European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1994:T047493.19941109 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 09 November 1994 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0474/93 | ||||||||
Anmeldenummer: | 87106435.8 | ||||||||
IPC-Klasse: | B01D 5/00 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Verfahren zum Abtrennen von wasserunlöslichen Destillaten aus Wasserdampfbrüden | ||||||||
Name des Anmelders: | KRUPP MASCHINENTECHNIK GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | GEA Wiegand GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.4.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Aufrechterhaltung in geändertem Umfang (Hauptantrag) | ||||||||
Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer (Einsprechende) hat gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen das Patent Nr. 0 256 214 (Anmeldenummer 87 106 435.8) Beschwerde eingelegt.
Mit dem Einspruch war das gesamte Patent im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ angegriffen worden.
Die Einspruchsabteilung war der Auffassung, daß die in Artikel 100 a) EPÜ genannten Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.
Sie hat folgende Entgegenhaltungen berücksichtigt:
(D1) US-A-4 188 290,
(D2) US-A-2 794 515,
(D3) Wiegand Karlsruhe GmbH, Vakuum durch Kondensation, TKI 7, 1975, Seiten 1 bis 6,
(D4) CAV 1978, W. Hummel, Dampfstrahl-Vakuumpumpen mit geschlossenem Kreislauf des Kondensats, korrosionsbeständig und umweltfreundlich, Seiten 2 bis 5,
(D5) US-A-4 188 195, und
(D6) Meyers Lexikon, Technik und exakte Naturwissenschaften, Band 1, Bibliographisches Institut, München/Wien/Zürich, 1969, Seite 432.
II. Im Beschwerdeverfahren wurden die weiteren folgenden Entgegenhaltungen von der Kammer berücksichtigt:
(D7) Ullmanns Enzyklopädie, 10. Band, 1958, Seiten 269 und 270, (D8) Römmps Chemie-Lexikon, 1972, Seite 24,
(D9) R. Billet, Verdampfung und ihre technischen Anwendungen, Verlag Chemie, Weinheim, Deerfield Beach (Florida), Basel, 1981, Seite 6,
(D10) P. Grassmann, Einführung in die thermische Verfahrenstechnik, W. De Gruyter & Co., Berlin, 1967, Seite 60, und
(D11) E. Klapp, Apparate- und Anlagentechnik, Springer- Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, 1980, Seiten 24 bis 28.
III. Der Beschwerdeführer beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
IV. Der Beschwerdegegner beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage eines Hauptantrags oder eines von 4 Hilfsanträgen aufrechtzuerhalten.
Der Hauptantrag stützt sich auf folgende Unterlagen:
Patentansprüche: Nr.: 1 bis 5 eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 9. November 1994,
Beschreibung: Spalten: 1 bis 4 der Patentschrift, die an die Ansprüche anzupassen sind,
Zeichnungen: Blatt: 1/1 der Patentschrift.
Die nähere Kennzeichnung des Gegenstands der Hilfsanträge erübrigt sich in Anbetracht des im Absatz 2.5 der Entscheidungsgründe gezogenen Schlusses (vgl. auch Absatz 3).
V. Die Fassung des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag lautet wie folgt:
"Verfahren zum Abtrennen von wasserunlöslichen Destillaten, insbesondere von Fetten und Fettbegleitstoffen, aus Wasserdampfbrüden, wobei die kondensierbaren Bestandteile der Brüden durch Mischkondensation an einer als Kühlflüssigkeit verwendeten Elektrolytlösung niedergeschlagen werden, wobei die mit kondensierten Brüden vermischte Kühlflüssigkeit in einen destillatarmen Hauptstrom und einen mit dem Destillat angereicherten Nebenstrom aufgeteilt wird
und wobei der Hauptstrom abgekühlt und rezirkuliert wird,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Nebenstrom nach Abscheiden des Destillates teilweise verdampft wird,
daß der Dampf als Prozeßdampf verwendet wird
und daß der nicht verdampfte Rest des Nebenstroms abgekühlt und wieder in den Kühlflüssigkeitskreislauf eingespeist wird."
Die Ansprüche 2 bis 5 gemäß dem Hauptantrag sind vom Anspruch 1 abhängig.
