European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1996:T015295.19960703 | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Datum der Entscheidung: | 03 Juli 1996 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0152/95 | ||||||||
Anmeldenummer: | 83109173.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | H01R 13/18 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | B | ||||||||
Download und weitere Informationen: |
|
||||||||
Bezeichnung der Anmeldung: | Doppelflachfederkontakt mit Überfeder | ||||||||
Name des Anmelders: | Grote & Hartmann GmbH & Co. KG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | AMP Incorporated | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: | |||||||||
Schlagwörter: | Zwischenentscheidung über die Zulässigkeit des Einspruchs und den Antrag einer diesbezüglichen Vorlage an die Große Beschwerdekammer, die Berücksichtigung eines verspätet zitierten Dokuments und Teilentscheidung über den Hauptantrag (Erfinderische Tätigkeit - nein) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
||||||||
Angeführte Entscheidungen: |
|
||||||||
Anführungen in anderen Entscheidungen: |
|
Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin hat gegen das europäische Patent Nr. 0 114 187 Einspruch eingelegt. Ihre Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchs- abteilung über die Zurückweisung des Einspruchs.
II. Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die nach Ablauf der Einspruchsfrist genannten Dokumente
D5: US-A-4 540 235 (nachveröffentlicht),
D6: US-A-4 168 880 und
D7: Ausschnitte aus dem den gleichen Sachverhalt wie das angegriffene Patent betreffenden US-Erteilungsverfahren (Anlagen 1A, 1B, 1C)
für die Beurteilung des Gegenstandes des Streitpatents irrelevant und daher gemäß Artikel 114 (2) EPÜ nicht zu berücksichtigen seien.
Nach Auffassung der Einspruchsabteilung konnte die innerhalb der Einspruchsfrist genannte Druckschrift
D2: FR-A-1 427 747
auch in Verbindung mit den in der Beschreibung genannten Druckschriften
D1: DE-C(gemäß Einspruchsverfahren DE-A-)-2 455 140 und
D4: DE-U-7 313 792
sowie der nach Ablauf der Einspruchsfrist genannten Druckschrift
D3: DE-U-7 147 278
die erfinderische Tätigkeit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 nicht in Frage stellen.
Zu der nach Ablauf der Einspruchsfrist genannten Druckschrift
D8: US-A-4 341 434
hat die Einspruchsabteilung nicht Stellung genommen.
III. Der Anspruch 1 gemäß Patent Nr. 0 114 187 lautet wie folgt:
"1. Doppelflachfederkontakt mit Überfeder, wobei der Doppelflachfederkontakt Anschlußelemente für einen elektrischen Leiterdraht aufweist und eine kastenförmige, im Querschnitt rechteckige Federarmbasis mit einem Boden, Seitenwänden und längsgeteilten Deckenteilen besitzt und wobei sich von jedem Deckenteil ein Federarm (11) nach vorne erstreckt und am Boden Federarme (12) angebunden sind, dadurch gekennzeichnet, daß eine Außenüberfeder (2) etwa formschlüssig auf der Federarmbasis (5) sitzt und dort arretiert ist, wobei die Außenüberfeder (2) eine, im Querschnitt rechteckige, kastenförmige Außenüberfederarmbasis (20) aufweist, an die sich nach vorne erstreckend, Überfederklammerarme (18, 19) angebunden sind, die parallel zu den Federarmen (11, 12) des Doppelflachfederkontaktes (1) verlaufen und von außen auf die Federarme (11, 12) drücken."
IV. Am 3. Juli 1996 fand eine mündliche Verhandlung statt. Hierzu war mit den vorläufigen Hinweisen geladen worden, daß
a) entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin in der Erwiderung auf die Beschwerdebegründung derzeit keine Zweifel an der Zulässigkeit des Einspruchs bestünden,
b) als nächstliegender Stand der Technik die Druckschrift D4 anzusehen sei und
c) die Druckschrift D6 so relevant erscheine, daß sie entgegen den Auffassungen der Einspruchsabteilung und der Beschwerdegegnerin vermutlich doch berücksichtigt werden müsse.
Am 9. Mai 1996 war aufgrund dieser Hinweise von der Beschwerdegegnerin als Hilfsantrag ein weiterer Anspruch 1 eingereicht worden.
V. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Zulässigkeit des Einspruchs
1.1. Die Beschwerdeführerin bezeifelte, daß die Zulässigkeit eines Einspruches - wie im vorliegenden Fall durch die Beschwerdegegnerin geschehen - erstmals im Beschwerdeverfahren bestritten werden könne und bat um eine Vorlage der zugrundeliegenden Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer.
1.2. Im übrigen erfülle die Einspruchsschrift die Erfordernisse der Regel 55 (c), weil sie den Einspruchsgrund "mangelnde erfinderische Tätigkeit" und die zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel erkennen lasse. Die in der Einspruchsschrift genannte Druckschrift D2 habe nur wenige Beschreibungsseiten und sei bereits im Prüfungsverfahren diskutiert worden. Die Einspruchsschrift verweise auf die Figuren 2, 3, 6 und 10. Die in Regel 55 (c) festgelegten Erfordernisse für Zulässigkeit seien von der Frage der Begründetheit zu unterscheiden. Bei der von der Beschwerdegegnerin zitierten Entscheidung T 222/85 (ABl. EPA 1988, 128) handle es sich um einen Fall, bei dem 16 Druckschriften ohne detaillierte Hinweise genannt worden seien. Dieser Fall sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Gemäß Entscheidung T 2/89 (ABl. EPA 1991, 51) bestehe nicht einmal die Notwendigkeit, sämtliche Merkmale des angegriffenen Anspruches 1 zu behandeln. Der Einspruch zur vorliegenden Streitsache sei zulässig.
2. Erfinderische Tätigkeit unter Berücksichtigung von D6
2.1. Zitat des Dokumentes D6 nach Ablauf der Einspruchsfrist
Die Druckschrift D6 sei der Beschwerdeführerin erst nach Ablauf der Einspruchsfrist im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren bekannt geworden und deshalb verspätet genannt. Wegen seiner Relevanz sei es nach Artikel 114 (1) EPÜ in Betracht zu ziehen, aber nicht nach Artikel 114 (2) EPÜ unberücksichtigt zu lassen.
2.2. Die Druckschrift D4 stelle den nächstliegenden Stand der Technik dar. Mit Ausnahme längsgeteilter Deckenteile gingen alle im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale daraus hervor (vgl. auch Spalte 1, Zeilen 3 bis 6 der vorliegenden Patentschrift). Im Sinne der Ausführungen in Spalte 1, Zeilen 14 und 15 der vorliegenden Patentschrift habe die Beschwerdegegnerin offenbar unterstellt, daß es selbstverständlich sei, einen Doppelflachfederkontakt gemäß D4 aus einem Blechstanzteil herzustellen, wodurch sich eine Längsteilung des Deckenteils - wie in D3 gezeigt - zwangsläufig ergebe. Ausgehend von D4 sei es gemäß Spalte 1, Zeilen 22 bis 31 der Patentschrift Aufgabe der Erfindung, einen Doppelflachfederkontakt mit einer Außenüberfeder zu schaffen, wobei die Außenüberfeder in gleicher Weise wie normalerweise der Doppelflachfederkontakt aus einem Blechstanzteil hergestellt wird, eine relativ unkomplizierte Form aufweisen und die Außenabmessungen des Doppelflachfederkontaktes nicht erheblich vergrößern soll. Ferner soll die Außenüberfeder leicht auf dem Doppelflachfederkontakt angeordnet werden können und unverlierbar sicher auf ihm lagern.
Die beanspruchten Lösungsmerkmale dieser Aufgabe, nämlich
a) eine Außenüberfeder, die etwa formschlüssig auf der Federarmbasis sitzt und dort arrretiert ist, wobei
b) die Außenüberfeder - genau wie der Doppelflachfederkontakt - eine im Querschnitt rechteckige, kastenförmige Außenüberfederarmbasis aufweist, an die sich nach vorne erstreckend, Überfederklammerarme angebunden sind und
c) die Federarme der Außenüberfeder parallel zu den Federarmen des Doppelflachfederkontakts verlaufen und von außen auf dessen Federarme drücken
seien durch die aus der Druckschrift D6 bekannte Lösung für einen Rundkontakt nahegelegt.
