T 0095/89 () of 29.11.1990

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1990:T009589.19901129
Datum der Entscheidung: 29 November 1990
Aktenzeichen: T 0095/89
Anmeldenummer: 82110359.5
IPC-Klasse: B02C 13/284
B02C 18/14
B02C 18/22
Verfahrenssprache: DE
Verteilung:
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Papierzerkleinerer und Verfahren zum Betrieb
Name des Anmelders: Lindemann Maschinenfabrik
Name des Einsprechenden: HAZEMAG, Andreas E.
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
Schlagwörter: Inventive step - combination of features
Main request : denied - auxiliary request : affirmed
Erfinderische Tätigkeit
Hauptantrag : verneint - Hilfsantrag : bejaht
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0002/83
T 0037/85
Anführungen in anderen Entscheidungen:
-

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 10. November 1982 angemeldete und am 8. Juni 1983 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 82 110 359.5 ist am 15. Oktober 1986 das europäische Patent Nr. 0 080 621 erteilt worden.

II. Gegen das erteilte Patent hat die Beschwerdegegnerin (Einsprechende), damalige Firmenbezeichnung HAZEMAG Dr. E. Andreas GmbH & Co, Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen, da "der Gegenstand des Patents die Voraussetzungen für die Patentierbarkeit nach den Artikeln 52, 54 und 56 EPÜ nicht erfüllt", vgl. Einspruchsschriftsatz vom 10. Juli 1987.

Zur Stützung ihres Einspruches verweist sie auf die folgenden Dokumente:

D1 DE-C-915 520 D2 DE-A-2 516 014 D3 HAZEMAG-Prospekt "Mehrzweck-Müll-Mühle UNIVERSA", Druck-Nr. H. 1015.02 7027 aus dem Jahre 1977.

In der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 24. November 1988, mit der das europäische Patent Nr. 0 080 621 widerrufen worden ist, wurden auch noch die Dokumente D4 DE-C-678 451 und D5 FR-A-2 063 346 des Prüfungsverfahrens in Betracht gezogen.

III. Erlaß der Entscheidung der Einspruchsabteilung IV. Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) am 26. Januar 1989 unter gleichzeitiger Zahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese mit Schreiben vom 30. März 1989 begründet. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf das Dokument D6 DE-B-1 928 212 welches ihrer Meinung nach den Ausgangspunkt der vorliegenden Erfindung darstellt.

Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung der Einspruchsabteilung und -im Rahmen des Hauptantrages -das Patent in seiner erteilten Fassung aufrechtzuerhalten. Der erteilte Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Papierzerkleinerer mit einem in einem Gehäuse (1) mit Einfüllöffnung (2) drehbar gelagerten, mit Zerkleinerungswerkzeugen (3) besetzten Rotor (4) mit horizontaler Achse (5) und mit einem Auslaßrost (6, 7) sowie einer dem Auslaßrost (6, 7) zugeordneten Auslaßöffnung des Gehäuses, wobei der Rost um eine parallel zur Rotorachse (5) verlaufende Rostachse seitlich auszuschwenken ist, wobei der Rost aus zwei etwa in der Vertikalebene der Rotorachse (5) geteilten Hälften (6, 7) besteht und unterhalb des Rotors (4) angeordnet ist, die in Rotordrehrichtung (15) zweite Rosthälfte (7) vollkommen aus dem Wirkungsbereich der Rotorwerkzeuge (3) unter Freigabe eines Abflußweges für etwa tangential bzw. horizontal von der zu diesem Zeitpunkt einsatzbereiten ersten Rosthälfte (6) kommendes, zerkleinertes Gut nach oben auszuschwenken ist, und die in Drehrichtung (15) des Rotors (4) erste Rosthälfte (6) in verschiedenen Schwenkstellungen zum Schlagkreis (16) der Rotorwerkzeuge (3) zu arretieren ist."

An diesen unabhängigen Anspruch schließen sich die erteilten abhängigen Vorrichtungsansprüche 2 und 3 sowie die erteilten Verfahrensansprüche 4 bis 9 an.

Mit der Beschwerdebegründung vom 30. März 1989 reichte die Beschwerdeführerin im Rahmen eines Hilfsantrages Ansprüche 1 bis 8 ein und beantragte hilfsweise die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfange.

Die Beschwerdegegnerin sieht weder in den Ansprüchen gemäß Hauptantrag noch in denen des Hilfsantrages eine patentwürdige Erfindung im Sinne des Artikels 56 EPÜ, weil ihrer Meinung nach die Dokumente D2 und D3 in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag führen.

V. In der Mitteilung der Kammer vom 18. September 1990 gemäß Artikel 11, Absatz 2 VOBK hat die Kammer ihre vorläufige Auffassung zum Hauptantrag dahingehend zum Ausdruck gebracht, daß für sie eine erfinderische Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Gegenstand der erteilten Ansprüche 1 bzw. 4 nicht erkennbar sei, wobei sie in diesem Zusammenhang die Dokumente D4 und D1 als besonders relevant ansah.

