T 0168/95 () of 22.4.1997

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1997:T016895.19970422
Datum der Entscheidung: 22 April 1997
Aktenzeichen: T 0168/95
Anmeldenummer: 88116313.3
IPC-Klasse: F27B 7/20
F27D 13/00
C04B 7/43
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung und Verfahren zur Wärmebehandlung von feinkörnigem Gut
Name des Anmelders: Krupp Polysius AG
Name des Einsprechenden: F C B
F. L. Smidth & Co. A/S
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Neuheit - erfinderische Tätigkeit (bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0248/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 3. Oktober 1988 eingereichte europäische Patentanmeldung Nr. 88 116 313.3 wurde am 22. Juli 1992 das europäische Patent Nr. 0 313 871 erteilt.

II. Gegen das vorstehend genannte Patent haben die Beschwerdeführerinnen 1 und 2 (Einsprechende 1 und 2) Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da sein Gegenstand nicht neu sei bzw. nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Zur Stützung ihres Einspruchsvorbringens verwiesen sie unter anderem auf folgende Entgegenhaltungen:

(E1 D1) FR-A-2 175 381 (entspricht DE-A-2 248 030)

(E1 D2) CS-A-1 12 935 (mit Übersetzung in die französische Sprache)

(E1 D4) FR-A-2 341 113

(E1 D8) FR-A-2 366 231

(E1 D12) "Operational experiences of RSP process at Ofunato" VDZ-Kongreß 1977, Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin.

III. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 3. November 1994 wurde festgestellt, daß das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber im Einspruchsverfahren vorgenommenen Änderungen gemäß dem damaligen Hilfsantrag den Erfordernissen des Übereinkommens genügen, so daß die Einspruchsabteilung am 16. Dezember 1994 eine Zwischenentscheidung im Sinne von Artikel 106(3) EPÜ erließ.

IV. Gegen diese Zwischenentscheidung legte die Beschwerdeführerin 1 am 11. Februar 1995 und die Beschwerdeführerin 2 am 7. Februar 1995 jeweils unter gleichzeitiger Entrichtung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründungen der Beschwerdeführerinnen 1 bzw. 2 gingen am 7. April 1995 bzw. am 25. April 1995 ein.

Die Beschwerdeführerin 1 kommt in der Beschwerdebegründung zu dem Schluß, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 insbesondere gegenüber der Lehre von (E1 D1) auf keinerlei erfinderischer Tätigkeit beruhe, was wegen der Rückbeziehung des Anspruchs 5 der Kategorie "Verfahren" auf den Anspruch 1 auch für Anspruch 5 zutreffe.

Die Beschwerdeführerin 2 trägt in der Beschwerdebegründung vor, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei durch den Stand der Technik gemäß (E1 D1) vollständig vorweggenommen.

V. Die Beschwerdegegnerin hat diesen Argumenten widersprochen und im Anschluß an die Mitteilung der Kammer vom 11. Oktober 1996 und den Schriftsatz der Beschwerdeführerin 2 vom 24. März 1997 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer einen neuen Anspruch 1 vorgelegt, der sich von Anspruch 1 der erteilten Fassung dadurch unterscheidet, daß er zusätzlich das Merkmal nach dem erteilten Anspruch 4 enthält.

Die geltenden Ansprüche 1 und 5 haben folgenden Wortlaut:

"1. Vorrichtung zur Wärmebehandlung von feinkörnigem Gut, wie Zementrohmaterial, enthaltend

a) einen mehrstufigen Zyklonvorwärmer (1, 2, 3, 4) zur Vorwärmung des Gutes,

b) eine zur Vorcalcination des vorgewärmten Gutes dienende Brennkammer (8),

c) einen zur nahezu vollständigen Calcination des vorcalcinierten Gutes dienenden Misch- und Reaktionsreaktor (10),

d) einen über den Misch-und Reaktionsreaktor (10) mit dem Zyklonvorwärmer verbundenen Drehrohrofen (9) zum Fertigbrennen des calcinierten Gutes,

e) einen Kühler zum Kühlen des fertiggebrannten Gutes,

f) eine vom Kühler zur Brennkammer (8) führende Tertiärluftleitung (11), die sich in wenigstens zwei Leitungsstränge (11a, 11b) verzweigt, die beide mit der Brennkammer (8) verbunden sind,