Stift- bzw. Rundkontaktverbindungen und messerförmige Steckverbindungen seien seit langem geläufige Alternativen. Ein Fachmann, der ausgehend von D4 nach einer Lösung der oben genannten Aufgabe sucht, würde durch die einfachere Herstellung und den einfacheren Zusammenbau des Steckkontaktes gemäß D6 angeregt, nicht nur den aus D4 bekannten Doppelflachfederkontakt, sondern auch die Außenüberfeder aus einem Blechstanzteil zu gestalten und das Überfederelement der Gestalt des Mehrfachkontaktelementes möglichst - also formschlüssig - anzupassen. Die beanspruchten Lösungsmerkmale ergäben sich ohne weiteres aus einer Anpassung der entsprechenden Merkmale aus D6 auf einen Flachfederkontakt gemäß D4. Im übrigen fordere der angegriffene Anspruch 1 lediglich einen "etwa" formschlüssigen Sitz der Außenüberfeder auf der Federarmbasis.
2.3. Auch im entsprechenden Verfahren vor dem US-Patentamt hätte die Druckschrift D6 zu einer Einschränkung des Patentbegehrens unter Aufnahme von in den Unteransprüchen enthaltenen Merkmalen geführt.
2.4. Hinsichtlich des Hilfsantrages vom 9. Mai 1996 verwies die Beschwerdeführerin auf die im Beschwerdeverfahren genannten Druckschriften
D9: DE-C-973 040,
D10: US-A-2 704 838 und
D11: Elektronikpraxis, No. 11, November 1981, Seite 127.
VI. Die Argumente der Beschwerdegegnerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
1. Zulässigkeit des Einspruchs
1.1. Die Frage der Zulässigkeit eines Einspruches sei in jedem Verfahrensstadium, also auch im Beschwerdeverfahren, zu prüfen.
1.2. Der Einspruchschriftsatz entspreche nicht den Anforderungen an eine rechtlich relevante Einspruchsbegründung, weil sie auf einer offensichtlich und willkürlich falschen Auswertung der Druckschrift D2 basiere. Der im erteilten Anspruch 1 verwendete Begriff "rechteckige Federarmbasis" beinhalte, daß die Federarmbasis einen Boden, zwei Seitenwände und eine Deckenwand habe. Obwohl jeder Fachmann erkenne, daß der in Figur 10 der D2 dargestellte Kontakt eine U-förmige Federarmbasis aufweise und an die Seitenwandungen der U-förmigen Federarmbasis je ein Federarm angebunden sei, sei in der Einspruchsbegründung behauptet worden, daß es sich dort um einen Kontakt mit einer kastenförmigen, im Querschnitt rechteckigen Federarmbasis handle. Ein Deckenteil sei entgegen der Behauptung der Einsprechenden gar nicht vorhanden. Ein Fachmann könne keine Federarmbasis erkennen. Auch die Auffassung, daß die Federarmbasis der Außenüberfeder gemäß Figur 3 einen rechteckigen Querschnitt aufweise, sei falsch. Die Federarmbasis der bekannten Außenüberfeder sei vielmehr U-förmig, da die den Boden der Federarmbasis des Grundkontaktes untergreifenden Lappen funktionsmäßig nicht Bestandteil der Federarmbasis der Außenüberfeder seien. Der Einspruch sei daher unbegründet. Vom Mittel des Einspruchs sei im vorliegenden Fall mißbräuchlich Gebrauch gemacht worden, da er unter sachlich unrichtiger Auswertung auf eine Druckschrift (D2) gestützt wurde, die einen Gegenstand beschreibe, der für die Bewertung der Patentwürdigkeit des angegriffenen Patents offensichtlich nicht relevant sein könne. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) sei ohne spezielle zusätzliche Erläuterungen nicht in der Lage gewesen, objektiv und ohne größeren Aufwand zu erkennen, was dem Patent tatsächlich entgegenstehen sollte. Der Einspruch sei daher als unzulässig zu verwerfen.
2. Erfinderische Tätigkeit unter Berücksichtigung von D6
2.1. Zitat der Druckschrift D6 nach Ablauf der Einspruchsfrist
Da die Einsprechende eine ausgeprägte Patentstrategie auf dem Sachgebiet habe, könne unterstellt werden, daß ihr auch die D6 seit der Patenterteilung 1979 bekannt war. Die Behauptung, daß ihr die Druckschrift D6 erst vor kurzer Zeit im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren bekannt geworden sei, stelle mit großer Wahrscheinlichkeit lediglich eine Schutzbehauptung dar, um verspätetes Vorbringen zu entschuldigen.
