T 0254/95 (Diversityantennen-Anordnung/KOLBE) of 16.10.1997

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1997:T025495.19971016
Datum der Entscheidung: 16 October 1997
Aktenzeichen: T 0254/95
Anmeldenummer: 87904246.3
IPC-Klasse: H01Q 1/32
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Diversity-Antennenanordnung
Name des Anmelders: FUBA Automotive GmbH
Name des Einsprechenden: Robert Bosch GmbH
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54(2)
European Patent Convention 1973 Art 54(3)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 100(c)
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Neuheit und erfinderische Tätigkeit (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf den Gegenstand der am 5. Juni 1987 angemeldeten europäischen Patentanmeldung Nr. 87 904 246.3 ist am 31. März 1993 das 21 Ansprüche umfassende Patent Nr. 269 723 erteilt worden.

Der unabhängige Anspruch 1 dieses Patents lautet:

"Diversityantennen-Anordnung für ein bewegliches Fahrzeug, z. B. ein Kraftfahrzeug, mit mindestens zwei Diversityantennen und mit einem im Bereich einer Scheibe, z. B. einer PKW-Heckscheibe, angeordneten Heizfeld mit stirnseitig angeordneten Sammelschienen zur Zuführung des Heizstroms und mit zwischen diesen angeordneten zu heizenden Leiterteilen,

dadurch gekennzeichnet, daß mindestens zwei der Diversityantennen aus dem Heizfeld gebildet sind, daß jede dieser Diversityantennen derartige stirnseitig angeordnete Sammelschienen (4a, 4d; 4b, 4c) und zwischen diesen angeordnete zu heizende Leiterteile (2a, "b) und ein Klemmenpaar aufweist, das mit einem Anschlußnetzwerk (8a, 8b) der aus dem Heizfeld gebildeten Diversityantenne verbunden ist, daß jedes Klemmenpaar einen Masseanschlußpunkt (14a, 14b) und einen Leiterteil-Anschlußpunkt (5a, 5b) aufweist, daß die Leiterteil-Anschlußpunkte (5a, 5b) aller aus dem Heizfeld gebildeten Diversityantennen derart angeordnet sind, daß sie HF-mäßig weitgehend voneinander entkoppelt sind, und daß in den Heizstromzuführungsleitungen HF-Leistung sperrende Zuführungsnetzwerke (6a - d) vorgesehen sind".

Die Ansprüche 2 bis 21 sind auf Anspruch 1 zurückbezogen.

II. Gegen das erteilte Patent hat die jetzige Beschwerdegegnerin Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu wiederrufen, da dessen Gegenstand nicht Neuheit und/oder erfinderische Tätigkeit aufweise.

III. Die Einspruchsabteilung hat durch Entscheidung vom 23. Januar 1995 das Patent mit der Begründung widerrufen, daß der Gegenstand des Patents im Hinblick auf den Stand der Technik nach dem Dokument

D1: EP-A-0 065 263

nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhe. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung wird noch erwähnt (aber nicht darauf eingegangen), daß gemäß dem Einsprechenden der Patentgegenstand auch durch die Kombination der Dokumente D1 und

D6: DE-A-3 410 415

nahegelegt sei. Es wird angegeben, daß weitere, von dem Einsprechenden genannte Dokumente, nur in untergeordneten Rollen zur Belegung des allgemeinen Fachwissens mit herangezogen würden.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Patentinhaberin am 17. März 1995 unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde eingelegt. Die schriftliche Begründung der Beschwerde ist am 23. Mai 1995 eingegangen.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt, den Widerruf des europäischen Patents aufzuheben und das Patent mit einem neuen Anspruch 1 gemäß Hauptantrag, hilfsweise gemäß einem Hilfsantrag, zu bestätigen. Der geänderte Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich von dem des widerrufenen Patents nur dadurch, daß im kennzeichnenden Teil die Ausdrücke "einen Leiterteil-Anschlußpunkt (5a, 5b)" und "die Leiterteil-Anschlußpunkte (5a, 5b)" zu "einen Sammelschiene-Anschlußpunkt (5a, 5b)" bzw. "die Sammelschiene-Anschlußpunkte" geändert wurde. Auch wurde nach diesen Änderungen im kennzeichnenden Teil angegeben, daß "die Antennen" HF-mäßig ... entkoppelt sind, statt wie im widerrufenen Anspruch 1 "sie" ... entkoppelt sind. Diese Änderungen wurden auch im Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag eingeführt.

