European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1995:T015694.19950307 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 07 März 1995 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0156/94 | ||||||||
Anmeldenummer: | 89202604.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60R 21/20 B60R 21/26 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Gassack-Aufprallschutzvorrichtung | ||||||||
Name des Anmelders: | KOLBENSCHMIDT Aktiengesellschaft | ||||||||
Name des Einsprechenden: | - | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Erfinderische Tätigkeit (ja) Inventive step (yes) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die am 14. Oktober 1989 angemeldete und am 9. Mai 1990 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 89 202 604.8 wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 7. Oktober 1993 zurückgewiesen.
Der Entscheidung lagen die ursprünglichen Unterlagen zugrunde. Der ursprüngliche und weiter geltende Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
"Gassack-Aufprallschutzvorrichtung, die in das Lenkrad bzw. Armaturenbrett von Kraftfahrzeugen integrierbar ist und aus dem den zusammengefalteten aufblähbaren Gassack sowie den mit diesem verbundenen Festtreibstoff- Gasgenerator aufnehmenden schüsselförmigen Generatorträger und der den Gassack abdeckenden, über seinen Rand reichenden und mit dem Generatorträger verklipsten Abdeckung aus elastischem Kunststoff besteht, deren Deckel genau definierte Sollbruchlinien aufweist und deren mit dem Generatorträger verklipster umlaufender Rahmen mit den durch die Sollbruchlinien begrenzten Deckelabschnitten scharnierartig verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Generatorträger (1, 8) aus glasmattenverstärktem Thermoplast besteht".
II. In der Entscheidung kam die Prüfungsabteilung zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da das Auffinden der beanspruchten Lehre sich aufgrund des Fachwissens im Hinblick auf den aufgedeckten gattungsgemäßen Stand der Technik und die bekannte Aufgabenstellung lediglich auf die Auswahl eines aus der Fachliteratur bekannten, geeigneten Werkstoffs beschränke, der im Prinzip schon für eine hochbelastete Basisplatte, die als Generatorträger einer bekannten Gassack-Aufprallvorrichtung diene, verwendet worden sei.
III. Am 6. Dezember 1993 hat die Beschwerdeführerin (Anmelderin) gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt.
In der am 7. Februar 1994 eingegangenen Beschwerdebegründung vertrat sie die Auffassung, daß die Verwendung des im Kennzeichen des Anspruchs 1 definierten Materials bei der gattungsgemäßen Vorrichtung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
IV. In einer Mitteilung der technischen Beschwerdekammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 26. September 1994 teilte die Beschwerdekammer der Beschwerdeführerin unter anderem mit, daß der im Kennzeichen des Anspruchs 1 genannte Werkstoff dem Fachmann an sich bekannt sei und nannte zum weiteren Stand der Technik das Fachbuch "Kunststoffverarbeitung, Schwarz/Ebeling/Lüpke/Schelter, Würzburg 1985, dritte Auflage, Seite 153, 154" (D6) und wies darauf hin, daß eine Materialauswahl, bei der ein an sich bekanntes Material aufgrund seiner bekannten Eigenschaften verwendet werde, im allgemeinen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
V. Am 7. März 1995 wurde vor der Beschwerdekammer mündlich verhandelt.
VI. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Entscheidung aufzuheben und das nachgesuchte Patent auf der Grundlage der ursprünglichen Unterlagen zu erteilen.
Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Sowohl die Druckschrift D1 (DE-C-3 544 704) als auch die Druckschrift D4 (DE-U-8 619 670) offenbaren die Merkmale aus dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Bei der Gassack- Aufprallschutzvorrichtung nach der Druckschrift D2 (GB-A-2 072 105) sei lediglich die den Gassack verschließende Abdeckung aus faserverstärktem Kunststoff gefertigt. Die über Schrauben gegen das Generatorgehäuse verspannte Bodenplatte (2) übe jedoch keine tragende Funktion aus, da der Gasgenerator (8) nicht von der Bodenplatte sondern von einem weiteren Halteteil, an dem er durch diese Schrauben festgelegt sei, getragen werde. Die in einer früheren Eingabe gemachte Aussage, daß es sich bei dem Kunststoff nach der D2 um einen mit Fasermatten verstärkten thermoplastischen Kunststoff handle, werde ausdrücklich zurückgenommen. Es handle sich bei dem nach der D2 für die Abdeckung genannten Kunststoff vielmehr um einen thermoplastischen Kunststoff, der auf nicht näher definierte Weise, möglicherweise mit kurzfasrigem Werkstoff verstärkt sei.
