T 0764/91 () of 15.4.1994

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1994:T076491.19940415
Datum der Entscheidung: 15 April 1994
Aktenzeichen: T 0764/91
Anmeldenummer: 88105687.3
IPC-Klasse: B41F 31/26
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Fassungen: Unpublished | Unpublished v2
Bezeichnung der Anmeldung: Rasterwalze für ein Offsetfarbwerk sowie Verfahren zur Herstellung einer derartigen Rasterwalze
Name des Anmelders: Albert-Frankenthal AG
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Beschwerdeführerin (Anmelderin) hat gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung, mit der die Anmeldung Nr. 88 105 687.3 zurückgewiesen wurde, Beschwerde eingelegt.

Die Prüfungsabteilung hat die Zurückweisung der Anmeldung damit begründet, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik gemäß den Druckschriften

D1: US-A-4 637 310 und

D2: GB-A-2 049 102

auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhe.

II. Mit der Zwischenentscheidung vom 1. Juli 1993 hat die Beschwerdekammer dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in die Frist für die Vorlage der Beschwerdebegründung stattgegeben und die Zulässigkeit der Beschwerde festgestellt.

III. Die Beschwerdeführerin hat beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:

Beschreibung:

Seiten 6 bis 9, ursprüngliche Fassung, und, als Ersatz für die ursprünglichen Seiten 1 bis 5,

Seiten 1, 2 und 4, eingereicht mit Schreiben vom 16. März 1990, sowie

Seite 3, eingereicht mit Schreiben vom 7. April 1994;

Patentansprüche:

Nr. 1 bis 9, eingereicht mit Schreiben vom 16. März 1990;

Zeichnungen:

Blatt 1/2, 2/2, ursprüngliche Fassung.

Hilfsweise hat die Beschwerdeführerin eine mündliche Verhandlung beantragt.

IV. Der Anspruch 1 lautet wie folgt:

"1. Rasterwalze für ein einer Offsetdruckmaschine zugeordnetes Farbwerk, insbesondere Kurzfarbwerk, mit einem Stahlkern (8) und einer gerasterten, Stege (6) und Näpfchen (5) aufweisenden Oberfläche, die mit wenigstens einer an ihrem Umfang anliegenden Rakel, vorzugsweise in Form einer Kammerrakel (7), zusammenwirkt, wobei die mit der Rakel in Berührung kommende Fläche der Stege (6) aus gegenüber dem Stahlkern (8) härterem Material besteht und die Näpfchen (5) mit einer hydrophoben Oberflächenbeschichtung (10) versehen sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Näpfchen (5) als mit einer hydrophoben Oberflächenbeschichtung (10) versehene Ausnehmungen einer aus hartkeramischem Material bestehenden, umfangsseitigen Beschichtung (9) des Stahlkerns (8) ausgebildet sind, die an der Oberfläche graviert ist und eine Dicke größer als die Näpfchentiefe aufweist."

Die abhängigen Ansprüche 2 bis 9 betreffen vorteilhafte Weiterbildungen des Gegenstandes des Anspruchs 1.

V. In ihrer Beschwerdebegründung verweist die Beschwerdeführerin noch auf folgende Druckschriften:

D3: US-A-4 601 242

D4: US-A-4 603 634 und

D5: US-A-4 537 127.

