T 0493/93 (Dampfsterilisatoren / TOLZIN) of 30.1.1997

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1997:T049393.19970130
Datum der Entscheidung: 30 Januar 1997
Aktenzeichen: T 0493/93
Anmeldenummer: 86904780.3
IPC-Klasse: A61L 2/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum Testen von Dampfsterilisatoren sowie Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens
Name des Anmelders: Tolzin, Hedwig
Name des Einsprechenden: THE VICTORIA UNIVERSITY OF MANCHESTER
Kammer: 3.3.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 123(3)
Schlagwörter: Hauptantrag und Hilfsanträge 2 und 3 - nicht ursprünglich offenbartes Merkmal im erteilten Anspruch 1 - Erweiterung (ja)
Hilfsantrag 1 - Änderung - Erweiterung (ja)
Hilfsantrag 4 - Weglassen eines hinzugefügten, nicht ursprünglich offenbarten Merkmals - Erweiterung des Schutzbereiches (ja) - Konfliktfall
Main request, auxiliary requests 1, 2 and 3 - added subject- matter (yes) - feature not disclosed in the application as filed in granted claim 1
Auxiliary request 4 : deletion of a feature not disclosed in the application as filed - extension of scope of protection (yes) - conflict between Art. 123 (2) and (3) (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
G 0001/93
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die internationale Patentanmeldung mit Aktenzeichen PCT/DE 86/00324 (europäische Anmeldenummer 86 904 780.3) wurde das europäische Patent 0 233 226 mit neun Ansprüchen erteilt. Der erteilte Anspruch 1 lautete wie folgt:

" Verfahren zum Testen von Dampfsterilisatoren, bei dem in den Sterilisator ein Testmaterialstapel mit einem in dessen Inneren eingelegten, chemische Indikatoren tragenden Testbogen eingebracht wird und dann ein bestimmter Sterilisationsprozeß abläuft, und dann der Testmaterialstapel entnommen und der Testbogen aus dem Testmaterialstapel entnommen und das Testergebnis anhand des Zustandes der chemischen Indikatoren (z.B. Farbumschlag) festgestellt wird, dadurch gekennzeichnet, daß ein lose aufeinanderliegende Lagen aufweisender Testmaterialstapel eingebracht wird, und daß der Stapel während des Sterilisationsprozesses mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel unter flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird, so daß sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Stapel bilden."

Dieser Anspruch war im Verlaufe des Prüfungsverfahrens vorgelegt worden, um den beanspruchten Gegenstand klarer darzustellen. Der ursprünglich eingereichte Anspruch 1 lautete dagegen wie folgt:

" Verfahren zum Testen von Dampfsterilisatoren, bei dem in den Sterilisator ein Testmaterialstapel mit einem in dessen Inneren eingelegten, chemische Indikatoren tragenden Testbogen eingebracht wird und dann ein bestimmter Sterilisationsprozeß abläuft, und dann der Testmaterialstapel entnommen und der Testbogen aus dem Testmaterialstapel entnommen und das Testergebnis anhand des Zustandes der chemischen Indikatoren (z.B. Farbumschlag) festgestellt wird, dadurch gekennzeichnet, daß ein lose aufeinanderliegende Lagen aufweisender Testmaterialstapel eingebracht wird, und daß während des Sterilisationsprozesses die Höhe des Stapels auf einen derartigen Wert begrenzt wird, daß sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Testmaterialstapel bilden."

II. Gegen die Patenterteilung legten zwei Parteien (Einsprechende 01 und 02) unter Artikel 100 (a) und (c) EPÜ Einspruch ein.

III. Mit Entscheidung vom 30. März 1993 wies die Einspruchsabteilung die Einsprüche gemäß Artikel 102 (2) EPÜ zurück. Nach ihrer Meinung ging das im erteilten Anspruch 1 aufgenommenen Merkmal "der Stapel ... mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel unter flächenmässig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird" nicht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus. Außerdem war der beanspruchte Gegenstand sowohl gegenüber dem gemäß der eidesstattlichen Versicherung von R.A. Sumner vom 18. Februar 1993 als Beleg einer offenkundigen Vorbenutzung vorgebrachten Material als auch gegenüber der Entgegenhaltung GB-A-2 143 322 als neu und erfinderisch anzusehen.

IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende 01) Beschwerde erhoben. Auch die zweite Einsprechende hatte Beschwerde erhoben. Da ihre Firma in Folge eines Konkursverfahrens später aufgelöst wurde, war sie nicht mehr parteifähig und schied somit aus dem Beschwerdeverfahren aus.

V. Während des schriftlichen Verfahrens legte die Beschwerdeführerin weitere eidesstattliche Versicherungen und Material vor, um eine offenkundige Vorbenutzung des Patentgegenstandes glaubhaft zu machen.

VI. Am 30. Januar 1997 fand eine mündliche Verhandlung statt, in der die folgenden Anträge behandelt wurden:

a) Hauptantrag: Ansprüche 1 bis 9 wie erteilt;

b) Hilfsantrag 1: Anspruch 1 eingereicht am 22. Mai 1992 und Ansprüche 2 bis 9 wie erteilt. Anspruch 1 lautet wie folgt:

" Verfahren zum Testen von Dampfsterilisatoren, bei dem in den Sterilisator ein Testmaterialstapel mit einem in dessen Inneren eingelegten, chemische Indikatoren tragenden Testbogen eingebracht wird und dann ein bestimmter Sterilisationsprozeß abläuft, und dann der Testmaterialstapel entnommen und der Testbogen aus dem Testmaterialstapel entnommen und das Testergebnis anhand des Zustandes der chemischen Indikatoren (z. B. Farbumschlag) festgestellt wird, dadurch gekennzeichnet, daß ein lose aufeinanderliegende Lagen aufweisender Testmaterialstapel eingebracht wird, und daß der Stapel während des Sterilisationsprozesses mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel definiert eingeklemmt bzw. in seiner Höhe begrenzt wird und damit unter flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird, so daß sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Stapel bilden.";

c) Hilfsantrag 2: Ansprüche 1 - 2, 4 - 6 wie erteilt, Ansprüche 3, 7 - 8 eingereicht am 22. Mai 1992;

d) Hilfsantrag 3: Ansprüche 1 bis 9 wie erteilt und Streichung aus der Patentschrift des Textes in Spalte 4, Zeilen 3 bis 57, des Wortes "andere" in Spalte 4, Zeile 59 und der Figuren;

e) Hilfsantrag 4: neue Ansprüche 1 bis 9 und Streichung aus der Patentschrift des Textes in Spalte 4, Zeilen 3 bis 57, des Wortes "andere" in Spalte 4, Zeile 59 und der Figuren. Die neuen Ansprüche 1 bis 9 sind identisch mit den ursprünglich eingereichten Ansprüchen mit der Ausnahme der Bezugzeichen in Klammern, die gestrichen wurden.

Während der mündlichen Verhandlung wurde zuerst die formale Zulässigkeit der Hauptansprüche aller Anträge und somit die Frage diskutiert, ob Anspruch 1 des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge 1 bis 3 den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ entspricht, und ob der Schutzbereich des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 4 gegenüber dem erteilten Patent durch die Änderungen erweitert wurde (Artikel 123 (3) EPÜ).

VII. Die Beschwerdeführerin trug hierzu im wesentlichen vor, daß der jeweils im Anspruch 1 des Hauptantrags and der Hilfsanträge 1 bis 3 beanspruchte Gegenstand über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgehe, da die Merkmale "unter flächenmässig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird" und "mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel" ursprünglich nicht offenbart sei. Somit verstoße der Anspruch 1 der genannten Anträge gegen Artikel 123 (2) EPÜ. Andersseits verstoße Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 gegen die Vorschriften des Artikels 123 (3) EPÜ, da der Schutzbereich durch das Streichen der Figuren in der Beschreibung und das Weglassen der genannten Merkmale im Anspruch gegenüber dem erteilten Anspruch erweitert sei.

