European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1991:T009689.19910117 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 17 Januar 1991 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0096/89 | ||||||||
Anmeldenummer: | 80902232.0 | ||||||||
IPC-Klasse: | B05B 15/04 B01D 46/04 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Vorrichtung zum Pulverbeschichten von Werkstücken mit einer das Werkstück zeitweise aufnehmenden Sprühkabine | ||||||||
Name des Anmelders: | ESB | ||||||||
Name des Einsprechenden: | 1) SFB 2) Ransburg-Gema AG |
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Kammer: | 3.2.03 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Extension of protection conferred (no) Inventive step (yes) Shifting of features from preamble to characterising portion of patent claim - generalization of term in preamble of patent claim Erweiterung des Schutzbereichs (verneint) Erfinderische Tätigkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
- |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die am 27. November 1980 angemeldete und am 27. Januar 1982 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 80 902 232.0 ist am 12. September 1984 das europäische Patent Nr. 0 044 310 erteilt worden.
II. Gegen das erteilte Patent haben die Beschwerdeführerinnen I und II (Einsprechende I und II) Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, weil die Voraussetzungen gemäß Artikel 52 bis 57 EPÜ nicht vorlägen.
Zur Stützung der Einsprüche verwiesen sie im wesentlichen auf folgende Druckschriften:
D1: DE-U-6 901 700 D2: FR-A-2 369 878 D3: DE-A-1 962 698 D6: DE-A-1 752 212 D7: DE-A-2 809 020 D11: DE-A-2 025 381 sowie D16: DE-A-2 262 084 und D17: DE-A-2 731 123.
III. Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) widersprach dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen und legte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 11. April 1988 neue Unterlagen vor, die in Verbindung mit der erteilten Zeichnung der Aufrechterhaltung des Patents in eingeschränkter Fassung zugrundegelegt werden sollten.
IV. Daraufhin wurde das Verfahren nach Regel 58 (4) EPÜ in Gang gesetzt (Mitteilung vom 15. Juni 1988).
Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 15. Juli 1988 ihr Einverständnis erklärt, während die Beschwerdeführerin II mit Schreiben vom 20. Juni 1988 ihr Nichteinverständnis erklärt und begründet hat.
Mit der Zwischenentscheidung im Sinne von Artikel 106 (3) EPÜ vom 27. Oktober 1988 hat die Einspruchsabteilung zum Ausdruck gebracht, daß ihrer Meinung nach Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents Nr. 044 310 in geändertem Umfang gemäß Mitteilung nach Regel 58 (4) EPÜ vom 15. Juni 1988 nicht entgegenstehen.
V. Gegen die Entscheidung über die Aufrecherhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang gemäß Artikel 102 (3) EPÜ hat die Beschwerdeführerin II am 23. Dezember 1988 unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese begründet. Mit Schreiben vom 22. Mai 1989 wurde eine detaillierte Begründung der Beschwerde nachgereicht, wobei insbesondere Einwände unter Artikel 123 und 56 EPÜ vorgebracht wurden. Im Ergebnis wird beantragt, das Patent zu widerrufen.
Die Beschwerdeführerin I hat gegen die Zwischenentscheidung vom 27. Oktober 1988 keine Beschwerde eingelegt, ist aber am Verfahren vor der Beschwerdekammer gemäß Artikel 107 EPÜ beteiligt.
Die Beschwerdegegnerin widersprach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin II und verteidigte das Patent zunächst auf der Basis der Mitteilung gemäß Regel 58 (4) vom 15. Juni 1988 mit dem Antrag die Beschwerde zurückzuweisen.
VI. Mit Schreiben vom 17. Juli 1989 widersprach die Beschwerdeführerin II ihrerseits der Rechtsauffassung der Beschwerdegegnerin.
Mit der Mitteilung gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 16. November 1990 brachte die Kammer ihre vorläufige Auffassung der Sachlage zum Ausdruck, was seitens der Beschwerdegegnerin zur Vorlage neuer, vollständiger Unterlagen führte, Eingabe vom 29. November 1990, die seitens der Beschwerdeführerin II mit Eingabe vom 21. Dezember 1990 diskutiert wurden.