Zum Hilfsantrag vom 30. März 1989 führte die Kammer in vorgenannter Mitteilung aus, daß dessen Anspruch 1 der Forderung der Regel 29 (1) EPÜ nicht entspreche und daß die Frage zu klären sei, welches der Dokumente D3 oder D6 zur Gattungsbildung bzw. Definition der objektiv verbleibenden technischen Aufgabe heranzuziehen sei, Regel 27 (1) (c) und (d) bzw. Artikel 56 EPÜ, wobei für Dokument D6 das Zerreißprinzip mittels der zusammenwirkenden Bauteile "4, 5" und der Hinweis auf "Papier" spreche.

VI. Mit Eingabe vom 8. November 1990 nahm die Beschwerdeführerin zur Mitteilung der Kammer Stellung. Zunächst verteidigte sie den Hauptantrag (erteiltes Patent) vor allem mit dem Hinweis auf Dokument D4, welches ihrer Meinung nach durch die "besonderen Zerkleinerungsanforderungen" des Aufgabegutes "Papier" vom Fachmann nicht in Betracht genommen würde, es sei denn in Kenntnis der Erfindung. Zum erteilten Anspruch 4 führte sie mit Blick auf Dokument D1 aus, daß dessen Aufgabegut verschieden sei von dem des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und daß zudem kein Rost vorgesehen sei, so daß der Fachmann schon von daher keine über den Inhalt des Dokuments D6 hinausgehenden Anregungen erhalten konnte.

Mit vorgenanntem Schreiben vom 8. November 1990 modifizierte die Beschwerdeführerin ihren Hilfsantrag vom 30. März 1989. Anspruch 1 ist nunmehr in zweiteiliger Form - mit Abgrenzung gegenüber Dokument D6 - abgefaßt, weil unter Berücksichtigung der tatsächlichen, technischen Entwicklung Dokument D6 als Ausgangs-Stand der Technik anzusehen sei.

Anspruch 1 gemäß geltendem Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut:

"Papierzerkleinerer mit einem in einem Gehäuse (1) mit Einfüllöffnung (2) drehbar gelagerten, mit Zerkleinerungswerkzeugen (3) besetzten Rotor (4) mit horizontaler Achse (5) und mit einer Auslaßöffnung des Gehäuses, gekennzeichnet durch einen Auslaßrost (6, 7), dem die Auslaßöffnung zugeordnet ist, wobei der Rost um eine parallel zur Rotorachse (5) verlaufende Rostachse seitlich auszuschwenken ist, wobei der Rost aus zwei etwa in der Vertikalebene der Rotorachse (5) geteilten Hälften (6, 7) besteht und unterhalb des Rotors (4) angeordnet ist, die in Rotordrehrichtung (15) zweite Rosthälfte (7) vollkommen aus dem Wirkungsbereich der Rotorwerkzeuge (3) unter Freigabe eines Abflußweges für etwa tangential bzw. horizontal von der zu diesem Zeitpunkt einsatzbereiten ersten Rosthälfte (6) kommendes, zerkleinertes Gut nach oben auszuschwenken ist, die in Drehrichtung (15) des Rotors (4) erste Rosthälfte (6) in verschiedenen Schwenkstellungen zum Schlagkreis (16) der Rotorwerkzeuge (3) zu arretieren ist und die Relativlage von an der ersten Rosthälfte (6) angebrachten Gegenwerkzeugen (17, 18) je nach Schwenkstellung der Rosthälfte (6) zum Schlagkreis (16) der Rotorwerkzeuge (3) einzustellen ist."

VII. In der auf Antrag der Beschwerdeführerin anberaumten mündlichen Verhandlung vom 29. November 1990 - die Beschwerdeführerin war, wie mit Eingabe vom 8. November 1990 angekündigt, in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten - war die Antragslage wie folgt:

Beschwerdeführerin: Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Bestätigung des Patents in seiner erteilten Fassung (Hauptantrag) bzw. in seiner geänderten Fassung (Hilfsantrag) auf der Basis folgender Unterlagen:

- Anspruch 1 vom 8. November 1990

- Ansprüche 2 bis 8 vom 30. März 1989,

- Beschreibung gemäß Patentschrift mit Einleitungsteil gemäß Schreiben vom 8. November 1990,

- Figuren gemäß Patentschrift.

Beschwerdegegnerin: Bestätigung der angefochtenen Entscheidung und Widerruf des Patents sowohl in seiner erteilten Fassung als auch in der Fassung gemäß Hilfsantrag.