Die der Zeitschrift "Plastverarbeiter 38. Jahrgang, 1987, Nr. 3" (D3) auf den Seiten 108 bis 112 einerseits und auf Seite 114 andererseits entnommenen Artikel stünden in keinem Zusammenhang miteinander. Der auf den Seiten 108 bis 112 wiedergegebene Aufsatz "Von der Radkappe bis zum Zylinderkopfdeckel" betreffe insgesamt spritzgegossene bzw. gegossene, faserverstärkte Kunststoffbauteile und somit keine Bauteile, die aus fasermattenverstärktem, thermoplastischem Kunststoff gepreßt würden. Der auf Seite 114 der D3 wiedergegebene Kurzaufsatz "Herstellen von Großformteilen aus GMT und SMC" sei beim insgesamt aufgedeckten Stand der Technik die einzige Offenbarung für die Anwendung von glasmattenverstärktem Thermoplast, das aus plattenförmigem Rohmaterial zu Werkstücken verpreßt werde. In diesem Aufsatz komme jedoch zum Ausdruck, daß es sich ausschließlich um "Großformteile in der Automobilindustrie" handle, bei welchen die Nachteile des Spritzgießens hinsichtlich der Fließorientierung zu kompensieren seien. Ein den Festtreibstoff-Gasgenerator aufnehmender schüsselförmiger Generatorträger müsse jedoch den beim Zünden kurzzeitig auftretenden, hohen Druckbelastungen standhalten und müsse einen extrem hohen Elastizitätsmodul aufweisen. Bei den bekannten Großformteilen habe der fasermattenverstärkte Thermoplast keine vergleichbare Aufgabe zu lösen. Hierdurch habe der Fachmann auch keine Anregung dafür erhalten können, einen explosionsdruckbelasteten Generatorträger aus einem solchen Grundwerkstoff herzustellen. Die Angaben in dem Fachbuch "Kunststoffverarbeitung" (D6) unter Punkt 11.2 beträfen ausschließlich die Verarbeitung von Polyesterharzen, die gegebenenfalls mit einer Glasfasermattenverstärkung versehen seien. Polyesterharze hätten jedoch im allgemeinen andere Eigenschaften als Thermoplaste. In der D6 seien somit keine Werkstoffe angesprochen, wie sie beim Gegenstand des nachgesuchten Patents verwendet würden. Im "Kraftfahrtechnisches Taschenbuch, Bosch, 20. Auflage, 1987, Seite 162 (D5) sei für schlagfeste Maschinengehäuse "Polyamid 6 + GF" empfohlen, das ein glasfaserverstärktes Thermoplast und nicht ein glasmattenverstärktes, im allgemeinen unter der Bezeichnung "GMT" bekanntes Thermoplast sei. Der Fachmann habe bisher einem glasmattenverstärkten Thermoplast (GMT) nicht zugetraut, daß es dem beim Zünden des Gasgenerators auftretenden Schockstoß widerstehen könne. Man habe vielmehr mit einer Materialversprödung infolge des Explosionsdrucks und einem Reißen des Kunststoffgehäuses gerechnet. Erst Versuche hätten überraschenderweise ergeben, daß der Werkstoff die hohen Belastungen aushalte.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ und ist zulässig.
2. Stand der Technik, Gegenstand des Anspruchs 1
2.1. In der Beschreibungseinleitung der geltenden, ursprünglichen Unterlagen sind neben der D1 die folgenden Druckschriften angegeben:
DA: EP-A-235 383
DB: DE-A-3 630 685
2.2. Eine Gassack-Aufprallschutzvorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist aus den Druckschriften D1 und auch D4 bekannt. Bei diesen bekannten Vorrichtungen ist der Festtreibstoff-Gasgenerator (3 bzw. 42) in einem schüsselförmigen Generatorträger (4 bzw. 10) angeordnet. Wie in der Beschreibungseinleitung der D4 angegeben ist und von der Beschwerdeführerin betont wird, ist das Gasgeneratorträgergehäuse höchsten mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt, die durch den beim Abbrennen der Treibladung und Aufblasen des Gassacks im Generator entstehenden explosionsartigen Schockstoß hervorgerufen werden. In der Beschreibungseinleitung der D4 ist weiterhin ausgeführt, daß solche Beanspruchungen auch dann auftreten, wenn die Treibladung nicht unmittelbar im Gasgenerator selbst, wie bei der D4, sondern in einem zusätzlichen, an einem Träger befestigten Kapselgehäuse angebracht ist (wie z. B. die D2 zeigt), da dann an den Verankerungspunkten zwischen dem schüsselförmigen Generatorträger und dem Kraftfahrzeugaufbau ebenfalls solche Stoßbelastungen auftreten.
