European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1991:T001390.19910610 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 10 Juni 1991 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0013/90 | ||||||||
Anmeldenummer: | 84103266.7 | ||||||||
IPC-Klasse: | H02J 7/04 | ||||||||
Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Schaltungsanordnung zur kapazitätsabhängigen Nachladung eines Akkumulators | ||||||||
Name des Anmelders: | CEAG Licht- und Stromversorgun | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Jungheinrich Unternehms. | ||||||||
Kammer: | 3.5.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Inventive step - yes Amendments admissible Reformulation of the claim because of relevant document Erfinderische Tätigkeit - ja Änderungen zulässig - ja Umformulierung des Anspruchs auf eine relevantere Entgegenhaltung hin |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der das europäische Patent Nr. 0 124 739 widerrufen wurde.
II. Patentanspruch 1 in der Fassung der Patentschrift lautet:
"Anordnung zur kapazitätsabhängigen Nachladung eines Akkumulators, mit einer Stromerfassungsvorrichtung (1.5) zur Messung der entnommenen Lademenge aus dem Akkumulator (1.1), deren Information über die entnommene Lademenge in einem Speicher (1.8), in dem weitere schaltungsspezifische Daten abgelegt sind, zwischenspeicherbar ist, wobei der Dateninhalt aus dem Speicher (1.8) zu einer Ladestation (2) übertragbar und einer Auswerteeinrichtung (2.4) zuführbar ist, die die übertragenen Daten erfaßt, verarbeitet und damit eine Steueranordnung (2.3) derart regelt, daß der Akkumulator (1.1) aus einer Spannungsversorgungsvorrichtung (2.1) nachladbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Speicher (1.8) und die Auswerteeinrichtung (2.4) voneinander getrennt und über Ladekontakte (A,B) miteinander verbindbar sind und daß der Datenaustausch zwischen dem Speicher (1.8) und der Auswerteeinrichtung (2.4) über je einen Sende- Empfangsbaustein (1.6) am Speicher (1.8) bzw. (2.2) bei der Auswerteeinheit (2.4) über die Ladekontakte (A,B) erfolgt."
III. Im Einspruchsverfahren wurden folgende Druckschriften berücksichtigt:
D1: FR-A-1 600 361 D2: US-A-4 234 839 D3: EP-A-0 069 640 D4: US-A-4 347 472.
IV. Der Widerruf des Patents wurde damit begründet, daß sich der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, insbesondere aus D1 in Verbindung mit D2 ergebe.
V. Im Beschwerdeverfahren haben beide Parteien zunächst - hilfsweise - mündliche Verhandlung beantragt. Im Laufe eines Schriftwechsels zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin erklärt, daß sie an dieser nicht teilnehmen würde. Daraufhin wurde die mündliche Verhandlung aufgehoben und das Verfahren mit einem Bescheid vom 25. Februar 1991 fortgesetzt. Die Beschwerdegegnerin hat mitgeteilt, daß eine Beantwortung des Bescheides nicht beabsichtigt wäre. Mit Schriftsatz vom 15. März 1991 hat die Beschwerdeführerin neue Ansprüche 1 bis 3 sowie eine angepaßte Beschreibungseinleitung eingereicht.
VI. Der nunmehr geltende Anspruch 1 lautet:
"Anordnung zur kapazitätsabhängigen Nachladung eines Akkumulators (1.1), welcher sich in einem mobilen Gerät (1) befindet, das zur Nachladung des Akkumulators (1.1) mit einer Ladestation (2) gekoppelt ist, wobei das mobile Gerät (1) eine Vorrichtung zur Erfassung der aus dem Akkumulator (1.1) entnommenen Energiemenge und einen Speicher (1.8) zur Speicherung einer von einer Stromerfassungsvorrichtung (1.5) gelieferten Information über die entnommene Energiemenge und weiterer gerätespezifischer Daten enthält, dadurch gekennzeichnet, daß a) das mobile Gerät (1) über Ladekontakte (A,B) mit der Ladestation (2) gekoppelt ist, b) sowohl das mobile Gerät (1) als auch die Ladestation (2) einen Sendeempfangsbaustein (1.6, 2.2) für den Abruf und die Übertragung von Daten aus dem Speicher (1.8) über die Ladekontakte (A,B) zur Ladestation (2) enthält, und c) die Ladestation (2) eine Auswerteeinrichtung (2.4) enthält, welche die abgefragten Daten auswertet und an eine Steuereinrichtung (2.3) weiterleitet, welche den Ladestrom für den Akkumulator (1.1) steuert, den eine Spannungsversorgungseinrichtung (2.1) der Ladestation (2) liefert."