Zur Stützung ihres Antrages führte die Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung aus, daß ihrer Meinung nach Dokument D5 den nächstkommenden Stand der Technik bilde, weil daraus ein geteilter Rost mit jeweiliger Verstellungsmöglichkeit im Zusammenhang mit der Zerkleinerung von Pappe, Papier (Haushaltsmüll) bekannt sei. Im übrigen offenbare Dokument D5 Rotorwerkzeuge und Gegenwerkzeuge, so daß auch das Zerkleinerungsprinzip mit demjenigen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag übereinstimme (gleiche Merkmale, gleiche Wirkungen ...). Im Gegensatz zur Lehre gemäß Dokument D6 sei nach Dokument D5 auch ein kontinuierliches Beschicken des Zerkleinerers möglich. Was die verbleibenden Merkmale des Anspruchs 1 gegenüber Dokument D5 anbelange, sei Dokument D3 relevant. Obwohl dort dreierlei Gut vorliege, sei in Dokument D3 auch der Sperrmüll angesprochen, welcher stets einen hohen Papieranteil habe, so daß der Fachmann Dokument D3 in Kombination mit Dokument D5 betrachten würde und in naheliegender Weise den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag erhalten würde.

Zum Thema "Zerreißen" des Aufgabegutes führte die Beschwerdegegnerin aus, daß das dazu ihrer Meinung nach notwendige Merkmal, nämlich der Zerreißkamm "19" gemäß Figuren 1 und 2 der Streitpatentschrift, im Anspruch 1 (Hilfsantrag) fehle; die im Anspruch 1 enthaltenen Merkmale würden aber nicht notwendigerweise zum "Zerreißen" des Aufgabegutes führen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 EPÜ sowie den Regeln 1 (1) und 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Der Gegenstand des Hauptantrags wurde in der Verhandlung vor der Kammer nicht diskutiert, weil die Kammer schon aufgrund der Aktenlage davon überzeugt war, daß dieser Antrag zurückzuweisen sei, d. h. daß insoweit im Sinne der Beschwerdegegnerin zu entscheiden war. Aufgrund der Abwesenheit der Beschwerdeführerin bzw. ihres Vertreters bestand im übrigen unter diesen Umständen auch keine Veranlassung, den Hauptantrag im Verlauf der mündlichen Verhandlung zu diskutieren.

3. Formale Aspekte gemäß Artikel 123 EPÜ:

3.1. Hauptantrag:

Der erteilte Anspruch 1 stellt eine Zusammenfassung der Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1, 2 und 3 dar. Die erteilten Ansprüche 2 bis 9 entsprechen unmittelbar den ursprünglichen Ansprüchen 4 bis 11. Das erteilte Schutzbegehren ist somit aus der Sicht des Artikels 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden.

Da es unverändert verteidigt wird, stellt sich die Frage der Schutzbereichserweiterung gemäß Artikel 123 (3) EPÜ nicht.

3.2. Hilfsantrag:

Der Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag nur durch die Zusammenfassung der erteilten Ansprüche 1 und 2 wobei die erteilten abhängigen Ansprüche umnumeriert und in ihrer Rückbeziehung angepaßt wurden.

Auch der Hilfsantrag entspricht somit Artikel 123 (2) und (3) EPÜ.

4. Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstandes gemäß Hauptantrag:

4.1. Der erteilte Anspruch 1 ist einteilig abgefaßt; dies trifft auch für den erteilten Anspruch 4 zu. Da die Frage der Abgrenzung nach Regel 29 (1) EPÜ, nicht unter die Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 EPÜ fällt, ist die einteilige Fassung eines unabhängigen Anspruches hinzunehmen. Für die Beantwortung der Frage der Neuheit ist es ohnehin irrelevant, ob eine ein- oder zweiteilige Anspruchsfassung vorliegt.

4.2. Die Frage der Neuheit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 ist nicht strittig, sie bedarf somit keiner weiteren Erörterung, wobei in diesem Zusammenhang auf die angefochtene Entscheidung verwiesen werden darf, vgl. S. 3, Pkt. 2, obwohl dort nur die Dokumente D1 bis D5 behandelt sind. Es ist aber andererseits offensichtlich, daß auch Dokument D6 den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht neuheitsschädlich trifft, da dort z. B. keine Roste vorhanden sind.

4.3. Für die nachfolgend zu beantwortende Frage des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens erfinderischer Tätigkeit ist aber zunächst der gattungsnächste Stand der Technik zu bestimmen, damit der erfinderische Schritt, der notwendig ist, um vom Gattungsgegenstand zum Gegenstand des unabhängigen Anspruchs zu gelangen, unter Zugrundelegen der objektiv verbleibenden, technischen Aufgabe beurteilt werden kann.

Im erteilten Anspruch 1 ist mit "3" das Werkzeug bezeichnet, welches einmal als "Zerkleinerungswerkzeug" und an anderer Stelle als "Rotorwerkzeug" bezeichnet ist, vgl. diesbezüglich auch den erteilten Anspruch 4. Erst im erteilten Anspruch 2 (abhängiger Vorrichtungsanspruch) sind "Gegenwerkzeuge" (Bezugszeichen "17, 18") angesprochen. Bezüglich Anspruch 1 sind Gegenwerkzeuge aber als nicht existent anzusehen.

