T 0331/89 () of 13.2.1992

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1992:T033189.19920213
Datum der Entscheidung: 13 Februar 1992
Aktenzeichen: T 0331/89
Anmeldenummer: 83113259.2
IPC-Klasse: -
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Schlagzähmodifizierungsmittel
Name des Anmelders: Röhm GmbH
Name des Einsprechenden: BASF AG
Kammer: 3.3.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 54
Schlagwörter: Late request (disregarded) - Novelty (no) - Disclaimer
verspäteter Antrag (nicht berücksichtigt) - Neuheit
(nein) - Disclaimer
Orientierungssatz:

"Late request disregarded, because not clearly allowable (cf. point 3 of the Reasons) - Novelty (no) - Disclaimer without influence on the definition of the claimed products"

Angeführte Entscheidungen:
T 0123/85
T 0153/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1037/96
T 0755/00
T 0142/01
T 1276/05

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die europäische Patentanmeldung Nr. 83 113 259.2, die am 31. Dezember 1983 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der Voranmeldung vom 10. Januar 1983 in Deutschland angemeldet worden war, ist am 28. Oktober 1987 das europäische Patent Nr. 113 924 auf der Grundlage von 3 Ansprüchen erteilt worden. Anspruch 1 lautet:

"Schlagzähmodifizierungsmittel, enthaltend ein mehrstufiges Emulsionspolymerisat, aufgebaut aus

a) einem harten, nicht-elastomeren Kern mit einer Glastemperatur über 50°C, hergestellt durch Emulsionspolymerisation eines Monomermaterials, bestehend aus wenigstens 80 Gew.-% Methylmethacrylat und bis zu 20 Gew.-% aus anderen, damit mischpolymerisierbaren äthylenisch ungesättigten Monomeren,

b) einer elastomeren Zwischenstufe mit einer Glastemperatur unter 0°C, hergestellt durch Emulsionspolymerisation in Gegenwart des harten Kerns a) aus einem Monomerengemisch, bestehend aus wenigstens 90 Gew.-% monofunktionellen äthylenisch ungesättigten Monomeren, von denen wenigstens die Hälfte ihres Gewichts Alkylester der Acrylsäure mit 1 bis 18 C-Atomen im Alkylrest oder Alkylester der Methacrylsäure mit 4 bis 18 C-Atomen im Alkylrest sind, sowie aus bis zu 10 Gew.-% mehrfunktionellen Monomeren, die mehrere Acryl- oder Methacrylgruppen im Molekül enthalten,

c) einer harten, nicht-elastomeren Endstufe mit einer Glastemperatur über 50°C, hergestellt durch Emulsionspolymerisation in Gegenwart des elastomeren Materials

b) aus einem Monomermaterial, bestehend aus wenigstens 80 Gew.-% Methylmethacrylat und bis zu 20 Gew.- % aus anderen, damit mischpolymerisierbaren äthylenisch ungesättigten Monomeren, dadurch gekennzeichnet, daß am Aufbau der elastomeren Zwischenstufe als mehrfunktionelle Monomere wenigstens 0,2 Gew.-%, bezogen auf die Monomeren der Stufe b), an Monomeren mit drei oder mehr Acryl- und/oder Methacrylgruppen beteiligt sind."

Der abhängige Anspruch 2 ist auf ein bevorzugtes Schlagzähmodifizierungsmittel gemäß Anspruch 1 gerichtet, der abhängige Anspruch 3 bezieht sich auf eine Formmasse, die ein Schlagzähmodifizierungsmittel gemäß den Ansprüchen 1 und 2 enthält.

II. Gegen die Erteilung des europäischen Patents hat die Einsprechende am 22. Juli 1988 Einspruch eingelegt und den Widerruf des Patents in vollem Umfang wegen mangelnder Neuheit und erfinderischer Tätigkeit beantragt (Art. 100 a) EPÜ). Zur Stütze ihres Einwands mangelnder Neuheit hat sie u. a. auf folgendes Dokument

(1) DE-B-2 253 689 verwiesen.