g) eine an die zweitunterste Stufe (3) des Zyklonvorwärmers angeschlossene Gutaustragsleitung (13), die in den einen Leitungsstrang (11a) der Tertiärluftleitung (11) einmündet, so daß das über die Gutaustragsleitung (13) ausgetragene Gut der Brennkammer (8)zugeführt wird, wobei der nicht mit der Gutaustragsleitung (13) verbundene andere Leitungsstrang (11b) der Tertiärluftleitung (11) an einer Stelle in die Brennkammer (8) einmündet, die der Brennstoffzuführung (12) näher gelegen ist als die Einmündung des mit der Gutaustragsleitung (13) verbundenen Leitungsstranges (11a),

h) eine zwischen der Brennkammer (8)und dem Misch- und Reaktionsreaktor (10) vorgesehene Verbindung (15), über die die Abgase der Brennkammer und das vorcalcinierte Gut in den Misch- und Reaktionsreaktor eingeführt werden, wobei

i) der verzweigte Teil der Tertiärluftleitung (11) einen ansteigenden Verlauf besitzt, und

k) die Gutaustragsleitung (13) der zweituntersten Stufe (3) des Zyklonvorwärmers in den einen Leitungsstrang (11a) der Tertiärluftleitung (11) an einer Stelle einmündet, die tiefer als die Stelle liegt, an der dieser Leitungsstrang (11a) der Tertiärluftleitung an die Brennkammer (8) angeschlossen ist.

"5. Verfahren zur Wärmebehandlung von feinkörnigem Gut, wie Zementrohmaterial, mit Hilfe einer Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei

a) das Gut in einem mehrstufigen Zyklonvorwärmer (1, 2, 3, 4) vorgewärmt wird,

b) das vorgewärmte Gut in einer Brennkammer (8) vorcalciniert

c) und dann in einem Misch- und Reaktionsreaktor (10) nahezu vollständig calciniert wird,

d) das calcinierte Gut in einem Drehrohrofen (9) fertiggebrannt wird,

e) das fertiggebrannte Gut in einem Kühler gekühlt wird,

f) Tertiärluft in zwei Teilströmen vom Kühler der Brennkammer (8) zugeführt wird,

g) die Abgase der Brennkammer (8) sowie das in der Brennkammer vorcalcinierte Gut in den zwischen dem Drehrohrofen (9) und dem Zyklonvorwärmer (1, 2, 3, 4) angeordneten Misch- und Reaktionsreaktor (10) eingeführt werden,

h) mit Hilfe des ersten Teilstromes der Tertiärluft das vorgewärmte Gut in die Brennkammer (8) eingetragen wird und

i) der zweite Teilstrom der Tertiärluft ohne Gutbeladung als reine Verbrennungsluft der Brennkammer (8) zugeführt wird, gekennzeichnet durch folgende weitere Merkmale:

k) es werden die gesamte Tertiärluftmenge (Q1) sowie die Menge (Q2) des zweiten Teilstromes der Tertiärluft gemessen und aus diesen Meßwerten ein Quotienten-Istwert gebildet, der mit einem Quotienten-Sollwert verglichen wird;

l) bei einer Abweichung von Ist- und Sollwert wird die Menge des zweiten Teilstromes der Tertiärluft im Sinne einer Übereinstimmung von Ist- und Sollwert geregelt."

VI. Die Beschwerdeführerinnen 1 und 2 brachten im wesentlichen folgendes vor:

Gemäß den Ausführungen beider Beschwerdeführerinnen gehe aus (E1 D1) (Figur 4) eindeutig hervor, daß die beiden Leitungsstränge (4, 5) der Tertiärluftleitung nach Merkmal i) des Anspruchs 1 einen ansteigenden Verlauf hätten. Hinsichtlich der Ausbildung des Anschlusses der Gutaustragsleitung (18) an den einen Strang (5) der Tertiärluftleitung sei auf die Figuren 1 und 2 zu verweisen, wobei Figur 2 einen Schnitt längs der Linie II-II darstelle und offensichtlich um 90 gedreht sei, so daß der Leitungsstrang (5) horizontal verlaufe. Bei vertikalem Verlauf des Leitungsstrangs (5), wie gemäß Figur 1 und 4, münde die Austragsleitung (18) zwangsläufig an einer Stelle, die tiefer liege als die Stelle, an der der Leitungsstrang (5) in die Brennkammer (1) münde. (E1 D1) nehme somit den Gegenstand des Anspruchs 1 vollständig vorweg.

