European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1993:T098891.19930629 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 29 Juni 1993 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0988/91 | ||||||||
Anmeldenummer: | 83101335.4 | ||||||||
IPC-Klasse: | B60H 1/00 G05G 1/00 B60Q 3/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Steuergerät mit beleuchteten Betätigungsknöpfen für Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen in Kraftfahrzeugen | ||||||||
Name des Anmelders: | SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Behr GmbH & Co. | ||||||||
Kammer: | 3.2.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Zulässigkeit des Einspruchs bei offenkundiger Vorbenutzung (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) Inventive step - yes Novelty - public prior use - admissibility of opposition |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 087 084 (Anmeldenummer 83 101 335.4).
II. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat gegen das erteilte Patent Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent mangels Patentfähigkeit zu widerrufen.
Zum Nachweis einer angeblichen Vorbenutzung wurden innerhalb der Einspruchsfrist die Unterlagen
D1) Konstruktionszeichnung Nr. 94 112 46 002, Bedienungsschalter AC;
D2) Konstruktionszeichnung Nr. 90.704.30.167, Hebel,
D3) Konstruktionszeichnung Nr. 90.612.03.047, Gleitstück;
D4) Porsche-Ersatzteile-Katalog für Typ 928, Ausgabe 1-80, Gruppe 8, Untergruppe 8/13/1 (Bedienungsschalter);
D5) Eidesstattliche Erklärung des Herrn Kuhn aus dem Hause der Beschwerdegegnerin;
D6) Eidesstattliche Erklärung des Herrn Klaus-Roger Düwel der Firma Dr. Ing. h.c. F. Porsche Aktiengesellschaft
vorgelegt.
III. Mit Entscheidung in der mündlichen Verhandlung vom 18. April 1991, in schriftlich begründeter Form am 28. Oktober 1991 zur Post gegeben, hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent Nr. 0 087 084 widerrufen.
In der Entscheidung wurde ausgeführt, daß
der Einspruch zulässig sei,
- das im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 hinzugefügte Merkmal "blockartig" nicht ursprünglich offenbart sei und somit gegen Artikel 123 (2) verstoße, und
- der Gegenstand des Patentanspruchs 1 im Hinblick auf den vorbenutzten Bedienungsschalter nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 18. Dezember 1991 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am 28. Februar 1992 eingereicht.
V. Es wurde am 29. Juni 1993 mündlich verhandelt.
Am Ende der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent in geändertem Umfang mit den Ansprüchen, der Beschreibung und der Zeichnung überreicht in der mündlichen Verhandlung aufrechtzuerhalten.
Patentanspruch 1 lautet:
"1. Steuergerät mit Betätigungsknöpfen (18) für Heizungs- Klima- und Lüftungsanlagen in Kraftfahrzeugen, bestehend aus einem Grundkörper (14), mindestens einem Stellhebel (1) und mindestens einem durch ein federndes Element (5) gegen ein ruhendes Bauteil abgestützten Betätigungshebel (2), wobei das Steuergerät jeweils zwischen dem drehbar gelagerten Stellhebel (1) und dem linear verschiebbaren Betätigungshebel (2), der ein Element einer Gleitführung ist, einen Zwischenhebel (3) aufweist, der sowohl am Betätigungshebel (2) als auch am Stellhebel (1) in einem Gelenk ausschließlich drehbar gelagert ist, wobei ferner die Betätigungsknöpfe mittels Lichtleiter (10) beleuchtet sind, der Grundkörper (14) aus Kunststoff hergestellt ist und die Längsachse des Zwischenhebels (3) mit der Führungsbahn (4) des Betätigungshebels (2) in einer Endlage einen Winkel von 90 ± 10 bildet,
gekennzeichnet durch
"ein vorgespanntes, elastisches, nicht-federförmiges Kunststoffteil im Stell- und/oder Betätigungshebel als federndes Element (5)."
VI. Zur Begründung Ihres Antrags führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus:
a) Zulässigkeit des Einspruchs:
Die Einspruchsbegründung sei nicht so abgefaßt, daß die Patentinhaberin und die Einspruchsabteilung den behaupteten Widerrufsgrund ohne eigene Ermittlungen abschließend prüfen könnten: Es fehle in den eidesstattlichen Erklärungen der Zeugen jede Substantiierung bezüglich der Äquivalenz zwischen den Konstruktionszeichnungen D1, D2 und D3 und dem Gegenstand des angefochtenen Patents.