VIII. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) trägt demgegenüber im wesentlichen vor, daß die unter Artikel 123 (2) EPÜ angegriffenen Merkmale durch die ursprünglichen Unterlagen gestützt seien. In diesem Zusammenhang weist sie insbesondere auf den Wortlaut von Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht und auf den letzten Absatz auf Seite 2 und auf den letzten Absatz auf Seite 7 der ursprüglichen Anmeldungsunterlagen hin. Nach ihrer Auffassung diene das Streichen der Figuren in den Hilfsanträgen 3 und 4 zum Klarstellen im Hinblick auf die Verständlichkeit der Ansprüche. Weder durch das Streichen des spezifischen Ausführungsbeispiels noch durch die Rückkehr zu Anspruch 1 in seiner ursprünglich eingereichten Fassung sei der Schutzbereich gegenüber dem erteilten Patent erweitert worden, da der beanspruchte Gegenstand identisch sei. Dieser sei nur mit anderen Worten definiert.

IX. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des Patents.

Die Beschwerdegegnerin beantragte, als Hauptantrag, die Beschwerde zurückzuweisen, und, hilfsweise, die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und das Patent entsprechend Hilfsantrag 1 oder 2, mit Schreiben vom 22. Mai 1992 eingereicht, oder entsprechend Hilfsantrag 3 oder 4, eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 30. Januar 1997, aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe

Hauptantrag: Artikel 123(2) EPÜ

1. Der erteilte Anspruch 1 bezieht sich auf ein Verfahren zum Testen von Dampfsterilisatoren, bei dem der Testmaterialstapel während des Sterilisationsprozesses mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel unter flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird, so daß sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Stapel bilden. Wie von der Beschwerdegegnerin während der mündlichen Verhandlung bestätigt, umfaßt dieser Anspruch nicht nur Ausführungsformen des Verfahrens nach dem Beispiel, wobei der Abstand zwischen dem Bodenteil und dem Deckelteil in der Aufnahmeeinrichtung während des Sterilisationsprozesses konstant bleibt, da die Verschlußzapfen fest eingerastet sind, sondern auch eine Ausführungsform, die erlaubt, daß das mechanische Druckhaltemittel sich auf die Stapelhöhe während des Sterilisationsprozeß flexibel einstellt, z. B. durch Einfügen von Federn. Bei dieser Ausführungsform ändert sich der Abstand zwischen dem Bodenteil und dem Deckelteil der Aufnahmeeinrichtung während des Sterilisationsprozesses derart, daß die flächenmäßig gleichen Druckbedingungen auf den Testmaterialstapel erhalten bleiben, ob dieser nun expandiert oder schrumpft.

2. Die Parteien sind sich darüber einig, daß das Merkmal "der Stapel...mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel unter flächenmässig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird" nicht wortwortlich aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen zu entnehmen ist. Es stellt sich daher die Frage, ob der Fachmann das genannte Merkmal aus den urspünglichen Anmeldungsunterlagen ohne weiteres hätte entnehmen können.

3. Die Beschwerdegegnerin sieht in dem ursprünglich offenbarten Merkmal "während des Sterilisationsprozesses die Höhe des Stapels auf einen derartigen Wert begrenzt wird, daß sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Testmaterialstapel bilden" (siehe Anspruch 1 wie ursprünglich eingereicht) die Basis für das umstrittene Merkmal, wenn dieses im Lichte der Beschreibung (siehe insbesondere Seite 2, letzten Absatz und Seite 7, letzten Absatz der ursprüglichen Anmeldungsunterlagen) und des allgemeinen Fachwissens beurteilt wird. Nach ihrer Auffassung bedeutet der Ausdruck "auf einen derartigen Wert begrenzt wird" nicht nur eine Begrenzung der Höhe des Stapels, wenn dieser expandiert, sondern auch wenn er schrumpft. Der Fachmann wisse, daß, wenn z. B. ein Testmaterialstapel auf Papierbasis oder aus Papier verwendet wird, dieser sich nicht nur ausdehnen, sondern auch schrumpfen könne. Deswegen würde der Fachmann, der gemäß dem letzten Absatz auf Seite 2 der ursprünglichen Beschreibung gleiche und gleichmäßige Druckbedingungen auf das Testpaket sicherstellen muß, damit sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Testmaterialstapel bilden, ohne weiteres auch federartige Druckererzeugungs- bzw. Höhenbegrenzungseinrichtungen vorsehen. Ein Hinweis in dieser Richtung sei auch auf der Seite 7, letztem Absatz der ursprüglichen Anmeldungsunterlagen gegeben. Es sei irrig, die umfassendere technische Lehre des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 ausschließlich im Lichte der spezifischen Ausführungsbeispiele, gestüzt auf Artikel 69 EPÜ, einzuengen.