VII. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 17. Januar 1991 legte die Beschwerdegegnerin einen neuen Anspruch 1 vor, der folgenden Wortlaut hat:
"1. Vorrichtung zum Pulverbeschichten von Werkstücken (24) mit einer das Werkstück zeitweise aufnehmenden Sprühkabine (5), die eine Sprühöffnung (29) für eine Pulversprühpistole (49) und ferner eine Pulverkabinenöffnung (30) aufweist, hinter der ein an ein Sauggebläse (41) angeschlossenes Filteraggregat (34) angebracht ist, das Bestandteil einer Pulvereinheit (p) ist, welche den Pulverkreislauf unmittelbar beeinflussende Aggregate (Filteraggregat 34, Siebmaschine 56) mit einem Pulverbehälter (58) in sich funktionsfähig zusammenfaßt, wobei die Pulverkabinenöffnung (30) sich weitgehend über die gesamte rückseitige Begrenzung eines Sprühraumes (28) erstreckt und von einer teildurchlässigen Abschirmung (Schutzgitter 36) nach Art eines Gitters, einer Jalousie oder einer Streifenblende überdeckt ist und wobei das obere Ende des Filteraggregates (34) durch zwischen dem Filteraggregat und einer Reingaseinheit (1) vorgesehene Saugöffnungen mit dem Saugraum (39) des Sauggebläses (41) in Verbindung steht und unterhalb des Filteraggregates (34) und seitlich unterhalb des zum unteren Rand der Pulverkabinenöffnung (30) hin fördernden Kabinenbodens (18) eine Pulversammelvorrichtung derart angebracht ist, daß das Rücklaufpulver unter Schwerkraftwirkung in den Pulverbehälter (58) gefördert wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Pulverkabinenöffnung (30) der in einer Stirnwandebene der Sprühkabine (5) vorgesehenen Sprühöffnung (29) gegenüberliegend angebracht ist, daß ferner unterhalb des Filteraggregates (34) und des Kabinenbodens (18) eine die Pulversammelvorrichtung bildende Sieb- und Aufbereitungseinrichtung (Aufbereitungseinheit 3 mit Siebmaschine 56) derart angebracht ist, daß das Rücklaufpulver unter Schwerkraftwirkung durch die Sieb- und Aufbereitungseinrichtung hindurch in den Pulverbehälter (58) gefördert wird, der mit einer Einleitvorrichtung (Injektor 61) zum Einleiten des wiederaufbereiteten Sprühpulvers in eine zur Sprühpistole (49) führende Leitung (50) versehen ist, daß alle den Pulverkreislauf unmittelbar beeinflussenden Aggregate (Filteraggregat 34, Aufbereitungseinheit 3 mit Siebmaschine 56 und Pulverbehälter 58, Einleitvorrichtung 61) in der Pulvereinheit (p) funktionsfähig zusammengefaßt sind, die als Ganzes von der Sprühkabine (5) abnehmbar ist, und daß das Filteraggregat (34) über die Pulverkabinenöffnung (30) verteilt eine Anzahl hängend angeordneter, langgestreckter Filterelemente (Filterkerzen 35) aufweist, denen periodisch aufeinanderfolgend betätigbare Druckluftabreinigungsdüsen (47) zugeordnet sind, wobei jeweils in eine von mehreren Gruppen von Filterelementen ein Druckluftstoß eingeleitet wird."
VIII. Die Beschwerdeführerin II hielt ihren Einwand gemäß Artikel 123 (3) EPÜ aufrecht und verwies in diesem Zusammenhang auf die Einwände 1 bis 4 gemäß Eingabe vom 21. Dezember 1990, die alle den Oberbegriff des damaligen und geltenden Anspruchs 1 betreffen. In der Überführung von Merkmalen aus dem Oberbegriff in den Kennzeichenteil des unabhängigen Anspruches wird seitens der Beschwerdeführerin II bereits ein Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ gesehen, gleichfalls in der Verallgemeinerung eines Begriffs im Oberbegriff, auch wenn dieser Begriff im Anspruchskennzeichen wieder auf den ursprünglichen Begriff zurückgeführt wurde.
Beide Beschwerdeführerinnen rügten die fehlende Abgrenzung des Anspruchs 1 gegenüber der gattungsbestimmenden Druckschrift D1, die ihrer Meinung nach auch Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 offenbare, so daß diese demzufolge hätten in den Anspruchsoberbegriff genommen werden müssen.
Der weitere Einwand beider Beschwerdeführerinnen war der unter Artikel 56 EPÜ, und zwar gestützt auf die Druckschriften D1, D7, D11 und D16. Die übrigen Druckschriften haben in der mündlichen Verhandlung vom 17. Januar 1991 keinerlei Rolle mehr gespielt. Grundsätzlich wurde auch noch das "reine Kleben" an den Aussagen der relevanten Druckschriften und das "Hintanstellen fachmännischer Überlegungen" bemängelt. Die Kombination von D1 und D11 wurde bereits als Patenthindernis im Sinne von Artikel 56 EPÜ angesehen, obwohl auch noch die Druckschriften D7 und D16 in die Argumentationskette einbezogen wurden. Weiter wurde seitens der Beschwerdeführerinnen vorgebracht, daß der strittige Anspruch 1 keine "völlig neuen" Merkmale aufweise, daß vielmehr alle Einzelmerkmale mit den Druckschriften D1, D11, D7 und D16 als bekannt nachgewiesen worden seien und daß im Ergebnis lediglich eine naheliegende, nicht patentwürdige Kombination nunmehr unter Schutz gestellt werden solle.