III. Durch Entscheidung vom 13. März 1989 hat die Einspruchsabteilung das Patent widerrufen. In der angefochtenen Entscheidung wird festgestellt, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht neu, da sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 dem Dokument (1) zu entnehmen seien. Dies betreffe nicht nur alle Merkmale des mehrstufigen Emulsionspolymerisats, die im Oberbegriff des Anspruchs genannt seien; auch der Einsatz von mehrfunktionellen Monomeren mit drei oder mehr (Meth)acrylgruppen als Vernetzer bei der Herstellung der elastomeren Zwischenstufe sei vorbeschrieben, so daß auch das kennzeichnende Teil vorweggenommen sei.

IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 13. Mai 1989 unter gleichzeitiger Entrichtung der vorgeschriebenen Gebühr Beschwerde erhoben. Zusammen mit der ebenfalls gleichzeitig vorgenommenen Beschwerdebegründung wurde auch ein neuer Anspruch 1 eingereicht, der das zusätzliche kennzeichnende Merkmal "jedoch keine Pfropfvernetzer" enthält; dieser Anspruch stellte damals zusammen mit den erteilten Ansprüchen 2 und 3 den einzigen Antrag der Beschwerdeführerin dar.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 1992 änderte die Beschwerdeführerin diesen Antrag und verteidigte als Hauptantrag wieder das Patent in der erteilten Fassung. Neben dem zusammen mit der Beschwerdebegründung eingereichten Anspruchssatz, der jetzt als erster Hilfsantrag galt, reichte die Beschwerdeführerin als Grundlage für ihren zweiten Hilfsantrag einen geänderten Anspruch 1 mit folgendem Disclaimer ein: "jedoch keine Pfropfvernetzer, die Allyl-, Methallyl- oder Crotylester einer alpha,ß-ungesättigten Carbonsäure oder Dicarbonsäure sind".

V. Zugunsten der Patentfähigkeit der beanspruchten Schlagzähmodifizierungsmittel trug die Beschwerdeführerin zunächst vor, das Hauptmerkmal im Verfahren zur Herstellung der elastomeren Zwischenstufe (b) gemäß Dokument (1) sei die Verwendung eines Pfropfvernetzers, d. h. einer mischpolymerisierbaren Verbindung mit mehreren Doppelbindungen unterschiedlicher Reaktivität. Dagegen könne gemäß der Lehre des Streitpatents ein ausreichender Verknüpfungsgrad zwischen der elastomeren Phase und der harten Endphase mit herkömmlichen Vernetzern erzielt werden, die drei gleichwertige (Meth)acrylgruppen enthalten. Dieser Unterschied ergebe sich bereits aus der Verwendung des Wortes "bestehend" in der erteilten Anspruchsfassung (Streitpatentschrift, Spalte 11, Zeilen 37/38), komme aber durch den Disclaimer in den zwei Hilfsanträgen noch klarer zum Ausdruck.

VI. Demgegenüber machte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) vor allem geltend, die Lehre der Entgegenhaltung sei nicht auf die allgemeine Ausführungsform gemäß deren Ansprüchen beschränkt; vielmehr umfasse sie auch die in deren Beschreibung erwähnten Alternativen, nach denen die Verknüpfung mit üblichen Vernetzern allein erfolgen könne. Dies sei nicht als widersprüchliche Information zu bewerten, sondern als Hinweis darauf, daß die Verknüpfung auch mit anderen Verfahrensmerkmalen zu beeinflussen sei.

VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents aufgrund der folgenden Unterlagen:

1) Hauptantrag: Patent in der erteilten Fassung;

2) erster Hilfsantrag: Anspruch 1, eingereicht am 13. Mai 1989, Ansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung, wie erteilt;

3) zweiter Hilfsantrag: Anspruch 1 und Beschreibung Spalten 1 und 2 überreicht in der mündlichen Verhandlung, Ansprüche 2 und 3 sowie die restliche Beschreibung, wie erteilt.

Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

Hauptantrag

2. Die Formulierung der Ansprüche ist unter dem Gesichtspunkt von Artikel 123 EPÜ nicht zu beanstanden Anspruch 1, der mit der erteilten Fassung dieses Anspruchs identisch ist, unterscheidet sich von dem ursprünglich eingereichten Hauptanspruch lediglich durch die Tatsache, daß das Monomergemisch in der Stufe a) aus wenigstens 80 Gew.-% Methylmethacrylat bestehen soll. Dieser Wert stimmt mit Seite 6, Zeile 15 der Erstunterlagen überein. Die Wahl von Methylmethacrylat als Hauptmonomer in dieser Stufe entspricht einer Beschränkung auf eine von mehreren ursprünglich beanspruchten Alternativen, wonach "Methylmethacrylat oder Styrol oder deren Gemisch" eingesetzt werden konnten; nach Seite 6, Zeilen 17/18 der ursprünglichen Anmeldung ist Methylmethacrylat sogar als bevorzugte Aufbaukomponente des Kerns genannt, wie übrigens auch den Beispielen 1 bis 3 zu entnehmen ist.

Was die abhängigen Ansprüche 2 und 3 betrifft, so entsprechen sie der erteilten sowie ursprünglichen Fassung dieser Ansprüche.

3. Nun stellt sich die Frage der prozeduralen Zulässigkeit des Hauptantrags, dessen Anspruchssatz der erteilten Fassung entspricht.

3.1. Dem Sachverhalt ist zu entnehmen (siehe Punkt IV), daß die Beschwerdeführerin in der Beschwerdebegründung diese Fassung durch eine andere ersetzt und zunächst versucht hatte, das Patent in geändertem Umfang aufrechtzuerhalten. Die Kammer schließt sich der Meinung der im ABl. EPA 1989, 336 veröffentlichten Entscheidung T 123/85 "Inkrustierungsinhibitoren/BASF" an, wonach mit einer solchen Änderung die Patentinhaberin grundsätzlich nichts weiter zum Ausdruck bringe als den Versuch, ihr Patent im Hinblick auf Bedenken des EPA oder der Einsprechenden abzugrenzen. Die begrenzte Antragsstellung besage dagegen nicht, daß die Patentinhaberin auf den Teil ihres erteilten Patents, der über den beschränkten Antrag hinausgeht, unwiderruflich verzichte. Daher stehe es der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren grundsätzlich frei, einen bereits gestellten Antrag nachträglich zu ändern. Sie könne der von ihr beantragten Beschränkung einen anderen Inhalt geben oder auch ihr Patent wieder in der erteilten Fassung verteidigen (Entscheidungsgründe, Punkt 3.1.1, Absätze 3 und 4).

3.2. Die Möglichkeit, den Antrag nachträglich zu ändern, besteht allerdings nach der angezogenen Entscheidung nicht ohne Vorbehalt (Punkt 3.1.2). Sollte sich insbesondere die Antragsänderung als ein verfahrensrechtlicher Mißbrauch darstellen, so könnte es der Patentinhaberin verwehrt werden, ihren bisherigen beschränkten Aufrechterhaltungsantrag aufzugeben und ihr Patent nunmehr wieder in vollem Umfang zu verteidigen. Ein solcher Fall von Mißbrauch ist aber im vorliegenden Fall nach Meinung der hier entscheidenden Kammer gegeben.