Die Beschwerdeführerin hat die Auffassung vertreten, daß in der angefochtenen Entscheidung die Aufgabenstellung der Erfindung nicht "fair" aufgestellt worden ist, und daß die Einspruchsabteilung eine ex-post-Betrachtung angewendet hat.

V. In einem Schriftsatz, eingereicht am 21. September 1995, hat die Beschwerdegegnerin dem Vorbringen der Beschwerdeführerin widersprochen und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Sie hat auch die Meinung ausgedrückt, daß die von der Beschwerdeführerin ausgeführten Änderungen des Anspruchs 1 ("Leiterteil-Anschlußpunkt" zu "Sammelschiene-Anschlußpunkt") nicht in Übereinstimmung mit Artikel 123 (3) seien. Außerdem verstöße der erteilte Anspruch gegen Artikel 123 (2). Bei einer Kollision der Vorschriften des Artikels 123 (2) und des Artikels 123 (3) sei das Patent gemäß G 1/93 zu widerrufen.

VI. In einem Bescheid vom 15. November 1996 hat die Kammer die Auffassung vertreten, daß die genannte Änderung des Anspruchs 1 erlaubt sei, und daß der Gegenstand des Anspruchs 1 im Prüfungsverfahren nicht in unzulässiger Weise eingeschränkt wurde. Außerdem hat die Kammer die von der Einspruchsabteilung definierte Aufgabenstellung,

"Eine Diversityantennen-Anordnung anzugeben, die aus einem Heizfeld mit mindestens zwei Antennen besteht, die jeweils über ein Klemmenpaar anschaltbar sind",

kritisiert, weil diese das, von der Einspruchsabteilung als wichtigste, Unterscheidungsmerkmal der Erfindung vom Stand der Technik gemäß D1 schon beinhalte, d. h. daß "mindestens zwei der Diversityantennen aus dem Heizfeld gebildet sind". Die Aufgabenstellung dürfe, aber, gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern keine Lösungsansätze enthalten.

VII. In einem Schriftsatz, eingereicht am 4. Dezember 1996, hat die Beschwerdegegnerin die Auffassung der Kammer bezüglich der Erweiterung des Schutzumfanges widersprochen und die Meinung geäußert, daß, ausgehend von der Lehre der D1 und mit einem neuen von der Kammer vorgeschlagenen Aufgabenstellung, eine erfinderische Tätigkeit der Erfindung sich nicht begründen lasse.

VIII. Die Beschwerdeführerin hat im Schriftsatz, eingereicht am 21. Mai 1997, dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin bezüglich sowohl der Erweiterung des Anspruchs 1 als auch der fehlenden erfinderischen Tätigkeit widersprochen. Ihrer Meinung nach liege der Erfindung die Aufgabe zugrunde,

"den Aufwand für ein Diversityantennen-Antennensystem zu verringern und außerdem die Empfangseigenschaften des Diversityantennen-Antennensystems zu verbessern".

Außerdem hat die Beschwerdeführerin einen neuen Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag eingereicht.

IX. Nach einer Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 22. Juli 1997 hat die Beschwerdegegnerin im Schreiben, eingereicht am 16. September 1997, auf das Dokument D9 (DE-C-2 835 938) hingewiesen um zu zeigen, daß in Heizstromzuführungsleitungen beider Sammelschienen einer Heizleiterantenne ein HF-Leistungsperrendes Zuführungsnetzwerk vorhanden sei.

X. In der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 1997 hat die Beschwerdeführerin einen neuen Hauptantrag gestellt, nämlich die Aufrechterhaltung des Patents in ungeänderter Form, d. h. wie erteilt, hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung auf der Grundlage des am 23. Mai 1995, mit der Beschwerdebegründung vom 22. Mai, eingereichten geänderten Anspruchs (erster Hilfsantrag), oder des am 21. Mai 1997 eingereichten geänderten Anspruchs (zweiter Hilfsantrag).

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückverweisung der Beschwerde der Patentinhaberin.