Aus der Konstruktionszeichnung D1 sei eine drehbare Lagerung des Zwischenhebels (3) am Betätigungshebel (2) ohne weitere Ermittlungen nicht zu entnehmen. Die Konstruktionszeichnung D3 sei außerdem aus dem Jahre 1980 datiert, während von den Zeugen die angebliche offenkundige Vorbenutzung in den Zeitraum Juli 1978 bis Juni 1979 gelegt werde. Die Zeichnung D2 betreffend ein angebliches Einzelteil (Zwischenhebel) sei früher datiert als die Zeichnung D1, die den gesamten Bedienungsschalter zeige.
Die Tatsache, daß sie (als Ergebnis eigener Bemühungen) inzwischen die offenkundige Vorbenutzung anerkannt hat, habe auf die Frage der Zulässigkeit des Einspruchsvorbringens keinen Einfluß.
b) Erfinderische Tätigkeit:
Weder das offenkundig vorbenutzte Steuergerät noch die im Einspruchsverfahren zitierten Dokumente zeigten oder beschrieben ein vorgespanntes, elastisches, nicht-federförmiges Kunststoffteil als federndes Element. Es sei nicht erkennbar, warum es naheliegend gewesen sein sollte, ein solches Element in einem Steuergerät zu verwenden, da bis zum Anmeldungszeitpunkt offenbar nur Metall-Federelemente als einsatzwürdig angesehen worden seien.
VII. Die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) hat dem widersprochen. Sie macht im wesentlichen geltend, daß die Benutzung von vorgespannten elastischen Kunststoffteilen für verschiedene Zwecke längst bekannt gewesen sei, beispielsweise als sog. "silent blocks". Die metallische Blattfeder der offenkundigen Vorbenutzung durch ein vorgespanntes, elastisches, nicht-federförmiges Kunststoffteil dieser Art zu ersetzen, sei nichts anderes als ein bloßer Stoffaustausch oder Materialersatz, der keine erfinderische Tätigkeit begründen könne.
Sie beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und den Widerruf des angefochtenen Patents zu bestätigen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.
2. Zulässigkeit des Einspruchs:
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt die angefochtene Entscheidung nicht nur im Punkte erfinderische Tätigkeit, sondern macht vorab geltend, schon der Einspruch der Beschwerdegegnerin sei mangels zureichender Begründung hinsichtlich der oben in Punkt II. genannten offenkundigen Vorbenutzung unzulässig gewesen. Dazu ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin das Faktum dieser Vorbenutzung bereits in ihrem Schriftsatz vom 16. April 1991 gegenüber der Vorinstanz ohne Einschränkung anerkannt hat. In der Beschwerde vertritt sie nun die Auffassung, ihr Bestreiten der Zulässigkeit des Einspruchs bleibe davon unberührt. Es kann hier offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin durch ihr Anerkenntnis nicht auch hinsichtlich der Zulässigkeitsfrage gebunden ist, da die Zulässigkeit des Einspruchs als unverzichtbare prozessuale Voraussetzung der sachlichen Prüfung des Einspruchsvorbringens in jedem Verfahrensstadium, also auch im Beschwerdeverfahren, von Amts wegen zu prüfen ist (siehe T 289/91 vom 10. März 1993, zur Veröffentlichung im ABl. EPA bestimmt, Nr. 2.1 der Gründe).
2.2. Nach Regel 55 c) muß die Einspruchsschrift folgendes enthalten:
- eine Erklärung darüber, in welchem Umfang gegen das europäische Patent Einspruch eingelegt wird,
- die Nennung der Einspruchsgründe, sowie
- die Angabe, der zur Begründung vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel.
Gemäß Artikel 99 (1) EPÜ ist der Einspruch "innerhalb von 9 Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents schriftlich einzureichen und zu begründen". Der Inhalt des Einspruchsschriftsatzes muß also innerhalb dieser Frist mit den Erfordernissen der Regel 55 c) in Einklang gebracht werden.
Die Beschwerdeführerin bemängelte die Begründung des Einspruchsschriftsatzes. Mithin hat sie bestritten, daß das dritte Erfordernis von Regel 55 c) betreffend die Angabe der zur Begründung des Einspruchs vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel erfüllt ist.