Dabei ist es entscheidend, daß hier der Antrag auf Rückkehr zur erteilten Fassung erst in der mündlichen Verhandlung, d. h. 33 Monate nach der Beschwerdebegründung, gestellt worden ist, ohne daß hierfür eine Rechtfertigung vorgebracht wurde oder für die Kammer ersichtlich ist. Wie in der in ABl. EPA 1988, 1 veröffentlichten Entscheidung T 153/85 "Alternative claims/AMOCO CORPORATION" erläutert wird, stellt die Zulässigkeit spät eingereichter Anträge eine Grundsatzfrage dar. So kann es die Kammer bei der Entscheidung über eine Beschwerde in der mündlichen Verhandlung zu Recht ablehnen, Anspruchssätze zu berücksichtigen, wenn sie erst in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium, z. B. in der mündlichen Verhandlung, eingereicht werden und nicht eindeutig gewährbar sind (Entscheidungsgründe, Punkt 2.1, Absatz 3). Zweck dieser Rechtsprechung ist es, wie im gleichen Punkt der angezogenen Entscheidung unter 2.1 (c) angedeutet, einen Mißbrauch des Beschwerdeverfahrens zu verhindern.

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung weist die Kammer im vorliegenden Fall den Hauptantrag der Beschwerdeführerin als unzulässig zurück, weil er erst in der mündlichen Verhandlung eingereicht worden ist, ohne daß ein triftiger Grund für die Verspätung vorlag; die Zurückweisung erfolgt außerdem auch deshalb, weil die Kammer der Auffassung ist, daß dem beanspruchten Gegenstand eindeutig Artikel 54 EPÜ entgegensteht, wie es im Punkt 6 näher erläutert wird (vgl. Punkt 2.2 der o. g. Entscheidung).

Hilfsanträge

4. Von der Fassung gemäß Hauptantrag unterscheiden sich die Anspruchssätze gemäß den zwei Hilfsanträgen lediglich durch die Hinzufügung eines Disclaimers am Ende des kennzeichnenden Teils des Hauptanspruchs.

Mit dem Disclaimer im Anspruch 1 gemäß dem ersten Hilfsantrag wird angegeben, daß die am Aufbau der elastomeren Zwischenstufe beteiligten mehrfunktionellen Monomere keine Pfropfvernetzer enthalten dürfen, wie sie gemäß der allgemeinen Lehre des Dokuments (1) erforderlich sind. Mit dem Disclaimer im Anspruch 1 gemäß dem zweiten Hilfsantrag wird präzisiert, daß die im Dokument (1) ausdrücklich genannten Pfropfvernetzer, nämlich die Allyl-, Methallyl- und Crotylester einer alpha,ß-ungesättigten Carbonsäure oder Dicarbonsäure, nunmehr ausgeschlossen sind. Die Stütze für die zwei Disclaimer ist also der Entgegenhaltung zu entnehmen (siehe z. B. Ansprüche 1 und 5), wogegen es im Prinzip keine Bedenken gibt.

5. Dokument (1) beschreibt thermoplastische Massen aus (i) 10 bis 96 Gew.-% eines harten thermoplastischen Polymeren, das durch Polymerisation einer Monomeren-Mischung aus überwiegend Alkylmethacrylat, worin die Alkylgruppe 1 bis 4 Kohlenstoffatome enthält, ggf. substituiertem Styrol, (Meth)acrylnitril oder Mischungen davon entstanden ist, und (ii) 90 bis 4 Gew.-% eines in mehreren aufeinanderfolgenden Stufen hergestellten Polymeren als Schlagzähmodifizierungsmittel (Anspruch 1; Spalte 3, Zeilen 15 bis 28). Gemäß der allgemeinen Lehre dieses Dokuments besteht dieses mehrstufige Schlagzähmodifizierungsmittel insbesondere aus

(a) einer nicht-elastomeren, relativ harten ersten Stufe mit einer Glasübergangstemperatur von mehr als 25°C, vorzugsweise mehr als 60°C, hergestellt durch Polymerisation einer Monomeren-Mischung aus 80 bis 100 Gew.-% Alkylmethacrylat, worin die Alkylgruppe 1 bis 4 Kohlenstoffatome enthält, 0 bis 10 Gew.-% eines mischpolymerisierbaren polyfunktionellen vernetzenden Monomeren, und 0 bis 10 Gew.-% eines mischpolymerisierbaren pfropfvernetzenden Monomeren (Anspruch 1 in Verbindung mit Spalte 7, Zeilen 22 bis 50);