Bei den bekannten Gassack-Aufprallschutzvorrichtungen besteht (nach der Beschreibungseinleitung des nachgesuchten Patents) der Generatorträger entweder aus tiefziehfähigem Stahl oder zur Gewichstminimierung aus Aluminium. Zur Fertigung seien aufwendige Tiefziehmaßnahmen notwendig. Die hiervon abgeleitete, in der Beschreibungseinleitung des nachgesuchten Patents definierte Aufgabenstellung besteht darin, einen Generatorträger zu entwickeln, der
a) ohne besonderen Aufwand
b) in gewichtsminimierter Form herstellbar ist, und
c) hohe Festigkeitswerte besitzt.
Durch die erfindungsgemäße Verwendung von glasmattenverstärktem Thermoplast als Werkstoff für den schüsselförmigen Generatorträger ist es möglich, durch einfaches Pressen des in Plattenform vorliegenden Rohmaterials aufwendige Tiefziehmaßnahmen (wie bei einer Fertigung aus Metall) zu vermeiden, wobei zusätzlich eine Gewichtsverringerung möglich ist.
Nach Angabe der Beschwerdeführerin erlaube der verwendete Werkstoff große Materialumformungen. Weiterhin sei eine hohe Festigkeit gewährleistet, so daß die aus den Schockstößen herrührenden Kräfte aufgefangen werden könnten, ohne den Generatorträger zu beschädigen.
Die Kammer hat keinen Anlaß, diese Angaben in Frage zu stellen. Es wird demzufolge nicht bezweifelt, daß die dem beanspruchten Gegenstand zugrundeliegende Aufgabe durch Verwendung des beanspruchten Werkstoffs gelöst wird.
3. Neuheit
3.1. Keine der Entgegenhaltungen DA, DB, D1, D2 und D4, die Gassack-Aufprallschutzvorrichtungen betreffen, offenbart einen schüsselförmigen Gasgeneratorträger aus glasmattenverstärktem Thermoplast.
3.2. Die in der Druckschrift D2 gezeigte Grundplatte (baseplate 2) enthält nach der Beschreibung der D2 als wesentlichen Bestandteil offenbar unverstärkten thermoplastischen Kunststoff (z. B. Polyethylen). Für die Abdeckungen kommt als Rohmaterial verstärktes Folienmaterial (reinforced film) zur Anwendung. Die Grundplatte (2) stellt jedoch kein mit dem schüsselförmigen Generatorträger des beanspruchten Gegenstands vergleichbares Bauteil dar. Aus den Figuren 1 und 2 der D2 ist nämlich erkennbar, daß die gekapselten Gasgeneratoren (8) offenbar über Trägerflansche (flanges) auf den Randbereichen der Grundplatte (2) abgestützt sind, die über Befestigungsbohrungen auf (nicht dargestellten) Innenflächen der Fahrzeugkarosserie festgelegt ist (vgl. Seite 2, Zeilen 28 bis 37). Der D2 ist außerdem auch kein Hinweis zu entnehmen, daß es sich bei der Verstärkung des Thermoplasts für die Abdeckungen um Glasmatten handelt.
Die D2 unterscheidet sich somit vom beanspruchten Gegenstand sowohl gattungsmäßig als auch im Hinblick auf die im Anspruchskennzeichen enthaltene Materialangabe.
3.3. Die weiteren Entgegenhaltungen D3, D5 und D6 befassen sich mit verschiedenen Kunststoffen und deren Anwendungsmöglichkeiten. Irgendwelche Hinweise für ihre Anwendung bei Gassack-Aufprallschutzvorrichtungen sind ihnen nicht zu entnehmen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist somit unbestritten neu.