2.2. Die D6 sei objektiv als nicht relevant zu bewerten und aus diesem Grund gemäß Artikel 114 (2) EPÜ nicht zu berücksichtigen.
Es sei bekannt gewesen, daß der aus D4 bekannte Kontakt trotz Überfeder nicht den Kontaktdruck aufweise, der aufgrund der Federleistung der Überfedern sich hätte einstellen müssen. Der in D6 beschriebene Kontakt sei kein Doppelflachfederkontakt, sondern eine Rundsteckhülse. Diese Rundsteckhülse sei mit einem Überfederkäfig bzw. einer Überfederhülse (spring cage) versehen, der bzw. die die Aufgabe habe, die zwei Kontaktfinger der Rundsteckhülse flexibel einwärts zu pressen, um einen guten Kontaktdruck zwischen dem Rundsteckhülsenkörper und einem eingesteckten Rundsteckstift zu gewährleisten. Durch Schlitze sei dort ein radial flexibler Kontaktfinger freigeschnitten, wobei der Überfederkäfig mit lediglich einem Überfederklammerarm das Äußere der Rundsteckhülse umgebe. Es sei aber nicht gewährleistet, daß der Druck des Überfederarms von Kontakthülse zu Kontakthülse gleich sei. Gemäß D6 sollte diesem Nachteil abgeholfen werden und zwar durch einen Ring 32, der die Bewegung des Federarmes des Grundkontaktes nach außen begrenzen soll.
Die vorliegende Erfindung befasse sich nicht mit den in D6 beschriebenen Problemen. Ein formschlüsssiger Sitz des bekannten Überfederhülsenkörpers auf einer Federarmbasis sei nicht erkennbar, weil der bekannte Kontakt kein Federbasiselement aufweise. Vielmehr werde in D6 gelehrt, daß der Überfederkäfig mit Spiel, also weniger fest auf dem Grundkontakt sitzen soll. Der in D6 beschriebene Grundkontakt habe keine drei, sondern nur zwei Federarme. Es gebe keine zwei Überfederarme, sondern lediglich einen einzigen im Endbereich geschlitzten Überfederarm. Die gezeigte Raumform sei relativ kompliziert. Weiterhin liege die Öffnung 41 des Buchsenkörpers gemäß Figur 7 im Bereich des Endes 37 der Federhülse, so daß man nicht davon sprechen könne, daß eine Außenüberfederarmbasis formschlüssig auf der Federarmbasis des Buchsenkörpers 11 sitze. Der Fachmann würde durch den Offenbarungsgehalt der D6 nicht angeregt, die oben genannten Probleme bei einem Doppelflachfederkontakt zu lösen. Wegen seiner Irrelevanz sollte D6 als verspätet zitiertes Dokument gemäß Artikel 114 (2) EPÜ unberücksichtigt bleiben.
VII. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent gestützt auf während der mündlichen Verhandlung vorgelegte Hilfsanträge 1 bis 3 in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
VIII. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents Nr. 0 114 187.
IX. Der Vorsitzende hielt am Ende der mündlichen Verhandlung fest, die Entscheidung ergehe wegen der noch zu überprüfenden Hilsanträge 1 bis 3 schriftlich, nachdem er vorab festgestellt hatte, daß der Einspruch zulässig und eine diesbezügliche Vorlage an die Große Beschwerdekammer nicht erforderlich ist. Er stellte ferner fest, daß die Druckschrift D6 berücksichtigt wird und das Patent auf der Basis des Hauptantrags nicht aufrechterhalten werden kann.
Entscheidungsgründe
1. Zwischen- und Teilentscheidung
1.1. Grund und Verfahrensstand
Aufgrund der Fortsetzung des Verfahrens nach der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 1996 erachtet es die Kammer im Rahmen von Artikel 111 (1) EPÜ zur Klärung des Verfahrensstands als notwendig, die dabei erledigten Punkte (vgl. Abschnitt IX) in einer Entscheidung zu begründen (vgl. Regel 68 (1) und 66 (2) EPÜ). Sie bezieht sich somit auf den Verfahrensstand am Ende der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 1996.
