European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1992:T077291.19921215 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 15 Dezember 1992 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0772/91 | ||||||||
Anmeldenummer: | 86106941.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | A61N 1/05 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | C | ||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Defibrillations-Elektrode | ||||||||
Name des Anmelders: | Osypka, Peter, Dr. Ing. | ||||||||
Name des Einsprechenden: | BIOTRONIK Mess- und Therapiegeräte GmbH & Co. Ingenieurbüro Berlin |
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Kammer: | 3.4.01 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Neuheit (ja) Erfinderische Tätigkeit (ja) Novelty (yes) Inventive step (yes) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdegegner ist Inhaber des europäischen Patents 0 211 166.
II. Die Beschwerdeführerin hat gegen die Patenterteilung im Hinblick auf Artikel 100 a) EPÜ gestützt auf die Dokumente:
D1: US-A-3 244 174 und
D2: US-A-4 112 952
Einspruch erhoben.
III. Die Einspruchsabteilung hat den Einspruch zurückgewiesen. Sie stellte dabei insbesondere fest, daß die aus Dokument D1 bekannte Elektrode als Elektrode zur direkten Applikation eines hochenergetischen defibrillierenden Stromstoßes, d. h. als Defibrillations-Elektrode, nicht geeignet sei, ihre zwei von einem gemeinsamen Ring ausgehenden Elektrodenarme nicht stern- oder strahlenförmig auseinanderliefen, und weder Dokument D1 noch Dokument D2 die Aufgabe anspräche, eine Defibrillations-Elektrode zu schaffen, welche weniger Energie für den Defibrillations-Stromstoß benötigt und gleichzeitig dem Herzen eine bessere Bewegungsfreiheit läßt.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin Beschwerde erhoben und unter anderem im Laufe des Beschwerdeverfahrens erstmals mangelnde Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gemäß Artikel 54 (3) EPÜ gegenüber dem Dokument
D3: EP-A-0 206 248
geltend gemacht.
V. Am 15. Dezember 1992 fand eine mündliche Verhandlung statt, zu deren Beginn die Kammer das Dokument D3 als möglicherweise entscheidungserheblich gemäß Artikel 114 (2) EPÜ in das Verfahren einführte.
Am Ende der mündlichen Verhandlung beantragte die Beschwerdeführerin (Einsprechende) die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und den Widerruf des europäischen Patents 0 211 166.
Der Beschwerdegegner (Patentinhaber) beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen, und das Patent auf der Grundlage des während der mündlichen Verhandlung überreichten Haupt- oder Hilfsantrages in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten.
Anspruch 1 dieses Hauptantrages lautet:
"1. Defibrillations-Elektrode (1) mit einem biegsamen vergrößerten Elektrodenkopf (3) zum großflächigen Anlegen an beliebiger Stelle der Außenseite des Herzens und mit einer Zuleitung (2) zur Verbindung des Elektrodenkopfes mit einem Defibrillator oder Impulsgenerator, dadurch gekennzeichnet, daß der Elektrodenkopf (3) mehrere einzelne Elektrodenarme (5) aufweist, die in Gebrauchsstellung vom Elektrodenkopf aus etwa stern- oder strahlenförmig auseinanderlaufen, einzeln an der Herzaußenseite befestigbar und allseitig schwenkbar sind."
Anspruch 1 des Hilfsantrages setzt den Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag wie folgt fort:
"und daß der Elektrodenkopf (3) zusätzlich zu seiner Befestigung mittels der Elektrodenarme (5) auch an dem gemeinsamen Ausgangspunkt der Elektrodenarme (5) an der Herzaußenseite reizübertragend befestigbar oder verankerbar ist."
Ansprüche 2 bis 18 beider Anträge hängen von dem jeweiligen Anspruch 1 ab, wobei Ansprüche 2 bis 18 des Hauptantrags die erteilte Fassung aufweisen.