VI. Der Beschwerdeführer hat folgendes vorgetragen:
Bei der Auslegung von Begriffen wie "Wasserdampfbrüden" und "Prozeßdampf" sei deren Entstehungsgeschichte außer acht zu lassen.
Der Begriff "Wasserdampfbrüden" bezeichne ein Gemisch aus Wasserdampf, Destillat und nicht kondensierbaren Gasen. Diese Auslegung sei der Patentschrift, Spalte 1, Zeilen 7 bis 17, zu entnehmen und entspreche dem gewöhnlichen Sprachgebrauch (vgl. D6). Nähere Angaben über die prozentualen Anteile der Komponenten seien jedoch im Patent nicht vorhanden. Das mit dem aus D2 bekannten Verfahren behandelte Koksofengas könne bis zu ungefähr 31,5 Gew.-% Wasserdampf enthalten (vgl. D7) und somit als "Brüden" im Sinne der Erfindung bezeichnet werden.
"Prozeßdampf" sei ein Dampf, der zu irgendwelchem Zweck in einem Prozeß eingesetzt werde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag sei nicht ausreichend definiert, indem Merkmale, die der Beschwerdegegner in seinem Vorbringen für zur Erfindung gehörend halte, nicht in dem Anspruch erwähnt seien. Diese Merkmale beträfen insbesondere
- die Abtrennung von Fetten und Fettbegleitstoffen aus Wasserdampfbrüden, die bei der Fettsäurefraktionierung oder Desodorierung von Fetten und Ölen anfielen, und
- den Druck von weniger als 5 mbar sowie die Temperatur zwischen -10 °C und -20 °C, die während des Mischkondensationsvorgangs herrschten.
Gegenüber D2 sei das Verfahren des Anspruchs 1 gemäß dem Hauptantrag nicht neu.
VII. Der Beschwerdegegner hat folgendes vorgetragen:
In der Verfahrenstechnik hätten Begriffe wie "Wasserdampfbrüden" und "Prozeßdampf" eine feste, von der Entstehungsgeschichte abhängige Bedeutung.
So seien "Wasserdampfbrüden" Dämpfe, die bei der Verdampfung einer Lösung, insbesondere einer wäßrigen Lösung, erzeugt würden und aus im wesentlichen reinem Wasserdampf bestünden (vgl. D9 und D10).
"Prozeßdampf" sei ein zur freien Verfügung stehender Hilfsstoff einer Anlage.
D2 offenbare ein Verfahren zur Reinigung eines Gases, insbesondere Kokereigases, das mit den "Wasserdampfbrüden" im Sinne der Erfindung nicht zu vergleichen sei. Wasserdampf sei nicht unbedingt vorhanden (vgl. Sp. 3, Z. 9 - 24, "When the feed gases contain water vapor, ..."); sollte dies der Fall sein, würden die erzeugten Wasserdämpfe ungenutzt in die Atmosphäre ausgestoßen. Somit sei das bekannte Verfahren gattungsfremd. In einem Absorber 10 (vgl. Fig.) würden Absorbenzien eingesetzt, die die Aufgabe hätten, diejenigen Bestandteile zu kondensieren und zu absorbieren, die sich in ihnen lösten. Kein Vakuum sei für die Ausführung des Verfahrens notwendig; im Gegenteil könnten hohe oder sehr hohe Drücke eingesetzt werden (vgl. Sp. 2, Z. 2 - 7). Die in der zweistufigen Destillationskolonne 39, 47 erzeugten Dämpfe (vgl. Leitung 49) stünden nicht zur freien Verfügung, weil sie für die Funktion der Kolonne unbedingt notwendig seien. Sie könnten also nicht als "Prozeßdampf" bezeichnet werden.
Dagegen betreffe die Erfindung ein Verfahren zum Abtrennen von wasserunlöslichen Destillaten aus Wasserdampfbrüden. Dabei werde ein Mischkondensator eingesetzt, in dem ein Vakuum entstehe, und es werde Dampf erzeugt, der als Prozeßdampf verwendet werden könne.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 und Regel 64 EPÜ; sie ist daher zulässig.