N.B. Die Kammer hat das Bezugszeichen für die am Ende des Anspruchs erwähnte Spannungsversorgungseinrichtung in (2.1) richtig gestellt.
VII. Die Argumente der Beschwerdeführerin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die angefochtene Entscheidung gehe davon aus, daß die aus D1 bekannte ortsfeste Notstromversorgungsanlage als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten sei. Die vorliegende Erfindung bezöge sich jedoch auf eine Anordnung zur Nachladung eines in einem mobilen Gerät untergebrachten Akkumulators und geht von einer aus D3 bekannten Anordnung aus. Das in D3 beschriebene Gerät sei nämlich mobil und enthalte einen Akkumulator zu seiner Stromversorgung sowie einen Ladegleichrichter und eine zugehörige Steuereinrichtung, die in Abhängigkeit von einer Ladezustandserfassung die Nachladung des Akkumulators steuere. Durch die erfindungsgemäßen Merkmale (a), (b) und (c) sei der Ladegleichrichter mit zugehöriger Steuereinrichtung aus dem mobilen Gerät in die Ladestation verlagert worden, und zwar ohne auf eine ladezustandsabhängige Nachladung zu verzichten. Keine der entgegengehaltenen Druckschriften deute auf eine solche Anordnung hin.
VIII. Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung die Frage aufgeworfen, ob die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Umformulierung des Patentanspruchs 1 nach der Zäsur der Erteilung überhaupt noch zulässig sei. Merkmale seien aus dem Oberbegriff des erteilten Anspruchs in den kennzeichnenden Teil des vorliegenden Anspruchs verschoben. Die Aufgabe stimme nicht mehr mit den Angaben im erteilten Patent überein.
IX. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Entscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das Patent aufrechtzuerhalten:
a) Hauptantrag: in geänderter Form auf der Basis der folgenden Unterlagen:
Beschreibung: Spalte 1, Zeilen 1 bis 46 der Patentschrift, Seiten 1 und 2, eingereicht mit Schreiben vom 15. März 1991, Spalte 2, Zeile 13 bis Spalte 4, Zeile 12 der Patentschrift; Patentansprüche: 1 bis 3 eingereicht mit Schreiben vom 15. März 1991; Figur der Patentschrift; b) Hilfsantrag: in der erteilten Form.
X. Die Beschwerdegegnerin hat in ihrer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung auf dem Widerruf des Patents bestanden, jedoch nach Vorlage der neuen Ansprüche sich sachlich nicht mehr geäußert (vgl. V und VIII. oben).
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Die Beschwerdegegnerin hat die Frage aufgeworfen, ob die im Beschwerdeverfahren vorgenommene Umformulierung des Patentanspruchs 1 nach der Zäsur der Erteilung überhaupt noch zulässig sei.
2.1. Wie nachstehend begründet, sind jedoch nach Meinung der Kammer die im vorliegenden Fall vorgenommenen Änderungen zulässig, da sie keinen Mißbrauch des Einspruchverfahrens im Sinne der Entscheidung im Falle T 127/85 (ABl. EPA, 1989, 271) sondern eine sachdienliche Reaktion auf die Widerrufsentscheidung darstellen. Im Übrigen, erfüllen sie die Erfordernisse des Artikels 123 (2), (3) EPÜ.