VI. Zur Begründung ihres Antrages trägt die Beschwerdeführerin im wesentlichen folgende Argumente vor:
a) Die Merkmale des Anspruchs 1 würden sich aus den Figuren 7, 14 und 16 des Dokuments D3 nebst dazugehöriger Beschreibung ergeben. Das stern- bzw. strahlenförmige Auseinanderlaufen dieser bekannten Elektrodenarme sei in Figur 7 erkennbar. Wie aus Dokument D3, Sp. 9, Zeilen 39 - 43 und Sp. 8, Z. 37 hervorginge, seien die Elektrodenarme 128 aus einer flexiblen dünnen Platte (flexible sheet 102) hergestellt und damit schwenkbar. Die Schwenkbarkeit "allseitig" auszuführen, sei ein naheliegendes Äquivalent. Ein Fachmann würde die Figuren 6B, 6C und 7 des Dokuments D3 nur dahingehend interpretieren, daß sich der kreisförmige Querschnitt der Randteile der Elektrodenarme in dem sie verbindenden zentralen Ringteil fortsetze, so daß dieser nicht einen becher- sondern einen kreisförmigen Querschnitt aufweisen würde. Des weiteren müsse die in Figur 7 des Dokuments D3 dargestellte Elektrode an unterschiedliche Herzgrößen anpaßbar sein, so daß damit ihr Anbringungsort nicht vorhersagbar sei. Daher sei auch die aus Dokument D3 bekannte Defibrillations-Elektrode "an beliebiger Stelle" anlegbar.
b) Es sei für den Fachmann naheliegend, die aus Dokument D1 bekannte Elektrode für ein "großflächiges" Anliegen zu dimensionieren, zumal das im Recherchenbericht genannte Dokument
D4: US-A-4 030 509
anhand von Figur 3 und 8 belege, daß zum Defibrillieren mindestens zwei Elektroden notwendig seien. Das Merkmal "strahlenförmig" sei bereits durch die zwei Elektrodenarme des Dokuments D1 realisiert. Die Ergänzung durch einen dritten Arm zu einer "sternförmigen" Elektrodenkonfiguration bedinge keine erfinderische Tätigkeit und werde überdies durch die sternförmig auseinanderlaufenden Elektrodenarme gemäß Figur 12 des Dokuments D2 nahegelegt.
VII. Der Beschwerdegegner widersprach dem vorstehenden Vorbringen im wesentlichen durch folgende Argumente:
a) Die zwei der erteilten Fassung des Anspruchs 1 hinzugefügten Merkmale des Hauptanspruchs seien im Streitpatent offenbart, und zwar die Eignung zum großflächigen Anlegen "an beliebiger Stelle" der Außenseite des Herzens in Figur 2 sowie Spalte 5, Zeile 62 bis Spalte 6, Zeile 1, und Elektrodenarme, die "allseitig schwenkbar sind" in Spalte 7, Zeilen 16 bis 18 und 24 bis 36.
b) Es sei nicht nachgewiesen, daß Dokument D3 die Priorität vom 20. Juni 1985 rechtmäßig in Anspruch nehme und für zwei der im Streitpatent benannten Vertragsstaaten einen Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPÜ darstelle. Wie Figur 16 des Dokuments D3 zeige, sei die in Figur 7 dargestellte Elektrode ein ausschließlich an die Herzspitze anlegbarer Apexbecher, dessen zentraler Ringteil aufgrund seines Figur 16 entnehmbaren becherförmigen Querschnitts ein Anlegen "an beliebiger Stelle" der Herzoberfläche verhindere. Wie die in Figur 16 geradlinig und nicht kreisbogenförmig dargestellten Ringwände zeigten, würden nicht die Randteile sondern der dazwischenliegende, die Elektrodenflächen halternde bandförmige Mittelteil im zentralen Ringteil der Elektrode weitergeführt werden, so daß der Ringteil einen becherförmigen Querschnitt aufweise. Zur Anpassung an unterschiedliche Herzgrößen würden in der Praxis Apexbecher unterschiedlicher Größe hergestellt werden.