2. Hauptantrag
2.1. Zulässigkeit der Ansprüche
2.1.1. Der Gegenstand des Anspruchs 1 besteht im wesentlichen aus der Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 2. Die Ansprüche 2 bis 5. entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 6.
Die Ansprüche 1 bis 5 gemäß dem Hauptantrag sind deshalb im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden.
2.1.2. Der Anspruch 1 entspricht ferner dem erteilten Anspruch 1 mit der Erwähnung des weiteren Merkmals, daß als Kühlflüssigkeit eine Elektrolytlösung verwendet wird.
Die erteilten Ansprüche wurden somit nicht in der Weise geändert, daß der Schutzbereich erweitert wird (Art. 123 (3) EPÜ).
2.2. Auslegung des Anspruchs 1
Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag enthält zwei Begriffe, nämlich "Wasserdampfbrüden" und "Prozeßdampf", die in die Fragen der Ermittlung des gattungsgleichen Standes der Technik, der Abgrenzung des Anspruchs, der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit hineinspielen. Diese Begriffe müssen somit vorab interpretiert werden.
Eine Auslegung dieser Begriffe hat nach denselben Grundsätzen zu erfolgen, wie sie gemäß Artikel 69 (1) EPÜ für die Bestimmung des Schutzbereiches des europäischen Patents vorgesehen sind. Danach sind die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Ansprüche heranzuziehen.
Auf den vorliegenden Anspruch 1 übertragen, ist also zu klären, welche Schlüsse aus der Beschreibung und der einzigen Zeichnung für die Auslegung der o. g. Begriffe zu ziehen sind.
2.2.1. Wasserdampfbrüden
Bei der sogenannten Trägerdampfdestillation, die der im Streitpatent (vgl. Sp. 1, Z. 7 - 12) erwähnten Wasserdampf-Schleppdestillation entspricht, wird in ein zu destillierendes Flüssigkeitsgemisch Trägerdampf, insbesondere Wasserdampf, eingeblasen, der mit dem Ausgangsgemisch nicht oder kaum mischbar ist. Dieses Destillationsverfahren findet häufige Anwendung in der Fettsäurefraktionierung oder der Desodorierung von Fetten und Ölen (vgl. Sp. 1, Z. 7 - 12). Dabei fallen Wasserdampfbrüden an, die mit wasserdampfunlöslichem Destillat beladen sind. Gemäß Spalte 1, Zeilen 12 bis 17, wird ein Großteil des Destillates in einer Brüdenwascheinrichtung entfernt. Der aus der Brüdenwascheinrichtung austretende Wasserdampf ist jedoch noch mit Destillatresten behaftet. Außerdem führt er nicht kondensierbare Gase mit.
Dem Abtrennungsverfahren gemäß Anspruch 1 ist somit eine Brüdenwäsche vorgeschaltet, deren explizite Erwähnung im Anspruch jedoch fehlt (vgl. auch Sp. 2, Z. 45 - 49).
Unter Wasserdampfbrüden im Rahmen des beanspruchten Verfahrens sind deshalb aus der Brüdenwascheinrichtung austretende, vorgereinigte, im wesentlichen aus Wasserdampf bestehende Dämpfe zu verstehen, die noch Destillatreste und nicht kondensierbare Gase enthalten. Diese sich auf die Beschreibung des Streitpatents stützende Auslegung steht übrigens in keinem Widerspruch zu dem, was der Verfahrensingenieur aufgrund seines Fachwissens (vgl. D9, D10 und D6) verstehen würde.
2.2.2. Prozeßdampf
Der Begriff "Prozeßdampf" ist nicht außergewöhnlich auf dem Gebiet der Verfahrenstechnik (vgl. z. B. D11). Darunter ist der in einer Anlage erzeugte Wasserdampf zu verstehen, über den man frei verfügen kann. In der Regel wird dieser Dampf über verschiedene Dampfnetze mit gestuftem Druck nutzbar gemacht. Die in der Anlage gemäß der Figur des Streitpatents (vgl. auch die Beschreibung, Sp. 4, Z. 4 - 9) vorgesehene Anwendung des in dem Verdampfer hergestellten Dampfes als Treibdampf eines Dampfstrahlaggregats entspricht dieser Auslegung.