2.2. In dem nunmehr vorliegenden Anspruch 1 (siehe Absatz VI oben) ist spezifiziert, daß sich der Akkumulator (1.1) in einem mobilen Gerät (1) befindet. Darüberhinaus ist die Aufteilung der Funktionen zwischen dem mobilen Gerät und der Ladestation definiert. Die im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen bewirken also einen größeren Unterschied zwischen dem Gegenstand des Anspruchs 1 und dem Stand der Technik gemäß D1, von dem die angefochtene Entscheidung ausgegangen ist. Das hat zur Folge, daß D3 als nächstliegender Stand der Technik zu betrachten ist, so daß es sachdienlich ist, Anspruch 1 auf diese Druckschrift hin zu formulieren.
2.3. Der geltende Anspruch 1 enthält immer noch alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 (siehe Absatz II oben), auch wenn einige Merkmale aus dem Oberbegriff des erteilten Anspruchs in den kennzeichnenden Teil des geltenden Anspruchs verschoben sind. Da der Schutzbereich sich aus der Kombination aller im Anspruch angegebenen Merkmale ergibt, stellt die vorgenommene Umformulierung keine Erweiterung des Schutzbereiches dar. Vielmehr stellt die Präzisierung der Aufteilung der Funktionen zwischen dem mobilen Gerät und der Ladestation eine Einschränkung des Schutzbereiches dar. Darüber hinaus ist die am Anfang des Anspruchs angegebene Definition - nämlich "Anordnung zur kapazitätsabhängigen Nachladung eines Akkumulators, welcher sich in einem mobilen Gerät befindet, das zur Nachladung des Akkumulators mit einer Ladestation gekoppelt ist" - im Einklang mit dem bereits in der ursprünglichen Beschreibung angegebenen Ausführungsbeispiel.
2.4. Gegen die neue, auf den Gegenstand des nunmehr geltenden Anspruchs 1 abgestimmte Aufgabe - nämlich die Anordnung dahingehend zu verbessern, daß der im mobilen Gerät anzuordnende Teil vereinfacht, zumindest verkleinert wird - bestehen ebenfalls keine Bedenken, da sie lediglich eine Präzisierung der ursprünglich genannten Aufgabe im Hinblick auf das einzige Ausführungsbeispiel darstellt.
2.5. Die Beschreibung wurde lediglich dahingehend geändert, daß sie jetzt den Stand der Technik gemäß D1, D2 und D3 würdigt, und an den geltenden Anspruch 1 angepaßt ist.
3. Wie auch von der Beschwerdegegnerin nicht ernsthaft bestritten wird, weist keine der Entgegenhaltungen alle Merkmale gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 auf. Zur Neuheit bedarf es daher keiner weiteren Ausführungen.
4. Für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Anordnung gemäß Anspruch 1 wäre es realitätsfremd, die aus D1 bekannte ortsfeste Notstromversorgungsanlage als Ausgangspunkt zu nehmen. Nach Meinung der Kammer würde sich kein Fachmann überlegen, wie er diese Anlage abändern könnte, um einen in einem mobilen Gerät enthaltenen Akkumulator nachzuladen. Ein realistischer Ausgangspunkt ist hingegen die aus D3 bekannte Anordnung, welche alle im Oberbegriff des Anspruchs 1 enthaltenen Merkmale aufweist.
4.1. Bei der aus D3 bekannten Anordnung befinden sich alle Schaltungen, die den kapazitätsabhängigen Ladevorgang steuern, im mobilen Gerät. Die Ladestation umfaßt die Primärwicklung eines Transformators, dessen Sekundärwicklung im mobilen Gerät angeordnet ist. Während des Ladevorganges werden das mobile Gerät und die Ladestation über die Primär- und Sekundärwicklungen des Transformators elektromagnetisch gekoppelt.
4.2. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich vom Stand der Technik gemäß D3 durch die im kennzeichnenden Teil angegebenen Merkmale (a), (b) und (c), die im wesentlichen bewirken, daß Information über die dem Akkumulator entnommene Lademenge und weitere gerätespezifische Daten aus dem im mobilen Gerät enthaltenen Speicher über die Ladekontakte zur Ladestation übertragen werden, wo sie ausgewertet und zur Steuerung des Ladevorganges verwendet werden. Dadurch ist die Aufgabe der Erfindung, nämlich den im mobilen Gerät anzuordnenden Teil zu vereinfachen bzw. zu verkleinern, gelöst worden.