4.4. Unter dieser Voraussetzung würde ein Fachmann den im erteilten Anspruch 1 definierten Papierzerkleinerer durchaus als "Schlägermühle" bzw. als "Hammermühle" bezeichnen, eben weil das Werkzeug ein am Rotor befestigtes Bauteil ist, das unmittelbar und ohne Zuhilfenahme eines Gegenwerkzeuges das Aufgabegut zerkleinert. Ob das "Zerkleinern" in diesem Zusammenhang bei Vorliegen von Papier als Aufgabegut ein "Zerreißen" ist oder nicht, mag dahingestellt bleiben, weil nach Auffassung der Kammer gelten muß "gleiche Werkzeuge, gleiche Zerkleinerungswirkung". Unter den vorstehend aufgeführten Voraussetzungen ist die Kammer nach wie vor der Auffassung, daß das Dokument D4 in Verbindung mit dem Fachwissen des Durchschnittsfachmanns den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nahelegt und zwar ohne retrospektive Betrachtung der Lehre gemäß Dokument D4.

4.5. Wollte man den erteilten Anspruch 1 gegen den Stand der Technik gemäß Dokument D4 abgrenzen, so verbliebe im Kennzeichen lediglich noch die Größe des Schwenkwinkels der beiden Rosthälften, welcher beim Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hauptantrag größer ist als beim Gegenstand gemäß Dokument D4. Die Kammer ist der Auffassung, daß derlei qualitative Abwandlungen der Rostschwenkbarkeit das Prinzip der Zerkleinerung nicht verändern und daß vom Fachmann aufgrund seines Wissens ohne weiteres erwartet werden konnte, daß er die Gegebenheiten gemäß der Lehre des nächstkommenden Dokuments D4 auswertet, und sollte er feststellen, daß z. B. dadurch Probleme mit der Abfuhr des zerkleinerten Aufgabegutes entstehen, daß der Rost nicht weit genug von den Rotorwerkzeugen wegschwenkbar ist, daß er den Schwenkwinkel des Rotors vergrößert. Die Mittel, die sich konstruktiv hierzu anbieten sind Dokument D4 grundsätzlich entnehmbar; vgl. Fig. 4. Während gemäß Fig. 2 von Dokument D4 noch Mittel vorgesehen sind, die einen begrenzten Hub aufweisen, nämlich Exzenter "27 bis 30", sind gemäß Fig. 4 von Dokument D4 aber Verstellhebel "92 bis 95" angeordnet, die durch entsprechende Dimensionierung den gewünschten großen Schwenkwinkel der Rosthälften erlauben.

Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 nicht im Sinne des Artikels 56 EPÜ auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

4.6. Die seitens der Beschwerdeführerin zur Stützung des Hauptantrages vorgetragenen Argumente können nicht überzeugen. Wie auf S. 3, Z. 31 bis 40 von Dokument D4 ausgeführt, haben die Exzenter "27, 28" der Fig. 2 eine doppelte Aufgabe, nämlich zunächst den "Ausgleich" für Abnutzung herbeizuführen und sodann "eine Einstellung zur Erzielung einer zufriedenstellenden Zerkleinerungswirkung" (wörtliche Zitate aus der D4) zu gestatten. Es trifft demnach nicht zu, daß die Verstellbarkeit der Roste nur im Zusammenhang mit dem Ausgleich durch Abnutzung zu sehen wäre. Aufgrund der vorstehend zitierten Textstelle in Dokument D4 kann auch keine Rede davon sein, daß dieses Dokument in unzulässiger rückschauender Betrachtungsweise interpretiert worden wäre, wie die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe vom 8. November 1990 meint. Schließlich kann auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das "völlig andere Gut" gemäß Dokument D4 nicht durchgreifen, da die Werkzeuge beim Gegenstand gemäß Dokument D4 und beim Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 übereinstimmen. Ist die letztgenannte Einrichtung geeignet Papier zu zerkleinern, dann muß es auch die aus Dokument D4 bekannte Einrichtung sein!

4.7. Anspruch 4 des Hauptantrages setzt einen gewährbaren Anspruch 1 voraus und ist insoweit nicht unabhängig, obwohl er im Gegensatz zu den Ansprüchen 1 bis 3 als Verfahrensanspruch formuliert ist ("Verfahren zum Betrieb ..."). Der bestimmende Gedanke von Anspruch 4 des Hauptantrages liegt in der Verschwenkbarkeit der Rosthälften, um die Feinheit des gemahlenen Gutes zu variieren. Dieser Gedanke ist aber auch schon Dokument D1 entnehmbar (vgl. Seite 2, Zeilen 33 bis 51), wonach das Gegenwerkzeug "30" schwenkbar gelagert ist, um den Abstand zu den Rotorteilen "2" einstellen und damit die Feinheit des zerkleinerten Gutes regulieren zu können. Mithin kann auch Anspruch 4 des Hauptantrages aus Gründen des Artikels 56 EPÜ ebenfalls keinen Bestand haben, so daß der Hauptantrag insgesamt zurückzuweisen ist.

5. Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstandes gemäß Hilfsantrag:

5.1. Der Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag dadurch, daß die erteilten Ansprüche 1 und 2 zu einem neuen Anspruch 1 zusammengefaßt sind. Dessen Gegenstand ist somit auf eine Ausbildung der Zerkleinerungswerkzeuge gerichtet wie sie in Fig. 2 der Streitpatentschrift dargestellt ist; die Rotorteile "3" und die Gegenwerkzeuge "17, 18" sind ineinandergreifend angeordnet, wobei das Überdeckungsmaß einstellbar ist und zwar durch die Schwenkbarkeit der ersten Rosthälfte "6"; vgl. Streitpatentschrift Sp. 6, Z. 62 bis Sp. 7, Z. 8 ("anzuheben oder abzusenken").

Sofern Anspruch 1 des Hilfsantrags somit nicht schon aus sich heraus völlig eindeutig zum Ausdruck bringt, daß die Rotorwerkzeuge "3" und die Gegenwerkzeuge "17, 18" derart zusammenwirken, daß sie kammartig ineinandergreifen, ist der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag gemäß Artikel 69 (1) EPÜ zu interpretieren und zwar im Lichte der Beschreibung und der Zeichnung. Die vorgenannte Textstelle der Streitpatentschrift und deren Figuren 1 und 2 zeigen deutlich und in eindeutiger Weise auf, daß sich die Werkzeuge "3" bzw. "17, 18" überdecken d. h. daß sie ineinandergreifen. Auf dieses Wirkungsprinzip hat die Kammer bereits in der Mitteilung vom 18. September 1990 hingewiesen (vgl. Abschnitt 2.2), in der das "Ineinandergreifen von Zähnen" im Zusammenhang mit dem Gegenstand gemäß Dokument D3 angesprochen ist und in der bezüglich Dokument D6 auf das Zerreißprinzip hingewiesen ist, wobei das Bezugszeichen "4" in Dokument D6 für die Rotorwerkzeuge und das Bezugszeichen "8" für die feststehenden Reißnocken steht. In der mündlichen Verhandlung hat die Kammer erneut auf diesen Umstand hingewiesen.

5.2. In Übereinstimmung mit dem schriftlichen Vorbringen der Beschwerdeführerin vom 8. November 1990 sieht die Kammer Dokument D6 als denjenigen Stand der Technik an, den es gilt weiterzubilden (Gegenstand des Hilfsantrages).

Die Beschwerdegegnerin vertrat in der Verhandlung vor der Kammer demgegenüber die Auffassung, daß Dokument D5 den gattungsbestimmenden Stand der Technik darstelle. Dies trifft aus nachfolgend genannten Gründen indes nicht zu: Wie die Figuren 1, 2, 6 und 7 in Dokument D5 verdeutlichen, liegen bei dem Gegenstand gemäß D5 wohl Rotorwerkzeuge "34, 53" vor, aber diese tauchen nicht in die Gegenwerkzeuge "3" und "16" ein, sondern bewegen sich an denselben unter Spaltbildung vorbei, wie dies insbes. Fig. 6 deutlich macht. Dies führt zu einem "Abscheren" des Aufgabegutes ("par cissaillement" gemäß S. 6, Z. 15 des Dokuments D5). Selbst wenn die nicht dargestellte aber beschriebene Ausführung nach Dokument D5 gemäß S. 6, Z. 7 bis 11 vorgesehen wird, bedeutet dies nicht notwendigerweise ein Ineinandertauchen von Werkzeug und Gegenwerkzeug, wobei zu bedenken ist, daß ohnehin nicht alle Werkzeuge des Zerkleinerers so auszubilden wären, vgl. Z. 9 des Dokuments D5 "un ou plusieurs couteaux".

Zusammenfassend ist damit aufgezeigt, daß nicht Dokument D5, sondern daß in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beschwerdeführerin Dokument D6 zur Gattungsbildung heranzuziehen ist, weil deren Gegenstand vom Wirkprinzip her paßt.

5.3. Die Aufteilung von Merkmalen, die aus Dokument D6 bekannt sind (Anspruchsoberbegriff) und in solche die hieraus nicht bekannt sind (Anspruchskennzeichen) gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags ist nicht zu beanstanden; Regel 29 (1) (a) und (b) EPÜ.

5.4. Aus Abschnitt 5.3 oben folgt unmittelbar die Neuheit des Gegenstandes gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrages, die sich bei gegebener Neuheit des Gegenstandes des erteilten Anspruchs 1 zwingend ergibt, da dieser Gegenstand durch die Aufnahme der Merkmale des erteilten Anspruchs 2 weiter eingeschränkt wurde.