Der Antrag auf Widerruf des Patents wurde seitens der Beschwerdeführerinnen I und II aufrechterhalten.
Die Beschwerdegegnerin widersprach dem Vorbringen der beiden Beschwerdeführerinnen und führte aus, daß der im Einspruchsverfahren erstmalig benannte Stand der Technik eine Neufassung des Anspruchs 1 erforderlich gemacht hätte, d. h. die Aufteilung in Merkmale des Oberbegriffs und des Kennzeichenteils war im Lichte der D1 vorzunehmen, daß sich hieraus aber kein Einwand unter Artikel 123 (3) EPÜ ableiten ließe, weil diese Merkmalsaufteilung rein abgrenzungstechnischer Art sei, am Schutzumfange aber nichts ändere. In diesem Zusammenhang stellte sie auch heraus, daß aus abgrenzungstechnischen Gründen im Oberbegriff Überbegriffe (Verallgemeinerungen von Merkmalen) verwendet werden mußten, daß aber diese im Kennzeichenteil wieder auf die ursprünglich offenbarten Begriffe zurückgeführt worden seien, so daß ihrer Meinung nach kein Einwand unter Artikel 123 (2) und (3) EPÜ gerechtfertigt sei. Die Beschwerdegegnerin vertrat weiterhin die Auffassung, daß der geltende Anspruch 1 ausreichend gegenüber der D1 abgegrenzt sei und daß dessen Gegenstand das Ergebnis erfinderischen Tätigwerdens sei, weil die Merkmale des Anspruchs 1 nicht einmal im Lichte von vier Druckschriften vollständig abgedeckt seien und für sie ein kombinatorischer Effekt der Anspruchsmerkmale außer Frage stehe.
Die Beschwerdegegnerin beantragt somit weiterhin die Beschwerden zurückzuweisen und das Patent in geändertem Umfange aufrechtzuerhalten, und zwar auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Anspruchs 1, ansonsten auf der Basis der mit Eingabe vom 29. November 1990 eingereichten abhängigen Ansprüche und (einer anzupassenden) Beschreibung, in Verbindung mit der erteilten Zeichnung.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin II ist zulässig. Die Beschwerdeführerin I hat keine Beschwerde eingelegt, ist aber am Verfahren vor der Beschwerdekammer gemäß Artikel 107 EPÜ beteiligt.
2. Schutzbereichserweiterung:
2.1. Der geltende Anspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der Merkmale der erteilten Ansprüche 1, 6 und 7 sowie des in Sp. 7, Z. 54 bis 62 der Streitpatentschrift enthaltenen Merkmals dar. Durch die Aufnahme zusätzlicher Merkmale in den erteilten Anspruch 1 ist der Schutzbereich desselben nicht erweitert, sondern eingeschränkt worden. Dies ist aber nach Artikel 123 (3) EPÜ zulässig.
2.2. Das Argument der Beschwerdeführerin II, daß bereits eine Verschiebung von Merkmalen aus dem Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 in den Kennzeichenteil des geltenden Anspruchs 1 eine Verletzung der Vorschrift gemäß Artikel 123 (3) EPÜ darstelle, ist nicht stichhaltig.
In Übereinstimmung mit dem Sachvortrag der Beschwerdegegnerin kann eine Merkmalsverschiebung innerhalb eines Patentanspruches den Schutzbereich nicht erweitern, weil damit der Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs nicht verändert wird. Wäre dies anders, so könnte ein Patentinhaber niemals in der jeweiligen Fassung der unabhängigen Patentansprüche einen weitergehenden Stand der Technik berücksichtigen, um im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren Regel 29 (1) EPÜ, d. h. die zweiteilige Anspruchsform, zu erfüllen und damit die veränderte Ausgangssituation (weitergehender Stand der Technik) sichtbar zu machen.
Es ist offensichtlich, daß die Argumentation der Beschwerdeführerin II im Falle eines einteilig abgefaßten Anspruchs, der unter bestimmten Umständen zweckmäßig sein kann, z. B. bei Vorliegen einer Schaltung oder eines Verfahrens oder eines Gegenstandes der nicht in bekannte und überschießende Merkmale aufteilbar ist, ohne das Verständnis des Anspruches zu erschweren bzw. unmöglich zu machen, nicht stichhaltig wäre, obwohl ein Gegenstand z. B. in gleicher Weise in einem einteiligen oder in einem zweiteilig abgefaßten Anspruch definierbar ist. Die Überlegungen der Beschwerdeführerin II in Richtung eines "freien Bereiches" (Stand der Technik) sind demnach bei der Prüfung des Schutzbereichs fehl am Platze, weil nach Artikel 123 (3) EPÜ nicht der "freie Bereich" zu prüfen ist, sondern zu prüfen ist, ob der Anspruch an sich - d. h. ohne Differenzierung in Merkmale des Oberbegriffs und des Kennzeichenteils - den Erfordernissen des Artikels 123 (3) EPÜ genügt oder nicht.