4. Die Kammer kann sich dieser Argumentation aus folgenden Gründen nicht anschließen:

4.1. Wenn das urspünglich offenbarte Merkmal "während des Sterilisationsprozesses die Höhe des Stapels auf einen derartigen Wert begrenzt wird, daß sich während des Sterilisationsprozesses keine Aufwölbungen, Kanäle od. dgl. in dem Testmaterialstapel bilden" im Lichte der Beschreibung technisch bewertet wird, ergibt sich, daß erfindungsgemäß die Höhe des Stapels während des Prozesses zwangsweise begrenzt wird (siehe Seite 3, Zeilen 11 - 12), wobei der Abstand zwischen dem Bodenteil und dem Deckelteil der Aufnahmeeinrichtung vor dem Sterilisationsprozess definiert eingestellt wird und während des Sterilisationsprozesses erhalten bleibt. Somit können die Druckbedingungen in einem Testmaterialstapel zwischen einzelnen Tests immer gleich gehalten werden und somit wird vermieden,daß es zu unterschiedlichen Testergebnissen kommt (siehe Seite 2, letzten Absatz). Dieses wird durch das Einsetzen von Klemmeinrichtungen, wie z. B. Schnappverbindungen od. dgl., die in ihrer Höhe und/oder Klemmkraft einstellbar ausgebildet sind, erreicht, wobei auch anderweitig ausgebildete Druckerzeugungs- bzw. Höhenbegrenzungseinrichtungen verwendet werden können (siehe Seite 7, letzten Absatz).

4.2. In dem in Rede stehenden Anspruch 1 wurde das genannte ursprüngliche Merkmal durch das Merkmal "der Stapel während des Sterilisationsprozesses mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel unter flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird" ersetzt. Somit wurde das Gewicht von einer festen Höhenbegrenzung auf das Erhalten von flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen während des Sterilisationsverfahrens verschoben. Das derart beanspruchte Verfahren schließt u. a. mithin ein, daß während des Verfahrens Änderungen des Abstandes zwischen dem Bodenteil und dem Deckelteil in der Aufnahmeeinrichtung eintreten können, falls dies zum Erhalt von im wesentlichen gleichen Druckbedingungen erforderlich ist. Diese "dynamische" Ausführungsform des Verfahrens ist weder auf direkte noch auf indirekte Weise aus den ursprüglichen Anmeldungsunterlagen zu entnehmen. Diese beziehen sich nur auf Druckerzeugungs- bzw. Höhenbegrenzungseinrichtungen (z. B. angeschraubte Deckelteile bzw. Schappverbindungen), nicht auf Druckhaltemittel in Sinne von Mitteln zum Halten eines konstanten Druckes auf den Stapel während des Sterilisationsprozesses wie z. B. federartige Verbindungen usw.. Aus der ursprünglichen Offenbarung, daß die Druckbedingungen in einem Testmaterialstapel zwischen den einzelnen Tests gleich gehalten werden können und sollen (siehe Punkt 4.1 oben), ist objektiv eine Ausführungsform nicht zu entnehmen, die zuläßt, daß der Abstand zwischen dem Bodenteil und dem Deckelteil in der Aufnahmeeinrichtung während des Sterilisationsprozesses variiert, so daß in dem gleichen Test konstante Druckbedingungen auf den Testmaterialstapel erhalten bleiben.

4.3. Aus diesem Grund ist die Kammer der Meinung, daß das Verfahren gemäß Anspruch 1 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgeht. Somit entspricht der Anspruch 1 nicht den Erfordernissen des Artikels 123 (2) EPÜ. Folglich ist der Hauptantrag nicht gewährbar.