Nach dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin 1 sei insbesondere die Einrichtung nach (E1 D2) von Bedeutung, da die dort zugrundeliegende Aufgabe, nämlich die Verringerung des Gewichtes der Einrichtung zur Zementherstellung und die Verbesserung der Qualität des calcinierten Produktes, der Aufgabe gemäß dem Streitpatent sehr nahekomme. Zur Lösung der Aufgabe des Streitpatents, die Höhe der Einrichtung gemäß Figur 9 von (E1 D1) zu verringern, sei es naheliegend, den Zyklon (58) niedriger anzuordnen. Diese Lösung gemäß Merkmal k) nach Anspruch 1 sei durch (E1 D2) sowie durch zahlreiche andere Entgegenhaltungen bekannt. Der Umstand, daß die Tertiärluftleitung verzweigt sei, bedinge keinerlei zusätzliche Schwierigkeiten, die die Anerkennung von erfinderischer Tätigkeit rechtfertigen könnten. Selbst für den Fall, daß man Merkmal k) nach Anspruch 1 nicht als bekannt ansehe, erlaube der einfache Sachverstand eine Lösung der ersten Aufgabe, die Höhenerstreckung der Einrichtung gemäß Figur 9 von (E1 D1) zu verringern.

Mit der Lösung dieser ersten Aufgabe werde auch die zweite Aufgabe gelöst, die Verteilung des Guts im Luftraum und damit die Calcination zu verbessern. Die Eingabe von Gut in eine ansteigende Rohrleitung gewährleiste nämlich eine gleichmäßigere Gutverteilung in der Luft und damit einen besseren Wärmeaustausch. Anspruch 5 sei von Anspruch 1 abhängig und falle daher mit diesem.

Im übrigen enthalte Anspruch 1 keine Dimensionsangaben hinsichtlich der Brennkammer, der zweituntersten Zyklonvorwärmerstufe und der Tertiärluftleitung; auch sei die Anzahl der Zyklonvorwärmerstufen nicht angegeben. Anspruch 1 vermittle daher auch keine klare technische Lehre.

Gemäß den Ausführungen der Beschwerdeführerin 2 löse das neu in den Anspruch 1 aufgenommene Merkmal nicht die zugrundeliegende Aufgabe. Der Umstand, daß der zweituntersten Stufe des Zyklonvorwärmers noch eine weitere Stufe folge, habe im Anspruch 1 keine Basis.

Die Funktion eines Zyklons liege in der Abscheidung des Guts vom Trägergas, nicht in der Erwärmung des Guts; dies sei z. B. aus (E1 D4), Seite 3, letzter Absatz ersichtlich. Daß die von der Beschwerdegegnerin behauptete Gefahr der Abkühlung des Guts in der Tertiärluftleitung tatsächlich nicht gegeben sei, ergebe sich aus dem mit der Beschwerdebegründung eingereichten Artikel "Operational experiences of RSP process at Ofunato" VDZ-Kongreß 1977, Bauverlag GmbH Wiesbaden und Berlin" (E1 D12), insbesondere aus Bild 2. Denn das Gut in der zweituntersten Stufe des Zyklonvorwärmers habe eine Temperatur von nur 550 C , während die durch die Tertiärluftleitung geführte Luft eine Temperatur von 70. C aufweise. Die Kombination der Offenbarungen von (E1 D1) und (E1 D2) führe in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1; irgendwelche Hindernisse, diese Entgegenhaltungen miteinander zu verbinden, seien nicht gegeben. Zu demselben Ergebnis komme man, wenn man ausgehend von (E1 D2) die Lehre von (E1 D1) einbeziehe. Es sei dabei ohne Bedeutung, ob es sich um Gutaustrag aus der zweituntersten oder der untersten Stufe des Zyklonvorwärmers handle.

Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

VII. Das Vorbringen der Beschwerdegegnerin läßt sich wie folgt zusammenfassen:

(E1 D1) (Figur 4) zeige eine an die zweitunterste Stufe (11) des Zyklonvorwärmers angeschlossene Gutaustragsleitung (18), die einen vertikalen Verlauf habe. Diese Leitung münde, wie in den Figuren 1 und 2 dargestellt, in einen horizontalen Anschlußteil des einen Zweiges (5) der Tertiärluftleitung an einer Stelle ein, die annähernd auf gleicher Höhe wie die Einmündung dieses Zweiges in die Brennkammer liege. Merkmal k) des Anspruchs 1 gehe somit aus (E1 D1) nicht hervor, so daß Anspruch 1 neu sei.