Über die Hilfsanträge wird später gesondert entschieden (vgl. auch unten Punkt 5).
1.2. Form der Entscheidung
Hinsichtlich der Verfahrensfragen handelt es sich um eine für das weitere Verfahren gültige Zwischenentscheidung, hinsichtlich des Hauptantrags handelt es sich um eine abschließende Teilentscheidung.
2. Zulässigkeit des Einspruches und der Beschwerde
2.1. Der Beschwerdegegnerin waren die Fakten, auf die sich der Einwand der Unzulässigkeit des Einspruches nun stützt, bereits mit Erhalt der Einspruchsschrift bekannt. Dennoch hat sie den Einwand der Unzulässigkeit des Einspruches erstmals im Beschwerdeverfahren erhoben. Die Beschwerdeführerin bezweifelte, daß die Zulässigkeit eines Einspruches - wie im vorliegenden Fall - erstmals im Beschwerdeverfahren bestritten werden kann und bat um eine entsprechende Vorlage der zugrundeliegenden Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer. Der Antrag auf eine solche Vorlage wird von der Kammer jedoch abgelehnt, da nach gefestigter Rechtsprechung die gemäß Artikel 99 (1) und Regeln 55 c) und 56 (1) EPÜ zu überprüfende Zulässigkeit eines Einspruches als unverzichtbare prozessuale Voraussetzung der sachlichen Prüfung des Einspruchsverfahrens in jedem Verfahrensstadium, also auch im Beschwerdeverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. auch T 289/91, ABl. EPA 1994, 649).
2.2. Nach der Entscheidung T 222/85 (ABl. EPA 1988, 128, Nr. 4) soll mit dem Erfordernis der Regel 55 c) EPÜ sichergestellt werden, daß der Standpunkt des Einsprechenden in der Einspruchsschrift so deutlich dargelegt wird, daß sowohl der Patentinhaber als auch die Einspruchsabteilung wissen, worum es bei dem Einspruch geht. Das Erfordernis der Regel 55 c) EPÜ, wonach die Einspruchsschrift die Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel enthalten muß, in Verbindung mit Artikel 99 (1) EPÜ ist sachlicher Natur und verlangt eine Begründung, die auf den Kern des Einspruchs eingeht.
Das Erfordernis der Regel 55 c) EPÜ bezüglich der Angabe der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel ist nur dann erfüllt, wenn die relevanten (d. h. für den Umfang des angefochtenen Patents relevanten) Tatsachen und Beweismittel so ausreichend angegeben sind, daß die angeführten Einspruchsgründe und ihre Stichhaltigkeit von der Einspruchsabteilung und vom Patentinhaber richtig verstanden werden können. Dies ist aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns auf dem Gebiet, auf das sich das angefochtene Patent bezieht, objektiv zu beurteilen.
Im vorliegenden Fall hat die Einsprechende auf die Figur 10 der Druckschrift D2 hingewiesen und angegeben, daß diese Figur einen Flachfederkontakt mit einer kastenförmigen, im Querschnitt rechteckigen Federarmbasis und sich vom Boden- und vom Deckenteil dieser Federarmbasis je nach vorne erstreckende Federarme aufzeige. Da gemäß Wahrig "Deutsches Wörterbuch" ein Kasten ein rechtwinkliger Behälter mit oder ohne Deckel ist und der Begriff kastenförmig lediglich an diese Form erinnern soll, kann die von der Einsprechenden gegebene Beschreibung in der Einspruchsschrift vom Fachmann nur so interpretiert werden, daß - ungeachtet der Beschreibung von D2 - die beiden in Figur 10 gezeigten Teile 44 und 45 als Boden- und Deckenteile und die Teile 51 und 42 als Seitenteile anzusehen seien. Aus der Tatsache, daß die Figuren 2, 3 und 6 der gleichen Druckschrift neben einem Flachfederkontakt auch noch eine Außenüberfeder mit einer weitgehend rechteckigen Federarmbasis zeigen und dabei Überfederklammerarme nahezu parallel zu den Federarmen verlaufen und von außen auf diese drücken, wurde offenbar geschlossen, daß der Flachfederkontakt gemäß Figur 10 in gleicher Weise mit einer Außenüberfeder versehen werden soll, so daß kein erfinderischer Abstand zum Gegenstand des Anspruches 1 des Streitpatents verbleibe. Damit sind die einschlägigen Tatsachen und Beweismittel für ein richtiges und objektives Verständnis des Vorbringens der Einsprechenden nach Auffassung der Kammer ausreichend angegeben. Die Frage der Zulänglichkeit der Einspruchsschrift in bezug auf dieses Dokument ist dabei von der Frage der Stichhaltigkeit des Vorbringens der Einsprechenden zu unterscheiden, die hier nicht zur Debatte steht.