4. Erfinderische Tätigkeit
4.1. Die der Anmeldung zugrundeliegende Aufgabe (vgl. Punkt 2.2) stellt sich aus den Notwendigkeiten der Praxis und dem relevanten Stand der Technik von selbst, da, wie z. B. die Druckschrift D4 erwähnt, die hohen Schockstoßbelastungen eines gezündeten Gasgenerators eine extreme Festigkeit der tragenden Teile erforderlich machen. Die Verringerung des Herstellungsaufwandes liegt im ständigen Bestreben des Fachmanns und ist ebenfalls schon in der Aufgabenstellung der D4 (Seite 2, zweiter Absatz) angesprochen. Die weitere Teilaufgabe, nämlich die Herstellung in gewichtsminimierter Form, entspricht den stetigen Zielvorgaben im Fahrzeugbau, durch Gewichtsverringerung aller Zubehörteile das Fahrzeuggewicht möglichst klein zu halten.
Die Aufgabenstellung vermag somit von sich aus nichts zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit beizutragen.
4.2. In der angefochtenen Entscheidung wird das Fehlen der erfinderischen Tätigkeit u. a. damit begründet, daß es aus der Druckschrift D2 schon bekannt sei, auch für die hochbelastete, als Generatorträger dienende Basisplatte des Gehäuses ein Thermoplast zu verwenden und die Befestigung der gesamten Vorrichtung im Fahrzeug mit Hilfe dieser Platte zu bewerkstelligen. Weiterhin habe sich die Tätigkeit des Fachmannes bei der Auffindung des Gegenstands des Anspruchs 1 lediglich auf die Auswahl eines geeigneten Werkstoffes aus den Tabellen der Druckschrift D5 beschränkt, in der beispielsweise die Verwendung von Polyamid und Glasfaser für schlagfeste Maschinengehäuse genannt sei. Der allgemeine Begriff "Maschinengehäuse" sei mit einem Glasgeneratorträger zu assoziieren.
4.3. Diese Feststellungen sind aus folgenden Gründen nicht aufrechtzuerhalten.
4.3.1. Wie bereits unter Punkt 3.2 erörtert, sind bei der D2 die mit einem speziellen Kapselgehäuse versehenen Gasgeneratoren (8) über offensichtlich aus Metall bestehende Trägerflansche (flanges) auf der Grundplatte (2) abgestützt, die, wie aus der Figur 2 der D2 deutlich erkennbar, zweischichtig aufgebaut ist. Für die stärkere untere Schicht ist die für Metalle übliche Schraffierung benutzt, während die obere, dünnere Beschichtung ähnlich wie die Kunststoffabdeckung (3, 4) gekennzeichnet ist. Die Grundplatte (2) liegt an den abgeschrägten Ecken der Kunststoffabdeckung frei und ist dort über Befestigungsbohrungen (9) an der Kraftfahrzeugkarosserie befestigbar. Die beim Zünden der Generatoren auftretenden Schockstöße werden über die Stützflansche auf die Randbereiche der Stützplatte (2) und über deren frei liegende Eckbereiche (Befestigungsbohrungen (9)) auf Innenflächen der Karosserie übertragen. Die Kräfte werden dabei offensichtlich von der nicht aus Kunststoff bestehenden Schicht aufgenommen. Die Kunststoffbestandteile der Grundplatte haben somit nicht die Aufgabe, die Reaktionskräfte des Gasgenerators weiterzuleiten. Die Kunststoffbeschichtung der Grundplatte (2) muß daher nicht die hohen Belastungen eines im Oberbegriff des Anspruchs 1 des Streitpatents definierten schüsselförmigen Gasgeneratorträgers aufnehmen. Hierfür sprechen auch die weiteren Ausführungen in der D2, wonach sich die in der D2 empfohlene Verwendung eines thermoplastischen Kunststoffs mit Verstärkung (insbes. Polyethylen) auf die mit Sollbruchlinien versehenen Abdeckungsteile (3, 4) für den Gassack (1) bezieht. Der hierfür aus verstärktem Folienmaterial bestehende Thermoplast soll den eingeschlossenen Gassack lediglich gegen unbeabsichtigtes Herausfallen schützen, ihm eine stabile Außenform geben und ihn vor Beschädigung bewahren, wie dies in der D2 Seite 1, Zeilen 49 bis 59 