c) Abgesehen von fehlenden Hinweisen auf eine Defibrillation in Dokument D1, könne der Fachmann auch anhand der Dokument D1, Spalte 2, Zeilen 22 und 54 entnehmbaren Größe der freiliegenden Elektrodenfläche - im Vergleich zu Figur 3 des Dokuments D4 -zweifelsfrei erkennen, daß die in Dokument D1 beschriebene Elektrode ausschließlich zum Stimulieren geeignet sei, wobei die doppelte Ausführung der Zuleitungen und Elektrodenoberflächen Sicherheitsgründen diene (vgl. Dokument D1, Spalte 1, Zeilen 19 und 43) und auf der zwischen ihnen liegenden Herzoberfläche kein defibrillierendes elektrisches Feld zu erzeugen vermag. Ferner zeige die zeitlich spätere Veröffentlichung der Dokumente D4 und D3, daß in Dokument D1 keine Defibrillationselektrode mit "vergrößertem" Elektrodenkopf zum "großflächigen Anlegen" beschrieben sei. Die in Dokument D2, Figur 12 beschriebenen sternförmig auseinandergespreizten Drähte 12 stellten keine an der Außenseite des Herzens anliegenden Elektrodenarme dar, sondern die Herzwand durchdringende gebogene Zinken, die zur Befestigung der Elektrode mit der Innenseite der Herzwand wechselwirken. Nächstliegender Stand der Technik sei somit Dokument D4, dessen technischer Inhalt im Streitpatent Spalte 1, Zeile 48 bis Spalte 2, Zeile 9 gewürdigt sei. Die dem Streitpatent zugrundeliegende Idee, die Defibrillationsenergie durch die Herzwand großflächig umgreifende Elektrodenarme herabzusetzen, werde durch den Stand der Technik nicht nahegelegt.
VIII. Am Schluß der mündlichen Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet, daß die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufgehoben und die Sache an die erste Instanz zurückverwiesen werde mit der Auflage, das Streitpatent nunmehr in geändertem Umfang aufgrund des Hauptantrages des Beschwerdegegners aufrecht zu erhalten.
Entscheidungsgründe
1. Der gültige Anspruch 1 des Hauptantrages entspricht dem Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 und enthält zusätzlich Merkmale, die in der ursprünglichen Beschreibung, Figur 2 sowie Seite 9, Zeilen 31 bis 34; Seite 11, Zeile 34 bis Seite 12, Zeile 1; und Seite 12, Zeilen 6 bis 15, offenbart sind. Dabei ist die Eignung der beanspruchten Elektrode zum Anlegen "an beliebiger Stelle" der Außenseite des Herzens insbesondere durch die auf S. 12, Zeilen 7 - 11, der ursprünglichen Beschreibung dargelegte Anpaßbarkeit der allseitig schwenkbaren Elektrodenarme an die Herzanatomie offenbart. Die Ergänzung der Aufgabenstellung im Hinblick auf "eine Vielzahl von Anpassungsmöglichkeiten an die Anatomie der Herzoberfläche" geht aus der ursprünglichen Figur 2 nebst dazugehöriger Beschreibung hervor. Die weiteren Änderungen der Beschreibung beschränken sich auf die Anpassung an den sachlichen Inhalt des nunmehr gültigen Anspruchs 1. Die nunmehr gültigen Unterlagen des Streitpatents sind daher im Hinblick auf Artikel 123 (2) und 123 (3) EPÜ nicht zu beanstanden.
2. Neuheit
2.1. Die Kammer hat sich davon überzeugt, daß Dokument D3 die Priorität der Erstanmeldung Nr. 746 694 in den Vereinigten Staaten von Amerika vom 20. Juni 1985 rechtmäßig in Anspruch nimmt. Damit gilt der Inhalt des Dokuments D3 für die im Streitpatent (mit einer Unionspriorität vom 28. Juni 1985) benannten Vertragsstaaten DE und FR gemäß Artikel 54 (3) EPÜ als Stand der Technik, der jedoch gemäß Artikel 56, Satz 2 EPÜ bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen wird; vgl. Pkt. VII-b.