XI. Die Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung ein neues Dokument vorgebracht, nämlich

D2: EP-A-0 197 650,

das die Neuheit des Patentgegenstandes nach Artikel 54 (3) vorwegnehmen solle.

XII. In dem Verfahren vor der Kammer haben die Parteien im wesentlichen folgendes ausgeführt.

XII.1 Die Beschwerdegegnerin:

Das, in der mündlichen Verhandlung, neu zitierte Dokument D2, obwohl im Verfahren vor der Einspruchsabteilung und der Kammer nicht diskutiert, wurde in der Entscheidung der Einspruchsabteilung aufgelistet, weil es im Recherchenbericht genannt sei. Es sei deshalb zulässig dieses Dokument im Verfahren zu verwenden. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei ohne weiteres auf die Offenbarung der D2 (Fig. 1) zu identifizieren. Auf Seite 2 (Zeilen 18 bis 20) in D2 sei angegeben, daß eine Antennenanordnung geschaffen werde, die Pegeleinbrüche effektiv kompensieren könne. Dabei werde die Technik des Diversityempfangs verwendet, wobei aus einem Heizelement zwei Antennen gebildet werden. Auf Seite 3 (Zeilen 25 bis 30) sei angegeben, daß viele Anschlußpunkte ("multiple connections") an unterschiedlichen Teilen des Heizelements ("the heating element") angeordnet werden können, welche Anschlußpunkte über Trennschaltungen ("separating circuitry") zu den Kontakten des Radiosignals geführt werden. Die unterschiedlichen Konfigurationen der Antennen werden von unterschiedlichen Anordnungen und/oder Orientation und/oder Raumdisposition der unterschiedlichen Teilen des Heizelements abgeleitet. Auf Seite 7 (Zeilen 4 bis 6) werde angegeben, daß, bei zwei Konfigurationen, Pegeleinbrüche bei der eine Konfiguration mit großer Sicherheit nicht von der anderen Konfiguration gespürt werden.

XII.2 Beschwerdeführerin:

Nach Meinung der Beschwerdeführerin sei das Dokument D2 weder im Verfahren vor der Einspruchsabteilung, noch vor der Beschwerdekammer aufgegriffen worden, und müsse deshalb als verspätet eingereicht gelten und dürfe deshalb nicht bei der mündlichen Verhandlung in Betracht gezogen werden.

Bezüglich der Lehre des Dokuments D2 sei zu bemerken, daß bei der Antennenanordnung gemäß D2, zwar dieselbe Heizfeldstruktur für zwei verschiedene Diversityantennen verwendet werde, zwischen welchen umgeschaltet werde, jedoch sei die eine Antenne als Dipol ausgebildet und habe deshalb keinen Massenanschlußpunkt wie von Anspruch 1 verlangt werde. Die Neuheit des Patents könne deshalb nicht angefochten werden.

Um die Qualität der Erfindung verstehen zu können müsse davon ausgegangen werden was am Prioritätsdatum für den Fachmann bekannt war. UKW-Wellen zeigen in Gebieten, wie im Gebirge oder in Städten mit hohen Gebäuden, große Laufzeitunterschiede auf. Die Wellenfelder können an Hindernissen reflektierte Wellenfelder vektoriell überlagert sein, was zu einer Minderung oder sogar Auslöschung des Wellenfelds führen könne und sich im empfangenen Signal als Pegeleinbruch äußere.

Diversityantennen-Antennen sollen solche Empfangsstörungen beheben und umfassen deshalb mehrere auf dem Fahrzeug verteilte Antennen. In der Zeit vor dem Prioritätsdatum konnten unterschiedliche Antennen sogar an der Karosserie (vorne und hinten) gelegen sein.

Wie aus dem Dokument D1 bekannt sei, sind bei herkömmlichen Diversityantennen-Systemen die einzelnen Diversityantennen des Systems so dimensioniert, daß jede Antenne ein geeignetes Richtdiagramm hat, und daß der Korrelationsfaktor möglichst klein ist. Bei Übereinstimmung sei der Korrelationsfaktor 1, während bei Faktor Null die Signale grundverschieden seien.