und 124 bis 127 zum Ausdruck kommt. Die in der D2 erwähnte Festigkeit des verstärkten Thermoplastes entspricht somit lediglich der zum sicheren Aufbewahren des Gassackes, zu dessen Formhaltung sowie zur Sicherung gegen mechanische Beschädigungen nötigen Festigkeit. Außerdem muß das verwendete Material an den vorgesehenen Sollbruchlinien beim Zünden des Generators das Aufreißen gewährleisten. Das in der D2 empfohlene Material dient somit einem völlig anderen Zweck als beim Gegenstand der vorliegenden Anmeldung bei dem der Kunststoff die Schockstöße eines gezündeten Gasgenerators aufnehmen und weiterleiten muß, ohne daß dabei Risse oder dergleichen entstehen. Weiterhin ist in der D2 nirgends darauf hingewiesen, daß die angesprochene Verstärkung des Thermoplastes durch Glasmatten erfolgt. Gegenteilige Erklärungen der Beschwerdeführerin im Prüfungsverfahren sind von ihr im Beschwerdeverfahren ausdrücklich widerrufen und als irrige Feststellung bezeichnet worden.
Die Kammer ist somit der Auffassung, daß die D2 weder den beim nachgesuchten Patent verwendeten Werkstoff offenbart, noch dessen grundsätzliche Verwendung für die den Schockstoß des Gasgenerators aufnehmenden Teile nahelegt.
4.3.2. In der Druckschrift D5 wird in einer tabellenartigen Auflistung u. a. auf die Verwendung des Werkstoffs "Polyamid 6 + GF" für schlagfeste Maschinengehäuse verwiesen.
Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, daß die Bezeichnung "GF" auf die Verwendung von Glasfasern und nicht von Glasmatten hinweise, die, wie aus dem Kurzbericht auf Seite 114 der D3 ersichtlich, durch die Bezeichnung "GMT" definiert werden.
Die Kammer sieht keinen Grund, diese Angabe der Beschwerdeführerin zu bezweifeln, da auch dem anderen Aufsatz (auf den Seiten 108 bis 112) der Druckschrift D3, die 1987 und somit im gleichen Jahr wie die D5 veröffentlicht wurde, die Herstellung eines Maschinengehäuseteils, nämlich eines Zylinderkopfdeckels aus faserverstärktem Thermoplast durch Spritzgießen zu entnehmen ist. Es erscheint somit durchaus glaubwürdig, daß der Fachmann den Hinweis auf glasfaserverstärkte Thermoplaste "GF" in der D5 ausschließlich auf die Verstärkung mit Glasfasern und nicht mit Glasmatten bezog.
4.4. In der Druckschrift D6 wird im Kapitel 11 die Verarbeitung glasfaserverstärkter Kunststoffe behandelt. In Anschluß an den einleitenden Hinweis, daß man fast jeden Kunststoff durch faserförmige Materialien verstärken kann, wird im Einführungskapitel 11.1 erwähnt, daß das Verstärken mit Fasern bei Reaktionsharzen und bei einigen Thermoplasten (z. B. PE, PP, PA, POM) üblich ist und die dabei entstehenden Verbundwerksktoffe sich gegenüber den unverstärkten Stoffen durch einen wesentlichen höheren Elastizitätsmodul auszeichnen. Desweiteren wird als Begründung dafür, daß im Kapitel 11 nur die verstärkten Reaktionsharze behandelt werden u. a. angeführt, daß "die Verarbeitung faserverstärkter Thermoplaste entweder durch Spritzgießen oder Extrudieren erfolgt und der Verarbeitung der unverstärkten Thermoplaste entspricht". In der D6 wird somit festgestellt, daß die faserverstärkten Thermoplaste gieß- und spritzfähig sind, was nicht für glasmattenverstärkte Werkstoffe gilt. Die oben zitierten allgemeinen Hinweise beziehen sich somit offensichtlich nur auf Thermoplaste, die mit Glasfasern und nicht mit Glasmatten verstärkt sind, denn glasmattenverstärkte Kunststoffe werden nicht vergossen oder extrudiert sondern gepreßt. Die Ausführungen unter dem Kapitel 11.1 "Allgemeines" der D6 beziehen sich somit nicht auf die im Patentanspruch angegebene Anwendung eines glasmattenverstärkten Thermoplasts.