Die zugrundeliegende Aufgabe weise zwei Aspekte auf, die gegenläufige Maßnahmen erforderlich machten. Zur Lösung dieser Aufgabe seien mehrere Schritte wesentlich, nämlich der Guttransport in nur einem Strang einer verzweigten Tertiärluftleitung, die Schaffung optimaler Verbrennungsbedingungen in der Brennkammer durch getrennte Zuführung von Gut und Verbrennungsluft, insbesondere im Hinblick auf die Verwendung von reaktionsträgen Brennstoffen, die zweistufige Vercalcination in der Brennkammer und dem Reaktionsreaktor in Verbindung mit dem untersten Zyklon als dritter Stufe und die Maßnahmen gemäß den Merkmalen i) und k) von Anspruch 1, die neben einer Verbesserung der Gutverteilung im Fördergas ein Tieferlegen der zweituntersten Zyklonvorwärmerstufe ermöglichten. Die Einrichtung nach (E1 D2) sei für die Verbrennung reaktionsträger Brennstoffe ungeeignet, da sie weder den Guttransport mit einem Teil der Tertiärluft, noch die getrennte Zuführung von Gut und Luft zur Brennkammer, noch eine zweistufige Vercalcination mit folgender Vorwärmerstufe sowie den Anschluß der zweituntersten Vorwärmerstufe an die Tertiärluftleitung aufweise.

Der Fachmann fasse eine Übertragung der Tertiärluftleitung gemäß (E1 D2) auf die Anlage nach (E1 D1) nicht ins Auge, weil er wegen der Förderung des Guts mit dem gesamten Tertiärluftstrom zur Brennkammer bei ersterer Einrichtung eine unzulässige Abkühlung des Guts auf dem Transportweg und damit eine Verschlechterung der Verbrennungsbedingungen befürchten würde.

Daß die Gefahr der Gutabkühlung durch die zugeführte Tertiärluft tatsächlich bestehe, sei durch (E1 D12) (Figur 2) bestätigt. Das Gut komme dort aus der zweituntersten Vorwärmerstufe mit einer Temperatur von etwa 720 bis 730 C heraus, während die zugeführte Tertiärluft nur eine Temperatur von 700 C aufweise.

Die Merkmale des Anspruchs 1 stünden miteinander in einem engen funktionellen Zusammenhang. Die zugrundeliegende zweiteilige Aufgabe könne nur gelöst werden, wenn man gleichzeitig alle Maßnahmen nach Anspruch 1 zur Anwendung bringe. Diese Idee sei durch den gesamten aufgezeigten Stand der Technik nicht nahegelegt.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen mit der Maßgabe, daß der Aufrechterhaltung des Patents die in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 6, die ebenfalls überreichte Beschreibungseinleitung Spalten 1 und 2, im übrigen die Beschreibung Spalten 3 bis 5 sowie die Figuren 1 bis 3 wie erteilt zugrunde gelegt werden.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerden sind zulässig.

2. Artikel 123 und 84 EPÜ

2.1. Der geltende Anspruch 1 stützt sich auf die ursprünglichen Ansprüche 1 und 4 und der geltende Anspruch 5 auf den ursprünglichen Anspruch 6 in Verbindung mit Seite 7, Absatz 2 bis Seite 8, Absatz 3 der ursprünglichen Beschreibung.

Die geltenden Ansprüche 2 bis 4 und 6 gehen auf die ursprünglichen Ansprüche 2, 3, 5 und 7 zurück.

2.2. Die geltenden Ansprüche 1 bis 6 sind somit aus der Sicht des Artikels 123(2) EPÜ nicht zu beanstanden.

2.3. Der geltende Anspruch 1 ist gegenüber der erteilten Fassung durch die Aufnahme des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 4 weiter eingeschränkt worden. Der geltende Anspruch 5 ist gegenüber der erteilten Fassung durch die Aufnahme des Wortlauts "mit Hilfe einer Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4" ebenfalls eingeschränkt worden.

Die geltenden Ansprüche 2 bis 4 und 6 entsprechen - nach entsprechender Umnumerierung und Anpassung der Rückbeziehung - den erteilten Ansprüchen 2, 3, 5 und 7.