2.3. Die Beschwerdeführerin II hat auch dem Vorgehen widersprochen, daß Begriffe im Oberbegriff zunächst verallgemeinert und dann im Kennzeichenteil wieder auf den ursprünglich offenbarten Rahmen eingeschränkt werden, weil für sie ein derartiges Vorgehen ebenfalls einen Verstoß gegen Artikel 123 (3) EPÜ darstellt.
Auch dieser Rechtsauffassung kann die Kammer nicht folgen, da für sie sich ein derartiges Vorgehen schon aus der Notwendigkeit der Regel 29 (1) EPÜ (Abgrenzung von Ansprüchen gegenüber dem nächstkommenden Stand der Technik) ergibt. Um überhaupt einen Oberbegriff eines unabhängigen Anspruchs bilden zu können, ist es oft unerläßlich aus zwei engen Begriffen (Anmeldungsgegenstand bzw. nächstkommender Stand der Technik) einen allgemeineren Begriff (Überbegriff) zu wählen, der beide überdeckt. Die Kammer hat in ihrer Mitteilung vom 16. November 1990 auf S. 3, Pkt. 4 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß gegen eine Verallgemeinerung eines Begriffes im Oberbegriff eines unabhängigen Anspruchs nur dann nichts einzuwenden ist, wenn dieser im Kennzeichenteil wieder auf den ursprünglich offenbarten Begriff zurückgeführt wird. Die Kammer hat damit nicht einer unkontrollierten Verallgemeinerung das Wort gesprochen.
Im Anspruchs 1 - Oberbegriff ist die "Pulversammelvorrichtung" enthalten, die im Kennzeichenteil des Anspruchs 1 in zulässiger Weise spezifiziert ist in "eine Sieb- und Aufbereitungseinrichtung (Aufbereitungseinheit 3 mit Siebmaschine 56)".
2.4. Es ergibt sich, daß Anspruch 1 aus der Sicht des Artikels 123 (3) EPÜ nicht angreifbar ist.
2.5. Mit Blick auf die abhängigen Ansprüche 2 bis 8 ist festzuhalten, daß auch sie keine Erweiterung des Schutzbereiches beinhalten, da sie den erteilten Ansprüchen 2 bis 5 und 8, 9 sowie 11 entsprechen und nur Änderungen redaktioneller Art vorgenommen wurden (Ansprüche 6 bis 8), ohne den sachlichen Inhalt der abhängigen Ansprüche 6 bis 8 zu verändern.
3. Neuheit:
Die Neuheit des Gegenstands des geltenden Anspruchs 1 ist unstrittig zwischen den Parteien und auch seitens der Kammer gegeben, so daß sich hierzu weitere Ausführungen erübrigen.
4. Erfinderische Tätigkeit:
4.1. Wie im Tatbestand unter VIII. ausgeführt, beschränkte sich die Diskussion der Patentwürdigkeit (Art. 56 EPÜ) des Gegenstands des geltenden Anspruchs 1 in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ganz auf die Druckschriften D1, D11, D7 und D16, so daß nachfolgend die weiter genannten Druckschriften D2, D3, D6 und D17 nicht näher beleuchtet werden, weil auch die Beschwerdeführerinnen ihnen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 keinerlei Bedeutung haben zukommen lassen.
4.2. Gattungsnächster Stand der Technik ist die Druckschrift D1, der gegenüber der geltende Anspruch 1 abgegrenzt wurde. Die Beschwerdeführerinnen I und II bemängelten diese Abgrenzung, nach Auffassung der Kammer zu Unrecht.
Zunächst wurde ausgeführt, daß auch beim Gegenstand der D1 die Sprühpistole notwendigerweise, vgl. Fig. 1 der D1, rechts sein müsse, so daß auch dort das Merkmal "daß die Pulverkabinenöffnung der in einer Stirnwandebene der Sprühkabine vorgesehenen Sprühöffnung gegenüberliegend angebracht ist" verwirklicht sei, wobei diese Auslegung der D1 im Lichte der D11 erfolgte, in der die Sprühöffnung der Kabinenöffnung gegenüberliegt.
Für die Frage, ob ein Merkmal einer Druckschrift entnehmbar ist oder nicht, ist es unzulässig über deren Inhalt hinauszugehen und Merkmale aus einer anderen Druckschrift in sie hineinzulesen. Das Studium der D1 erhellt, daß über die Lage der Sprühöffnung in D1 nichts ausgesagt ist, weder im Textteil noch im Zeichnungsteil.