Wird eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht, so ist das dritte Erfordernis der Regel 55 c) nach den Entscheidungen T 538/89 - 3.2.1 vom 2. Januar 1991 und T 328/87, ABl. EPA 1992, 701 dann erfüllt, wenn die Angaben der Tatsachen und Beweismittel objektiv aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns soweit verständlich und verwertbar sind, daß sie es erlauben,
a) den Zeitpunkt bzw. Zeitraum der öffentlichen Vorbenutzung dahingehend zu überprüfen, ob eine Benutzung vor dem maßgeblichen Zeitpunkt (Vorbenutzung) vorliegt,
b) den Gegenstand der Benutzung soweit festzustellen, daß seine Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Streitpatents prüfbar ist, und
c) den Ort und die Umstände der Benutzung zur Feststellung der Offenkundigkeit (Zugänglichmachen für die Öffentlichkeit) des benutzten Gegenstands zu überprüfen.
2.3. Überprüfung des Zeitpunkts bzw. Zeitraums (Kriterium a)).
Im Einspruchsschriftsatz ist ausgeführt, daß der vorbenutzte Bedienungsschalter an die Firma Porsche geliefert und in dem Zeitraum Juli 1978 bis Juni 1979 serienmäßig im Fahrzeug des Typs Porsche 928 eingebaut wurde.
Es wurden hierfür eidesstattliche Erklärungen des Herrn Robert Kuhn (D5) aus dem Hause der Beschwerdegegnerin und des Herrn Klaus-Roger Düwel (D6) der Firma Porsche dem Einspruchsschriftsatz beigefügt. Durch Benennung des Zeitraums ist das Kriterium (a) erfüllt. Die Zeugenbenennung ist gemäß Artikel 117 (1) d) EPÜ als Beweismittel zulässig.
2.4. Feststellung des Gegenstands der Benutzung (Kriterium b)).
Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht vorgebracht, es fehle jede Substantiierung, aus der die Patentinhaberin die behauptete Äquivalenz zwischen den Konstruktionszeichnungen und dem Erfindungsgegenstand entnehmen könnte. Dem ist nicht zu folgen:
Anhand der Konstruktionszeichnungen D1 "Bedienungsschalter", D2 "Hebel" und D3 "Gleitstück" wurden im Einspruchsschriftsatz Einzelmerkmale des darin dargestellten Bedienungsschalters erörtert und mit den im Patentanspruch 1 aufgeführten Einzelmerkmalen verglichen. Infolge dieses Vergleichs wurde die Neuheit des Gegen- stands des erteilten Patentanspruchs 1 in Frage gestellt.
Durch diese vorgebrachten Tatsachen und die als Beweis- mittel vorgelegten Konstruktionszeichnungen D1, D2 und D3 ist die behauptete Identität des vorbenutzten Gegenstands mit dem des Patentanspruchs 1 nachprüfbar.
Somit ist auch das vorgenannte Kriterium b) erfüllt.
2.5. Ermittlung der Umstände der Vorbenutzung (Kriterium c)).
Wie in Punkt 2.3 bereits dargetan, hat die Beschwerdegegnerin zu den Tatsachen vorgebracht, daß der vorbenutzte Bedienungsschalter an die Firma Porsche geliefert und serienmäßig im Fahrzeug des Typs Porsche 928 eingebaut worden sei. Dies wurde in den beigefügten eidesstattlichen Erklärungen D5 und D6 bestätigt. Als Beweismittel hat die Beschwerdegegnerin einen Ersatzteile-Katalog für den Porsche 928 eingereicht (D4), in dem als Ersatzteil ein Bedienungsschalter angeboten wurde, der angeblich identisch mit dem der Konstruktionszeichnung D1 "Bedienungsschalter" sei.
Für diesen Bedienungsschalter ist in dem Ersatzteile- Katalog D4 eine mit der Porsche-Zeichnungs-Nummer auf der Konstruktionszeichnung D1 übereinstimmende Teile-Nummer angegeben. Mithin enthält der Einspruchsschriftsatz zur Feststellung der angegebenen Art der Vorbenutzung (Serienherstellung, Lieferung an einen Kunden und serienmäßiger Einbau in Fahrzeugen) geeignete Tatsachen und entsprechende Beweismittel (Ersatzteile Katalog D4 und die eidesstattlichen Erklärungen D5 und D6).
Diese Angaben sind nach Ansicht der Kammer ohne weitere Ermittlungen verständlich und durch die Patentinhaberin oder die Einspruchsabteilung nachprüfbar.
2.6. Mithin ist den Kriterien a) - c) und damit den sachlichen Mindestanforderungen des Artikels 99 (1) und der Regel 55 c) EPÜ entsprochen worden.