(b) einer elastomeren Zwischenstufe, hergestellt durch Polymerisation in Gegenwart des harten Kerns (a) einer Monomeren-Mischung aus 70 bis 99,5 Gew.-% Alkylacrylat, worin die Alkylgruppe 1 bis 8 Kohlenstoffatome enthält, 10 bis 25 Gew.-% eines monofunktionellen äthylenisch ungesättigten Monomeren, 0 bis 5 Gew.-% eines vernetzenden Monomeren und 0,5 bis 5 Gew.-% eines mischpolymerisierbaren pfropfvernetzenden Monomeren, das ein Allyl-, Methallyl- oder Crotylester einer alpha,ß- ungesättigten Carbonsäure oder Dicarbonsäure sein kann, wobei das Produkt der Zwischenstufe eine Glasübergangstemperatur von weniger als 25°C, insbesondere weniger als -10°C, aufweisen würde, wenn die entsprechenden Monomeren in Abwesenheit des Produkts der ersten Stufe polymerisiert würden (Anspruch 5 in Verbindung mit Spalte 10, Zeilen 11 bis 29); und

(c) einer relativ harten Endstufe, hergestellt durch Polymerisation einer Monomeren-Mischung aus 90 bis 99,5 Gew.-% Methylmethacrylat und 0,5 bis 10 Gew.-% eines Alkylacrylats mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen in der Alkylgruppe in Gegenwart des Polymerisats der ersten Stufe (a) und der Zwischenstufe (b), wobei das Produkt der letzten Stufe eine Glasübergangstemperatur von mehr als 25°C, vorzugsweise mehr als 50°C, aufweisen würde, wenn die entsprechenden Monomeren in Abwesenheit des Produkts der ersten Stufe und der Zwischenstufe polymerisiert würden (Anspruch 6 zusammen mit Spalte 12, Zeilen 44 bis 58).

Aus dem Vergleich der einzelnen Merkmale geht hervor, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß beiden Hilfsanträgen von dieser allgemeinen Lehre lediglich durch die Abwesenheit eines Pfropfvernetzers in der Zwischenstufe (b) unterscheidet. Dieses Ergebnis wurde von den Parteien nicht bestritten und war sogar der Ausgangspunkt für die Debatte in der mündlichen Verhandlung.

6. Wie die Beschwerdegegnerin jedoch vorgetragen hat, muß man hier unterscheiden zwischen der allgemeinen Lehre des Dokuments (1), wie sie insbesondere den Ansprüchen zu entnehmen ist, und dem Gesamtinhalt der Beschreibung, die spezifische Ausführungsformen umfaßt. So wird in Spalte 9, Zeilen 62 bis 68 auf eine Monomeren-Mischung für die zweite Stufe hingewiesen, die neben dem Alkylacrylat als Hauptmonomerem und dem monofunktionellen äthylenisch ungesättigten Comonomeren 0,05 bis 5 Gew.-% eines Vernetzers "oder" 0,05 bis 5 Gew.-% eines Pfropfvernetzers enthalten kann.