Muß ein in einem Verfahrensschritt erzeugter Dampf zwangsläufig in einem anderen Schritt desselben Verfahrens eingesetzt werden, so steht dieser Dampf nicht zur freien Verfügung und kann deshalb nicht als "Prozeßdampf" im oben angegebenen Sinne betrachtet werden.
2.3. Neuheit des Anspruchs 1
2.3.1. Aus D2 ist ein Verfahren zum Abtrennen von wasserunlöslichen Destillaten, insbesondere Benzolen und Naphthalenen, aus diese Komponenten enthaltenden Gasen, insbesondere Koksofengasen, bekannt (vgl. Sp. 1, Z. 15 -18, Anspruch 1 und die Abbildung).
Koksofengase können laut D7 (vgl. auch die Beschwerdebegründung vom 21. Mai 1993, S. 1) 25 Vol.- % (31.5 Gew.-%) Wasserdampf enthalten (vgl. auch D2, Sp. 3, Z. 9 und 10). Die Zusammensetzung des Gases wechselt jedoch mit dem Ausgangsmaterial und dem Verfahren.
Obwohl im Streitpatent numerische Angaben in bezug auf die Zusammensetzung der Brüden, insbesondere den Anteil des Wasserdampfes, fehlen, kann das eventuell Wasserdampf enthaltende, verschmutzte gasförmige Gemisch gemäß D2 nicht als Wasserdampfbrüden im Sinne des Streitpatents bezeichnet werden, weil es sich dabei nicht um vorgereinigte, im wesentlichen aus Wasserdampf bestehende, noch Destillatreste enthaltende Dämpfe handelt.
Entsprechend dem bekannten Verfahren, nachdem das zu behandelnde, komprimierte Gasgemisch gekühlt und das sich daraus ergebende Kondensat in Tanks 6, 11 gelagert worden sind (vgl. Sp. 2, Z. 25 - 50), werden die übriggebliebenen kondensierbaren Bestandteile durch Behandlung mit einer kühlen wäßrigen Kalziumchloridlösung und einer kühlen Solventnaphtha in einer Kolonne 10 niedergeschlagen (vgl. Sp. 2, Z. 51 - 59). Die Wahl der Temperatur und des Drucks des Verfahrens, insbesondere in der Kolonne 10, hängt davon ab, wie hoch der Gehalt an Benzolen in dem Gasgemisch ist und in welchem Maße die Abtrennung der Benzole erfolgen muß (vgl. Sp. 1, Z. 71 - Sp. 2, Z. 7). Je nachdem, ob das gereinigte Koksofengas als Stadtgas in einer nahen Ortschaft eingesetzt oder großräumig verteilt wird, wird das Verfahren unter normalem Druck (vgl. Sp. 2, Z. 3, "at more or less normal pressure") oder hohem bis sehr hohem Druck (vgl. Sp. 2, Z. 4, "high or very high pressures") durchgeführt.
Die aus der Kolonne 10 austretende Kühlflüssigkeit gelangt in einen Trennbehälter 18, in dem eine Trennung der Bestandteile der Flüssigkeit stattfindet, so daß sich an der Oberfläche eine aufschwimmende, Benzole, Solventnaphtha und Naphthalene enthaltende Schicht und am Boden eine aus Kalziumchloridlösung bestehende Schicht bilden (vgl. Sp. 2, Z. 62 - 70).
Die Elektrolytlösung wird vom Boden des Trennbehälters 18 über eine Pumpe 22 und einen Kühler 24 zur Kolonne 10 zurückgeführt, wodurch ein abgekühlter destillatarmer Kreislauf entsteht (vgl. von Sp. 2, Z. 70 - Sp. 3, Z. 4). Enthält das Gasgemisch Wasserdampf, so wird ein Teil der den Trennbehälter 18 verlassenden Elektrolytlösung über einen Wärmeaustauscher 29 zu einer Verdampfungseinrichtung 31 geführt, in der Wasserdampf in die Atmosphere ausgestoßen wird. Die Elektrolytlösung wird dann zu dem Trennbehälter 18 zurückgeführt, nachdem ihre ursprüngliche Konzentration wiederhergestellt worden ist (vgl. Sp. 3, Z. 9 - 24).