Es muß damit aber der Beschwerdegegnerin zugestanden werden das strittige Merkmal des Anspruchs 1 im Kennzeichenteil aufzuführen.
Mit Blick auf die D1 haben beide Beschwerdeführerinnen ausgeführt, daß die "Pulveraufbereitungsanlage" hätte im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführt werden müssen. Die Kammer ist in der Beratung der mündlichen Verhandlung zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen, und zwar aus nachfolgender Überlegung:
In D1, vgl. Fig. 3 und S. 3, Z. 4 bis 17 und S. 5, Z. 6 v. u. bis S. 6, letzte Zeile, ist zwar von einer Aufbereitungseinrichtung grundsätzlich die Rede, aber es wird stets darauf hingewiesen, daß diese getrennt ist von der Sprühkabine. Schon daraus rechtfertigt sich nach Auffassung der Kammer der Schluß, daß die "Pulverbeschichtungsanlage" der D1 nicht vergleichbar ist mit dem Gegenstand der D1, bei dem die Aufbereitungseinrichtung wirklich in die "Vorrichtung zum Pulverbeschichten von Werkstücken", vgl. Z. 1 des geltenden Anspruchs 1, integriert ist.
Es ist weiterhin S. 3, Z. 15/16 der D1 zu berücksichtigen, wo klar ausgesagt ist, daß nicht jede Sprühkabine eine Aufbereitungseinrichtung hat, sondern daß für mehrere Sprühkabinen eine einzige Aufbereitungseinrichtung vorgesehen ist. Die Aufnahme der Aufbereitungseinrichtung in den Oberbegriff des Anspruchs 1 hätte damit suggeriert, daß auch bei der D1 die Aufbereitungseinrichtung Bestandteil der Pulverbeschichtungsvorrichtung an sich ist und daß eine solche der Sprühkabine schlechthin zugeordnet ist. Mit Blick auf die D1 trifft dies aber so nicht zu, so daß die Kammer insgesamt zu der Auffassung gelangt ist nicht darauf zu bestehen, daß die Aufbereitungseinrichtung in den Oberbegriff des Anspruchs 1 zu nehmen ist, zumal - und dies scheint der Kammer wesentlich - der Kennzeichenteil des Anspruchs 1 klar erkennen läßt, daß nicht eine Aufbereitungseinrichtung an sich als kennzeichnend beansprucht ist, sondern daß es darauf ankommt, wie dieselbe angeordnet ist, was im Anspruch 1 durch die Worte "derart angebracht ist, daß ..." in eindeutiger Weise zum Ausdruck kommt.
Die Gesamtheit vorstehender Überlegungen ist Ursache dafür, die geltende Fassung des Anspruchs 1 aus der Sicht der Regel 29 (1) EPÜ zu akzeptieren.
4.3. Von der D1 ausgehend, liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, vgl. geltende S. 3, Abs. 2 die gattungsgemäße Vorrichtung derart weiterzubilden, daß der Pulverkreislauf vereinfacht und die Funktionssicherheit bzw. Funktionsbereitschaft der Vorrichtung, insbesondere durch bessere Reinhaltung und Reinigung verbessert wird. Diese Aufgabe stellt zugleich die "objektiv verbleibende technische Aufgabe" dar, die bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 zugrundezulegen ist.
4.4. Die vorstehend genannte Aufgabe ist beim Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 durch die drei Merkmalsgruppen (Zuordnung gemäß Vortrag der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung) gelöst:
1. die Siebmaschine (56) ist derart unterhalb des Filteraggregates (34) und des Kabinenbodens (18) angeordnet, daß das Rücklaufpulver unter Schwerkraftwirkung durch das Sieb hindurch in den Pulverbehälter (58) gefördert wird, wobei der Pulverbehälter mit einer Einleitvorrichtung (61) zum Einleiten des wiederaufbereiteten Sprühpulvers in eine zur Sprühpistole (49) führende Leitung (50) versehen ist;
2. alle den Pulverkreislauf unmittelbar beeinflussenden Aggregate (Filter, Siebmaschine, Pulverbehälter und Einleitvorrichtung) sind in der Pulvereinheit (p) funktionsmäßig zusammengefaßt und als Ganzes von der Sprühkabine abnehmbar;
3. das Filteraggregat (34) ist periodisch durch Druckluftabreinigungsdüsen zu reinigen, wobei den Filterelementen (35) gruppenweise Druckluftstöße zugeleitet werden.
