T 0485/91 () of 25.4.1994

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1994:T048591.19940425
Datum der Entscheidung: 25 April 1994
Aktenzeichen: T 0485/91
Anmeldenummer: 85112010.5
IPC-Klasse: B65H 20/24
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Transportstrecke
Name des Anmelders: GRAPHA-HOLDING AG
Name des Einsprechenden: 01) Maschinenfabrik Goebel GmbH
02) Koenig & Bauer Aktiengesellschaft
Kammer: 3.2.04
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 112(1)
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (verneint)
Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer (abgelehnt, da keine Wirkung auf den zu entscheidenden Fall)
Inventive step (no)
Referral to Enlarged Board of Appeal rejected
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0039/82
T 0002/83
T 0142/84
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 2165/10

Sachverhalt und Anträge

I. Die Bechwerdeführerin ist Inhaberin des europäischen Patents Nr. 0 176 905 (Anmeldenummer 85 112 010.5).

II. Die Beschwerdegegnerinnen (Einsprechende I und II), haben gegen das erteilte Patent Einspruch erhoben und beantragt, das Patent mangels Patentfähigkeit zu widerrufen.

Sie haben sich u. a. auf die folgenden Druckschriften berufen:

D1: US-A-4 299 458

E1: DE-A-1 436 531

E2: DE-A-3 135 696.

III. Mit Entscheidung in der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 1991, in schriftlich begründeter Form am 29. April 1991 zur Post gegeben, hat die Einspruchsabteilung das europäische Patent widerrufen.

IV. Gegen diese Entscheidung legte die Beschwerdeführerin am 26. Juni 1991 unter gleichzeitiger Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde ein. Die Beschwerdebegründung wurde am gleichen Tag eingereicht.

V. In einem Bescheid gemäß Artikel 110, Absatz 2 EPÜ vom 3. März 1993 teilte die Beschwerdekammer ihre vorläufige Ansicht mit, wonach der Gegenstand der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag im Lichte der Druckschriften D1, E1 und E2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürfte.

In ihrer Eingabe datiert vom 9. Juni 1993 hat die Beschwerdeführerin u. a. zwei veröffentlichte Urteile des Züricher Handelsgerichtes vorgelegt.

VI. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und

i) die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung (Hauptantrag);

ii) hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents mit den während der mündlichen Verhandlung vom 28. Februar 1991 überreichten Patentansprüchen 1 und 2; und

iii) weiter hilfsweise die Vorlage von vier, mit Schreiben vom 9. Juni 1993 eingereichten, Rechtsfragen an die Große Beschwerdekammer.

Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

"1. Transportstrecke für das intermittierende Vorbeiführen einer Papierbahn oder dgl. an einer Bearbeitungsstation die sich zwischen zwei in Transportrichtung voneinander distanzierten, die Transportstrecke begrenzenden, Transportwalzen (8, 9) befindet, mit innerhalb der Transportstrecke angeordneten, diesen Transportwalzen (8, 9) zugeordneten, je eine Ausgleichsschlaufe bildenden Behältern (13, 13'), mit einem zwischen den Behältern (13, 13') angeordneten Antriebselement (10), um wahlweise die Papierbahn (2) in Transportrichtung oder entgegengesetzt dieser zu bewegen, wobei in den Behältern (13, 13') die durch die Ausgleichsschlaufe abgeschlossenen Behälterteile miteinander verbunden und an eine gemeinsame Unterdruckquelle (18) angeschlossen sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Transportwalzen (8, 9) in Transportrichtung mit gleichförmiger Geschwindigkeit angetrieben sind, um die Papierbahn kontinuierlich und mit gleichbleibender Geschwindigkeit der Transportstrecke zu- bzw. von dieser abzuführen."

Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet:

"1. Transportstrecke für das intermittierende Vorbeiführen einer Papierbahn oder dgl. an einer Bearbeitungsstation, die sich zwischen zwei in Transportrichtung voneinander distanzierten, die Transportstrecke begrenzenden, Transportwalzen (8, 9) befindet, mit innerhalb der Transportstrecke angeordneten, je eine Ausgleichsschlaufe bildenden Behältern (13, 13'), mit einem zwischen den Behältern (13, 13') angeordneten Antriebselement (10), um wahlweise die Papierbahn (2) in Transportrichtung oder entgegengesetzt dieser zu bewegen, wobei in den Behältern (13, 13') die durch die Ausgleichsschlaufe abgeschlossenen Behälterteile miteinander verbunden und an eine gemeinsame Unterdruckquelle (18) angeschlossen sind, dadurch gekennzeichnet, daß die Transportwalzen (8, 9) in Transportrichtung mit gleichförmiger Geschwindigkeit angetrieben sind, um die Papierbahn kontinuierlich und mit gleichbleibender Geschwindigkeit der Transportstrecke zu- bzw. von dieser abzuführen, und daß die Transportwalzen (8, 9) und das Antriebselement (10) als Stachelwalze ausgebildet sind."

