European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1997:T008393.19970402 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 02 April 1997 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0083/93 | ||||||||
Anmeldenummer: | 85111791.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | H05B 3/74 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Strahlheizkörper für Kochgeräte | ||||||||
Name des Anmelders: | E.G.O. Elektro-Geräte Blanc u. Fischer | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Ceramaspeed Limited | ||||||||
Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zurückverweisung an die Erste Instanz Kostenverteilung |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Gegen die Erteilung des europäischen Patents 0 176 027 hat der Beschwerdeführer gemäß Artikel 100 a) und 100 c) EPÜ Einspruch erhoben. Der Beschwerdeführer stützte sich dabei auf siebzehn Druckschriften. Die Einspruchsabteilung hat gemäß Artikel 102 (2) den Einspruch zurückgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer (Einsprechender) Beschwerde eingelegt. In seiner Beschwerdebegründung hat der Beschwerdeführer die Gründe, aus denen die Einspruchsabteilung den Einspruch zurückgewiesen hat, angefochten und sich nunmehr auf weitere fünf neu ins Verfahren eingeführte Dokumente (DE-A-2 546 106, DE-A-2 809 131, DE-C-1 120 013, GB-A-983 630 und die in der Patentschrift bereits zitierte DE-U-1 807 660) zur Untermauerung der Behauptung gestützt, dem angefochtenen Patent mangele es an erfinderischer Tätigkeit.
III. Der Beschwerdegegner hat in seiner Erwiderung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, weil die Beschwerdebegründung hinsichtlich der rechtzeitig (vor Ablauf der Einspruchsfrist) zitierten Entgegenhaltungen keinerlei Anlaß bot, von der überzeugenden Begründung der Patentfähigkeit seitens der Einspruchsabteilung abzugehen.
Für den Fall, daß die Beschwerdekammer die erst im Beschwerdeverfahren genannten Entgegenhaltungen für so relevant halten sollte, daß sie ins Verfahren eingeführt werden müßten (was bestritten wird), beantragte der Beschwerdegegner, die Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung, um den "Instanzenweg" nicht zu seinen Lasten zu verkürzen (Seite 2, Absatz 1 der Eingabe des Beschwerdegegners vom 30.September 1993). In der Beschwerdeerwiderung vom 30. September 1993 wurde zu den verspätet zitierten Entgegenhaltungen rein vorsorglich Stellung genommen.
IV. In einer weiteren Eingabe vom 31. Januar 1994 führte der Beschwerdeführer seine Einwendungen zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands nach Anspruch 1 weiter aus und machte darüber hinaus geltend, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe (Artikel 100 c) EPÜ). Ein derartiger Einwand war bereits im Einspruchsschriftsatz vom 02.11.89 (Seite 2, vorletzter Absatz) gegen den erteilten Anspruch 6, jedoch nicht gegen den erteilten Anspruch 1 gemacht worden.
V. Im Bescheid vom 28.11.1996 hat die Beschwerdekammer den Parteien mitgeteilt, daß die Kammer der vorläufigen Auffassung sei, daß die Offenbarung der Dokumente DE-U-1 807 660 und DE-C-1 120 013 sowie voraussichtlich auch DE-A-2 546 106 der beanspruchten Erfindung näher kommen als die Offenbarungsgehalte von bereits im Verfahren befindlichen Dokumenten. Gegebenenfalls könnte der Bestand des Patents im Hinblick auf diese Dokumente in Frage gestellt sein. Daher wurden die genannten drei Dokumente in das Verfahren eingeführt.
Ferner hat die Beschwerdekammer den Parteien mitgeteilt, daß sie in Ausübung ihrer Ermessensvollmacht gemäß Artikel 111 (1) EPÜ möglicherweise entscheiden könnte, die Sache an die erste Instanz zurückzuverweisen, damit der Patentinhaber im Hinblick auf die verspätet genannten Dokumente nicht eines Instanzenzuges verlustig geht. Dies wurde vom Patentinhaber offensichtlich gewünscht; vgl. Seite 2, Absatz 1, Satz 1, letzter Halbsatz der Eingabe des Patentinhabers vom 30/09/93.
Weiterhin wurde die vorläufige Auffassung der Kammer mitgeteilt, daß es aus den im oben erwähnten Bescheid angeführten Gründen der Billigkeit entsprechen könnte, eine Kostenverteilung gemäß Artikel 104 (1) EPÜ zugunsten des Beschwerdegegners festzusetzen.