Aus diesen Gründen wird in Übereinstimmung mit der Feststellung in der angefochtenen Entscheidung die Zulässigkeit des Einspruchs bejaht.
2.3. Die Beschwerde ist zulässig.
3. Berücksichtigung der Druckschrift D6
Die Druckschrift D6 wurde von der Beschwerdeführerin nach Ablauf der Einspruchsfrist, also verspätet, genannt. Dieses Dokument war jedoch nicht so spät genannt worden, daß keine ausreichende Zeit für eine Relevanzprüfung vor der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung verblieb; vgl. T 465/92 (ABl. EPA 1996, 32, Absatz 2). Das Einspruchsverfahren konnte also durch die Nennung dieses Dokuments nicht verzögert worden sein. Da für den einschlägigen Fachmann runde bzw. stiftförmige und messerförmige Steckverbindungen seit langem geläufige Alternativen sind und der gleiche Fachmann für den Entwurf beider Ausführungsformen zuständig ist, wird er bei der Suche nach einer geeigneten Überfederkonstruktion für einen kastenförmigen Flachfederkontakt Steckverbindungen für Rundkontakte nicht außer Betracht lassen. Da D6 eine Rundkontaktsteckverbindung mit Überfeder betrifft, entschied die Kammer, sie - abweichend von der angegriffenen Entscheidung der Vorinstanz - wegen ihrer Relevanz zu berücksichtigen.
4. Erfinderische Tätigkeit des Gegenstands des Hauptantrags (erteilter Anspruch 1)
4.1. Die Kammer stimmt mit den Parteien darin überein, daß D4 den nächstliegenden Stand der Technik darstellt. Diese Druckschrift befaßt sich mit einem Doppelflachfederkontakt mit vier Federarmen und offenbart mit Ausnahme längsgeteilter Deckenteile alle im Oberbegriff des Anspruches 1 angegebenen Merkmale.
Bei dem Doppelflachfederkontakt gemäß D4 werden zwei Federdrahtzusatzfedern (10) in durch verbreitete Seitenwände des kastenrohrförmigen Grundteils gebildete Taschen eingeschoben, elastisch aufgebogen und über Abkantungen (6) gestreift, um den Druck der Kontaktzungen (5) von außen her durch die nur teilweise außenliegenden Zusatzfedern zu verstärken. Das Einlegen der Federn erfordert also neben dem Aufweiten der Seitenteile des kastenrohrförmigen Grundteils manuelle Betätigung für das zweimalige Einlegen und Biegen der Federn. Weitere Maßnahmen zur Sicherung der Federhalterungen sind nicht getroffen. Der Federdruck ist wegen der Verwendung eines Federdrahtes schwach.
4.2. Ausgehend von D4 ist es daher Aufgabe der Erfindung, einen Doppelflachfederkontakt mit einer Außenüberfeder zu schaffen, die eine relativ unkomplizierte Form aufweist und die Außenabmessungen des Doppelflachfederkontaktes nicht erheblich vergrößern soll. Ferner soll die Außenüberfeder leicht auf dem Doppelflachfederkontakt angeordnet werden können, unverlierbar sicher auf ihm lagern und einen ausreichenden Federdruck erzeugen.
4.3. Gemäß Anspruch 1 wird diese Aufgabe gelöst
a) durch die Längsteilung der Decke der Federarmbasis,
b) durch eine Außenüberfeder, die etwa formschlüssig auf der Federarmbasis sitzt und dort arretiert ist, wobei
c) die Außenüberfeder - genau wie der Doppelflachfederkontakt - eine im Querschnitt rechteckige, kastenförmige Außenüberfederarmbasis aufweist, an die sich nach vorne erstreckend, Überfederklammerarme angebunden sind und
d) die Federarme der Außenüberfeder parallel zu den Federarmen des Doppelflachfederkontakts verlaufen und von außen auf die Federarme des Doppelflachfederkontakts drücken.