4.5. Die Wirkung der vorgenannten Merkmalsgruppen 1. bis 3. ist darin zu sehen, daß durch die Direktverbindung von Sieb und Pulvereinheit der Pulverkreislauf einerseits verkürzt und daß andererseits das in den Pulverbehälter gelangende Pulver bereits aufbereitet und sofort wiederverwendbar ist. Durch die Zusammenfassung aller den Pulverkreislauf unmittelbar beeinflussenden Aggregate zu einer einzigen Wechseleinheit ergeben sich kurze Wechselzeiten, da diese Wechseleinheit auch das Filter mit auswechselt so daß bei einem Pulverwechsel lediglich die Sprühkabine von der vorhergehenden Farbe zu säubern ist. Schließlich wird durch das periodische Reinigen der Filterelemente erreicht, daß abgereinigtes Pulver sofort wieder in den Pulverbehälter gelangt und daß andererseits die Pulvermenge an sich reduziert wird, weil das Pulver sich vornehmlich im Kreislauf befindet und nicht an den Filterelementen haftet.
4.6. Erkennbar tragen die Merkmale der vorgenannten Merkmalsgruppen 1 bis 3. alle zur Lösung der gestellten Aufgabe bei und stehen auch untereinander in Wechselwirkung z. B. 1. mit 2. durch verkürzten Kreislauf und die Möglichkeit des Austausches des kompletten Pulverkreislaufssystems bzw. 3. mit 2. durch einfache Reinigungsmöglichkeit, weil die Filterelemente wenig Farbe tragen und sich der Großteil des Pulvers im Kreislauf befindet. Anspruch 1 definiert demnach eine Vorrichtung, deren Merkmale kombinatorisch verbunden sind, d. h. es liegt eine Kombinationserfindung vor.
4.7. Den Grundsätzen der Entscheidung T 37/85 veröffentlicht in ABl. EPA, 1988, 86 (Leitsatz), folgend ist, eine Kombinationserfindung - im Gegensatz zu einer Aggregation von Merkmalen - unter besonderen Gesichtspunkten zu prüfen, da das Bekanntsein einzelner oder mehrerer Merkmale keinen zuverlässigen Schluß auf das Naheliegen der Kombination zuläßt.
4.8. Die Beschwerdeführerinnen haben in ihrer Begründung zum Naheliegen des Gegenstandes des Anspruchs 1 auf insgesamt vier Druckschriften, nämlich D1, D11, D7 und D16, zurückgegriffen, wobei die Beschwerdegegnerin demgegenüber ausgeführt hat, daß selbst die Gesamtschau von vier Druckschriften ein tragendes Merkmal des Anspruchs 1 nicht umfaßt, nämlich daß beim Ausbau der den Pulverkreislauf beeinflussenden Aggregate auch das Filteraggregat in die zu wechselnde Einheit miteinzubeziehen ist.
4.9. Zunächst ist es unstrittig, daß das erste kennzeichnende Merkmal des Anspruchs 1 "daß die Pulverkabinenöffnung (30) ... gegenüberliegend angebracht ist" im Stand der Technik (nicht D1!) an sich bekannt ist, vgl. z. B. D7, Fig. 1 Bezugszeichen "15" und "12'", so daß es wenig zur Stützung der erfinderischen Tätigkeit der in Anspruch 1 beanspruchten Vorrichtung beitragen kann.
4.10. Wie unter 4.8 vorstehend ausgeführt wurde, ist es bei elektrostatischen Sprüh- und Beschichtungsanlagen durchaus üblich, gewisse Einheiten des "Pulversystems" in Form von schnell wechselbaren Einheiten zusammenzufassen, vgl. D7, bei der zumindest die Filtereinrichtung "13" und der nicht mit Bezugszeichen versehene Pulverbehälter als Ganzes von der Sprühkabine trennbar sind. Erkennbar fehlen in D7 aber jegliche Maßnahmen einer Pulveraufbereitung und Pulverrückführung sowie Hinweise auf eine periodisch in Tätigkeit tretende Filterabreinigungsvorrichtung, so daß der Fachmann mit der D7 allenfalls dazu angeregt wird eine aus Filtereinrichtung und Pulverbehälter bestehende Wechseleinheit mit einer Sprühkabine zu kombinieren, die strömungsgünstig geformt ist, d. h. keine Kanten und Ecken usw. aufweist, an denen sich Pulver ablagern und somit die Reinigung der Kabine erschweren könnte. Das Schwergewicht liegt bei der D7 damit in der Ausgestaltung der Sprühkabine und nicht in der Optimierung des eigentlichen "Pulversystems", wie dies beim Gegenstand des Anspruchs 1 der Fall ist.