Die der Großen Beschwerdekammer zu unterbreitenden Rechtsfragen lauten:

1) Umfaßt der Erfindungsbegriff gemäß Artikel 52 EPÜ nebst der Erfindungsaufgabe und der Erfindungslösung auch die damit verbundenen Effekte (Gesamtwirkung)?

2) Wenn Frage 1) bejaht wird: Ist die Patentwürdigkeit einer Erfindung bereits zu bejahen, wenn nur mit Bezug auf die Effekte (Gesamtwirkung) die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit zu bejahen sind.

3) Wenn Frage 2) bejaht wird: Wann, wo und wie hat ein Anmelder die Effekte zu offenbaren? Insbesondere genügt ihre Behauptung oder Glaubhaftmachung oder sind sie im Bestreitungsfall zu beweisen?

4) Hat der Fachmann die Frage nach der erfinderischen Tätigkeit aufgrund des ihm vorliegenden Standes der Technik mit oder ohne Kenntnis der Erfindung zu beantworten, auf die sich die Frage bezieht?

VII. Zur Begründung ihrer Anträge führt die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus:

i) Im Bescheid vom 3. März 1993, erläutere die Beschwerdekammer den Maßstab für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit mittels eines Zitats aus den Richtlinien für die Prüfung (C-IV-9.3).

Dieser Maßstab sei indessen im Lichte der beiden vorgelegten Urteile des Züricher Handelsgerichts überhöht, und die Richtlinien bedürften einer Korrektur. Denn nur, wenn eine Lehre sich folgerichtig aus dem Stand der Technik ergebe, und wenn sie sich zudem zweifelsfrei, also zwingend als einzige Möglichkeit ergebe, sei sie nicht erfinderisch.

ii) Bei der Druckschrift D1 werde nicht zu bedruckendes und in der Handhabung empfindliches Papier verarbeitet, sondern steifes, zähes Filmmaterial oder Fotopapier. Die Papierbahnbreite betrage 7,5 cm bis 42 cm und die pneumatischen Schlaufen schienen hier den Umständen (Bandmaterial, Vorschubgeschwindigkeit, Bandbreite, Registerhaltigkeit) zu genügen.

Die Druckschrift E2 dagegen beziehe sich auf eine Papierbahn, die im Rollenrotationsdruckverfahren verarbeitet werden. Hier seien die Bandgeschwindigkeiten wesentlich höher als bei der Vorrichtung nach der Druckschrift D1. Die Papierbahn sei weich, knautschfähig, reißfähig und meist breiter als die Filmbahn der Druckschrift D1. Für solches Papierbahnmaterial werde in der Druckschrift E2 der mechanische Bandschlaufenausgleich vorgeschlagen und empfohlen.

Die patentgemäße Lehre betreffe die Verarbeitung des gleichen Papierbahnmaterials wie bei den Druckschriften E1 und E2 und schlage abweichend von diesen Vorveröffentlichungen einen pneumatischen Bandschlaufenausgleich vor. Es stelle sich also die Frage, wo und wodurch die D1 und die E2 zwingend erkennen lassen, daß für empfindliche, knautschfähige, rißempfindliche und breite Papierbahnen der pneumatische Schlaufenausgleich folgerichtig und zwingend der geeignete, und gleich oder besser als der mechanische ist? Solche Hinweise seien in diesen Druckschriften nicht zu finden, weshalb sich aus ihnen der angegriffene Patentanspruch nicht gleich einer Evidenz herleiten lasse.

iii) Die Druckschrift E2 informiere auf Seite 1, Absatz 3, daß Schlaufenlegwalzen (also ein mechanischer Bahnausgleich) keine hohe Produktionsgeschwindigkeit zuließen und schlage zur Beseitigung dieses Nachteils wieder eine mechanische Lösung vor. Einen pneumatischen Schlaufenausgleich erwäge der Fachmann nicht.

iv) Es handele sich vorliegend um eine Kombinationserfindung, bei welcher geprüft werden müsse, ob der Stand der Technik Anregungen gegeben habe für das Zusammenwirken aller Merkmale unter Berücksichtigung ihrer Funktionen innerhalb der Kombination. Und das sei hier wie ausgeführt nicht der Fall.

