T 0373/91 () of 1.3.1994

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1994:T037391.19940301
Datum der Entscheidung: 01 März 1994
Aktenzeichen: T 0373/91
Anmeldenummer: 85106054.1
IPC-Klasse: B23Q 11/08
Verfahrenssprache: DE
Verteilung: C
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Führungsvorrichtung für zwei aneinander längsbeweglich gelagerte und angetriebene Maschinenteile
Name des Anmelders: KUKA Schweissanlagen & Roboter GmbH
Name des Einsprechenden: Hamül Werkzeugfabrik, Th. Kirschbaum GmbH & Co. KG,
Kammer: 3.2.05
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 114(2)
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 R 64
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit - (bejaht)
Admissibility of appeal - party known
Late submitted material - document admitted
Inventive step (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0025/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Die Einspruchsabteilung hat durch die Entscheidung den Einspruch gegen das Europäische Patent Nr. 0 170 802 zurückgewiesen, aus dem Grund, daß die Druckschriften DE-C-2 910 373 (D1), DE-A-2 946 825 (D2) und DE-C-1 101 096 (D3) der Aufrechterhaltung des Patents in unveränderter Form nicht entgegenstünden.

II. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Einsprechende) Beschwerde erhoben und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent zu widerrufen.

III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat die Zurückweisung des Einspruchs beantragt. Auch hat sie beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, weil Name und Anschrift der Beschwerdeführerin nicht angegeben worden seien und die Beschwerde daher nicht den Anforderungen der Regel 64 EPÜ genüge. Zudem hat sie darauf hingewiesen, daß die Druckschriften DE-U-8 328 914 (D4) und DE-A-3 005 862 (D5) in der Beschwerdebegründung erstmals genannt worden seien und somit als verspätet vorgebracht im Sinne von Artikel 114 (2) EPÜ zu gelten hätten.

IV. Es wurde mündlich verhandelt.

i) Der Anspruch 1 gemäß dem erteilten Patent lautet ohne die in der Patentschrift vorhandenen Schreibfehler wie folgt:

"1. Führungsvorrichtung für zwei aneinander längsbeweglich gelagerte und angetriebene Maschinenteile (1, 2) wobei die Führungsvorrichtung mit einer Schutzvorrichtung versehen ist, dadurch gekennzeichnet, daß eine Führungsbahn (9, 45) am einen Maschinenteil (1) in einem bis auf einen Längsschlitz (47) völlig geschlossenen Führungskanal (21) angeordnet ist, wobei durch den Schlitz (47) die Führungselemente (14) des anderen Maschinenteils (2) ragen und der Schlitz (47) im nicht vom anderen Maschinenteil (2) abgedeckten Bereich von einem Zahnriemen (4) abgedeckt wird, der im anderen Maschinenteil (2) zwischen zwei Spannrollen (12) in einer Schleife über eine als Antriebsritzel ausgebildete Umlenkrolle (11) geführt ist, die mit Abstand oberhalb der Spannrollen (12) und der Führungsbahn (9, 45) angeordnet ist."

ii) Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Die Druckschrift D5 sei eine Zusatzanmeldung zu dem Patent Nr. 2 910 373 gemäß der Druckschrift D1. Diese beiden Druckschiften müßten daher als eine Einheit betrachtet werden, so daß von einem verspätet Vorbringen der Druckschrift D5 nicht die Rede sein könne.

Die von der Einspruchsabteilung als erfindungswesentlich angesehene Funktionsvereinigung, d. h. daß der Riemen neben der Antriebsfunktion für die Maschinenteile auch eine Schutzfunktion für die Führung übernehme, sei schon aus der Druckschrift D1 bekannt, siehe z. B. Anspruch 4. Die zwei Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 3 und 5 der Druckschrift D5 zeigten im wesentlichen alle Merkmale des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents, insbesondere werde, genau so wie es im angegriffenen Patent der Fall sei, der Schlitz im nicht vom anderen Maschinenteil abgedeckten Bereich von einem Zahnriemen (2) abgedeckt. Somit sei der Gegenstand des Anspruchs 1 des erteilten Patents nicht neu, zumindest beruhe er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das Abdeckband (13) in dem Ausführungsbeispiel gemäß der Figur 3 sei eine zweite, zusätzliche Abdeckung.

iii) Die Beschwerdegegnerin hat dem widersprochen und im wesentlichen folgendes vorgetragen:

Es sei Aufgabe der Erfindung, eine Führungsvorrichtung für zwei aneinander längsbeweglich gelagerte und angetriebene Maschinenteile derart auszubilden, daß die Führungen der beiden Teile auf einfache Weise vor Ablagerungen geschützt würden. Die Führungselemente der beide Maschinenteile befänden sich in einem bis auf einen Längsschlitz völlig geschlossenen Führungskanal. Die Lösung sei, daß dieser Schlitz, soweit er nicht vom anderen Maschinenteil abgedeckt sei, von einem Zahnriemen abgedeckt werde. In der Figuren 3 oder 5 der Druckschrift D5 werde der Schlitz, der sich zwischen den beiden Zahnstangenhälften befände, zwar vom einem Zahnriemen abgedeckt, aber dieser Schlitz sei nicht der Schlitz des eigentlichen Führungskanals. Der Schlitz im Führungskanal werde durch das Abdeckband (13) abgedeckt, siehe Figur 3. Die Lösung nach dem erteilten Patent, den Schlitz im Führungskanal durch den Zahnriemen abzudecken, sei dem zitierten Stand der Technik nicht entnehmbar.

Entscheidungsgründe

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 1 (1) und Regel 64 b) EPÜ, da aus der Beschwerdeschrift eindeutig hervorgeht, daß beantragt wird, die am 14. Januar 1991 verkündete und am 4. März 1991 zugestellte Entscheidung in der Sache des europäischen Patents Nr. 0 1170 802 aufzuheben und das angegriffene Patent zu widerrufen. Da die Beschwerdeführerin ohne weiteres unter Zuhilfenahme der Einspruchsakte identifizierbar ist (vgl. Entscheidung T 25/85, ABl. EPA 1986, 81, Entscheidungsgrund 11), entspricht die Beschwerde auch Regel 64 a). Die Beschwerde ist somit zulässig.

2. Verspätetes Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln seitens der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin hat ihrem Vorbringen während der mündlichen Verhandlung ausschließlich den den Druckschriften D1 und D5 zu entnehmenden Stand der Technik zugrunde gelegt. Nachdem auch die Beschwerdegegnerin in ihrem Vortrag ausführlich Stellung zu dem Inhalt dieser beiden Druckschriften genommen hatte, sieht die Kammer es als zweckdienlich an, die Druckschrift D5 zu berücksichtigen.

3. Neuheit

3.1. Die Druckschrift D5 zeigt (siehe z. B. die Figuren 3 und 5. sowie die Seiten 10, zweiter Absatz bis Seite 12) eine Antriebs- und Führungsvorrichtung für zwei aneinander längsbeweglich gelagerte und angetriebene Maschinenteile (18, 19) zum spielfreien Umwandeln einer Drehbewegung in eine Linearbewegung mit Hilfe eines Zahnriemens (2) und eines mit diesem in Eingriff stehenden Antriebsritzels (3), wobei eine Führungsbahn (11) am einen Maschinenteil (18) in einem bis auf einen Längsschlitz völlig geschlossenen Führungskanal angeordnet ist, durch diesen Längsschlitz die Führungselemente (12a, 12b) des anderen Maschinenteils (19) ragen und zwei in Verstellrichtung verlaufende Zahnstangenhälften (4a) vorgesehen sind, mit denen der Zahnriemen (2) in Eingriff ist. Die Vorrichtung gemäß Figur 3 ist weiterhin mit einer Schutzvorrichtung (13) versehen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesen bekannten Vorrichtungen dadurch, daß

(1) der Schlitz im nicht vom anderen Maschinenteil abgedeckten Bereich von dem Zahnriemen abgedeckt wird,

(2) der im anderen Maschinenteil zwischen zwei Spannrollen in einer Schleife über eine als Antriebsritzel ausgebildete Umlenkrolle geführt ist, und

(3) die mit Abstand oberhalb der Spannrollen und der Führungsbahn angeordnet ist.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist daher neu gegenüber der Vorrichtung nach der Druckschrift D5.