Ein mit Destillat angereicherter Strom entsteht dadurch, daß die Flüssigkeit der an der Oberfläche aufschwimmenden Schicht im Trennbehälter 18 über eine Pumpe 37 und einen Wärmeaustauscher 42 zu einer Destillationskolonne 39 geführt wird (vgl. Sp. 3, Z. 36 - 43).
Aus der Destillationskolonne werden drei Fraktionen abgezogen, und zwar am Kopfteil eine erste aus Benzolen und einer kleinen Menge Solventnaphtha (vgl. Sp. 3, Z. 44 - 50), am Mittelteil eine zweite aus Solventnaphtha (vgl. Sp. 3, Z. 50 - 54) und am Boden eine dritte, die Naphthalene enthält (vgl. Sp. 3, Z. 62 - 64). In der Destillationskolonne erfolgt somit die Abscheidung des im Nebenstrom enthaltenen Destillates. Die zweite Fraktion aus Solventnaphtha gelangt in einen von einem Heizapparat 48 beheizten Destillierkolben 47. Aus diesem Kolben austretende Dämpfe werden zur Destillationskolonne 39 zurückgeführt, während eine im wesentlichen aus Solventnaphtha bestehende Fraktion aus dem Boden des Kolbens austritt (vgl. Sp. 3, Z. 50 - 62). Nachdem diese Fraktion in dem Kühler 24 abgekühlt worden ist, wird sie zu der Kolonne 10 zurückgeführt.
2.3.1.1. Von dem aus D2 bekannten Verfahren unterscheidet sich der Gegenstand des Anspruchs 1 durch folgende Merkmale:
(i) in Anbetracht der oben dargestellten Unterschiede zwischen den Wasserdampfbrüden gemäß der Erfindung und dem Gasgemisch gemäß D2 sind das beanspruchte und das bekannte Verfahren als gattungsfremd anzusehen;
(ii) die kondensierbaren Bestandteile der Brüden werden durch Mischkondensation an einer Kühlflüssigkeit niedergeschlagen, wobei in dem Mischkondensator ein Vakuum (ein Druck von weniger als 5 mbar gemäß der Beschreibung des Streitpatents, Sp. 2, Z. 45 - 58) entsteht. Im Gegensatz dazu, entsprechend dem aus D2 bekannten Verfahren, werden die kondensierbare Bestandteile in einer Kolonne 10 niedergeschlagen, in der sehr hohe Drücke herrschen können;
(iii) der durch die partielle Verdampfung des mit Destillat angereicherten Stroms nach Abscheiden des Destillats erzeugte Dampf wird als Prozeßdampf verwendet. Im Gegensatz dazu wird gemäß D2 der aus dem Destillierkolben 47 austretenden Dampf zur Destillationskolonne 39 zurückgeführt. Dieser Dampf muß in dem zweistufigen Destillationsverfahren (vgl. die Kolonne 39 und den Kolben 47) eingesetzt werden. Er ist deshalb nicht als Prozeßdampf im oben angegebenen Sinne (vgl. Abs. 2.2.2) zu betrachten. Gemäß D2 wird ferner Wasserdampf in der Verdampfungseinrichtung 31 erzeugt. Dieser Dampf entsteht jedoch durch Verdampfung eines Teils des destillatarmen Stroms (Kreislaufs der Elektrolytlösung) und wird in die Atmosphäre ausgestoßen. Er stellt somit keinen "Prozeßdampf" im Sinne der Erfindung dar.
2.3.2. Die anderen, im Verfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen kommen dem Verfahren gemäß Anspruch 1 nicht näher.
