T 0627/92 () of 30.3.1993

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1993:T062792.19930330
Datum der Entscheidung: 30 März 1993
Aktenzeichen: T 0627/92
Anmeldenummer: 83111420.2
IPC-Klasse: H01R 25/00
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: B
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Mehrfachsteckdose zur Kontaktierung von Schutz- kontaktsteckern und Zweipol-Steckern
Name des Anmelders: Asea Brown Boveri Aktiengesellschaft
Name des Einsprechenden: Siemens Aktiengesellschaft, Berlin und München
Kammer: 3.5.02
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Zurücknahme des Einspruchs, nachdem die Einspruchsabteilung das Patent widerrufen hat - Erfinderische Tätigkeit - ja, nach Änderung
Opposition - withdrawal
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0629/90
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 111 757 widerrufen wurde.

II. Der Widerruf des Patents wurde damit begründet, daß der erteilte Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zum Stand der Technik wurden folgende Druckschriften genannt:

E1: DE-A-2 915 816

E2: DE-A-2 344 412

E3: DE-U-7 630 318.

III. Nachdem die Beschwerdebegründung eingereicht worden ist, hat die Einsprechende ihren Einspruch zurückgezogen. Sie hat sich nicht weiter an dem Verfahren aktiv beteiligt und hat keinen Antrag gestellt.

IV. In der am 30. März 1993 geführten mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin einen neuen Patentanspruch 1 mit dem folgenden Wortlaut vorgelegt:

"1. In eine normierte Unterputz-Wandeinbaudose (6a, 6b) eingesetzte Mehrfachsteckdose mit einem darin festgelegten Tragring (13a, 13b) und mit einer Steckdosenabdeckung (1)

- mit einem zur Aufnahme eines dreipoligen Schutzkontaktsteckers vorgesehenen Schutzkontaktsteckertopf (2) sowie

- mit wenigstens einem Nichtschukosteckertopf (3a, 3b) und mit in den Steckertöpfen (2, 3a, 3b) im Topfboden vorgesehenen kreisförmigen Steckerstifteinführöffnungen (9, 10), ferner

- mit einem den Steckertöpfen (2, 3a, 3b) zugeordneten, in die Unterputz-Wandeinbaudose (6a, 6b) eingesenkten Stecksockel (4a, 4b)

- mit zwei jeweils einstückig ausgebildeten Polkontaktfedern (8) mit ersten und zweiten Polkontaktbuchsen (8a, 8b, 8c), die den Steckerstifteinführöffnungen (9, 10) zugeordnet sind,

dadurch gekennzeichnet,

- daß die Steckdosenabdeckung (1) zwei weitere Steckertöpfe (3a, 3b) aufweist, die als Nichtschutzkontaktsteckertöpfe mit jeweils zwei Steckerstifteinführöffnungen (9) ausgebildet sind und entweder gemeinsam auf einer Seite neben dem Schutzkontaktsteckertopf (2) oder einzeln jeweils beiderseits des Schutzkontaktsteckertopfes (2) angeordnet sind und

- daß der Durchmesser der Steckerstifteinführöffnungen (9) im Topfboden der zwei weiteren als Nichtschutzkontaktsteckertöpfe ausgebildeten Steckertöpfe (3a, 3b) kleiner ist als die im Topfboden des Schutzkontaktsteckertopfes (2) angeordneten Steckerstifteinführöffnungen (10)."

V. Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen vorgebracht, daß keine beliebige Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen E1, E2 und E3 zur vorliegenden Erfindung führen würde.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten auf der Basis der folgenden Unterlagen:

Patentanspruch 1 wie in der mündlichen Verhandlung vorgelegt, Patentansprüche: 2 bis 5, Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Die Zurücknahme des Einspruchs nachdem die Einspruchsabteilung das Streitpatent widerrufen hat, hat keine unmittelbare verfahrensrechtliche Bedeutung. Entsprechend der Entscheidung T 629/90 (ABl. EPA, 1992, 654, Leitsatz) muß die Kammer die Entscheidung der Einspruchsabteilung von Amts wegen sachlich überprüfen und kann nur dann diese Entscheidung aufheben und das Patent aufrechterhalten, wenn es den Erfordernissen des EPÜ genügt.

3. Abgesehen von redaktionellen Änderungen, unterscheidet sich der nunmehr geltende Anspruch 1 im wesentlichen von der erteilten Fassung dadurch, daß auf die erste der dort genannten drei Alternativen, nämlich einen gemeinsamen Nichtschutzkontaktsteckertopf für die Aufnahme zweier Nichtschutzkontaktstecker vorzusehen, verzichtet wurde. Angesichts der einzuhaltenden Normen und Vorschriften stellt das Weglassen von Angaben über die Zweipolstecker, die ohnehin keine Bestandteile der beanspruchten Mehrfachsteckdose sind, keine tatsächliche Erweiterung des Schutzbereichs dar. Nach Meinung der Kammer genügt der geltende Anspruch 1 den Erfordernissen von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

4. Die Einspruchsabteilung kam zu dem Schluß, daß keine der drei im erteilten Anspruch 1 aufgeführten Alternativen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte. Dabei wurde die Druckschrift E2 als Ausgangspunkt genommen. Die Druckschriften E1 und E3 wurden auch in Betracht gezogen.