5.5. In Übereinstimmung mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin ist die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstandes des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag zugrundezulegende, objektiv verbleibende technische Aufgabe jene, welche in der Streitpatentschrift angegeben ist; vgl. deren Sp. 4, Z. 15 bis 24 bzw. Eingabe der Beschwerdeführerin vom 8. November 1990 S. 4, Abs.2.

5.6. Es ist nun noch zu untersuchen, ob der vorliegende Stand der Technik insgesamt den Fachmann in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag führen konnte oder nicht.

Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin gemäß Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergibt sich der beanspruchte Gegenstand aus der Kombination der Gegenstände der Dokumente D5 und D3 in naheliegender Weise.

5.7. Zunächst ist zu analysieren, worin sich der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag vom Gattungsgegenstand unterscheidet. Gemäß Kennzeichenteil des Anspruchs 1 sind es die folgenden Merkmale:

a) die Auslaßöffnung des Zerkleinerers ist dem Rost zugeordnet; b) der Rost ist um eine zur Rotorachse parallele Achse auszuschwenken; c) der Rost ist in der Vertikalebene in zwei Hälften geteilt; d) die Rosthälften sind unterhalb des Rotors angeordnet; e) die in Rotordrehrichtung zweite Rosthälfte ist vollkommen aus dem Wirkungsbereich der Rotorwerkzeuge auszuschwenken, so daß ein tangentiales bzw. horizontales Abführen von zu diesem Zeitpunkt von der ersten Rosthälfte kommendes, zerkleinertes Gut möglich ist; f) die in Drehrichtung erste Rosthälfte ist relativ zum Schlagkreis der Rotorwerkzeuge in verschiedenen Stellungen arretierbar und g) an der ersten Rosthälfte sind Gegenwerkzeuge angebracht, die zusammen mit dieser relativ zum Schlagkreis der Rotorwerkzeuge einzustellen sind.

5.8. Die Wirkungen der kennzeichnenden Maßnahmen gemäß vorstehendem Abschnitt 4.7 können im wesentlichen darin gesehen werden, daß der Zerkleinerungsspalt dem Gut entsprechend stufenlos einstellbar ist, daß gegebenenfalls ein Rost inaktiv gemacht werden kann, indem dieser Rost so vollständig ausgeschwenkt wird, daß eine größtmögliche Auslaßöffnung geschaffen ist; schließlich ist ein Ineinandergreifen von Werkzeugen und Gegenwerkzeugen gegeben, so daß ein anderes Zerkleinerungsprinzip vorliegt als bei den reinen Schläger- bzw. Hammermühlen, was bei Papier als alleinigem Aufgabegut zu einem Zerreißen (langfaserige Strukturen bleiben erhalten) führt. Die Zweiteilung der Roste in der Vertikalebene ermöglicht dabei das Verstellen bzw. Ausschwenken der Rosthälften bei laufendem Rotor; vgl. letzter Aufgabenaspekt gemäß Sp. 4, Z. 22 bis 24 der Streitpatentschrift. Eine weitere nicht von der Hand zu weisende vorteilhafte Wirkung ist auch noch dadurch gegeben, daß bei voll weggeschwenkter zweiter Rosthälfte der Luftstrom des Rotorumfanges abreißt und daß die Maschine selbst die gewünschten Strömungsverhältnisse (Ansaugen - Abführen) erzeugt, ohne daß es eines nachgeschalteten Sauggebläses bedürfte; vgl. Sp. 5, Z. 15 bis 25 der Streitpatentschrift.

5.9. Von den Dokumenten D1 bis D6 zeigen nur die Dokumente D2, D3 und D6 zweifelsfrei Zerkleinerer mit Werkzeugen und Gegenwerkzeugen im Sinne des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag, während die Dokumente D1, D4 solche nicht beinhalten und wobei es bei Dokument D5 fraglich ist, ob ein solches Ineinandergreifen von Werkzeugen vorliegt oder nicht. Zweifelsfrei offenbart ist dieses Prinzip jedenfalls in Dokument D5 nicht.

Die besonders interessierenden Dokumente sind demnach die Dokumente D2, D3 und D6. Allen diesen Dokumenten ist fremd, daß die Gegenwerkzeuge in der unteren Rotorhälfte angeordnet sind (vgl. in Dokument D2 Bezugszeichen "9, 12" in Fig. 1 bis 3 bzw. in Dokument D3 Blatt "Arbeitsweise"), wobei in Dokument D6 die Gegenwerkzeuge "8" unterhalb und oberhalb des Rotors vorgesehen sind. Der Gegenstand gemäß Dokument D6 ist aber schon deshalb nicht mit dem beanspruchten Zerkleinerer vergleichbar, weil dort "chargenweise" gearbeitet wird, d. h. die Maschine wird gefüllt, es wird bei geschlossener Klappe "16" zerkleinert und bei geöffneter Klappe "16" entleert.