Die Auffassung sei damals gewesen, daß ein Diversityantennen-System so aufgebaut werden sollte, daß die Abstände zwischen den Antennen vergleichweise groß sein sollten. In dem Buch von Meinke und Gundlach, "Taschenbuch der Hochfrequenztechnik", 3. Auflage, 1968, Seiten 1526 bis 1528, sei angegeben, daß zwei oder mehr Antennen räumlich einige Wellenlängen voneinander entfernt angeordnet sein müssen. Der mittlere Erfahrungswert für die Verbesserung des Störabstands bei zwei Antennen sei 5 . Im UKW-Bereich würde dies einem Abstand von 15 m entsprechen. D1 berücksichtige diese Problematik so gut es eben könne, indem die Hauptantenne im freien Scheibenbereich oberhalb des Heizfelds angeordnet sei und die durch das Heizfeld gebildete Hilfsantenne über den untersten, zu heizenden Leiterteil des Heizfelds angeschlossen werde. Bei herkömmlichen Diversityantennen-Systemen werde also versucht, den Abstand der Antennen so groß wie möglich zu machen.

Während die Konstruktion von Diversityantennen-Systemen gemäß Stand der Technik, wie in der D1 demonstriert worden sei, auf die Bemessung der Antennen hinsichtlich ihres Richtdiagramms und auf dem auf das gesamte Empfangssignal bezogenen Korrelationsfaktors abstelle, gehe die Erfindung einen grundsätzlich anderen Weg. Ausgangspunkt der Erfindung sei die Überlegung gewesen, daß es für einen störungsfreien Empfang auf den absoluten Pegel des empfangenen Signals nicht ankomme, solange der Empfangspegel nur hinreichend über dem Rauschpegel liege. Zu Empfangsstörungen komme es lediglich bei tiefen Pegeleinbrüchen, die bis in der Nähe des Rauschpegels oder darunter liegen. Meßfahrten der Erfinder haben aber gezeigt, daß tiefe Pegeleinbrüche der Fahrtstrecke entlang normalerweise räumlich eng begrenzt seien und daß bereits in unmittelbarer Nachbarschaft dessen das Empfangssignal gewöhnlicherweise wieder auf einen Pegelwert ansteige, der einen guten Empfang ermögliche. Figur 3 der Patentschrift zeige Beispiele für den gemessenen Pegelverlauf von zwei vergleichweise eng benachbarten Antennen. Dabei sei zu bemerken, daß der Empfangspegel mindestens einer der zwei Antennen immer außerhalb eines den Empfang störenden tiefen Pegeleinbruchs liege.

Erst die Idee, die Antennen so zu bemessen, daß sie unter dem Gesichtspunkt einer möglichst geringen Anzahl gleichzeitig auftretender Empfangsstörungen störungsabhängig dekorreliert seien, erlaube die Integration mehrerer eng benachbarter flächiger Antennen in ein gemeinsames Heizfeld. Es sei das Verdienst der Erfinder erkannt zu haben, das sich in einem herkömmlichen Heizfeld z. B. in der Heckscheibe eines Kraftfahrzeugs wenigstens zwei solche flächenhafte Antennenstrukturen unterbringen lassen, ohne die HF-mäßige Entkopplung in Frage zu stellen. Die Erfinder haben erkannt, daß die Haupteinflußgröße auf die HF-mäßige Entkopplung die Art und Weise der Anordnung der Anschlußpunkte sei. Dabei komme es nicht nur auf die Lage des Anschlußpunktes, sondern auch auf dessen Lage relativ zu den Anschlußpunkten der Heizstromzuführungsleitungen an. Die Heizstromzuführungsleitungen enthalten Zuführungsnetzwerke, die durch ihre HF-leistungssperrenden Eigenschaften ebenfalls die HF-Entkopplung des Systems beeinflussen.

XII.3 Beschwerdegegnerin:

Durch die Offenbarung des Dokuments D1 könne die Neuheit, oder alternativ die erfinderische Tätigkeit, der Erfindung als vorweggenommen betrachtet werden.