4.1. Die Druckschrift E2 (DE-A-2 344 412) offenbart eine in eine Unterputz-Wandeinbaudose eingesetzte Doppelsteckdose (siehe Fig. 3) mit einer Steckdosenabdeckung (8), die zwei jeweils zur Aufnahme eines Schutzkontaktsteckers vorgesehene Steckertöpfe aufweist (wobei es anzunehmen ist, daß in den Steckertöpfen im Topfboden kreisförmige Steckerstifteinführöffnungen vorgesehen sind), sowie mit einem den Steckertöpfen zugeordneten, in die Unterputz- Wandeinbaudose eingesenkten Stecksockel (1), der zwei jeweils einstückig ausgebildete Polkontaktfedern (16) enthält, welche jeweils zwei Polkontaktbuchsen (25) aufweisen, die -funktionsbedingt - den Steckerstifteinführöffnungen zugeordnet sein müssen. Die Steckertöpfe können mit oder ohne Schutzkontaktfedern ausgebildet sein (siehe Seite 1, zweiter Absatz).

4.2. Der Oberbegriff des vorliegenden Anspruchs 1 basiert auf E2, wobei einige dort nicht angegebene aber durchaus übliche Merkmale, die schon im Oberbegriff der erteilten Fassung enthalten waren - nämlich daß die Wandeinbaudose normiert ist, und daß ein in dieser festgelegter Tragring vorgesehen ist - auch wiedergegeben sind. Nach Meinung der Kammer ist dies nicht zu beanstanden.

4.3. Die Druckschrift E1 (DE-A-2 915 816) offenbart eine in eine normierte Unterputz-Wandeinbaudose eingesetzte Steckdose mit einem darin festgelegten Tragring und mit einer Steckdosenabdeckung (5), die einen zum wahlweisen Einsetzen von zwei zweipoligen Europa-Flachsteckern oder eines dreipoligen Schutzkontaktsteckers konzipierten Steckertopf (7) aufweist (mit oder ohne Schutzkontakte, siehe Seite 4, erster Absatz), mit - sechs im Steckertopfboden vorgesehenen kreisförmigen Steckerstifteinführöffnungen (6), wobei der Durchmesser von vier für den Anschluß der Flachstecker vorgesehenen Steckerstifteinführöffnungen sichtbar kleiner ist als der Durchmesser der zwei für den Anschluß des Schukosteckers vorgesehenen Steckerstifteinführöffnungen,

- und einem in die Unterputz-Wandeinbaudose eingesenkten Stecksockel (3), mit zwei jeweils einstückig ausgebildeten Polkontaktfedern (1), die jeweils drei Polkontaktbuchsen aufweisen, die den im Steckertopfboden vorgesehenen kreisförmigen Steckerstifteinführöffnungen zugeordnet sind.

4.4. Bei der aus E1 bekannten Steckdose können die Schuko- und Flachstecker nicht gleichzeitig angeschlossen werden.

4.5. Die Druckschrift E3 (DE-U-7 630 318) offenbart eine in eine normierte Unterputz-Wandeinbaudose (9) eingesetzte Mehrfachsteckdose mit einem darin festgelegten Tragring (8) und mit einer Steckdosenabdeckung (10), die einen zur Aufnahme eines dreipoligen Schutzkontaktsteckers vorgesehenen Schutzkontaktsteckertopf (12) sowie einen zur Aufnahme eines dreipoligen WW-Steckers vorgesehenen Steckertopf (14, Fig. 5) aufweist. Ein Stecksockel (1) ist in die Unterputz-Wandeinbaudose (9) eingesenkt und trägt zwei Polkontaktbuchsen, die zwei in dem Topfboden des Schutzkontaktsteckertopfes vorgesehenen kreisförmigen Steckerstifteinführöffnungen zugeordnet sind.

4.6. Die Kammer stellt fest, daß keine der Druckschriften E1, E2 und E3 eine Steckdosenabdeckung offenbart, die neben einem Schutzkontaktsteckertopf zwei weitere Steckertöpfe aufweist. Keine der in den Druckschriften E1, E2 und E3 offenbarten Steckdosen kann zwei Zweipolstecker und einen Schukostecker gleichzeitig aufnehmen.

4.7. Angesichts des steigenden Bedarfs an Zweipol-Steckdosen und des im Streitpatent erwähnten Normentwurfs, wonach bei der Montage von maximal zwei Zweipol-Steckdosen mindestens eine Schutzkontakt-Steckdose anzubringen ist, war es am Prioritätstag des Streitpatents naheliegend, eine diesem Normentwurf entsprechende Mehrfachsteckdose schaffen zu wollen, die zwei Zweipolstecker und einen Schukostecker gleichzeitig aufnehmen kann, und die unter Verwendung einer vorhandenen normierten Unterputzdose montierbar ist (vgl. die Aufgabenstellung in Spalte 2, Zeile 19 bis 23 des Streitpatents).

4.8. Angenommen, daß bei der Suche nach einer Lösung dieser Aufgabe, der Fachmann die Druckschriften E1, E2 und E3 in Betracht ziehen würde, käme er nicht ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1. Die einzige dieser drei Druckschriften, die sich mit der Aufnahme von zwei zweipoligen Nichtschutzsteckern befaßt, ist E1. Gemäß E1 werden die zwei Nichtschutzstecker in einem Steckertopf aufgenommen. Die Idee, zwei gesonderte Nichtschutzkontaktsteckertöpfe - jeweils für die Aufnahme eines Nichtschutzsteckers - vorzusehen, ist weder offenbart noch nahegelegt.

4.9. Zusammenfassend folgt nach Auffassung der Kammer, daß sowohl der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 als auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 5 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhen.

5. Die Kammer ist der Auffassung, daß unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen, das Streitpatent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Das Streitpatent kann also in diesem geänderten Umfang aufrechterhalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Das Patent wird im geänderten Umfang gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin (siehe Absatz VI oben) aufrechterhalten.

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