Im Hinblick auf die aufgezeigten Sachverhalte wurden mit obigem Bescheid beide Parteien ausdrücklich gefragt, ob sie ihren Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung auch für den Fall aufrecht erhalten, daß die Kammer die Rückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz beschließen sollte.
VI. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 1996 hat der Beschwerdeführer seinen Antrag auf mündliche Verhandlung für den Fall zurückgenommen, daß Fragen der Patentfähigkeit nicht behandelt werden und die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen wird.
VII. Der Beschwerdegegner hat mit Schreiben vom 24. Januar 1997 beantragt:
1) Die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
2) Hilfsweise die Sache an die Einspruchsabteilung zurückzuverwe isen.
3) Hilsweise Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen, falls nicht ohne mündliche Verhandlung dem Antrag 1) oder einer Zurückverweisung an die Einspruchsabteilung (Antrag 2)) entsprochen werden kann.
4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Einsprechenden (Beschwerdeführer) aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
1. Nach Artikel 111 (1) EPÜ ist es eine Frage des Ermessens der Beschwerdekammer, ob sie in der Sache selbst entscheidet oder ob sie an die Instanz zurückverweist, die die Entscheidung erlassen hat.
Da im vorliegenden Verfahren wesentliche neue Gesichtspunkte vom Beschwerdeführer erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht wurden, insbesondere
- nicht nur ein neuer möglicherweise bezüglich Artikel 100 a) EPÜ zu berücksichtigender Stand der Technik geltend gemacht wird
- sondern auch neue Fakten vorgetragen werden im Hinblick auf den Einspruchsgrund nach Artikel 100 c) EPÜ, der bereits im Einspruchs schriftsatz vom 2. November 1989 angeführt wurde (und dessen erneute Aktivierung deshalb als zulässig erachtet wird). Jedoch wird nunmehr dieser Einwand im Hinblick auf den erteilten Anspruch 1 unter Heranziehung neuer Fakten geltend gemacht, wohingegen dieser Einspruchsgrund im Einspruchsschriftsatz vom 20.November 1989 (vgl. Seite 2, vorletzter Absatz des "Annex 1 - indication of facts and arguments") bezüglich des damaligen erteilten Anspruchs 6 geltend gemacht wurde.
Die Kammer ist daher der Auffassung, daß der Beschwerdeführer im Ergebnis ein auf diese beiden Einspruchsgründe gestütztes neues Einspruchsverfahren eröffnet hat.
Gemäß der Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer (G 9/91 und G 10/91, ABl. EPA 1993, 408 und 420), die in der Entscheidung T 1002/92 (ABl. EPA 1995, 605, Nr. 3.4) weiterentwickelt wurde, ist es Hauptzweck des Beschwerdeverfahrens, der unterlegenen Partei die Möglichkeit einzuräumen, die Entscheidung der Einspruchsabteilung sachlich anzufechten, was zur Voraussetzung hat, daß sich die rechtliche und faktische Grundlage nach Erlaß der erstinstanzlichen Entscheidung nicht ändert.
Nachdem ein Einspruchsverfahren auf der Basis dieser neuen Fakten und Beweismittel, die eine ausführliche Prüfung sowohl auf die materiall-rechtlichen als auch die formalen Erfordernisse des EPÜ notwendig machen, vor der Einspruchsabteilung noch nicht durchgeführt wurde und der Patentinhaber für den Fall der Berücksichtigung dieser neuen Umstände die Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz beantragt hat, ist gemäß gefestigter Rechtsprechung der Beschwerdekammern (vgl. die Entscheidungen T 0063/86 - ABl. EPA 1988, S.224; T 0047/90 - ABl. EPA 1991, S.486 sowie weitere nicht veröffentlichte Entscheidungen T 0098/88, T 0423/88, T 0501/88) die Sache an die Erste Instanz zurückzuverweisen, um für den Patentinhaber den von ihm nicht zu vertretenden Nachteil eines Instanzenverlustes zu vermeiden.
2.1. In der Entscheidung T 0117/86 (ABl. EPA 1989, S. 401; vgl. den Leitsatz I. und Nr. 3 der Entscheidungsgründe) kam die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis, daß die Benennung oder Einreichung von Dokumenten des Standes der Technik einen Akt der Beweisaufnahme im Sinne von Artikel 104 (1) EPÜ darstellt.