2.3.2.1. Insbesondere offenbart D1 (vgl. Sp. 2, Z. 34 - Sp. 3, Z. 11 und Fig. 1) ein Verfahren zum Abtrennen von Fettsäuren aus diese Säuren enthaltendem Wasserdampf. Der Dampf wird einem Kondensator 12 zugeleitet, in dem er in Berührung mit einer Kühlflüssigkeit kommt, die eine Fettsäure mit 6 bis 18 Kohlenstoffatomen enthält. Die aus dem Kondensator austretende Flüssigkeit gelangt in einen Trennbehälter 30, in dem sich an der Oberfläche eine aufschwimmende, Fettsäuren enthaltende Schicht 36 und am Boden eine Wasserschicht 38 bilden. Das Wasser wird vom Boden des Behälters über eine Leitung 50 abgeführt und zur weiteren Verwendung bestimmt. Ein mit Fettsäuren angereicherter Strom wird über eine Leitung 49 zu einem Tank 51 geführt. Ein Teil der sich in dem Tank befindenden Flüssigkeit wird dann über einen Wärmeaustauscher 21 als Kühlflüssigkeit zu dem Kondensator zurückgeführt. D1 offenbart somit weder einen abgekühlten destillatarmen Kreislauf, noch einen mit Destillat angereicherten Strom, aus dem nach Abscheiden des Destillates Prozeßdampf gewonnen wird.
2.3.2.2. D3 (vgl. Fig. 6) zeigt einen Einspritzkondensator mit Kondensat-Kreislauf und indirekter Kühlung. Der Kreislauf des verschmutzten Kondensats wird nicht beschrieben.
2.3.2.3. D4 zeigt in Figur 3 eine vierstufige Dampfstrahl- Vakuumpumpe mit Mischkondensation. Der Treibdampf wird hierbei zusammen mit den kondensierbaren Dämpfen aus dem Saugstrom im direkten Wärmeaustausch in den Mischkondensatoren kondensiert und mit dem Kühlwasser vermischt. Ein geschlossenes Kreislaufsystem für Kühlwasser in Verbindung mit Dampfstrahl-Vakuumpumpen mit Mischkondensation und Rückkühlung des Wassers über einen Oberflächenwärmetauscher ist in Figur 10 dargestellt. Im Kondensat des Treibdampfes unlösliche Schadstoffe lassen sich durch Sedimentation aus dem Treibdampfkondensat in geeigneten Trennbehältern entfernen. Ein Beispiel hierzu zeigt die Figur 13; in der dargestellten Anlage kommen jedoch Oberflächenkondensatoren zum Einsatz.
2.3.3. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist deshalb neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
2.4. Erfinderische Tätigkeit des Anspruchs 1
2.4.1. Wie im obigen Absatz 2.3.1.1, Punkt (i), dargestellt, sind das beanspruchte und das aus D2 bekannte Verfahren gattungsfremd. Aus diesem Grund ist D2 nicht als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten.
2.4.2. Gattungsgleich sind dagegen das erfindungsgemäße und das aus D1 bekannte Verfahren, denn D1 betrifft ein Verfahren zum Abtrennen von Fettsäuren aus diese Säuren enthaltendem Wasserdampf durch Mischkondensation an einer Kühlflüssigkeit (vgl. obigen Abs. 2.3.2.1). D1 strebt an, die Abgabe von verunreinigtem Abwasser zu vermeiden (vgl. Sp. 1, Z. 5 - 12).
Von diesem Verfahren ausgehend, besteht die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe darin, das Verfahren so zu verbessern, daß mit geringstem Energieaufwand die Abgabe von verunreinigtem Abwasser vermieden wird (vgl. Streitpatent, Sp. 2, Z. 2 - 6). Da die Minimierung des Energieaufwands sowie die Vermeidung der Abgabe von verunreinigtem Abwasser Ziele sind, die vom Verfahrenstechniker stets verfolgt werden, leistet die o. g. Aufgabenstellung als solche keinen Beitrag zu einer erfinderischen Tätigkeit.
Die gestellte Aufgabe wird gemäß Anspruch 1 des Streitpatents dadurch gelöst, daß eine Elektrolytlösung als Kühlflüssigkeit verwendet wird, und daß der Dampfstrom in einen destillatarmen Hauptstrom, der einen abgekühlten Kreislauf bildet, und einen mit Destillat angereicherten Nebenstrom, aus dem nach Abscheiden des Destillats Prozeßdampf erzeugt wird, aufgeteilt wird.