2.4. Damit genügt das geltende Schutzbegehren auch der Bestimmung des Artikels 123(3) EPÜ.

2.5. Zu dem Einwand der Beschwerdeführerin 1, Anspruch 1 enthalte keine Dimensionsangaben hinsichtlich der Anlagekomponenten, insbesondere hinsichtlich der Zyklonstufen, ist zu bemerken, daß derartige Angaben in der Regel eine unbillige Einschränkung des Schutzbereichs eines Anspruchs darstellen und nur dann erforderlich sind, wenn sie sich als unverzichtbar zur Ausführung der Lehre des Anspruchs erweisen. Im vorliegenden Fall sind Dimensionsangaben in den Ansprüchen nicht erforderlich, da das Schutzbegehren nicht die Bemessung, sondern den grundsätzlichen Aufbau der Anlage hinsichtlich der Verbindung der Komponenten untereinander betrifft. Im übrigen kennt der Fachmann die Abmessungen einer üblichen Anlage zur Zementproduktion und kann dem Stand der Technik (vgl.z. B. (E1 D1), Figuren 4 und 9 und (E1 D12), Figuren 1 und 2) eine typische Anordnung des Zyklonvorwärmers mit etwa 3 bis 5 Stufen entnehmen.

Die Beschwerdeführerin 1 bringt außerdem vor, es sei im Anspruch 1 nicht angegeben, daß der zweituntersten Stufe des Zyklonvorwärmers noch eine weitere Stufe folge.

Der Umstand, daß im Anspruch 1 die zweitunterste Stufe des Zyklonvorwärmers angeführt wird, (Merkmale g) und k)) bedingt in logischer Schlußfolgerung das Vorhandensein einer untersten Stufe. Aus der Angabe,daß das aus der zweituntersten Stufe des Zyklonvorwärmers ausgetragene Gut der Brennkammer zugeführt wird, folgt, daß die unterste Stufe des Zyklonvorwärmers nach der Brennkammer und vor dem Drehrohrofen angeordnet ist (siehe auch die Anlage gemäß (E1 D1), oder (E1 D12). Die Anordnung einer untersten Zyklonvorwärmerstufe bei der beanspruchten Anlage ist somit Anspruch 1 zu entnehmen.

2.6. Anspruch 1 genügt daher dem Erfordernis der Klarheit gemäß Artikel 84 EPÜ.

3. Neuheit

Es ist zwischen den Parteien unstrittig, daß der dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommende Stand der Technik durch (E1 D1) beschrieben wird. Auch die Kammer folgt dieser Ansicht.

Gemäß Figur 4 dieser Entgegenhaltung ist eine Vorrichtung zur Wärmebehandlung von feinkörnigem Gut bekannt, die die Merkmale a) bis h) nach Anspruch 1 aufweist. Darüberhinaus ist dieser Figur zu entnehmen, daß der verzweigte Bereich der Tertiärluftleitung (Leitungen 4, 5) teilweise einen ansteigenden Verlauf hat. Figur 1 zeigt einen Teilbereich von Figur 4, wobei der Schnitt längs Linie II-II des Verbrennungsofens gemäß Figur 1 in Figur 2 dargestellt ist. Aus dem Umstand, daß die Gutaustragsleitung (18) der zweituntersten Stufe (11) des Zyklonvorwärmers vertikal angeordnet ist (vgl. Seite 4, Zeilen 16 bis 20) folgt, daß Figur 2 den Schnitt längs Linie II-II von Figur 1, d. h. in unverschwenkter Seitenansicht gemäß Figur 1 darstellt. Demnach verläuft (bei Betrachtung der Figur 4) der Strang (5) der Tertiärluftleitung von der Zuführungsleitung (27) aus zunächst nach oben und geht dann hinter der Brennkammer (1) über eine Umlenkung in den horizontalen Leitungsverlauf über, der in Figur 2 dargestellt ist. Im Bereich stromabwärts der Einmündung der Gutaustragsleitung (18) in den Strang (5) der Tertiärluftleitung liegt somit bei der bekannten Einrichtung kein ansteigender Verlauf dieses Leitungsstrang (5) vor, während dies beim Streitpatent gemäß Figur 1 der Zeichnung sowie gemäß der Beschreibung (vgl. Spalte 1, Zeilen 39 bis 54) als gegeben anzusehen ist. Außerdem mündet gemäß (E1 D1) (Figur 4) die Gutaustragsleitung (18) in den einen Strang (5) der Tertiärluftleitung an einer Stelle ein, die annähernd gleich hoch wie die Stelle liegt, an der dieser Leitungsstrang (5) an die Brennkammer (1) angeschlossen ist. Somit ist der Figur 4 von (E1 D1) Merkmal i) von Anspruch 1 nicht vollständig und Merkmal k) dieses Anspruchs überhaupt nicht als bekannt zu entnehmen.