In D1 sei eine Diversityantennen-Anordnung offenbart, die sämtliche im Oberbegriff von Anspruch 1 genannte Merkmale aufweise. Aus D1 (siehe besonders Figur 8) sei eine Heckscheibe eines Kraftfahrzeugs mit einer im oberen Bereich angeordneten Hauptantenne und einer im unteren Bereich bis über die mittlere Höhe der Heckscheibe reichenden Hilfsantenne zu entnehmen, wobei die Hilfsantenne gleichzeitig zur Beheizung der Heckscheibe diene. Aus Figur 8 sei also zu entnehmen, daß eine der beiden Antennen als Heizleiterstruktur ausgebildet sei. Außerdem sei in D1, Seite 16, Zeilen 3 bis 6, ausgeführt:

"However, in addition to the main antenna and the subsidiary antenna, there may further be provided at least one main antenna, main antenna and subsidiary antenna, or subsidiary antenna, at an appropriate portion of the same glass antenna system".

Aus dieser Schriftstelle sei also zu entnehmen, daß auch die Hauptantenne im Heizfeld eingebaut werden könne. Somit sei aus D1 zu entnehmen, daß beide Diversityantennen nach D1 im Heizfeld liegen können. Die in Figur 8 gezeigte Hilfsantenne habe stirnseitig angeordnete Sammelschienen (27, 27a, b) und zwischen diesen angeordnete zu heizende Leiterteile (26) und ein Klemmenpaar, das mit einem Anschlußnetzwerk (30) der aus dem Heizfeld gebildeten Diversityantenne verbunden sei. Das Klemmenpaar bestehe aus Anschlußpunkt (25) an einem Leiterteil und selbstverständlich aus einem Massenanschlußpunkt, der nicht in Figur 8 spezifisch gezeigt worden sei. Auch sei der D1 zu entnehmen (Seite 12, letzter Absatz), daß die Leiterteil-Anschlußpunkte derart angeordnet seien, daß sie HF-mäßig weitgehend voneinander entkoppelt seien ("the lead wire for the above subsidiary antenna is selected for ist length, pattern and position ...to minimize the f characteristic and not to affect the performance of the main antenna"). Auch sei das letzte kennzeichnende Merkmal der D1 zu entnehmen, weil in Figur 8 in den Heizstromzuführungsleitung der Hilfsantenne ein HF-Leistung sperrendes Zuführungsnetzwerk vorgesehen sei. Natürlicherweise müsse eine zweite Antenne im Heizfeld der genannten Hilfsantenne entsprechend ausgerüstet sein. Somit sei die Neuheit der Erfindung vorweggenommen.

Würde die Kammer jedoch zum Schluß kommen, daß die Erfindung neu sei, sei diese für den Fachmann jedenfalls naheliegend. Ansprüche 1 aller Anträge seien alle sehr vage formuliert. Die von der Beschwerdeführerin angegebenen Unterschiede und Vorteile der Erfindung seien aus den Ansprüchen nicht zu entnehmen. Z. B. sei nichts über Korrelation angegeben. Auch gemäß den Anordnungen der D1 sei der Abstand zwischen den Antennen sehr klein. Jedoch funktionieren die Antennen als eine Diversityantennen-Anordnung. Es dürfe deshalb für den Fachmann naheliegen zu probieren, ob eine Diversityantennen-Anordnung mit zwei Antennen aus einem Heizleiterstruktur aufgebaut werden könnte. Er würde dann offenbar zu der Anordnung gemäß der Erfindung gelangen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Hauptantrag

2. Interpretation des Anspruchs 1

Die Interpretationsfrage des Anspruchs 1 wurde schon in diesem Verfahren vor der Kammer angeschnitten (Siehe V bis VII oben).