Gemäß Spalte 3, Zeilen 3 bis 6 der Patentschrift ist der Begriff "parallel" als "in der Draufsicht betrachtet - parallel" zu interpretieren.
4.4. In Spalte 4, Zeilen 60 bis 68 von D6 ist darauf hingewiesen, daß die dort beschriebene Steckkontaktbuchse neben der Verminderung des Einflusses von Toleranzen den Vorteil aufweist, daß sie einfach herzustellen und zusammenbaubar ist, also günstige Produktionskosten erlaubt. Weiterhin ist sie für mehrpolige Steckverbindungen geeignet.
In D6 ist eine elektrische Steckkontaktbuchse beschrieben, die aus einem Buchsenkörper (nachfolgend auch Mehrfachfederkontaktelement genannt) und einer darüber gesteckten Federhülse 12 (nachfolgend auch Außenüberfederelement genannt) besteht. Der Buchsenkörper weist zwei nebeneinander verlaufende Kontaktfinger 19 und 20 auf, welche sich in Längsrichtung des Buchsenkörpers erstrecken und radial zur Längsachse des Buchsenkörpers federnd nachgeben. Die Federhülse bzw. das Außenüberfederelement weist eine in zwei Partien 35a und 35b unterteilte Zunge 35 auf, wobei jede der Partien - in der Draufsicht betrachtet - parallel zum jeweiligen Kontaktfinger verläuft und individuell auf ihn drückt, um denselben nach innen zu drängen (vgl. Teil des Merkmals c) und Merkmal d) in Abschnitt 4.3). Das Außenüberfederelement ist ebenso wie das Mehrfachfederkontaktelement aus einem Blechstanzteil hergestellt (vgl. Merkmal a) in Abschnitt 4.3). Die Form des Außenüberfederelements ist der Form des Mehrfachfederkontaktelements möglichst angepaßt (vgl. Teil des Merkmals c) in Abschnitt 4.3). Dabei ist jedoch ohne erhebliche Vergrößerung der Außenabmessungen genügend Spiel für ein leichtes Aufschieben des Außenüberfederelements gewährleistet und dieses sicher mittels in die Ausnehmung (41) eingedrückter Laschen (39) am Mehrfachfederkontaktelement unverlierbar gelagert (vgl. Merkmal b) in Abschnitt 4.3).
Zwar geht es in D6 um eine Federkontaktbuchse für Rundsteckerstifte, so daß auch die Federkontaktbuchse und die Außenüberfeder Kreisquerschnitt aufweisen. Ferner gibt es lediglich zwei Federarme (19, 20) am Mehrfachfederkontaktelement (11) und zwei Überfederelementpartien (35a, 35b) am Außenüberfederelement (12), die - in der Draufsicht betrachtet - parallel zu den Federarmen (19, 20) verlaufen und von außen auf diese drücken. Wie von der Beschwerdegegnerin hervorgehoben wurde, umgibt der von der Kontaktbuchsenmündung abgekehrte Endteil (37) der Federhülse, von welchem die zweigeteilte Zunge (35) ausgeht, den Buchsenkörper mit etwas Spiel und die Federhülse ist mittels Verankerungslappen 38 und 39 am Buchsenkörper befestigt. Ein Paar Verankerungslappen 38 und die zugeordnete Öffnung 40 befinden sich nahe der Kontaktbuchsenmündung, während das andere Paar Verankerungslappen 39 und die zugeordnete Öffnung 41 sich in der Nähe des entgegengesetzten Endes 37 der Federhülse befinden.