Sie hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Der Fachmann würde die Lehren der Druckschriften D1 und D2 nicht miteinander kombinieren, weil sie unterschiedliche Druckverfahren beträfen, nämlich die Druckschrift D1 betreffe ein Offsetdruck-Farbwerk, während die Druckschrift D2 ein Flexodruck-Farbwerk betreffe. Wie die Druckschriften D1, D3, D4 und D5 zeigten, gehe der gesamte, auf Offsetdruck-Farbwerke sich beziehende Stand der Technik ausschließlich von gerasterten Stahlwalzen aus, die in einer bestimmten Weise behandelt seien. Dies gelte auch für den Fall, daß Keramik zur Verbesserung der Trageigenschaften Verwendung fände, wie die Druckschrift D3 anschaulich zeige. Von einer Ausbildung erfindungsgemäßer Art, wie sie von der Prüfungsabteilung als naheliegend bezeichnet wird, werde in den Druckschriften D3, D4 und D5 ausdrücklich abgeraten. Als Indiz für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit sei auch zu berücksichtigen, daß in den Druckschriften D1, D3, D4 und D5 eine große Anzahl von Vorschlägen für brauchbare Lösungen von für den Offsetdruck geeigneten Farbwerks-Rasterwalzen gemacht werde, die alle auf einen kurzen Zeitraum vor dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung zurückgehen. Dies zeige, daß in der Fachwelt ein starkes Bedürfnis nach brauchbaren Lösungen vorhanden gewesen sein mußte, und daß die Fachwelt große Anstrengungen unternahm, um dieses starke Bedürfnis zu befriedigen. Dieses sei erstmals mit dem erfindungsgemäßen Vorschlag befriedigt worden, der sich zwischenzeitlich in der Praxis hervorragend bewährt habe.

Die Beschwerdeführerin verweist auch auf den Beschluß des Bundespatentgerichts Nr. 9W (Pat) 111/88, betreffend die deutsche Prioritätsanmeldung der vorliegenden europäischen Anmeldung. In diesem Beschluß sei auf der Grundlage der gleichen Ansprüche und eines praktisch identischen Standes der Technik das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit des Anmeldungsgegenstands bejaht worden.

Entscheidungsgründe

1. Änderungen

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 4, 6 und 8 offenbart.

Der Anspruch 2 stützt sich auf den ursprünglichen Anspruch 2, der Anspruch 3 auf den ursprünglichen Anspruch 3, der Anspruch 4 auf den ursprünglichen Anspruch 2, der Anspruch 5 auf den ursprünglichen Anspruch 5, die Ansprüche 6 und 7 auf den ursprünglichen Anspruch 6, der Anspruch 8 auf den ursprünglichen Anspruch 7 und der Anspruch 9 auf die ursprüngliche Seite 9, Zeilen 14 und 15.

Die neue Beschreibungseinleitung ist an die neuen Ansprüche angepaßt worden und enthält eine Würdigung des relevanten Standes der Technik gemäß den Druckschriften D1 bis D3.

Die Unterlagen gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerin sind somit im Hinblick auf Artikel 123 (2) EPÜ zulässig.

2. Neuheit

2.1. Die Druckschrift D1 (vgl. insbesondere Spalte 1, Zeile 13; Ansprüche 1 und 2; Figuren 1 bis 4) offenbart eine Rasterwalze für ein einer Offsetdruckmaschine zugeordnetes Farbwerk, mit einem Stahlkern und einer gerasterten, Stege und Näpfchen aufweisenden Oberfläche, die mit wenigstens einer an ihrem Umfang anliegenden Rakel zusammenwirkt, wobei die mit der Rakel in Berührung kommende Fläche der Stege aus gegenüber dem Stahlkern härterem Material besteht und die Näpfchen mit einer hydrophoben Oberflächenbeschichtung versehen sind.

Bei dieser bekannten Rasterwalze sind die Näpfchen in den Stahlkern eingraviert und besteht das mit der Rakel in Berührung kommende härtere Material aus einer durch Nitrierhärtung des Stahlkernes erzeugten Nitridschicht.

Die Rasterwalze gemäß Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung unterscheidet sich von dieser bekannten Rasterwalze dadurch, daß die Näpfchen als Ausnehmungen einer aus hartkeramischem Material bestehenden, umfangsseitigen Beschichtung des Stahlkerns ausgebildet sind, die an der Oberfläche graviert ist und eine Dicke größer als die Näpfchentiefe aufweist.

2.2. Die Druckschrift D2 (vgl. insbesondere Seite 3, Zeilen 68 und 69; Ansprüche 1 bis 3; Figur 2) offenbart eine Farbwerks-Rasterwalze für Flexodruck, welche mit einer aus hartkeramischem Material bestehenden, umfangsseitigen Beschichtung des Stahlkerns versehen ist, wobei die Näpfchen in die hartkeramische Schicht graviert sind und wobei die Dicke der hartkeramischen Schicht größer als die Näpfchentiefe ist.

