahl über diesen gesamten Zeitraum lediglich um eine log. Einheit reduziert werden konnte.

Ähnlich widersprüchliche Angaben finden sich bei der Begasung mit dem Gemisch 10 bar CO2 und 10 Gew.-% Butan/Dimethylether (1:2):

Bei Ps. aeruginosa liegt die Keimzahl innerhalb von weniger als 8 Tagen unter der Nachweisgrenze in Fig. 3.8, gegenüber 102 (log 2)/g Substrat in einer Creme noch nach einem Monat in Tabelle 3.2;

bei B. subtilis liegt die Keimzahl innerhalb von weniger als 8 Tagen unter der Nachweisgrenze in Fig. 3.8, gegenüber einer Keimzahl von 103 (log 3)/g Substrat im selben Nährmedium CASO nach einem Monat in Tabelle 3.2.

7.7. Aus alledem muß der Schluß gezogen werden, daß die Vorteile der Erfindung, die gegenüber dem nächstliegenden Stand der Technik von den Beschwerdeführern geltend gemacht wurden, weder hinreichend belegt sind, noch daß die von den Beschwerdegegnerinnen im Verlaufe des Verfahrens nach Ansicht der Kammer zu Recht vorgetragenen Bedenken gegen das Bestehen der geltend gemachten Vorteile in überzeugender Weise ausgeräumt werden konnten. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern können Vorteile, deren Geltendmachung mit den oben angeführten Mängeln behaftet ist, bei der Ermittlung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe und damit für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden (vgl. in dieser Hinsicht T 20/81, ABl. EPA 1982, 217, Gründe, Punkt 3). Dies ist hier, wie oben ausführlich gezeigt wurde, der Fall.

7.8. Obwohl bereits auf Grund der obigen Ausführungen keiner der Anträge gewährbar ist, soll der Vollständigkeit halber soll noch auf die Ausführungsformen der Erfindung, welche die Verwendung von Butan oder Dimethylether für den beanspruchten Zweck betreffen, kurz eingegangen werden.

Aus der Tabelle 3.2 des von den Beschwerdeführern selbst zum Nachweis erfinderischer Tätigkeit vorgelegten Dokuments (A) ist zu entnehmen, daß sich bei der Verwendung von Butan in einer Creme die Keimzahl der Keime Staph. aureus, und M. terrae nach einem Monat gegenüber einer völlig unbehandelten Probe der gleichen Creme bis zu 2 log. Einheiten verschlechtert, bei den Keimen Ps. aeruginosa, B. subtilis und B. stearothermophilus lediglich auf gleichem Nineau bleibt und nur bei einem der getesteten Keime (A. niger) um 2 log. Einheiten reduziert werden kann.

Butan muß daher, entgegen dem, was ausdrücklich beansprucht wird, für die Verwendung als Mittel zur Abtötung von Keimen jeglicher Art in Zubereitungen aller Art, geschweige denn zu deren Haltbarmachung, auf Grundlage der von den Beschwerdeführern selbst vorgelegten Ergebnisse und Nachweise nur als bedingt oder überhaupt nicht geeignet eingestuft werden.

Aus der Tabelle auf Seite 80 von (A) geht hervor, daß die Oberfläche eines kontaminierten chirurgischen Geräts weder nach 24 noch nach 48 Stunden Begasung mit Dimethylether von einer Kontamination mit Ps. aeruginosa, B. subtilis, Staph. aureus und A. niger, d. h. 4 von 5 getesteten Keimen, befreit werden kann. Ganz im Gegenteil, das Keimwachstum kann nach den Angaben in (A) nicht einmal gehemmt werden.

Dimethylether kann daher, entgegen dem was ausdrücklich beansprucht wird, für die Verwendung als Mittel zur Abtötung von Keimen jeglicher Art auf Festkörpern jeglicher Art, geschweige denn zu deren Sterilsation, auf Grundlage der von den Beschwerdeführern selbst vorgelegten Ergebnisse und Nachweise nur als bedingt oder als nicht geeignet eingestuft werden.

Für die beiden letztgenannten Ausführungsformen der Erfindung ist schon aus diesem Grund auch keine Grundlage für eine erfinderische Tätigkeit ersichtlich. Es könnte in diesem Zusammenhang in Anbetracht der oben angeführten Ergebnisse vielmehr die Frage gestellt werden, ob hier überhaupt eine technische Aufgabe im gesamten beanspruchten Bereich gelöst wird.

7.9. Da weder der Haupt- noch einer der Hilfsanträge unter Berücksichtigung der vorstehend angeführten Entgegenhaltungen und Beweismittel die Anforderungen an die erfinderische Tätigkeit (Artikel 52 (1) i. V. mit Artikel 56 EPÜ) erfüllen, braucht auf die übrigen, im Verlaufe des Verfahrens vorgebrachten Entgegenhaltungen und Beweismittel nicht eingegangen zu werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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