Eine derartige Lösung wird von D1 nicht nahegelegt. Ein wesentliches Merkmal des bekannten Verfahrens besteht in der Verwendung einer Kühlflüssigkeit, die eine Fettsäure enthält, die mit den Fettsäuren in dem zu behandelnden Wasserdampf mischbar ist (vgl. Sp. 1, Z. 47 - 50 und Sp. 3, Z. 54 - Sp. 4, Z. 17). Somit lehrt D1 weg von einer Elektrolytlösung. Ferner fehlt in der Entgegenhaltung jeder Hinweis auf die Bildung von zwei Strömen unterschiedlichen Destillatgehalts mit dem Ziel, Prozeßdampf zu erzeugen und Kühlflüssigkeit zurückzugewinnen.
Auch die Kombination der Lehren von D1 und einer anderen Entgegenhaltung würde nicht das beanspruchte Verfahren nahelegen. Insbesondere kommt D2 deswegen nicht in Frage, weil das Verfahren gattungsfremd ist.
2.4.3. Der Beschwerdeführer hat in seinem Schreiben vom 6. Oktober 1992 angeführt, daß es nach der Entgegenhaltung D3 grundsätzlich möglich wäre, wahlweise einen Oberflächenkondensator durch einen Mischkondensator und umgekehrt zu ersetzen. Ersetze man den Oberflächenkondensator in der Anlage entsprechend der Figur 13 der Entgegenhaltung D4 in fachmännischer Weise durch einen Mischkondensator, so erhalte man einen Aufbau (vgl. die mit Schreiben vom 23. Februar 1993 eingereichte Abbildung), der das erfindungsgemäße Verfahren nahelegen würde.
Diese Argumentation wird aus folgenden Gründen zurückgewiesen. D3 lehrt (vgl. S. 3, letzter Abs.), daß ein Nachteil der Mischkondensation darin bestehen kann, daß das Dampfkondensat sich mit dem Kühlmittel vermischt. Enthält die Kühlflüssigkeit Wasser und werden außer Wasserdampf noch andere Dämpfe kondensiert, so wird die Kühlflüssigkeit hierdurch verunreinigt. Auf die Mischkondensation wird also zugunsten der Oberflächenkondensation verzichtet. Im vorliegenden Fall enthalten die Wasserdampfbrüden kondensierbare Dämpfe, die die Kühlflüssigkeit verunreinigen. Dessenungeachtet hat man sich für den Einsatz eines Mischkondensators entschieden, wobei die in Kauf genommene Verunreinigung des Kühlmittels mit Hilfe des Trennbehälters zum Aufteilen des Stroms und des Abscheidungsvorgangs in dem Nebenstrom beseitigt wird. Die Grundlage einer Kombination der Lehren von D3 und D4 entfällt, weil D3 den Fachmann vom Einsatz der Mischkondensation abrät, wenn Wasserdampfbrüden im Sinne der Erfindung behandelt werden müssen. Darüber hinaus, selbst wenn es möglich wäre, eine derartige Kombination zu rechtfertigen, würde sie nicht zum beanspruchten Gegenstand führen. Zum Beispiel würde der Rücklauf des nicht verdampften Rests des Nebenstroms nach Abkühlung in den Kühlflüssigkeitskreislauf fehlen.
2.4.4. Aus diesen Gründen beruht der Gegenstand des Anspruchs 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ.
2.5. Der Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag ist somit im Sinne von Artikel 52 (1) EPÜ patentfähig.
Aufgrund ihrer Rückbeziehung auf Anspruch 1 definieren die Ansprüche 2 bis 5 des Hauptantrages ebenso eine patentfähige Erfindung.
3. Hilfsanträge
Da der Hauptantrag gewährbar ist, vorausgesetzt, daß die Beschreibung des Streitpatents an die neuen Ansprüche angepaßt wird, erübrigt sich die Prüfung der Hilfsanträge.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Angelegenheit wird an die erste Instanz mit der Anordnung zurückverwiesen, das Patent mit folgenden Ansprüchen, anzupassender Beschreibung und Zeichnung aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: Nr.: 1 bis 5 gemäß dem Hauptantrag, eingereicht während der mündlichen Verhandlung vom 9. November 1994.