Hiervon unterscheidet sich die dem Farbwerk einer Offsetdruckmaschine zugeordnete Rasterwalze gemäß Anspruch 1 dadurch, daß die Näpfchen mit einer hydrophoben Oberflächenbeschichtung versehen sind.

2.3. Die Druckschriften D3, D4 und D5 offenbaren Rasterwalzen für Offsetdruckmaschinen, die einen Stahlmantel aufweisen, in dessen Oberfläche Näpfchen eingraviert sind. Hierbei ist der gerasterte Stahlmantel mit einer dünnen, doppellagigen Beschichtung versehen, welche im Fall der Druckschrift D3 aus einer inneren hydrophoben Schicht und einer äußeren Keramikschicht, im Fall der Druckschrift D4 aus einer inneren, gehärteten Nickelschicht und einer äußeren hydrophoben Kupferschicht, und im Fall der Druckschrift D5 aus einer inneren nitriergehärteten Schicht und einer äußeren hydrophoben Fe3O4-Schicht besteht.

Die Rasterwalze gemäß Anspruch 1 unterscheidet sich von diesen bekannten Rasterwalzen dadurch, daß sie aus einem Stahlkern mit einer dicken Keramikschicht besteht, wobei die Näpfchen als Ausnehmungen in dieser Keramikschicht, deren Dicke größer als die Näpfchentiefe ist, ausgebildet sind, und nur die Näpfchen mit einer hydrophoben Oberflächenbeschichtung versehen sind.

Daher ist die Rasterwalze gemäß Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung neu gegenüber den durch die Druckschriften D1 bis D5 bekannten Rasterwalzen.

3. Erfinderische Tätigkeit

3.1. Nächstkommender Stand der Technik

Den nächstkommenden Stand der Technik bildet die Rasterwalze gemäß der Druckschrift D1, welche die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 aufweist. Diese Rasterwalze wird dadurch hergestellt, daß in die Oberfläche der Stahlwalze Näpfchen eingraviert werden, die gerasterte Oberfläche anschließend nitriergehärtet wird, hierauf die gesamte Oberfläche mit einer hydrophoben Beschichtung versehen wird und dann die hydrophobe Beschichtung von den mit der Rakel in Berührung kommenden Flächen der Stege wieder entfernt wird.

3.2. Aufgabe

Als Nachteil dieser bekannten Rasterwalze wird angesehen, daß das zur Erzeugung einer harten Schicht notwendige Nitrierverfahren umständlich und aufwendig und nicht zuverlässig genug ist. Ein weiterer Nachteil wird darin gesehen, daß die mit einer Diffusionshärtung erzielbare Festigkeit nicht ausreichend ist (vgl. Seite 1, Zeile 11 bis Seite 2, Zeile 7 der Beschreibung).

Die Aufgabe der Erfindung besteht daher darin, die für den Offsetdruck verwendbare Rasterwalze gemäß der Druckschrift D1 mit einfachen und kostengünstigen Mitteln so zu verbessern, daß unter Beibehaltung der Vorteile der Rasterwalze gemäß der Druckschrift D1, nämlich Abrieb- Härte und Vermeidung des negativen Einflusses des Feuchtemittels auf die Haftung der Farbe in den Näpfchen, die erzielbaren Standzeiten noch verlängert werden (vgl. Seite 3, erster Absatz der Beschreibung).

3.3. Lösung

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß bei der Rasterwalze mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 die Näpfchen als Ausnehmungen einer aus hartkeramischem Material bestehenden, umfangsseitigen Beschichtung des Stahlkerns ausgebildet sind, die an der Oberfläche graviert ist und eine Dicke größer als die Näpfchentiefe aufweist.

3.4. Diese erfindungsgemäße Lösung wird durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik aus folgenden Gründen nicht nahegelegt.