Die Kammer stellt fest, daß im Oberbegriff des ursprünglichen Anspruchs 1 zwischen "stirnseitig angeordneten Leiterteilen (Sammelschienen)" und "zu heizenden Leiterteile" unterschieden wurde. Im erteilten Anspruch 1 wurden die "stirnseitig angeordneten Leiterteile" im Oberbegriff und am Anfang des kennzeichnenden Teiles (vgl. Zeilen 35, 36 des Anspruchs 1 in der Patentschrift) als "stirnseitig angeordnete Sammelschienen" bezeichnet. Nach Meinung der Kammer sind diese Sammelschienen trotzdem als Leiterteile anzusehen. Das geht auch deutlich aus der Beschreibung des Patents hervor, siehe z. B. Spalte 4, erster Absatz und die Figuren, die deutlich zeigen, daß Heizgleichströme den Sammelschienen zugeführt werden und daß somit auch die Sammelschienen als Leiterteile aufgefaßt werden müssen. Deshalb muß der Text des erteilten Anspruchs 1 (Zeilen 40 bis 43 in der Patentschrift), daß "jedes Klemmenpaar einen Massenanschlußpunkt (14a, 14b) und einen Leiterteil-Anschlußpunkt (5a, 5b) aufweist" so (wie von Beschwerdeführerin vorgeschlagen) interpretiert werden, daß der Leiterteil-Anschlußpunkt (5a, 5b) an einem Anschlußpunkt entweder an den Sammelschienen oder an den zu heizenden Leiterteilen gelegen sein muß. Dies ist auch deutlich aus den abhängigen Ansprüchen, die jedoch die Ausführungsbeispiele der Erfindung definieren, zu entnehmen, weil viele von diesen (vgl. z. B. Anspruch 2 des Patents) deutlich angeben, daß die Anschlußpunkte auf den Sammelschienen liegen.

Wie oben ausgeführt (Siehe unter V) hat die Beschwerdegegnerin angedeutet, daß der erteilte Anspruch 1 nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) entspräche. Die Kammer ist aber, wie hier gezeigt, zu einem anderen Ergebnis gekommen. Außerdem stellt die Kammer fest, daß Artikel 100 c) EPÜ (Artikel 123 (2) entsprechend) im vorabgehenden Einspruchsverfahren nicht als Einspruchsgrund vorgebracht worden ist und deshalb diese Sache nur mit Einverständnis der Patentinhaberin geprüft werden darf (G 10/91).

3. Einreichen des neuen Dokuments D2

Dokument D2 wurde erst während der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdegegnerin vorgebracht. Die Beschwerdeführerin hat als ihre Auffassung ausgedrückt, daß dies nicht zulässig sei. D2 ist ein sogenanntes P-Dokument, d. h. mit älterer Priorität als der des Streitpatents aber veröffentlicht nach dem Prioritätsdatum des Streitpatents.

Die Kammer ist der Meinung, daß das Dokument im Hinblick auf die Neuheit der Erfindung unter Artikel 54 (3) EPÜ nicht relevant ist. Es scheint nämlich der Kammer, daß prima facie die Ausführungen der Beschwerdeführerin korrekt waren, indem sie zeigten, daß die eine der beiden Antennen der Diversityantennen-Anordnung gemäß D2 als Dipol arbeitete und deshalb keinen Massenanschlußpunkt in dem Sinne des Anspruchs 1 haben konnte. Die Kammer stellt deshalb fest, daß das Dokument erstens verspätet vorgebracht worden ist und zweitens nicht relevant ist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern bezüglich des Artikels 114 (2) EPÜ braucht das Dokument D2 somit nicht berücksichtigt zu werden.

4. Neuheit bezüglich Dokument D1

Die Kammer schließt sich den Ausführungen der Beschwerdegegnerin bezüglich der Aufbau der Diversityantennen-Anordnung gemäß D1 unter XII.3, zweiter Absatz, an.

Die Beschwerdegegnerin hat erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ausgeführt, daß die Lehre der D1 die Neuheit der Erfindung gemäß Anspruch 1 vorwegnehme. Dabei stützt sie sich besonders auf die Textstelle auf Seite 16, um zu zeigen, daß die Offenbarung der D1 auch eine Diversityantennen-Anordnung mit zwei im Heizfeld angeordneten Antennen aufweist (vgl. unter XII.3). Die Kammer vermag aber diese Textstelle nicht so zu interpretieren, daß gemäß D1 eine Anordnung gemäß der Erfindung entsteht. Es ist sehr unklar wie die, auf Seite 16 angegebenen, Kombinationen mit der beschriebenen Diversityantennen-Anordnung kombiniert, positioniert und aufgebaut werden müssen. Obwohl angegeben ist, daß in dem beschriebenen Antennensystem noch die genannten Kombinationen an einem geeigneten Teil desselben Antennensystems ("at an appropriate portion of the same glass antenna system") angeordnet sein können, bedeutet diese Lehre nach Meinung der Kammer nicht, daß diese zusätzlichen Antennen in der Struktur des Heizfeldes integriert sein sollten. Somit ist nach Meinung der Kammer aus der D1 nicht zu entnehmen, daß zwei Diversityantennen, wie gemäß Anspruch 1, aus dem Heizfeld gebildet werden und der Gegenstand des Anspruchs 1 ist deshalb gegenüber dem Gegenstand der D1 neu.