3.2. Die Ausführungsform gemäß Figur 9 von (E1 D1) zeigt einen Verlauf des verzweigten Teils (38, 44) der Tertiärluftleitung (54), der in noch geringerem Maße als ansteigend (vgl. Strang (38)) als gemäß der Ausführung nach Figur 4 ausgebildet ist, wobei die Einmündung der Gutaustragsleitung (45) in den einen Strang (44) der Tertiärluftleitung (54) ebenfalls auf etwa gleicher Höhe liegt wie die Einmündung dieses Leitstrangs (44) in die Brennkammer (31). Die Ausführungsform nach Figur 9 geht daher hinsichtlich des Anspruchs 1 nicht über den Offenbarungsgehalt der Ausführungsform nach Figur 4 hinaus.

3.3. Aus vorstehenden Darlegungen folgt in Verbindung mit dem Umstand, daß (E1 D1) den nächstliegenden Stand der Technik beschreibt, unmittelbar, daß Anspruch 1 neu ist im Sinne von Artikel 54 EPÜ.

3.4. Anspruch 5 ist auf ein Verfahren zur Wärmebehandlung von feinkörnigem Gut mit Hilfe einer Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4 gerichtet. Die Kammer interpretiert diesen Anspruch dahingehend, daß er auf die Verwendung einer Vorrichtung gemäß einem der Ansprüche 1 bis 4 gerichtet ist, d. h., daß er obligatorisch die Merkmale eines dieser Bezugsansprüche enthält. Dies folgt aus der sprachlichen Formulierung "mit Hilfe einer Vorrichtung ..", im Anspruch 5, die nicht mit einer fakultativen Bezugnahme wie etwa "insbesondere mit Hilfe einer Vorrichtung ..." gleichgesetzt werden kann. Die Neuheit des Anspruchs 5 folgt daher aus der Neuheit des Anspruchs 1.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Die zugrundeliegende Aufgabe besteht gemäß dem einleitenden Teil der Beschreibung darin, eine Vorrichtung so auszubilden, daß unter gleichzeitiger Verbesserung der Verbrennungsbedingungen in der Brennkammer die Bauhöhe des Zyklonvorwärmers wesentlich verringert wird. Diese Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 in glaubhafter Weise gelöst, und zwar wird insbesondere durch Merkmal k) die Möglichkeit eröffnet, das aus der zweituntersten Stufe des Zyklonvorwärmers ausgetragene Gut an einer tiefgelegenen Stelle etwa im Bereich der Brennkammerunterseite einem Zweig der Tertiärluftleitung aufzugeben und im oberen Brennkammerbereich in diese einzuführen. Auf diese Weise lassen sich die zweitunterste Vorwärmerstufe und folglich auch die dieser vorgeschalteten Stufen nach unten verlegen, was die Bauhöhe des Zyklonvorwärmers verringert. Zugleich erreicht man durch die Gutförderung in einer ansteigenden Leitung eine bessere Verteilung des Guts gegenüber dem horizontalen Verlauf der pneumatischen Gutförderung gemäß (E1 D1), was die Verbrennungsbedingungen verbessert.

4.2. Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, der Gegenstand von Anspruch 1 beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, stützt sich vor allem auf eine mögliche Kombination der Lehren von (E1 D1) und (E1 D2).

(E1 D2) befaßt sich mit einer Einrichtung zur Herstellung von Zementrohmaterial, bei welcher aus der untersten Stufe (1) des Zyklonvorwärmers austretendes Gut in die Tertiärluftleitung (9) an einer Stelle eingeleitet wird, die tiefer liegt als die Stelle, an der diese Leitung an die Brennkammer (1) angeschlossen ist, wobei die Tertiärluftleitung einen ansteigenden Verlauf besitzt.