2.7. Die Beschwerdeführerin hat Zweifel gegenüber der "Schlüssigkeit" des Vorbringens zur offenkundigen Vorbenutzung geäußert. Wie in der Entscheidung T 234/86, ABl. EPA 1989, 79, Punkt 2.2 bereits festgestellt wurde, ist die "Schlüssigkeit" des Vorbringens kein Zulässig- keitskriterium des Einspruchs. Es genügt dazu, daß die innerhalb der Einspruchsfrist gemachten Angaben zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung für jedes der vorgenannten Kriterien a) - c) aus der Sicht des Fachmanns soweit verständlich sind, daß eine Prüfung ihrer materiell-rechtlichen Begründetheit stattfinden kann (vgl. die bereits genannte Entscheidung T 538/89, Punkt 2.6 der Gründe).
2.8. Die Beschwerdeführerin beanstandet darüber hinaus, daß die Konstruktionszeichnung D3 "Gleitstück" aus dem Jahre 1980 stammt, wohingegen die angebliche offenkundige Vorbenutzung gemäß den eidesstattlichen Erklärungen D5 und D6 in den Zeitraum Juli 1978 bis Juni 1979 stattfand. Es wird zudem noch beanstandet, daß die Detailzeichnung D2 "Hebel" früher datiert ist als die Zeichnung D1 des gesamten Bedienungsschalters.
Hierzu ist festzustellen, daß die Frage der Beweiswürdigung, d.h. hier der Feststellung, ob die angezogenen Beweismittel die behaupteten Tatsachen zu beweisen vermögen, nicht die Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs betrifft, sondern die Überprüfung der sachlichen Begründetheit desselben (siehe die o.g. Entscheidung T 234/86, Punkt 2.4 der Gründe).
Aus alledem folgt, daß der Einspurch zulässig ist.
3. Änderungen
Die im Kennzeichen des Patenanspruchs 1 vorgenommene Einfügung "nicht-federförmiges" ist zwar an keiner Stelle der ursprünglich eingereichten Unterlagen erwähnt, maßgebend für die Beurteilung der Zulässigkeit von Änderungen ist aber das Verständnis des zuständigen Fachmanns, der nicht am Wortlaut des ursprünglich Offenbarten haftet, sondern dessen Inhalt nach seinem Sinn ermittelt.
Auf Seite 3, zweiter Absatz der ursprünglich einge- reichten Beschreibung heißt es:
"Zum Abstimmen der Verstellkräfte des Betätigungshebels, was bislang durch Metallfedern erfolgte, hat sich der Einbau von federnden Elementen 5, welche unter Vorspannung gegen ein reibendes Bauteil gepreßt werden können, bewährt. Als besonders geeignet erwies sich ein elastisches Kunststoffteil im Stell- und/oder Betätigungshebel. Die Kräfte können durch die Größe der Vorspannung eingestellt werden."
In der Figur 1 ist das elastische Kunststoffteil schematisch abgebildet, jedoch ersichtlich nicht in der Form einer Feder, sondern einer viereckigen karierten Fläche dargestellt.
Aus alledem geht für den Fachmann hervor, daß die üblichen Metallfedern durch vorgespannte, elastische und nicht-federförmige Kunststoffteile im Stell- oder Betätigungshebel zu ersetzen sind. Das Merkmal nicht- federförmiges" Kunststoffteil, auch wenn dieser Begriff ursprünglich nicht ausdrücklich verwendet worden ist, ist somit in den ursprünglichen Unterlagen implizit vorhanden, so daß eine unzulässige Änderung des Inhalts der ursprünglichen Anmeldung nicht vorliegt.
Die anderen in der Beschreibung und den Patentansprüchen vorgenommenen Änderungen finden ihre Stütze im Text des ursprünglich Offenbarten. Sie wurden weder im Einspruchs- noch im Beschwerdeverfahren bestritten, so daß sich ein näheres Eingehen hierauf erübrigt.
Der Gegenstand des angefochtenen Patents geht somit nicht über das ursprünglich Offenbarte hinaus (Artikel 123 (2) EPÜ).
Der geltende Patentanspruch 1 enthält sämtliche Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1, ergänzt durch weitere, einschränkende Merkmale und ist somit im Hinblick auf Artikel 123 (3) ebenfalls nicht zu beanstanden.
4. Aufgabe und Lösung:
Ein Steuergerät gemäß dem Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 ist aus der von der Beschwerdegegnerin ausdrücklich als Stand der Technik anerkannten offenkundigen Vorbenutzung bekannt.