3.2. Die Druckschrift D1, die einen Hinweis auf die Druckschrift D5 als Zusatzanmeldung enthält, zeigt (siehe z. B. die Figur 1 und Spalte 3, Zeile 15 bis Spalte 4, Zeile 27) eine Antriebsvorrichtung zum spielfreien Umwandeln einer Drehbewegung in eine Linearbewegung mit Hilfe eines Zahnriemens (2) und eines mit diesem in Eingriff stehenden Antriebsritzels (3), wobei eine in Verstellrichtung verlaufende Zahnstange (4) vorgesehen ist, mit der der Zahnriemen (2) in Eingriff ist. Die Vorrichtung umfaßt die folgenden weiteren Merkmale: Der Zahnriemen (2) deckt die an einem Maschinenteil angebrachte Zahnstange (4a) in einem von einem anderen Machinenteil (1) nicht abgedeckten Bereich (2C + A) ab. Dieser Zahnriemen ist in dem anderen Maschinenteil (1) zwischen zwei feststehenden Bogenführungen oder Spannrollen (5) in einer Schleife über eine als Antriebsritzel ausgebildete Umlenkrolle (3) geführt, die mit Abstand oberhalb der Führungsflächen der Bogenführungen bzw. oberhalb der Spannrollen (5) und der Zahnstange (4a) angeordnet ist. Die Vorrichtung gemäß der Druckschrift D1 offenbart jedoch keinen bis auf einen Längsschlitz völlig geschlossenen Führungskanal und somit auch keine Schutzvorrichtung zum Abdecken dieses Längsschlitzes.

Die obengenannten unterschiedlichen Merkmale (2) und (3) sind an sich bekannt aus der Druckschrift D1, das erfindungswesentliche Merkmal (1), daß der Schlitz im nicht vom anderen Maschinenteil abgedeckten Bereich von dem Zahnriemen abgedeckt wird, jedoch nicht.

Somit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 auch gegenüber der Vorrichtung nach der Druckschrift D1 neu. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist auch gegenüber einer Kombination beider bekannten Vorrichtungen neu, wenn man die Druckschriften D1 und D5 im Sinne des Vorbringens der Beschwerdeführerin als Einheit betrachten würde.

4. Erfinderische Tätigkeit

4.1. Eine Vorrichtung entsprechend dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist bekannt aus der in der Beschreibung des angefochtenen Patents (Spalte 1, Zeilen 24 bis 36) genannten Druckschrift D2, die eine Führungsvorrichtung zeigt, deren Führungsbahn durch zwei mit dem bewegten Maschinenteil verbundene, auf- und abwickelbare Rollos überdeckt werden. Ausgehend hiervon liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Führungsvorrichtung für zwei aneinander längsbeweglich gelagerte und angetriebene Maschinenteile derart auszubilden, daß die Führungen der beiden Teile auf einfache Weise vor Ablagerungen geschützt werden.

Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst, insbesondere dadurch, daß die Schutzvorrichtung mit dem Antrieb der Maschinenteile kombiniert ist, indem ein Zahnriemen den Schlitz im Führungskanal des einen Maschinenteils, durch welchen die Führungselemente des anderen Maschinenteils ragen, abdeckt.

4.2. Der Druckschrift D5, auf dessen Inhalt sich die Beschwerdeführerin bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit in der Hauptsache abstützt, ist zwar die Lehre zu entnehmen, für die im angetriebenen Maschinenteil der zwei aneinander längsbeweglich gelagerten Maschinenteile untergebrachten Antriebs- und Führungsvorrichtung eine Schutzvorrichtung vorzusehen. Nach der Beschreibung des konkreten Ausführungsbeispiels gemäß Figur 3 schließt ein endloses Abdeckband den im angetriebenen Maschinenteil befindlichen Längsschlitz. Ein Abdecken dieses Längsschlitzes durch den Zahnriemen ist bei der Vorrichtung nach der Druckschrift D5 im Hinblick auf die dargestellte konstruktive Ausbildung nicht möglich.

4.3. Ebenso kann der Lehre nach der Druckschrift D1, daß sich der Zahnriemen über die gesamte Länge der Zahnstange erstreckt und diese dadurch abdeckt (siehe Anspruch 4) mangels eines Führungskanals mit einem Längsschlitz (siehe hierzu auch obigen Punkt 3.2) kein entsprechender Hinweis entnommen werden, die Vorrichtung nach der Druckschrift D2 im Sinne des Anspruchs 1 weiterzubilden.

4.4. Der Fachmann, der die obengenannte Aufgabe lösen will, erhält daher weder aus seinem Fachwissen allein noch in Verbindung mit dem ermittelten Stand der Technik eine Anregung zur Ausbildung einer Führungsvorrichtung für zwei aneinander längsbeweglich gelagerte und angetriebene Maschinenteile, in der ein Zahnriemen neben seiner Antriebsfunktion auch eine Schutzfunktion für die Führungen beider Maschinenteile übernimmt.

4.5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt somit auch die Voraussetzungen des Artikels 52 (1) EPÜ in Verbindung mit Artikel 56 EPÜ.

5. Folglich kann das Patent, wie erteilt, aufrechterhalten werden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Auf diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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