VIII. Die Beschwerdegegnerinnen I und II widersprachen diesem Vorbringen und beantragten die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

2. Aufgabe - Lösung

2.1. Bei der Beurteilung der Frage, welche der beiden Druckschriften D1 und E2 dem Gegenstand des angefochtenen Patents am nächsten kommt, ist zu bedenken, daß sich beide mit einer Transportstrecke für das intermittierende Vorbeifahren eines bandförmigen, flexiblen Flächengebildes befassen, die am Anfang und am Ende je einen Bandspeicher sowie dazwischen einen Reversierantrieb für eine Vor- bzw. Rückwärtsbewegung des Bandmaterials aufweist.

Bei der Druckschrift E2 werden zwar die mechanischen Bandschlaufenausgleiche (Schlaufenwalzen) eingesetzt, aber, wie beansprucht, wird das Bandmaterial mit gleichbleibender Geschwindigkeit der Transportstrecke zu- bzw. von dieser abgeführt. Dagegen wird zwar bei der Druckschrift D1 der beanspruchte pneumatische Bandschlaufenausgleich eingesetzt, jedoch wird das Bandmaterial nicht mit gleichbleibender Geschwindigkeit der Transportstrecke zu- bzw. von dieser abgeführt.

Da darüberhinaus bei der Druckschrift D1 vorzugsweise Filmmaterial oder Fotopapier verarbeitet wird, schließt sich die Kammer der Meinung der Beschwerdeführerin an, daß die Druckschrift E2 den nächstkommenden Stand der Technik darstellt.

2.2. Die Beschwerdeführerin hat bei der bekannten Transportstrecke gemäß der Druckschrift E2 den Einsatz von durch mechanische Mittel gebildeten Bandschlaufenausgleichen als nachteilig angesehen. Denn bei hohen Arbeitsgeschwindigkeiten treten unerwünschte und nur durch entsprechenden Aufwand zu neutralisierende Schwingungen auf (vgl. Seite 4, Absatz 2, letzter Satz der ursprünglich eingereichten Beschreibung).

2.3. Ausgehend von der Druckschrift E2 kann die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe daher darin gesehen werden, den vorstehenden Nachteil zu beheben, d. h. eine gleichmäßige Spannung in der Papierbahn ohne Schwingungen und mit geringerem Fertigungsaufwand zu schaffen.

3. Neuheit

Wie sich aus den Ausführungen im Abschnitt 2 ergibt, unterscheidet sich die Transportstrecke nach Patentanspruch 1 des Haupt- sowie des Hilfsantrages von der in der am nächsten kommenden Druckschrift E2 beschriebenen Vorrichtung durch die pneumatischen Bandschlaufenausgleiche.

Dieses Merkmal ist auch bei der Vorrichtung nach der Druckschrift E1 nicht verwirklicht.

Durch die Druckschrift D1 ist der Gegenstand der Patentansprüche 1 der Haupt- und Hilfsanträge ebenfalls nicht bekannt geworden. Dies folgt daraus, wie vorstehend ausgeführt, daß die dort beschriebenen Transportwalzen 28 und 38 in Transportrichtung nicht mit gleichförmiger Geschwindigkeit angetrieben werden.

Die Transportstrecke nach Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsantrag ist daher gegenüber dem vorstehenden Stand der Technik neu im Sinne des Artikels 54 EPÜ.

4. Erfinderische Tätigkeit - Hauptantrag -

4.1. Die in der Druckschrift D1 eingesetzte Transportvorrichtung weist am Anfang und am Ende der Transportstrecke jeweils einen pneumatischen Bandschlaufenausgleich, d. h. einen unterdruckbeaufschlagten Behälter zur Aufnahme einer Bahnschleife auf.

Die beiden Unterdruckbehälter werden über eine gemeinsame Unterdruckquelle beaufschlagt und kommunizieren miteinander.

4.2. Bei der Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit bemühen sich die Beschwerdekammern in ständiger Rechtsprechung zu untersuchen, ob die Aufgabe, die mit einer bekannten Maßnahme in einem bekannten Fall gelöst worden war, sich von der Aufgabenstellung in dem zu entscheidenden Fall unterscheidet oder nicht. Wenn diese Untersuchung ergibt, daß kein grundsätzlicher Unterschied zwischen den beiden Aufgabenstellungen besteht, läßt sich im Prinzip folgern, daß keine erfinderische Tätigkeit vorliegt, wenn die bekannte Maßnahme übernommen wird (vgl. insbesondere T 39/82, ABl. EPA 1982, 419 und T 142/84, ABl. EPA 1987, 112).