Das Argument der Beschwerdeführerin, daß es sich hier um eine sprachliche Ungenauigkeit handle, die sich nicht im Einklang mit der allgemeinen Lehre dieser Entgegenhaltung befinde und sogar im Widerspruch mit dem Inhalt von deren Hauptanspruch stehe, kann nicht akzeptiert werden. Wenngleich die Pfropfvernetzung als erforderlich beschrieben wird, um die Vorzüge der dortigen thermoplastischen Massen - nämlich Herabsetzung des Trübungsgrads und der Farbänderungen, sogar bei Einwirkung von Wasser, Temperaturänderungen und/oder mechanischer Beanspruchung - zu erreichen (Spalte 11, Zeilen 10 bis 41), so wird auch ausdrücklich erwähnt, daß sogar in Abwesenheit eines Pfropfvernetzers eine Verknüpfung zwischen den einzelnen Stufen erfolgen kann (Spalte 9, Zeilen 18 bis 20). Der Verknüpfungsgrad ist eigentlich eine Funktion von einer Anzahl von Faktoren, darunter der Menge des Vernetzers, der relativen Mengen der einzelnen Stufen und des Molekulargewichtes der Stufen (Spalte 9, Zeilen 28 bis 33; Spalte 11, Zeilen 42 bis 44). Unter diesen Umständen kann das Wort "oder" in Spalte 9, Zeile 67 nicht als bloßer Schreibfehler abgetan werden, wie dies denkbar erschiene, wenn es der einzige Anhaltspunkt für ein Arbeiten auch in Abwesenheit eines Pfropfvernetzers wäre.

Somit erscheint die Mitverwendung eines Pfropfvernetzers in der zweiten Stufe nur als die bevorzugte Ausführungsform bei der Herstellung der bekannten Produkte, wofür auch der Schutz durch eine entsprechende Formulierung der Ansprüche begehrt wurde; dies schließt aber andere Ausführungsformen, insbesondere das Weglassen des Pfropfvernetzers in der Zwischenstufe, nicht von der Gesamtoffenbarung aus.

7. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß es nicht nur dem Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag, durch dessen Wortlaut im Hinblick auf das Wort "besteht" die Mitverwendung zusätzlicher Pfropfvernetzer schon ausgeschlossen ist, an der Neuheit fehlt, sondern ebenso auch dem jeweiligen Anspruch 1 gemäß beiden Hilfsanträgen. Einerseits wird laut der Definition der elastomeren Zwischenstufe b) im Oberbegriff ein Monomerengemisch polymerisiert, das aus "wenigstens 90 Gew.-% monofunktionellen äthylenisch ungesättigten Monomeren, von denen wenigstens die Hälfte ihres Gewichts Alkylester der Acrylsäure mit 1 bis 18 C-Atomen im Alkylrest oder Alkylester der Methacrylsäure mit 4 bis 18 C-Atomen im Alkylrest sind, sowie aus bis zu 10 Gew.-% mehrfunktionellen Monomeren, die mehrere Acryl- oder Methacrylgruppen im Molekül enthalten", besteht; andererseits wird im kennzeichnenden Teil angegeben, "daß am Aufbau der elastomeren Zwischenstufe als mehrfunktionelle Monomere wenigstens 0,2 Gew.-%, bezogen auf die Monomeren der Stufe b), an Monomeren mit drei oder mehr Acryl-und/oder Methacrylgruppen beteiligt sind." Da weder die eine, noch die andere Definition die Anwesenheit von Pfropfvernetzern überhaupt zuläßt, können die Disclaimer, die solche nochmals ausdrücklich ausschließen, höchstens eine klarstellende, aber keine einschränkende Wirkung auf die Zusammensetzung der elastomeren Zwischenstufe haben; daraus folgt, daß die Definition dieser Zwischenstufe mit oder ohne solche Disclaimer materiell die gleiche ist und daß Dokument (1) aus den oben geschilderten Gründen den Hauptanspruch gemäß den zwei Hilfsanträgen ebenso vorwegnimmt wie denjenigen gemäß Hauptantrag.

8. Die gleichen Erwägungen gelten für die abhängigen Ansprüche 2 und 3, da sowohl die Menge der mehrfunktionellen Monomeren in der Zwischenstufe gemäß Anspruch 2, als auch die Formmasse aus einem Schlagzähmodifizierungsmittel und einem thermoplastischen Polymeren von Methylmethacrylat aus Dokument (1) bekannt sind. Im übrigen müßten die Ansprüche 2 und 3 schon deswegen zusammen mit dem jeweiligen Anspruch 1 fallen, weil auf sie kein gesonderter Antrag gerichtet ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

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