4.5. Trotz der vorstehenden Unterschiede wird sich nach Auffassung der Kammer ein Fachmann, der ausgehend von D4 nach einer Lösung der dem angegriffenen Patent zugrundeliegenden Aufgabenstellung sucht, für eine einfachere Herstellung und einen einfacheren Zusammenbau an D6 orientieren. Da die in D6 gezeigte Gestaltung des Außenüberfederelements die Ausbildung stärkerer Überfedern und daher eine größere Federkraft als bei der Ausführung gemäß D4 ermöglicht, findet er in D6 auch ein Lösungsvorbild für das nach den Ausführungen der Beschwerdegegnerin erkannte Problem des schwachen Kontaktdruckes beim Steckkontakt gemäß D4. In Anlehnung an die Lösung gemäß D6 wird er also nicht nur den aus D4 bekannten Doppelflachfederkontakt, sondern auch die Außenüberfeder aus einem Blechstanzteil gestalten und das Überfederelement der Gestalt des Mehrfachkontaktelementes möglichst - insbesondere etwa formschlüssig im Bereich der in D4 klar abgesetzten Federarmbasis anpassen, wobei jedoch noch genügend Spiel für ein leichtes Aufschieben gewährleistet sein soll. Da für den Doppelflachfederkontakt gemäß D4 kein Überbiegeschutz für den aus den Abkantungen 6 gebildeten Findungstrichter vorgesehen ist, also auch ein der Endpartie 21 des Buchsenkörpers 11 von D6 entsprechender Teil fehlt, wird er auf den für diesen Zweck vorgesehenen Endteil 32 der Federhülse 12 von D6 und auf das vordere Paar Verankerungslappen 38 und die zugeordnete Öffnung 40 verzichten und dafür auf einen besseren Sitz der Überfeder auf der Federarmbasis gemäß D4 sorgen. Gemäß D6 (Figur 7) stehen sich das Paar Verankerungslappen 39 und die zugeordnete Öffnung 41 gegenüber (vgl. D6, Spalte 3, Zeilen 36 bis 51), so daß es dort bereits - wenn auch nicht so scharf geometrisch unterscheidbar wie in D4 - eine eine Art Federarmbasis (von der Mündung 14 des Buchsenkörpers 11 abgelegener Teil, etwa beginnend mit der Öffnung 41 in Figur 7) überlappende Außenüberfederarmbasis (Figur 7: 37 mit einem Teil des Verankerungslappens 39) mit Arretierung (41, 39) gibt. Für ihre Funktion verlaufen auch die Überfederarme (Partien 35a, 35b) gemäß D6 - in der Draufsicht betrachtet - möglichst parallel zu den Federarmen (Kontaktfinger 19,20).
4.6. Die Kammer kommt daher zu dem Ergebnis, daß sich der im Anspruch 1 angegebene Doppelflachfederkontakt in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, nämlich D4 und D6, ergibt und nicht als erfinderisch anzusehen ist.
4.7. Das Streitpatent kann daher auf der Basis des Hauptantrages, also in unveränderter Form, nicht aufrechterhalten werden.
5. Hilfsanträge
Auch wenn die Beschwerdegegnerin keinen Rechtsanspruch auf die Vorlage weiterer Hilfsanträge hatte, so wurde ihr diese Möglichkeit im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens der Beschwerdekammer (vgl. T 406/86, ABl. EPA 1989, 302) eingeräumt, da über die Relevanz des Dokuments D6 abweichend von der Vorinstanz und erst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer entschieden und damit mangelnde erfinderische Tätigkeit für den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag festgestellt wurde. Hierbei wurde berücksichtigt, daß während der Verhandlung auf Besonderheiten hingewiesen wurde (vgl. Abschnitt V, 2.3 oben), die nicht ohne weiteres naheliegend erschienen. Die Kammer kam zu der Auffassung, daß in den in der mündlichen Verhandlung hilfsweise vorgelegten Ansprüchen möglicherweise patentfähige Gegenstände enthalten sind, die vorgelegten Anspruchsfassungen jedoch nicht allen Erfordernissen des EPÜ genügen dürften. Die Kammer entschied daher, deshalb ins schriftliche Verfahren überzugehen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Der Einspruch ist zulässig. Der Antrag auf Vorlage der Rechtsfrage an die Große Beschwerdekammer, ob die Zulässigkeit eines Einspruchs erstmals im Beschwerdeverfahren bestritten werden kann, wird abgelehnt.
2. Die Druckschrift D6 wird berücksichtigt.
3. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
4. Der Hauptantrag der Beschwerdegegnerin wird zurückgewiesen.
5. Zu den Hilfsanträgen ergeht eine separate Entscheidung.