Bei dem vorbenutzten Steuergerät ist als federndes Element eine Metallfeder vorgesehen. Den Einsatz einer Metallfeder hat die Beschwerdeführerin als nachteilig angesehen, da sie keine ausreichend weiche Verstellmöglichkeit erlaube und besondere Rasterstellungen für die Einhaltung der Betriebslage erfordere.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Nachteile, die der Einsatz von Metallfedern in einem Steuergerät mit sich bringt, zu beseitigen, d.h. ein selbstverriegelbares Steuergerät zu schaffen, das sich durch eine leichte Bedienung und eine genaue Einstellbarkeit ohne Rasterungen auszeichnet.
Diese Aufgabe wird durch das im Kennzeichen aufgeführte Merkmal, d.h. durch ein vorgespanntes, elastisches, nicht-federförmiges Kunststoffteil als federndes Element gelöst.
5. Neuheit:
Wie sich aus den Ausführungen in Punkt 4 ergibt, unterscheidet sich das Steuergerät nach Patentanspruch 1 von dem offenkundig vorbenutzten Steuergerät im wesentlichen durch das im Kennzeichen des Patentanspruchs angegebene Merkmal.
Durch die im Prüfungs- und im Einspruchsverfahren noch genannten Dokumente ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ebenfalls nicht bekanntgeworden. Dies folgt schon daraus, daß auch in keinem von ihnen ein Steuergerät mit einem vorgespannten, elastischen, nicht federförmigen Kunststoffteil als federndes Element offenbart ist.
Mithin ist die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik neu.
6. Erfinderische Tätigkeit:
Das offenkundig vorbenutzte Steuergerät, das dem Gegenstand der Erfindung am nächsten kommt, ist mit einer Metallfeder versehen. In dem angefochtenen Patent wird in Spalte 2, Zeilen 40 - 42 (bzw. Seite 2, Abs. 2 der geltenden Beschreibung) darauf hingewiesen, daß der Einsatz von Metallfedern in Steuergeräten dieser Art etablierte Praxis sei. Dies wurde seitens der Beschwerdegegnerin nicht bestritten. Der Fachmann weiß, daß Federn nicht nur aus Metall, sondern auch aus massivem Kunststoff verwirklicht werden können, vgl. z.B. die im Einspruchsverfahren noch genannte DE-A-2 323 642, aus der eine Kunststoffblattfeder bekannt ist. Es zeigt oder beschreibt jedoch kein Dokument ein Steuergerät mit einem nicht-federförmigen, federnden Element aus Kunststoff. Daß strukturell ähnliche elastische Kunststoffteile bisher beispielsweise als sog. "silent blocks" oder dgl. verwendet worden sind, d.h. für einen völlig anderen Zweck mit nicht vergleichbaren technischen Anforderungen, ist von der Beschwerdegegnerin nicht nachgewiesen worden, könnte ihre Verwendung im beanspruchten Zusammenhang jedoch ohnehin nicht nahelegen.
Es ist bei dieser Sachlage für die Kammer nicht erkennbar, wie der vorstehend geschilderte Stand der Technik eine andere Anregung geben könnte, als diejenige, eine federförmige Struktur aus Metall oder eventuell aus Kunststoff in einem Steuergerät zu verwenden.
Von einem einfachen Austausch an sich für den beanspruchten Zweck bekannter Mittel kann ebenfalls keine Rede sein, da die Eignung für diesen Zweck im Stand der Technik nirgends angesprochen ist.
Dazu kommt, daß der Vorschlag des angefochtenen Patents im Vergleich mit dem nächstliegenden Stand der Technik oder der etablierten Praxis, d.h. der Benutzung einer Metallfeder in einem Steuergerät, eine vorteilhafte Lösung bietet. Wie die Beschwerdeführerin glaubhaft vorgebracht hat, werden dadurch die Vorteile einer einfachen und preiswerten Herstellung und einer soliden, kraftschlüssigen Arretierung erreicht, so daß keine besonderen Rasterstellungen für die Einhaltung des Stell- oder Betätigungshebel nötig sind, sowie eine relativ weiche Verstellmöglichkeit und eine feinfühligere Einstellung des Stell- oder Betätigungshebels. Mithin weist der Vorschlag des angefochtenen Patents eine besondere technische Wirkung gegenüber dem Stand der Technik auf, die als Beweisanzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit gewertet werden kann.
Aus alledem folgt, daß die Vorrichtung nach dem geltenden Patentanspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ beruht.
7. Das Patent kann deshalb mit dem geltenden Patentanspruch 1 sowie den auf ihn rückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 4, die auf besondere Ausführungsformen der Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 gericht sind, aufrechterhalten werden. Gegen die angepaßte und bezüglich des Stands der Technik aktualisierte Beschreibung bestehen ebenfalls keine Bedenken.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen aufrechtzuerhalten.