4.3. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist zu fragen, ob der Fachmann die vorstehende Aufgabe im Sinne der vorliegenden Erfindung gelöst hätte.
4.4. Gemäß D3 übernimmt die Ladestation, mit der das mobile Gerät induktiv gekoppelt ist, die Funktion eines Energiesenders. Alle Einrichtungen zur Erfassung, Speicherung und Auswertung des Ladezustandes und zur Steuerung des Ladevorganges sind im mobilen Gerät untergebracht. Die Möglichkeit, solche Teilfunktionen zwischen dem mobilen Gerät und der Ladestation aufzuteilen, wird in D3 nicht erwogen.
4.5. D2 betrifft eine Anordnung zur Nachladung einer Batterie, wobei die Batterietemperatur während des Ladevorganges erfaßt und zur Ladestation übertragen wird. Der Ladevorgang wird abgebrochen, wenn die Temperatur einen festgelegten Wert überschreitet. Die der Batterie entnommene Lademenge wird nicht erfaßt; eine vom Ladezustand abhängige Nachladung findet nicht statt.
4.6. D1 offenbart zwar eine Anordnung zur kapazitätsabhängigen Nachladung eines Akkumulators, wobei Information über die aus dem Akkumulator entnommene Lademenge, die mittels einer Stromerfassungsvorrichtung erfaßt wird, in einem Speicher gespeichert und einer Auswerteeinrichtung zugeführt wird, die eine Spannungsversorgungsvorrichtung zur Nachladung des Akkumulators steuert. Jedoch enthält D1 keine Hinweise auf eine eventuelle Aufteilung der Funktionen zwischen einem batteriebetriebenen mobilen Gerät und dessen Ladestation. Da diese Druckschrift sich ausschließlich mit einer ortsfesten Anlage befaßt, ist es unwahrscheinlich, daß der Fachmann, der die unter Ziffer 4.2 erwähnte Aufgabe zu lösen hat, D1 überhaupt in Betracht ziehen würde.
4.7. D4 bezieht sich auf ein in einem Fahrzeug angeordnetes Ladegerät, das mit einem Energiesender elektromagnetisch gekoppelt ist. Bei voller Ladung schaltet ein akustisch oder elektromagnetisch übertragenes Signal den Energiesender aus. Die Steuerung des Sachvorgangs erfolgt, im Gegensatz zum Gegenstand des Patents, auf dem Fahrzeug.
4.8. Um an die erfindungsgemäße Lösung zu gelangen, hätte der Fachmann, ausgehend von einer Anordnung nach D3, zur Erkenntnis kommen müssen, daß die zur Steuerung des Ladestromes notwendigen Schaltungen aus dem mobilen, batteriebetriebenen Gerät in die Ladestation verlagert werden könnte, wenn die Information über die entnommene Lademenge während des Batteriebetriebs in einem im mobilen Gerät angeordneten Speicher abgelegt würde, und (später) zur Ladestation übertragen würde. Daß dies ohne Anregung aus den vorliegenden Entgegenhaltungen D1 - D4 erfolgte, ist nach Meinung der Kammer als erfinderische Leistung zu werten.
4.9. Zusammenfassend folgt nach Auffassung der Kammer, daß sowohl der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 als auch die Gegenstände der abhängigen Ansprüche 2 bis 3 auf einer erfinderischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 56 EPÜ beruhen.
5. Die Kammer ist der Auffassung, daß unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Änderungen, das Streitpatent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, den Erfordernissen des EPÜ genügen. Das Streitpatent kann also in diesem geänderten Umfang aufrechterhalten werden.
6. Dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin ist somit stattzugeben. Damit ist der Hilfsantrag gegenstandlos.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent aufgrund der Unterlagen gemäß dem Hauptantrag der Beschwerdeführerin (siehe Absatz IX oben) aufrechtzuerhalten unter Richtigstellung des Bezugszeichens (2.2) in (2.1) am Ende des Anspruchs 1 (siehe Absatz VI oben).