5.10. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß insgesamt kein Dokument vorliegt das die Merkmale g) bzw. e) offenbart. Bei den Gegenständen gemäß Dokumenten D2 und D3 sind die Gegenwerkzeuge für sich angeordnet und bewegbar, außerdem weit weg vom Rost angeordnet, bei dem Gegenstand gemäß Dokument D6 sind sie im Gehäuse und nicht verstellbar angeordnet, so daß das Merkmal g) gemäß Abschnitt 5.7 oben ohne Vorbild im Stand der Technik ist.

5.11. Soweit der Stand der Technik Rosthälften offenbart, sind diese nicht im Sinne des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag beweglich. Der (rechte) Rost des Gegenstands gemäß Dokument D3 ist nicht schwenkbeweglich, sondern horizontal ein- und ausfahrbar, und zwar erkennbar bei stillstehendem Rotor. Der Aufgabenaspekt der Erfindung, wonach bei laufendem Rotor die Spaltanpassung erfolgen soll, ist damit bei dem Gegenstand gemäß Dokument D3 nicht gelöst; vgl. "Anlage" zur Beschwerdebegründung vom 30. März 1989, in der der "Kollisionsbereich" zwischen Rotor und (rechtem) Rost dargestellt ist.

In Dokument D3 Blatt "Müllzerkleinerung" bzw. "Konstruktion" ist in der rechten Spalte Abs. 3 zwar erwähnt, daß die (links vorgesehene) Mahlbahn auch als Rost ausgebildet werden kann, aber selbst damit ist noch kein in der Vertikalen geteiltes Rostsystem geschaffen, ganz abgesehen davon, daß nicht ersichtlich ist, ob der zweite (linke) Rost fahrbar oder schwenkbar ausgebildet ist bzw. ob er im Sinne des Merkmals e) gemäß Abschnitt 5.7 vollständig aus dem Rotorbereich herausbewegbar ist, um die beanspruchte Gutabfuhr zu ermöglichen und um den inhärenten Vorteil bezüglich der Strömungsverhältnisse zu erzielen. Dokument D2 stimmt in vieler Beziehung inhaltlich mit Dokument D3 überein, bleibt insgesamt aber noch dahinter zurück, so daß sich diesbezüglich weitere Ausführungen erübrigen.

5.12. Die Zusammenschau der Gegenstände der Dokumente D2, D3 und D6 (jeweils basierend auf kammartig ineinandergreifenden Werkzeugen und Gegenwerkzeugen) führt zu dem Ergebnis, daß das eine oder andere Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag vorbekannt ist. Hierauf kommt es aber nicht entscheidungswesentlich an, weil es sich vorliegend um eine Kombinationserfindung handelt und die in der Entscheidung T 37/85, ABl. EPA 1988, 86, entwickelten Grundsätze anzuwenden sind. In diesem Zusammenhang ist auch noch zu untersuchen, ob der Fachmann von Dokument D6 ausgehend zum Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag hätte kommen können oder ob er darauf gekommen wäre; vgl. Entscheidung T 2/83, ABl. EPA 1984, 265.

5.13. Wie vorstehend ausgeführt, liefert der Stand der Technik zwar für einige Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag Hinweise, für andere hingegen nicht. Das "hätte kommen können" ist damit das Ergebnis einer ausschließlich fiktiven Betrachtungsweise und das in unzulässiger rückschauender Interpretation des Standes der Technik, für die derselbe für den unbefangenen Leser aber keine Stütze liefert.

5.14. Selbst wenn der Fachmann die weiter von Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag abliegenden Dokumente D1, D4 und D5 in Betracht ziehen würde, würde er nicht auf die vorliegende Erfindung hingelenkt werden.

Dokument D1 hat keinen eigentlichen Rost zum Inhalt, allenfalls ein bedarfsweise einklappbares Sieb "22b", welches im eingeklapptem Zustand eine Siebfunktion hat. Die wesentlichen Merkmale des Anspruchs 1 sind hier aber nicht verwirklicht, da keine Rosthälften vorliegen, so daß die zweite Rosthälfte auch nicht, wie beansprucht, vollständig auszuschwenken ist, und da Gegenwerkzeuge an einem verstellbaren Rost vollständig fehlen. Dies trifft weitgehend auch auf die Dokumente D4 und D5 zu, die zwar Rosthälften aufweisen, die aber nicht die Möglichkeiten beinhalten, die sie gemäß Anspruch 1 haben, nämlich vollständige Ausschwenkbarkeit bzw. als tragendes Teil für die Gegenwerkzeuge zu dienen und mit diesem zusammen verstellbar zu sein. Die Dokumente D1, D4 und D5 bleiben somit nicht nur vom Zerkleinerungsprinzip her hinter den Dokumenten D2, D3 und D6 zurück, sie haben auch sonst wenig Bezug zum Gegenstand des zu prüfenden Anspruchs 1. Sie sind jedenfalls nicht dazu angetan, ausgehend von Dokument D6 den Fachmann auf die Erfindung hinzuführen (Artikel 56 EPÜ).