4.11. Obwohl einleitend bei der Frage der Abgrenzung schon auf die gattungsbildende Druckschrift D1 näher eingegangen wurde - mit dem Ergebnis, daß die Abgrenzung aus den im einzelnen angeführten Überlegungen im vorliegenden Falle nicht zu beanstanden ist - ist auf D1 im Zusammenhang mit der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit erneut einzugehen, weil die Beschwerdeführerinnen dieser Druckschrift besondere Bedeutung beigemessen haben, insbesondere ihrer S. 1 Abs. 2, S. 2 und 3. Obwohl in D1 kein eigentlicher Pulverkreislauf angestrebt bzw. gemäß Ausführungsbeispiel verwirklicht ist, wurde geltend gemacht, daß deren S. 1, Abs. 2 relevant sei, weil daraus bekannt sei, Pulver aufzubereiten und im Kreislauf zu führen. Zum "Pulverkreislauf" bei D1 ist aber darauf hinzuweisen, daß dieser nur im Stand der Technik zur D1 realisiert ist, nicht aber beim Gegenstand der D1 an sich ("Weiter ist auch eine Anlage bekannt ..."), so daß diese beiden Lehren nebeneinander und nicht notwendigerweise deshalb schon in Kombination zu sehen sind. Obwohl in D1 die leichte Reinigung aufgabenmäßig angesprochen ist, vgl. S. 2, Z. 4 bis 8, betrifft die Lehre der D1 nur Teilmerkmale des geltenden Anspruchs 1, z. B. die Möglichkeit, Pulver grundsätzlich zu sammeln ("Absitzen in einem Absitzraum"), aufzubereiten und rückzuführen. Ein wirklicher Pulverkreislauf, d. h. ohne manuellen Eingriff wie Entnehmen der gefüllten Pulverbehälter, Ankoppeln an eine getrennte Aufbereitungsanlage und Rücktransport des aufbereiteten Pulvers zur Sprühpistole, ist bei der D1 zumindest nicht in zum Gegenstand des Anspruchs 1 vergleichbarer Form angesprochen. Von einem kompletten Ausbau aller den Pulverkreislauf bestimmenden Aggregate einschließlich Filter und Einleitvorrichtung usw. kann bei D1 ohnehin keine Rede sein. Ihre Relevanz im Hinblick auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hält sich somit in Grenzen.
4.12. Mit Blick auf die D16 sollte seitens der Beschwerdeführerinnen der Nachweis geführt werden, daß das zyklische pneumatische Abreinigen von langgestreckten Filterelementen per se bekannt ist. Dieser Auffassung ist seitens der Kammer voll zuzustimmen, d. h. die Merkmalsgruppe 3. gemäß vorstehendem 4.4 gehört bei elektrostatischen Beschichtungseinrichtungen zum Stand der Technik. Gemäß Entscheidung T 37/85 ist dieser Umstand an sich noch kein Indiz dafür, daß die beanspruchte Vorrichtung dem Erfordernis des Artikels 56 EPÜ nicht genügen würde.
4.13. Den insgesamt breitesten Raum in der mündlichen Verhandlung nahm D11 ein, die in Verbindung gebracht wurde mit D1, D7 und D16.
Grundsätzlich ist festzustellen, daß in D11 ein echter Pulverkreislauf realisiert ist, wobei im einzelnen vorgesehen ist, daß das Rücklaufpulver gesammelt (bei "2"), gesiebt/wiederaufbereitet (bei "2a") und in einem Pulverbehälter "4" aufgefangen und hieraus im Kreislauf (vgl. "5") zur Sprühpistole gefördert wird. Insoweit liegen Übereinstimmungen zum Gegenstand des Anspruchs 1 vor, obwohl andererseits die Unterschiede zu diesem Gegenstand nicht negiert werden dürfen, da für den unbefangenen Leser der D11 mit dem Bezugszeichen "3" der D11 nur eine Manschette offenbart ist, die es erlaubt die quer verlaufende Rinne der D11 zu rütteln, d. h. schwingungsmäßig abzukoppeln von der eigentlichen Sprühkabine. In die Manschette "3" der D11 bereits eine "Trennstelle" im Sinne des angegriffenen Anspruchs 1 hineinzuinterpretieren, ist das Ergebnis einer Auslegung der D11 im Lichte der Erfindung, d. h. sachlich ungerechtfertigt. Aber selbst wenn der Fachmann aus der Manschette "3" der D11 die Lehre ziehen sollte, daß hier eine Trennstelle zwischen Sprühkabine und den den Pulverkreislauf bestimmenden Aggregaten gegeben sei (Sieb/Aufbereitungsanlage, Pulverbehälter und Einleitvorrichtung zur Sprühpistole), verbliebe dennoch zumindest im ortsfesten Filteraggregat ein wesentlicher Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 bestehen, weil damit im Unterschied zur vorliegenden Erfindung nicht alle den Pulverkreislauf unmittelbar beeinflussenden Aggregate als Ganzes zu wechseln wären. Ein wesentlicher Aufgabenaspekt wäre demnach selbst in diesem Fall nicht gelöst, nämlich derjenige der besseren Reinigung bzw. Reinhaltung der Vorrichtung.