Im Gegensatz zu Anspruch 1 des Streitpatents wird das in die Tertiärluftleitung eintretende Gut jedoch nicht von der zweituntersten, sondern von der untersten Zyklonstufe abgezogen, die Tertiärluftleitung ist nicht verzweigt, sondern als eine einzige Leitung ausgebildet und die Vercalcinationszone ist nicht zweistufig, sondern einstufig ausgebildet, also ohne Misch- und Reaktionsreaktor an den Drehrohrofen angeschlossen. Die Anlagetypen gemäß (E1 D1) und (E1 D2) sind somit in wesentlichen Komponenten voneinander grundlegend verschieden.

Wie bereits dargelegt, weist die Anlage gemäß (E1 D1) eine zweistufige Vercalcinationszone auf, die nicht unmittelbar, sondern über die unterste Stufe des Zyklonvorwärmers an den Drehrohrofen angeschlossen ist. Diese Unterschiede bedingen eine wesentlich größere Bauhöhe der Anlage gemäß (E1 D1) gegenüber der Anlage gemäß (E1 D2). Die dem Streitpatent zugrundeliegende Aufgabe, die Bauhöhe des Zyklonvorwärmers bei gleichzeitiger Verbesserung der Verbrennungsbedingungen wesentlich zu verringern, steht bei der Anlage gemäß (E1 D2) somit nicht zur Lösung an. (E1 D2) enthält auch keinen Hinweis auf diese Aufgabe. Das dort angegebene Problem wird vielmehr in einer wesentlichen Verringerung des Gewichtes der Anlage, der Automatisierung des Zementproduktionsverfahrens, der Verbesserung der Produktqualität und der Einsparung von Brennstoff und Investitionskosten gesehen (vgl. Seite 2, Absatz 1 von (E1 D2)).

Der Fachmann hatte somit von der Aufgabenstellung her gesehen keine Veranlassung, (E1 D2) im Hinblick auf mögliche Lösungen seiner Aufgabe näher zu betrachten.

Im folgenden soll noch untersucht werden, ob andere Gründe vorlagen, die den Fachmann zu einer Zusammenschau von (E1 D1) und (E1 D2) motiviert bzw. ihn davon abgehalten haben.

Dem Fachmann ist es geläufig, daß bei einer Anlage zur Wärmebehandlung von Gut, wie Zementrohmaterial, in den verschiedenen Stufen des Zyklonvorwärmers erhebliche Unterschiede in der Temperatur des Gutes und des Behandlungsgases vorliegen, wie z. B. aus (E1 D12), Figur 2 auf Seite 318 ersichtlich ist. Er wird daher davon Abstand nehmen, Vorrichtungen, die in Verbindung mit einer bestimmten Vorwärmerstufe im Stand der Technik beschrieben sind, im vorliegenden Fall der untersten Stufe, ohne weiteres, auf eine andere Vorwärmerstufe, nämlich die zweitunterste Stufe, zu übertragen, da zu erwarten ist, daß dies die vorgesehene Funktion der Anlage beeinträchtigen könnte.

In analoger Weise wird der Fachmann nicht die Maßnahme der pneumatischen Gutförderung in einer einzigen unverzweigten Leitung gemäß (E1 D2) auf nur einen Leitungsstrang einer verzweigten Leitung gemäß (E1 D1) übertragen, da er weiß, daß bei großer Fördergutdichte, wie sie beim Transport der gesamten Gutmenge in nur einem Teil der Tertiärluft vorliegt, die Gefahr von Gutablagerungen sich erheblich vergrößert.

Sollte der Fachmann trotz aller Bedenken in (E1 D2) dennoch eine Anregung zur Aufgabenlösung suchen, dürfte er die in dieser Druckschrift beschriebene Guttransportvorrichtung in der dargestellten Ausbildung, nämlich in Form einer zur Brennkammer führenden unverzweigten Tertiärluftleitung, auf die Anlage nach (E1 D1) übertragen. Er müßte damit von dem Prinzip der getrennten Zuführung von gutfreier Luft bzw. Gut-Luft-Gemisch zur Brennkammer Abstand nehmen; er würde auf diese Weise nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1. gelangen und auch nicht die damit verbundene Verbesserung der Verbrennungsbedingungen erreichen.