Hilfsanträge 1 bis 3: Article 123(2) EPÜ

5. Im Vergleich zu Anspruch 1 des Hauptantrags enthält Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 den Ausdruck "definiert eingeklemmt bzw. in seiner Höhe begrenzt wird und damit" zwischen den Worten "Druckhaltemittel" und "unter". Das Einfügen dieses Ausdrucks in den Anspruch ändert nichts an der Tatsache, daß der Anspruch immer noch die ursprünglich nicht offenbarte Ausführungsform umfaßt, wobei der Abstand zwischen dem Bodenteil und dem Deckelteil in der Aufnahmeeinrichtung während des Sterilisationsprozesses variieren kann, damit konstante Druckbedingungen auf den Stapel nach dessen Ausdehnen bzw. Schrumpfen erhalten bleiben (siehe Punkte 4.1 bis 4.3. oben). Aus den gleichen Gründen wie oben ausgeführt, geht der Anspruch über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus. Folglich entspricht er nicht den Erfordenissen des Artikels 123 (2) EPÜ. Der Hilfsantrag 1 ist daher nicht gewährbar.

6. Hilfsanträge 2 und 3 enthalten den Anspruch 1 wie erteilt und sind aus den gleichen Gründen, wie oben im Zusammenhang mit dem Hauptantrag ausgeführt (siehe Punkte 4.1 bis 4.3 oben), unter Artikel 123 (2) EPÜ nicht zulässig. Das Streichen der Ausführungsbeispiele in Hilfsantrag 3 kann nichts an der Tatsache ändern, daß dessen Anspruch 1 über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgeht. Diese Anträge sind daher ebenfalls nicht gewährbar.

Hilfsantrag 4: Artikel 123(3) EPÜ

7. Anspruch 1 in diesem Hilfsantrag ist der ursprünglich eingereichte Anspruch 1. Das im erteilten Anspruch 1 enthaltene Merkmal "der Stapel während des Sterilisationsprozesses mittels auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel unter flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen gehalten wird" wurde somit gestrichen. Das beanspruchte Verfahren ist hier u. a. durch das ursprüngliche Merkmal "während des Sterilisationsprozesses die Höhe des Stapels auf einen derartigen Wert begrenzt wird" gekennzeichnet. Es stellt sich die Frage, ob durch diese Änderung der Schutzbereich im Vergleich zu den erteilten Ansprüchen erweitert wird.

8. In dem Sterilisationsverfahren gemäß dem in Rede stehenden Anspruch 1 ist die Höhe des Stapels während des Prozesses zwangsweise begrenzt (siehe Punkt 4.1 oben). Somit wird das Gewicht von dem Erhalten von flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen während des Sterilisationsverfahrens auf eine feste Höhenbegrenzung verschoben. Es werden in dem Anspruch weder die Mittel, womit diese Höhenbegrenzung erreicht wird, noch bestimmte Druckbedingungen genannt. Im Vergleich zu dem Verfahren nach dem erteilten Anspruch 1 enthält jetzt das beanspruchte Verfahren nicht mehr die Bedingungen, wonach: i) ein "auf die Stapelhöhe einwirkender mechanischer Druckhaltemittel" verwendet werden muß und ii) der Stapel "unter flächenmäßig im wesentlichen gleichen Druckbedingungen" während des Sterilisationsprozesses gehalten werden muß. Nach dem hier beanspruchten Verfahren können beliebige Druckbedingungen vorliegen. Somit ist der Schutzbereich des Anspruchs im Vergleich zu dem des erteilten Anspruchs 1 erweitert worden. Aus diesem Grund verstößt der Anspruch 1 gegen Artikel 123 (3) EPÜ. Folglich ist auch der Hilfsantrag 4 nicht gewährbar. Dieser Fall ist ein Beispiel einer Situation, in der das Hinzufügen eines nicht offenbarten, auf eine bestimmte Weise einschränkenden, wesentlichen Merkmals vor der Erteilung des Patents zu einem Konflikt führt, wenn das Streichen dieses Merkmals unvermeidlich zu einem Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ führt ( die sogenannte "unentrinnbare Falle", siehe Entscheidung G 1/93 im ABl. 1994, 541).

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird widerrufen.

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