5.15. Die Kammer ist daher der Auffassung, daß es erfinderischen Zutuns bedurfte, um von Dokument D6 ausgehend den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag zu schaffen. Dieser Anspruch kann damit die Basis für die Aufrechterhaltung des Patents in eingeschränkter Form bilden. Ihm können sich die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8 unverändert anschließen, da sie von ihm mitgetragen werden.

5.16. Soweit die Argumente der Beschwerdegegnerin vorstehend nicht schon abgehandelt worden sind, ist hierzu noch auf folgendes hinzuweisen: Die Kammer stimmt grundsätzlich der Auffassung zu, daß die nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmende Auswahl des gattungsbestimmenden Dokuments den beanspruchten Gegenstand noch nicht erfinderisch macht. Es ist aber zu bedenken, daß bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit die objektiv verbleibende technische Aufgabe zu ermitteln ist. Diese ist aber sehr wohl vom nächstkommenden Stand der Technik beeinflußt, so daß indirekt die Frage des gattungsbestimmenden Dokuments einen Einfluß auf die Frage der Patentwürdigkeit hat.

Das weitere Argument "gleiche Mittel, gleiche Wirkungen" hat seine Berechtigung beim Anspruch 1 des Hauptantrags, nicht aber bei dem des Hilfsantrags, weil dort die Mittel nicht mehr übereinstimmen, z. B. zwischen Anspruch 1 des Hilfsantrags und denen des Dokuments D5 (kein Ineinandergreifen).

In der Streitpatentschrift ist zusätzlich zu den Werkzeugen "3" und zu den Gegenwerkzeugen "17, 18" ein Zerreißkamm "19, 20" vorgesehen, der bedarfsweise, d. h. nicht immer, einschwenkbar ist. Da andererseits bereits die angegebenen Werkzeuge/Gegenwerkzeuge das Gut "Papier" zerkleinern und die Einrichtung mit diesen Werkzeugen voll funktionsfähig ist, kann der Einwand der Beschwerdegegnerin, daß in Anspruch 1 (Hilfsantrag) die Mittel fehlen, die das Zerreißen des Aufgabegutes bewerkstelligen, nicht überzeugen.

Zusammenfassend war somit, wie geschehen, zu entscheiden (Hauptantrag abgelehnt, Hilfsantrag bestandsfähig).

6. Die Beschreibung gemäß vorstehendem Abschnitt VII. entspricht den wesentlichen Vorschriften des EPÜ; die Beschwerdeführerin hat bei der Neufassung aber offenbar versehentlich Sp. 4, Z. 25 bis 38 bzw. Sp. 5, Z. 29 bis 33 ("werden") nicht an die Diktion des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag angepaßt. Da die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer nicht vertreten war, war der Kammer die Gelegenheit genommen diesen Mangel der Beschreibung aufzuzeigen. Die Beschwerdeführerin hat andererseits klar zu erkennen gegeben, daß sie bemüht war, Unterlagen gemäß den Erfordernissen des EPÜ vorzulegen; sie hat z. B. die Kammer zu Änderungen der abhängigen Ansprüche ermächtigt. Ihr Einverständnis voraussetzend, wird die Streitpatentschrift folgendermaßen geändert:

a) In Sp. 4, Z. 38 wird im Anschluß an das Wort "ist" eingefügt "Erfindungsgemäß ist die Relativlage von an der ersten Rosthälfte angebrachten Gegenwerkzeugen je nach Schwenkstellung der Rosthälfte zum Schlagkreis der Rotorwerkzeuge einzustellen.", um die Beschreibung mit dem Wortlaut des Anspruchs 1 in Übereinstimmung zu bringen.

b) Da das Merkmal des erteilten Anspruchs 2 Bestandteil des geltenden Anspruchs 1 ist (Hilfsantrag), ist Sp. 5, Z. 29 bis 33 ("werden") der Streitpatentschrift ersatzlos zu streichen.

c) Im Rahmen rein redaktioneller Änderungen ist ferner in Sp. 2, Z. 44 in "Kalkstein" richtigzustellen bzw. in Sp. 3, Z. 28 das Wort "Zeitund" zu ändern in "Zeit- und".

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Erstinstanz zurückverwiesen mit der Auflage das Patent auf der Basis der nachfolgend genannten Unterlagen im beschränkten Umfange aufrechtzuerhalten:

- Anspruch 1 vom 8. November 1990; - Ansprüche 2 bis 8 vom 30. März 1990; - Beschreibung gemäß Patentschrift mit den in Abschnitt 6 der Entscheidungsgründe angegebenen Änderungen und mit Einleitungsteil vom 8. November 1990; - Figuren wie erteilt.

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