2.2. Die in Dokument D3 beschriebenen Elektrodenarme - insbesondere bei dem dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommenden Ausführungsbeispiel gemäß den Figuren 7, 6B, 6C, 14 und 16 - haben eine flachbandige Gestalt, d. h. einen aus einem partiell von einer Isolierschicht überzogenen Metallband bestehenden plattenförmigen Mittelteil, der an seinen beiden Rändern von in einer Isolierschicht eingebetteten schraubenförmig gewickelten Leitern eingerahmt ist. Die nicht vernachlässigbare Breite des Metallbandes gibt diesen Elektrodenarmen eine Steifigkeit, die ihre Schwenkbarkeit insbesondere in einer Richtung parallel zur Zeichenebene der Figur 7 - und damit eine Abstandsänderung zwischen zwei benachbarten Elektrodenarmen in der Zeichenebene - ausschließt. Die Elektrodenarme der aus Dokument D3 bekannten Defibrillations-Elektrode sind also nicht wie beim Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents "allseitig schwenkbar". Auf diesen sachlichen Unterschied nimmt auch die Beschwerdeführerin in ihren Argumenten Bezug, in dem sie feststellt, daß eine "allseitige" Ausführung der Schwenkbarkeit ein naheliegendes Äquivalent sei; vgl. Pkt. VI-a. Gemäß der ständigen Rechtspraxis des EPA gehören jedoch Merkmale, die denen einer Vorveröffentlichung im Sinne des Artikels 54 (3) EPÜ äquivalent sind, nicht zu deren Gesamtinhalt und sind für die Prüfung auf Neuheit gegenüber einem auf Art. 54 (3) EPÜ beruhenden Stand der Technik unbeachtlich; vgl. die Entscheidung T 167/84, ABl. EPA 1987, 369.
2.3. Da bereits das Anspruchsmerkmal eines "allseitig schwenkbaren" Elektrodenarmes aus den vorstehend genannten Gründen die Neuheit des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber der in Dokument D3 beschriebenen Elektrode bedingt, kann es dahingestellt bleiben, ob diese Elektrode "an beliebiger Stelle" der Außenseite des Herzens anlegbar ist oder nicht; vgl. hierzu die diskrepanten Auffassungen der Parteien in Pkt. VI-a und VII-b.
2.4. Mangelnde Neuheit gegenüber dem Stand der Technik, der durch die anderen im Verfahren befindlichen Dokumente belegt ist, ist im Beschwerdeverfahren von den Parteien nicht beanstandet worden und auch in sachlicher Hinsicht nicht gegeben, wie aus der nachstehenden Erörterung der erfinderischen Tätigkeit hervorgeht.
2.5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist also neu im Sinne von Artikel 54 EPÜ.
3. Erfinderische Tätigkeit
3.1. Im Hinblick auf die Prüfung auf erfinderische Tätigkeit stellt das Dokument D4, das nach Auffassung der Kammer als einziges im Verfahren befindliches Dokument des Standes der Technik gemäß Artikel 54 (2) EPÜ eine Defibrillationselektrode beschreibt, den dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten liegenden Stand der Technik dar. Aus Dokument D4 ist eine Defibrillations-Elektrode bekannt, die sämtliche im Oberbegriff des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag definierten Merkmale aufweist; vgl. das Dokument D4, insbesondere die Figuren 3, 12 und 13 nebst dazugehöriger Beschreibung in bezug auf die Anlegbarkeit "an beliebiger Stelle" der Außenseite des Herzens. Diese bekannten Elektroden bestehen jeweils aus maschenförmigen Metallnetzen von rechteckiger Gestalt.
3.2. Ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik gemäß Dokument D4 liegt dem Streitpatent objektiv die Aufgabe zugrunde, eine implantierbare Defibrillations-Elektrode zu schaffen, welche weniger Energie für den Defibrillations- Stromstoß benötigt, gleichzeitig dem Herzen eine bessere Bewegungsfreiheit läßt und eine Vielzahl von Anpassungsmöglichkeiten an die Anatomie der Herzoberfläche ergibt; vgl. das Streitpatent, Spalte 2, Abs. 2.
3.3. Diese Aufgabe wird gemäß dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 dadurch gelöst, daß "der Elektrodenkopf mehrere einzelne Elektrodenarme aufweist, die in Gebrauchsstellung vom Elektrodenkopf aus etwa stern- oder strahlenförmig auseinanderlaufen, einzeln an der Herzaußenseite befestigbar und allseitig schwenkbar sind."