Die Druckschriften D1, D3, D4 und D5 vermitteln dem Fachmann die Lehre, daß für den Offsetdruck geeignete Rasterwalzen die Eigenschaften "hydrophobe Oberfläche der Näpfchen" und "Verschleißfestigkeit gegenüber der Rakel an den Stegen" aufweisen müssen, und daß man Rakelwalzen mit diesen Eigenschaften dadurch herstellt, daß man von einer gerasterten Stahlwalze als Rohling ausgeht, und anschließend die Oberfläche dieser gerasterten Stahlwalze durch geeignete Behandlungen sowohl verschleißfest als auch hydrophob macht.

Die Druckschrift D2 lehrt zwar, daß eine für den Flexodruck geeignete Rasterwalze, welche aus einem Stahlkern und einer hartkeramischen Schicht besteht, in welche Näpfchen eingraviert sind, verschleißfest gegenüber der Rakel ist.

Jedoch würde der Fachmann diese Druckschrift nicht in Betracht ziehen, weil er keine Veranlassung hat, bei der Suche nach einer Rasterwalze, welche im Betrieb einer Offsetdruckmaschine verschleißfest gegenüber der Rakel und trotzdem die Überfeuchtung der Farbe durch das Feuchtemittel verhindert, sich auf dem Gebiet des Flexodruckes umzusehen. Denn beim Flexodruckverfahren tritt die in den Druckschriften D1, D3, D4 und D5 angesprochene, nur beim Offsetdruck zu beachtende Problematik des negativen Einflusses des Feuchtemittels auf die Überfeuchtung der Farbe und die Haftung der Farbe in den Näpfchen nicht in Erscheinung. Der Fachmann kann also auf dem Gebiet des Flexodruckes keine Anregung im Hinblick auf die Lösung dieser Problematik erwarten.

Überdies wird die Rasterwalze gemäß der Druckschrift D2 dadurch hergestellt, daß von einer glatten Stahlwalze als Rohling ausgegangen wird, auf welche eine dicke Keramikbeschichtung aufgetragen wird, in welche dann die Näpfchen eingraviert werden. Dieses Herstellungsverfahren unterscheidet sich wesentlich von den Herstellungsverfahren der Offsetdruck-Rasterwalzen gemäß den Druckschriften D1, D3, D4 und D5, bei welchen die Oberfläche gerasterter Stahlwalzen mit dünnen, verschleißfesten und hydrophoben Beschichtungen versehen werden.

Diese wesentlichen Unterschiede im Herstellungsverfahren der Rasterwalzen halten den Fachmann davon ab, die Lehren der Druckschriften D2 einerseits und der Druckschriften D1, D3, D4 und D5 andererseits zu kombinieren.

Die Kammer ist daher der Ansicht, daß der Fachmann durch den in Betracht gezogenen Stand der Technik nicht dazu angeregt wird, bei der Herstellung von Offsetdruck- Rasterwalzen von dem Prinzip der Oberflächenbehandlung gerasterter Stahlwalzen gemäß den Druckschriften D1, D3, D4 und D5 abzugehen und das Herstellungsverfahren im Sinne der Erfindung dahingehend zu ändern, daß anstelle von einer gerasterten Stahlwalze von einer glatten Stahlwalze ausgegangen wird, die dann mit einer dicken Keramikschicht versehen wird, in welche hierauf Näpfchen eingebracht werden, und schließlich die Näpfchen mit einer hydrophoben Schicht beschichtet werden.

Die Rasterwalze gemäß Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung beruht aus den vorstehend genannten Gründen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ.

4. Daher kann der Anspruch 1 im Hinblick auf Artikel 52 (1) EPÜ gewährt werden.

Dies gilt auch für die abhängigen Ansprüche 2 bis 9, welche vorteilhafte Weiterbildungen des Gegenstandes des Anspruchs 1 betreffen.

5. Daher kann entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin ein Patent gewährt werden, so daß dem Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben werden braucht.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, ein Patent mit den unter Punkt III dieser Entscheidung angeführten Unterlagen zu erteilen.

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