5. Erfinderische Tätigkeit

Wie oben ausgeführt (siehe unter VI) ist die Kammer der Meinung, daß die von der Einspruchsabteilung genannte Aufgabenstellung ("eine Diversityantennen-Anordnung anzugeben, die aus einem Heizfeld mit mindestens zwei Antennen besteht...") schon Lösungsansätze beinhaltete, welches mit der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern nicht in Einklang war. Ohne diese Aufgabenstellung scheint es aber der Kammer, daß es auf den ersten Blick überhaupt nicht selbstverständlich ist, zwei Antennen in das Heizfeld gemäß D1 einzubauen. Im Bescheid vom 15. November 1996 hat die Kammer vorgeschlagen, daß, ausgehend von der Offenbarung der D1, eine Aufgabenstellung darin gesehen werden könnte, daß "substantiell die ganze Glasfläche einer Heckscheibe aufgeheizt werden soll und daß außerdem die Empfangseigenschaften des Antennensystems verbessert werden sollte". Diese Aufgabenstellung wurde aber von der Beschwerdeführerin nicht als geeignet angesehen (siehe unter VIII). Bei der Bemessung des Heizfeldes würden nämlich üblicherweise Glasflächenbereiche nicht erwärmt, die aufgrund der Karosserieform für die Sicht nach hinten nicht relevant seien. Auch spiele abhängig vom Fahrzeugtyp die elektrische Leistung des Heizfelds eine Rolle, da große zu beheizende Flächen eine entsprechend dimensionierte Batterie mit entsprechend stark bemessener Lichtmaschine erfordern. Auch aus Kostengründen werde nur eine Teilbeheizung der Scheibe angestrebt. Der Kammer scheint es, daß diese Ausführungen der Beschwerdeführerin zutreffend sind. Es scheint überhaupt nicht selbstverständlich, daß ausgehend von D1 der Fachmann die ganze Heckscheibenfläche erwärmen möchte.

Die Kammer stellt fest, daß die Beschwerdegegnerin ihrerseits nicht eine Aufgabenstellung vorgeschlagen hat. Im Schriftsatz, eingereicht am 21. September 1995 hat sie prinzipiell die Entscheidung der Einspruchsabteilung verteidigt, im Schriftsatz, eingereicht am 4. Dezember 1996 hat sie die von der Kammer vorgeschlagene Aufgabenstellung (von 15. November 1996) verwendet und gemeint, daß der Fachmann ohne weiteres ausgehend von dieser Aufgabenstellung auch die Ausgestaltung der Hauptantenne als Heizdrahtstruktur in Erwägung ziehen würde.

In der mündlichen Verhandlung hat sie aber hauptsächlich nur die Neuheit der Erfindung angegriffen und die Argumentation gegen die erfinderische Tätigkeit der Erfindung war nicht deutlich nachzuvollziehen. Sie hat aber ausgeführt, daß schon die Tatsache, daß gemäß D1 die Hauptantenne in der Tat sehr nahe an dem als Hilfsantenne ausgebildeten Heizfeld positioniert sei, für den Fachmann ein Indiz sei, die zwei Antennen in das Heizfeld zu integrieren. Die Kammer stellt fest, daß auf Seite 11, vorletzter Absatz in D1 ausgeführt ist, daß die zwei Antennen so nahe aneinander positioniert werden können, daß sie HF-mäßig einander beeinflussen, um die Richtverstärkungsfaktoren der Antennen zu beeinflussen. Sie dürfen aber mit einander nicht verbunden werden, weil dann die Hauptantenne und die Hilfsantenne keine unterschiedliche Richtdiagramme aufweisen würden und deshalb die ganze Anordnung nicht in geeigneter Weise funktionieren würde. Dies scheint das zu unterstützen, was von der Beschwerdeführerin schon immer behauptet wurde, nämlich, daß die Lehre der D1 darauf abgestellt ist, daß die Richtdiagramme der beiden Antennen unterschiedlich sind und einander komplementieren. Dies ist auch von der Konstruktion der gezeigten unterschiedlichen Hauptantennen zu verstehen, weil alle, außer der Antenne gemäß Figur 2, eine Struktur haben, die ganz unterschiedlich von der des Heizfeldes ist. Die Hauptantenne gemäß Figur 2, deren Struktur der Struktur des Heizfeldes ähnlich und außerdem symmetrisch ist, bildet eine Ausnahme. Die Antennen nach Figuren 3 bis 8, die komplizierte asymmetrische Strukturen aufweisen, sind aber offenbar vorzuziehen (D1, Seite 13, Zeilen 19 bis 20), weil dann die Richtverstärkungsfaktoren der Antennen leichter beeinflußt werden können.