3.4. Dokument D1 offenbart ausschließlich, daß die dort beschriebene Elektrode an einen Herzschrittmacher ohne Defibrillierfunktion angeschlossen wird und dazu dient, Herzkontraktionen zu stimulieren. Das Vorbringen des Beschwerdegegners in Pkt. VII-c ist glaubhaft, daß die in Dokument D1, Spalte 2, Zeilen 22 und 54, angegebene Größe einer die Herzoberfläche kontaktierenden Elektrodenfläche von 1,5 cm x 0,4 mm nicht ausreicht, um Ströme in das Herz einzuleiten, die die kreisenden Erregungswellen bei flimmerndem Herzen unterbrechen. Selbst wenn der die Spreizung des Doppelleiters verhindernden Schlaufe 38 die Rolle eines Elektrodenkopfes zuerkannt wird, so sieht der Fachmann nach Auffassung der Kammer in der sich in Gebrauchsstellung ergebenden V-Form des Doppelleiters ausschließlich eine technische Notwendigkeit, die sich aus Platzgründen für die individuelle Befestigung jedes Leiters auf der Herzoberfläche ergibt, wobei jeder Leiter die Stimulierungsfunktion des anderen bei dessen Ausfall übernimmt.
3.5. Die sternförmige Spreizung der Drähte 12 der in Dokument D2 beschriebenen Herzschrittmacherelektrode dient zur Befestigung der Elektrode an der Herzinnenwand.
3.6. Somit gibt der vorgebrachte Stand der Technik dem Fachmann keinerlei Anregung, die rechteckigen Metallnetze der aus Dokument D4 bekannten Defibrillations-Elektrode durch strahl- oder sternförmig auseinanderlaufende und allseitig schwenkbare Elektrodenarme zu ersetzen, um damit die Bewegungsfreiheit des Herzens zu erhöhen und die Defibrillationsenergie herabzusetzen. Aufgrund der zu Defibrillationszwecken bisher ausschließlich eingesetzten vollflächigen Maschenkontaktierung für das großflächige Anlegen einer Elektrode ist es nach Auffassung der Kammer für einen Fachmann nicht vorhersehbar, daß ein großflächiges Umgreifen der Herzoberfläche mit einer partiellen, nicht-vollflächigen Kontaktierung einer größeren Herzoberfläche ausreicht, um die kreisenden Herzströme des flimmernden Herzens zu unterbrechen oder gar, daß dieses Zulassen einer nicht-kontaktierten Herzoberfläche zwischen strahl- oder sternförmig auseinanderlaufenden Elektrodenarmen es erlaubt, die zum Defibrillieren notwendige Energie herabzusetzen.
3.7. Aus den in Pkt. 3.1 bis 3.6 im einzelnen dargelegten Gründen liegt Anspruch 1 des Hauptantrags eine erfinderische Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ zugrunde.
4. Anspruch 1 des Hauptantrages genügt auch den sonstigen Erfordernissen des Übereinkommens im Sinne von Artikel 102 (3) EPÜ. Er kann daher in der nunmehr gültigen Fassung aufrechterhalten werden. Die von Anspruch 1 abhängigen Ansprüche 2 bis 18 betreffen zweckmäßige Ausführungsarten des Gegenstands des Anspruchs 1 und können somit gleichfalls aufrechterhalten werden.
5. Da dem Hauptantrag des Beschwerdegegners stattgegeben wird, ist sein in Pkt. V aufgeführter Hilfsantrag rechtlich gegenstandslos.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die Entscheidung der Einspruchsabteilung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das europäische Patent nunmehr mit folgenden Unterlagen in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten:
Ansprüche: 1 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 1992; 2 bis 18 gemäß EP-B1-0 211 166;
Beschreibung: Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Dezember 1992; Spalte 3 bis Spalte 8, Zeile 30 gemäß EP-B1- 0 211 166;
Zeichnungen: gemäß EP-B1-0 211 166.