T 0956/93 (Wiedereinsetzung/KUHN) of 17.11.1994

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1994:T095693.19941117
Datum der Entscheidung: 17 November 1994
Aktenzeichen: T 0956/93
Anmeldenummer: 89105492.6
IPC-Klasse: A62C 2/14
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: Vorrichtung zum Absperren von Lüftungseinrichtungen
Name des Anmelders: Rolf Kuhn GmbH
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 122
Schlagwörter: Wiedereinsetzung der Beschwerdebegründungsfrist - ja
Restitutio (yes) - time limit for filing statement of grounds of appeal
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
J 0002/86
J 0003/86
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 4. Juni 1993, durch die die europäische Patentanmeldung 89105492.6 zurückgewiesen wurde, form- und fristgerecht am 25. Juni 1993 Beschwerde eingelegt.

II. Nachdem mit einer Mitteilung gemäß Artikel 108 und Regel 65 (1) EPÜ vom 19. November 1993 der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde, daß die Beschwerdebegründung nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist eingegangen sei, hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20. Januar 1994, eingegangen beim Europäischen Patentamt am selben Tag, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und zugleich die eingelegte Beschwerde begründet.

III. In der mündlichen Verhandlung vom 17. November 1994 trug der Vertreter der Beschwerdeführerin zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags im wesentlichen vor, er habe am 20. August 1993, d. h. vor seinem Urlaubsantritt, die Beschwerdebegründung diktiert, die dann außer Haus geschrieben und am 26. August in der Kanzlei abgeliefert worden sei. Seine damalige stellvertretende Sekretärin, Frau Barbu, die übrigens Patentanwaltsgehilfin sei, habe diesen Schriftsatz in die dafür vorgesehene Unterschriftsmappe gelegt, die ihm nach der Rückkehr aus dem Urlaub hätte vorgelegt werden sollen.

In seinem Büro würden zwei Arten von Fristen notiert, eine Wiedervorlagefrist, die gelöscht wird, wenn ein Vorgang bearbeitet ist, und eine Amtsfrist, zu welchem Termin ein Akt zu der jeweiligen Behörde gesandt wird. Frau Barbu habe ordnungsgemäß die Wiedervorlagefrist vom 7. September 1993 gelöscht, nachdem die Beschwerdebegründung fertig geschrieben vorlag.

Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub am 13. September 1993 sei ihm die Akte nicht zur Unterschrift vorgelegt worden. Vielmehr habe die nach Ausscheiden seiner Sekretärin, seiner stellvertretenden Sekretärin sowie des sachbearbeitenden Patentanwaltskandidaten, Herrn Gassner, damals zuständige Sekretärin, Frau Hinterthür, aus unerklärlichen Gründen die Amtsfrist im vorliegenden Fall, den 7. Oktober 1993, gestrichen und offenbar selbst entschieden, daß die Vorlage der Akte auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird. Dieser Grund sei ursächlich für das Fristversäumnis gewesen. Frau Hinterthür, die Patentanwaltsgehilfin sei, habe bis zu diesem Zeitpunkt immer vorbildlich gearbeitet. Seit 1972 in seinem Büro tätig, sei niemals derartiges geschehen. Es handele sich daher um ein einmaliges Versehen einer im übrigen zuverlässigen Hilfskraft.

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist innerhalb der Frist des Artikels 122 (2) Satz 1 EPÜ gestellt worden. Das für das Fristversäumnis ursächliche Ereignis ist mit dem Eingang der Mitteilung der Beschwerdekammer vom 19. November 1993 beim Vertreter der Beschwerdeführerin am 29. November 1993 weggefallen, so daß der am 21. Januar 1994 eingegangene Antrag fristgerecht gestellt ist.

2. Gemäß Artikel 122 (2) Satz 2 EPÜ ist die versäumte Handlung, die Begründung der Beschwerde, mit dem beim Europäischen Patentamt am 21. Januar 1994 eingegangenen Schriftsatz fristgemäß nachgeholt worden.

3. Die Wiedereinsetzungsgebühr ist gemäß Artikel 122 (3) Satz 2 EPÜ ebenfalls entrichtet worden.

4. Der Antrag ist auch begründet, Artikel 122 (3) Satz 1 EPÜ.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat glaubhaft gemacht, daß die Beschwerdebegründung nicht nur von ihm rechtzeitig diktiert sondern auch außer Haus rechtzeitig geschrieben worden ist. Es ist daher auch kein Fehler darin zu sehen, daß seine damalige stellvertretende Sekretärin, Frau Barbu, die Wiedervorlagefrist, d. h. die Frist zur Bearbeitung dieser Begründung, gestrichen hat.

Die maßgebliche Ursache für die Fristversäumnis liegt in dem nicht mehr aufklärbaren Irrtum der Frau Hinterthür, die maßgebliche Akte am Tage des letzten Fristablaufs, der sogenannten Amtsfrist, nicht vorgelegt zu haben. Wäre dies geschehen, hätte man noch rechtzeitig entdeckt, daß die Beschwerdebegründung noch nicht unterschrieben war und hätte diese folglich fristgerecht eingereicht werden können.

Aufgrund des glaubhaften Sachvortrags des Vertreters der Beschwerdeführerin ist die Kammer davon überzeugt, daß es sich im vorliegenden Fall um ein einmaliges Versagen einer Hilfsperson handelt. Frau Hinterthür hat seit über 20. Jahren im Büro des Vertreters der Beschwerdeführerin gearbeitet und ihr ist ein solches Versäumnis noch niemals unterlaufen. Es handelt sich offenbar um eine zuverlässige Sekretärin - Patentanwaltsgehilfin -, bei deren Auswahl, Einarbeitung und Überwachung der Vertreter der Beschwerdeführerin die gebotene Sorgfalt beachtet hat. Daß jene die fragliche Amtsfrist gelöscht hat, ist daher ein unvorhersehbarer, eine Ausnahme darstellender Fehler innerhalb eines ansonsten gut funktionierenden Systems, der dem Vertreter der Beschwerdeführerin nicht angelastet werden kann (vgl. hierzu Entscheidung der Juristischen Beschwerdekammer J 2/86, J 3/86, ABl. EPA 1987, 362).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerdeführerin wird in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerdebegründung wieder eingesetzt.

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