Die Beschwerdegegnerin hat gemeint, daß der Fachmann jedenfalls probieren würde, ob es möglich sei mindestens zwei Diversityantennen im Heizfeld zu integrieren. Die Kammer ist aber der Auffassung, daß die Beschwerdegegnerin keine überzeugende Argumente für ihre Auffassung gegeben hat. Auch kann die Kammer nicht solche Argumente, weder in der Entgegenhaltung D1, noch in den anderen genannten Entgegenhaltungen finden. Obwohl die meisten, möglicherweise sogar alle anderen Merkmale des Anspruchs 1 auf die Hilfsantenne der Figur 8 der D1 (Sammelschienen, Klemmenpaar, Anschlußnetzwerk, HF-Leistung sperrendes Zuführungsnetzwerk) zu identifizieren sind, stellt die Kammer fest, daß das wichtigste Merkmal der Erfindung, nämlich, daß "mindestens zwei der Diversityantennen aus dem Heizfeld gebildet sind" in D1 weder angedeutet ist, noch diesem Dokument auf andere Weise zu entnehmen ist. Dies gilt auch für alle andere im Verfahren genannte Entgegenhaltungen (bezüglich der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 des Hauptantrags wurde in der mündlichen Verhandlung nur D1 an sich verwendet).

Die Kammer stellt fest, daß die Erfindung sich auf ein anderes Konzept als die herkömmliche Antennen-Anordnung gemäß D1 stützt. Es wird nicht nur auf "statische" Richtdiagramme abgestellt. Im Gegenteil wurde bei der Erfindung eingesehen, daß es auf den absoluten Pegel eines empfangenen Signals nicht ankommt um einen störungsfreien Empfang zu erfahren. Wichtig ist, daß das Signal nur hinreichend über dem Rauschpegel liegt. Der Erfinder hat somit den Zeitaspekt eingeführt. Die Bemessung der Anordnung erfolgt nämlich so, daß die Anzahl der an den Einzelantennen während einer Fahrt gleichzeitig auftretende Einbrüche der Empfangssignalpegel minimiert wird. Die separaten Antennen der Diversityantennen-Anordnung gemäß der Erfindung können minimal zu einander verschoben sein oder sie können sogar dieselben Heizleiter benutzen unter der Voraussetzung, daß die Leiterteil-Anschlußpunkte so gewählt werden, daß eine HF-mäßige Entkopplung entsteht.

Mit der Erfindung wird außerdem erreicht, daß eine und dieselbe Heckscheibe sowohl für Fahrzeuge mit Diversityantennen-Anordnungen als auch für Fahrzeuge ohne eine solche Anordnung verwendet werden können. Im Falle der D1 ließe sich dies nur erreichen, wenn stets eine Heckscheibe mit aufgedruckter Hauptantenne eingebaut würde. Bei der Erfindung kann ohne größeren Herstellungsaufwand stets die gleiche Heckscheibe verwendet werden.

6. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des angefochtenen Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Artikel 52 (1) und 56 EPÜ).

7. Eine Prüfung der Hilfsanträge erübrigt sich, weil die Kammer zum Schluß gekommen ist, daß schon der Hauptantrag der Beschwerdeführerin akzeptiert werden kann.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben;

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage das Patent unverändert (wie erteilt) aufrechtzuerhalten.

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