Die Beschwerdeführerinnen haben vor allem auch aus der S. 4, Abs. 2, Z. 1/2 der D11 den Schluß gezogen, daß mit dem Hinweis auf "geeignete Maßnahmen" die Merkmalsgruppe 3. gemäß vorstehendem 4.4 direkt angesprochen sei. Wie schon ausgeführt wurde, ist das Bekanntsein von einzelnen oder mehreren Merkmalen einer Kombinationserfindung aber nicht von vornherein ein Indiz gegen das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit.
Mit Sicherheit ist aber selbst dann, wenn der Fachmann aus D11 den Hinweis der "geeigneten Maßnahmen" zum Filterreinigen aufgreift keine Einbahnstraßensituation gegeben, dergestalt, daß nur das beanspruchte Filterabreinigungssystem denkbar wäre und sonst kein anderes. Es ist unstrittig, daß Filter nicht nur durch Innendruckbeaufschlagung abgereinigt werden könnten; ein Außenanblasen wäre ebenso denkbar, wie die Anwendung von Vibration usw. Somit liegt erfindungsgemäß zumindest eine Auswahl eines Filterabreinigungssystems aus einer Vielzahl von Möglichkeiten vor, was u. U. für sich bereits ein Indiz für das Vorliegen erfinderischer Tätigkeit sein kann.
Grundsätzlich bekannt aus D11 mag auch das Einleiten des aufgefangenen Pulvers in die Leitung "5" zur Sprühpistole sein, nämlich durch Fluidisieren des gesiebten Pulvers und Ansaugen desselben über eine Injektoreinrichtung. Erkenbar stellt dieses Merkmal aber nicht die Erfindung dar, sondern ist eingebunden in einen ganzen Merkmalskomplex einer Kombinationserfindung.
Nicht überzeugend ist weiterhin das Argument, daß Filterelemente gemäß S. 4, Abs. 2 der D11 ausbaubar sein müssen, da eine bloße "Ausbaubarkeit" eines Filters nach Ansicht der Kammer nichts mit einer Wechseleinheit wie sie im Kennzeichen des Anspruchs 1 definiert ist, zu tun hat.
4.13. Insbesondere die Beschwerdeführerin II hat argumentiert, daß sich der Gegenstand des Anspruchs 1 aus nur zwei Druckschriften, nämlich der Kombination von D1 und D11 ergäbe. D7 und D16 seien dabei lediglich "heranzuziehen", aber eigentlich nicht nötig, um das Fehlen erfinderischer Tätigkeit zu belegen. Auch dieser Argumentation vermag die Kammer nicht zu folgen, weil ohne D7 und D16 die Zahl von im Stand der Technik nicht nachgewiesenen Merkmalen nur noch größer wäre.
4.14. Wiederholt haben beide Beschwerdeführerinnen auf den "Fachmann" abgestellt, für den die Beachtung und Lösung vieler Einzelforderungen selbstverständlich und naheliegend wäre, auch dann, wenn der aufgezeigte Stand der Technik ein solches fachmännisches Handeln nicht expressis verbis widerspiegele. In diesem Zusammenhang wird aber fachmännisches Handeln und Abwägen in unzulässiger Weise gekoppelt mit rückschauender Betrachtungsweise, so daß auch dieser Angriff auf den Gegenstand des Anspruchs 1 ins Leere geht.
4.15. In der Zusammenfassung vorstehender Überlegungen kommt die Kammer zu dem Schluß, daß Anspruch 1 einen patentfähigen Gegenstand im Sinne der Artikel 54 und 56 EPÜ definiert und daß Anspruch 1 damit als Grundlage für den Bestand des Patents in seiner eingeschränkten Fassung gemäß vorstehendem VIII. letzter Absatz dienen kann.
5. Der Beschwerdegegnerin wurde in der mündlichen Verhandlung aufgegeben den geltenden Anspruch 1 und die geltende Beschreibung aus Gründen der Lesbarkeit in Reinschrift einzureichen, da die zahlreichen handschriftlichen Passagen und die abgeschnittenen Blattränder einen zuverlässigen Neudruck des Patents in seiner geltenden Fassung nicht erlauben. Weiterhin wurde seitens der Kammer gefordert, die Beschreibung bei dieser Gelegenheit an die Diktion des geltenden Anspruchs 1 anzupassen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, das Patent auf der Basis des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Anspruchs 1, der mit Eingabe vom 29. November 1990 eingereichten abhängigen Ansprüche und einer hieran angepaßten, in Reinschrift vorzulegenden Beschreibung in Verbindung mit der erteilten Zeichnung aufrechtzuerhalten.