Im vorliegenden Fall läßt mithin die bloße Tatsache, daß in der Druckschrift D1 zwei miteinander kommunizierende sogenannte "Vacuumtaschen" offenbart sind, nicht zwangsläufig darauf schließen, daß keine erfinderische Tätigkeit vorliegt. Es muß vielmehr untersucht werden, ob mit dieser bekannten Anordnung eine gleiche oder eine ähnliche Aufgabe gelöst wird wie im vorliegenden Fall.

Nach Ansicht der Kammer ist dies aber hier der Fall, insbesondere aufgrund des direkten Hinweises in Spalte 6, Zeilen 34 bis 36; Spalte 4, Zeilen 14 bis 20; Spalte 10, Zeile 24 und Spalte 1, Zeilen 56 bis 60 dieser Druckschrift. Es wird dort expressis verbis erwähnt, daß durch diese konstruktive Maßnahme die in den Behältern auf die Bahn erzeugten Spannungskräfte im Gleichgewicht gehalten werden können. Darüberhinaus wird durch diese konstruktive Maßnahme erreicht, daß die Masse (Inertie) der sich bewegenden Teile minimiert wird (Spalte 2, Zeilen 6 und 7 Spalte 3, Zeilen 2 bis 7).

Ein Fachmann wird nicht nur durch diese in der Druckschrift D1 vorhandene Lehre, sondern auch durch die konkret damit verknüpften und deshalb zu erwartenden Vorteile, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, zu einer Lösungsmöglichkeit für die dem angefochtenen Patent zugrundeliegende Aufgabe geführt. Die Anwendung dieser Lösungsmöglichkeit bei einer Transportstrecke gemäß der Druckschrift E2 beruht also nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne des Artikels 56 EPÜ (vgl. T 2/83, ABl. EPA 1984, 265).

Diese Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird nicht durch andere eventuell vorhandenen Alternativ- Lösungsvorschläge für ein und dieselbe Aufgabe in Frage gestellt. Es ist also, im Gegensatz zum Vortrag der Beschwerdeführerin, nicht notwendig, daß die bekannte Lösung sich zwingend als einzige Möglichkeit ergibt.

4.3. Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, daß in der Druckschrift D1 ausschließlich steifes und zähes Filmmaterial oder Fotopapier verarbeitet werde.

Dieses Argument kann deshalb nicht berücksichtigt werden, weil weder der vorliegende Patentanspruch 1, noch die Druckschrift D1 etwas über die Steifigkeit oder die Zähigkeit des verwendeten Papiers aussagen. Es ist jedoch klar, daß sowohl in der Transportstrecke gemäß dem vorliegenden Patentanspruch 1 als auch in der Transportstrecke gemäß Druckschrift D1 die Papierbahn imstande ist, sich an den unterdruckbeaufschlagten Behältern anzupassen. Auch die Tatsache, daß die Druckschrift E2 statt einer spezifischen nachteiligen mechanischen Lösung eine andere mechanische Lösung vorschlägt, ist noch kein Beweis oder Hinweis dafür, daß ein pneumatischer Bandschleifenausgleich nicht in Frage kommt.

4.4. Auch ist im Patentanspruch 1 nicht angegeben, daß die Hin- und Herbewegung des zu bedruckenden Papierbahnabschnitts durch einen einzigen Kapstan (Stachelwalze 10) bewerkstelligt werden kann. Auf den damit verbundenen vereinfachten Antrieb, den der Vorschlag des angefochtenen Patents gegenüber der Druckschrift D1 aufweisen soll, kann sich die Beschwerdeführerin deshalb auch nicht stützen.

Solche Ausführungen stehen darüberhinaus in einem gewissen Widerspruch zu der Beschreibung des angefochtenen Patents, die nicht nur eine Stachelwalze, sondern daneben auch noch die Stachelwalzen 8 und 9, also ingesamt drei, vorsieht.

4.5. Die Zusammenschau der Gegenstände der Druckschriften E2 und D1 führt zu dem Ergebnis, daß alle Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag vorbekannt sind. In dieser Hinsicht hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, daß dies nicht entscheidungswesentlich sei, weil es sich vorliegend um eine Kombinationserfindung handele.

Die Kammer kann dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zustimmen, wonach die Gesamtheit der in Patentanspruch 1 vorhandenen Merkmale dazu beiträgt, die bestehende technische Aufgabe mit einer spezifisch gestalteten Vorrichtung zu lösen. Der Begriff "Kombinationserfindung" kann aber nicht so verstanden werden, daß im vorliegenden Fall nur ein neuheitsschädlicher Stand der Technik zum Verneinen der erfinderischen Tätigkeit herangezogen werden könnte. Abgesehen von den bereits bekannten Vorteilen des pneumatischen Bandschlaufenausgleiches (d. h. dem Gleichgewicht der Spannungskräfte und der minimalen Bewegungs-Masse) ist aus der Anwendung dieser pneumatischen Lösung bei der Transportstrecke gemäß der am nächsten kommenden Druckschrift E2 kein neuer technischer Erfolg zu erblicken, der nicht schon vorhersehbar war.