Desgleichen ist die Beschwerdekammer der Auffassung, daß auch die Überprüfung des vom Beschwerdeführer erneut vorgebrachten Einwandes nach Artikel 100 c) EPÜ anhand der ursprünglichen Unterlagen äquivalent einer Beweisaufnahme zu werten ist, denn auch in diesem Falle werden - ähnlich wie bei der Würdigung des Standes der Technik - unterschiedlich formulierte Fakten, nämlich der Text der ursprünglich eingereichten Unterlagen - ähnlich wie ein vorveröffentlichtes Dokument -, wertend mit den antragsgemäß gültigen Unterlagen des Patents bzw. der Anmeldung verglichen.
2.2. Die Beschwerdekammer stellt fest, daß der Beschwerdeführer keinerlei Gründe angeführt hat, weshalb er die oben genannten fünf Dokumente als neue Beweismittel erstmalig mehr als vierzig Monate nach Ablauf der in Artikel 99 (1) EPÜ festgelegten neunmonatigen Einspruchsfrist vorgelegt hat.
Die Beschwerdekammer sieht auch die Reaktivierung des Einwandes nach Artikel 100 c) EPÜ auf der Basis neuer Tatsachen und Beweismittel ähnlich wie die unbegründete Nennung neuer Dokumente zum Stand der Technik als einen Mißbrauch des Beschwerdeverfahrens an. Auch in diesem Fall hat der Beschwerdeführer 51 Monate nach Ablauf der Einspruchsfrist (Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. Januar 1994, eingegangen am 3. Februar 1994) ohne Angabe von Gründen auf der Basis neuer Fakten im Ergebnis ein neues Einspruchsverfahren eröffnet, obwohl er auch dieses Einspruchsvorbringen bereits innerhalb der neunmonatigen Einspruchsfrist ohne Schwierigkeit durch Akteneinsicht hätte geltend machen können.
2.3. Artikel 104 (1) EPÜ ermächtigt die Beschwerdekammer eine Verteilung der Kosten, die durch eine Beweisaufnahme verursacht sind, festzusetzen, soweit dies der Billigkeit entspricht.
Die Kammer ist aufgrund der oben dargelgten Gründe zu der Auffassung gelangt, daß die in Artikel 104 (1) EPÜ festgelegten Voraussetzungen für eine Kostenverteilung im vorliegenden Fall gegeben sind.
Beweismitteln seitens des Beschwerdeführers müssen dem Beschwerdegegner erhöhte Kosten entstanden sein im Vergleich zur Situation , die bestanden hätte, falls sämtliche Beweismittel innerhalb der neunmonatigen Einspruchsfrist gemacht worden wären, da dann sämtliche Beweisstücke (Dokumente des Standes der Technik als auch Vergleich der ursprünglichen Unterlagen mit gültigen Unterlagen) in einem Arbeitgang bearbeitet hätten werden können.
2.4. Die Beschwedekammmer ist daher der Auffassung, daß es aus den oben angeführten Gründen der Billigkeit entspricht, eine Kostenverteilung zugunsten des Beschwerdegegners festzusetzen (vgl. die nicht veröffentlichte Entscheidung dieser Kammer T 0596/89).
Gemäß Regel 63 (1) EPÜ können nur die Kosten berücksichtigt werden, die zur zweckentsprechenden Wahrung der Rechte notwendig waren. Zu den Kosten gehört die Vergütung für die Vertreter der Beteiligten.
Dementsprechend hat die Kammer nach sorgfältiger Prüfung des hier maßgebenden Sachverhalts eine Kostenverteilung beschlossen, bei der der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner 50 % derjenigen Kosten erstattet, die dessen Vertreter bei der Vorbereitung und Einreichung der Beschwerdeerwiderung vom 30. September 1993 entstanden sind und die der Vertreter dem Beschwerdegegner in Rechnung gestellt hat.
Eine darüber hinausgehende Kostenerstattung im vorliegenden Beschwerdeverfahren, wie vom Beschwerdegegner beantragt, erscheint der Beschwerdekammer nicht gerechtfertigt, da der Beschwerdegegner die verspätet ins Verfahren eingeführten Beweismittel bei deren rechtzeitiger Benennung auch bearbeiten hätte müssen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Sache wird zur Prüfung der Patentfähigkeit gegenüber den verspätet vorgebrachten Tatsachen und Beweismitteln gemäß Artikel 100 a) und 100 c) EPÜ an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen.
2. Die Kosten im Beschwerdeverfahren werden so verteilt, daß der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner 50 % der Kosten erstattet, die dessen Vertreter bei der Vorbereitung und Einreichung der Beschwerdeerwiderung vom 30. September 1993 entstanden sind und die der Vertreter dem Beschwerdegegner in Rechnung gestellt hat.
3. Alle weitergehenden Anträge werden zurückgewiesen.