In dem Kapitel 11.2 der D6 mit den Unterkapiteln 11.2.1 "Ungesättigte Polyesterharze", 11.2.2 "Reaktionsmittel" und 11.2.3 "Verstärkungsfasern", werden ausschließlich die Polyesterharze behandelt. Der Hinweis auf die Verwendung von Glasfasermatten im Unterkapitel 11.2.3 (Seite 154) bezieht sich somit auch auf deren Verwendung zusammen mit Polyesterharzen. Im übrigen ist in diesem Kapitel sinngemäß noch erwähnt, daß bei Verwendung von Glasfasermatten die Festigkeitswerte zwar in allen Richtungen gleich aber nicht so hoch wie bei Bauteilen aus GFK (mit Faserverstärkungen) sind.
Die D6 betrifft somit offensichtlich keine glasmattenverstärkten Thermoplaste und vermittelt dem Leser die Lehre, daß bei verstärkten Polyesterharzen die Verwendung von Glasmatten eher zu niedrigeren Festigkeitswerten führt als bei Verwendung gießfähiger und extrudierbarer Glasfasern. Der Festigkeitsvergleich in der D6 stellt die Eignung von glasmattenverstärktem Kunststoff für hochfeste Bauteile in Frage.
Die D6 gibt somit dem Fachmann ebenfalls keine Anregung, für hochbelastete Teile mattenverstärkte Thermoplaste zu benutzen.
4.5. Der in der D3, Seite 114 enthaltene Kurzbericht "Herstellen von Großformteilen aus GMT und SMC" stellt im gesamten aufgedeckten Stand der Technik die einzige Veröffentlichung dar, die auf die Verwendung von glasmattenverstärktem Thermoplast, jedoch nur für Großformteile, hinweist. Dieser Bericht führt an, daß durch die Preßfertigung der aus diesem Werkstoff bestehenden Großformteile die Nachteile des Spritzgießens hinsichtlich der Fließorientierung beseitigt werden. Die in diesem Artikel angesprochenen Großformteile der Automobilindustrie (es dürfte sich wohl um große Karosserieteile handeln) müssen offensichtlich nicht die Festigkeitseigenschaften eines schockstoßbelasteten Gasgeneratorträgers aufweisen. Somit ist auch diesem Kurzbericht nichts zu entnehmen, was die Verwendung von solchem Material für schockstoßbelastete Teile nahelegen könnte.
4.6. Aufgrund der vorstehenden Betrachtungen, die zum Teil auf im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Argumenten basieren, kommt die Beschwerdekammer zu der Auffassung, daß dem aufgedeckten Stand der Technik kein Hinweis auf die Verwendung von glasmattenverstärkten Thermoplasten für höchstbelastete Bauteile zu entnehmen ist und daß der Fachmann durch ihn keine Anregung erhielt, glasmattenverstärkte Thermoplaste für die im Anspruch 1 definierte Vorrichtung in Betracht zu ziehen.
Zu diesem Resultat kommt man auch bei Einbeziehung der weiteren Entgegenhaltungen DA, DB und D1, in denen weder die Verwendung des speziell beanspruchten noch irgendeines anderen Kunststoffes für schüsselförmige Gasgeneratorträger angesprochen oder angedeutet ist.
4.7. Die Kammer kommt somit zu dem Ergebnis, daß der aufgedeckte Stand der Technik der Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 im Hinblick auf das Erfordernis der erfinderischen Tätigkeit (Artikel 56 EPÜ) nicht patenthindernd entgegensteht und daß der Anspruch 1 gemäß Artikel 52 (1) EPÜ patentfähig ist.
Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 (in der ursprünglich eingereichten Fassung) sind nicht zu beanstanden; sie enthalten besondere Weiterbildungen der Erfindung nach Anspruch 1 und sind daher ebenfalls gewährbar. Diese Ansprüche können zusammen mit der ursprünglichen Beschreibung als Grundlage für die Patenterteilung dienen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit den ursprünglichen Unterlagen zu erteilen.