4.6. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist zu untersuchen, ob der Fachmann, im Lichte der bestehenden technischen Aufgabe durch Modifikation des am nächsten kommenden Stands der Technik zur Erfindung gekommen wäre (und nicht: hätte kommen können), weil dem Stand der Technik Anregungen zur Erfindung zu entnehmen waren.

Wie vorstehend ausgeführt, liefert die Druckschrift D1 den Hinweis, daß bei der Benutzung von zwei miteinander kommunizierenden sogenannten Vakuumtaschen die in den Taschen auf die Bahn erzeugten Spannungskräfte im Gleichgewicht gehalten werden können - und dies mit einer minimalen Bewegungs-Masse. Die beanspruchte Lösung, d. h. die Heranziehung eines pneumatischen Bandschlaufenausgleichs, war somit von der Lehre der Druckschrift D1 angeregt worden.

4.7. Die Kammer möchte noch darauf hinweisen, daß die vorstehende Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens sowie der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts zu erfolgen hat. Deswegen sieht sich die Kammer nicht in der Lage, die vorgelegten Urteile des Züricher Handelsgerichts zu beachten.

4.8. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag wegen fehlender erfinderischen Tätigkeit nicht patentfähig ist. Dem Hauptantrag kann daher nicht stattgegeben werden.

5. Erfinderische Tätigkeit - Hilfsantrag

5.1. In dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag wird der Inhalt des erteilten Patentanspruchs 1 (Hauptantrag) durch das beschriebene und gezeigte Merkmal ergänzt, daß die Transportwalzen und das Antriebselement als Stachelwalze ausgebildet sind.

5.2. Die Beschwerdeführerin hat in dieser Hinsicht vorgebracht, daß gegenüber der Druckschrift E2 die beanspruchte Erfindung nebst dem Wegfall des aufwendigen mechanischen Bandschleifenausgleichs auch den Fortfall einer durch den Schlupf bedingten Registersteuerung ermögliche, wenn sie mit gelochten Papierbahnen arbeite.

Dieser Effekt ist der Druckschrift E1 zu entnehmen: Aus Seite 2, Absatz 2 bekommt der Fachmann den eindeutigen Hinweis darauf, daß die "Bahn in den Stiften der Fördereinrichtung zwangsläufig geführt ist".

Der Gedanke, Stachelwalzen einzusetzen um eine bessere Registergenauigkeit zu erzielen, war somit von der Druckschrift E1 angeregt worden und deswegen dem Fachmann geläufig.

Hinsichtlich der übrigen Merkmale des Patentanspruchs 1 wird auf die betreffenden Ausführungen im vorstehenden Abschnitt 4 verwiesen.

5.3. Aus alledem folgt, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag wegen fehlender erfinderischen Tätigkeit ebenfalls nicht patentfähig ist. Auch dem Hilfsantrag kann daher nicht stattgegeben werden.

6. Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer

Artikel 112 (1) EPÜ sieht eine Befassung der Großen Beschwerdekammer nur vor, wenn es um eine Sicherung einer einheitlichen Rechtsanwendung geht oder wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Weitere Voraussetzung ist, daß die zuständige Beschwerdekammer eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer für erforderlich hält.

Da sich die Kammer bezüglich der Definition des Begriffes "Erfindung" sowie der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit durchaus im Rahmen des Europäischen Patentübereinkommens sowie der bestehenden, ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern, z. B. zur Problematik "Aufgabe - Lösung", bewegt und dies auch nicht durch die Beschwerdeführerin in Zweifel gezogen wurde, hält die Kammer eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer nicht für erforderlich.

Wie darüber hinaus aus den Abschnitten 4 und 5 der Entscheidungsgründe hervorgeht, war eine Klärung der von der Beschwerdeführerin gestellten, im Punkt VI angegebenen Rechtsfragen betreffend die behaupteten Effekte, die die Erfindung mit sich bringen sollte, für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht erforderlich. Deshalb würde eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer auf die vorstehende Begründung der Entscheidung ohne Wirkung bleiben.

Daraus folgt, daß eine Vorlage an die Große Beschwerdekammer nicht in Betracht kommt.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diese Gründen wird entschieden:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Vorlage an die Große Beschwerdekammer wird zurückgewiesen.

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