Es entspricht nicht fachmännischem Vorgehen, bei der Suche nach Lösungen der gestellten Aufgabe ein bekanntes Merkmal aus dem konstruktiven und funktionellen Umfeld, in dem es beschrieben ist, herauszunehmen (hier: eine ansteigende, unverzweigte Tertiärluftleitung, die mit einer aus der untersten Stufe des Zyklonvorwärmers kommenden Gutaustragsleitung verbunden ist und zur Brennkammer führt) und es getrennt von dem Zusammenhang in dem es offenbart ist, einzusetzen (hier: in der Funktion als Leitungsstrang einer verzweigten Tertiärluftleitung, der mit einer aus der zweituntersten Stufe des Zyklonvorwärmers kommender Gutaustragsleitung verbunden ist und zur Brennkammer führt).

4.3. Die vorstehenden Darlegungen gelten unabhängig davon, ob man bei der Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit von (E1 D1) oder von (E1 D2) ausgeht.

Bei Anwendung des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes, der generell von den Beschwerdekammern zur objektiven Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit empfohlen wird (vgl. z. B. T 0248/85, ABl. EPA 1986, 261), ist der korrekte Ausgangspunkt zur Ermittlung der zugrundeliegenden Aufgabe und Prüfung der erfinderischen Tätigkeit jedoch der nächstkommende Stand der Technik. Im vorliegenden Fall wurde zu diesem Zweck daher von dem Stand der Technik nach (E1 D1)ausgegangen.

4.4. Die von der Beschwerdeführerin 2 noch diskutierte (E1 D4) beschreibt eine Anlage zur Herstellung von Zement mit einem Calcinationsofen. Die Anlage zeigt zwar eine verzweigte Tertiärluftleitung, weist jedoch keinen Misch- und Reaktionsreaktor auf (Merkmal c) nach Anspruch 1), wobei die Gutaustragsleitung des Zyklonvorwärmers (10) in den einen Strang (16) der Tertiärluftleitung (18) an einer Stelle einmündet, die etwa auf gleicher Höhe liegt wie die Stelle der Einmündung dieses Strangs (16) in die Brennkammer (14), so daß auch Merkmal k) nach Anspruch 1 nicht beschrieben ist. Diese Entgegenhaltung steht dem Gegenstand von Anspruch 1 somit ferner als (E1 D1), so daß sie für die Entscheidung nicht von Bedeutung ist.

Die erst nach Ablauf der Einspruchsfrist genannte (E1 D8) wurde von der Beschwerdeführerin 2 lediglich mit der Bemerkung aufgegriffen, daß in der darin enthaltenen Darstellung einer Anlage zur Zementherstellung Pfeilsymbole die Gut- bzw. Brennstoffzuführung symbolisierten. Diese Entgegenhaltung befaßt sich mit dem andersartigen Problem, die Trocknung des zu behandelnden Gutes mit einem großen Durchsatz von Gas unter niedriger Temperatur durchzuführen und ist daher hinsichtlich des Gegenstandes von Anspruch 1 nicht relevant.

4.5. Die übrigen im Einspruchs-und Beschwerdeverfahren diskutierten Entgegenhaltungen haben zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer keine Rolle mehr gespielt. Die Kammer hat diese Entgegenhaltungen daraufhin überprüft, ob sie für die zu treffende Entscheidung von Bedeutung sind, und ist zu der Auffassung gelangt, daß dies nicht der Fall ist.

Aus vorstehenden Ausführungen folgt, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit beruht (Artikel 56 EPÜ), so daß das Patent in eingeschränkter Form Bestand hat (Artikel 52(1) EPÜ).

Anspruch 5 der Kategorie "Verfahren" ist, wie dies bereits im Zusammenhang mit der Frage der Neuheit dargelegt wurde (Abschnitt 3.4), zwingend auf die Merkmale des Anspruchs 1 bezogen, so daß aus der Patentfähigkeit des Anspruchs 1 im Hinblick auf das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit diejenige des Anspruchs 5 folgt.

4.6. Den Ansprüchen 1 und 5 können sich die Ansprüche 2 bis 4 und 6 anschließen, die als abhängige Ansprüche auf besondere Ausführungen der Bezugsansprüche gerichtet sind (Regel 29(3) EPÜ).

4.7. Da auch die sonstigen Unterlagen die Erfordernisse des EPÜ erfüllen, ist das Patent dem Antrag der Beschwerdegegnerin entsprechend in dieser eingeschränkten Fassung aufrechtzuerhalten.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Anordnung, das Patent in geändertem Umfang in folgender Fassung aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Beschreibung Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung;

Beschreibung Spalten 3 bis 5 wie erteilt;

Figuren 1 bis 3 wie erteilt.

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