European Case Law Identifier: | ECLI:EP:BA:1990:T035888.19900921 | ||||||||
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Datum der Entscheidung: | 21 September 1990 | ||||||||
Aktenzeichen: | T 0358/88 | ||||||||
Anmeldenummer: | 82104586.1 | ||||||||
IPC-Klasse: | C01B 33/28 B01J 20/18 |
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Verfahrenssprache: | DE | ||||||||
Verteilung: | |||||||||
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Bezeichnung der Anmeldung: | Zeolithgranulat, Verfahren zu seiner Herstellung und Verwendung | ||||||||
Name des Anmelders: | Degussa AG | ||||||||
Name des Einsprechenden: | Grace GmbH | ||||||||
Kammer: | 3.3.02 | ||||||||
Leitsatz: | - | ||||||||
Relevante Rechtsnormen: |
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Schlagwörter: | Disclosure of the invention (sufficient) Deficient information - Enabling disclosure yes Offenbarung der Erfindung (ausreichend) Fehlerhafte Angabe - Ausführbarkeit (bejaht) |
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Orientierungssatz: |
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Angeführte Entscheidungen: |
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Anführungen in anderen Entscheidungen: |
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Sachverhalt und Anträge
I. Auf die europäische Patentanmeldung 82 104 586.1 wurde das europäische Patent 72 396 aufgrund von drei Ansprüchen erteilt. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:
"1. Zeolithgranulat vom Typ Zeolith NaA, gekennzeichnet durch die folgenden Parameter:
Adsorptionsdaten: (P/Po=0,8, 20° C) H2O > 22 % NH3 > 11 % CO2 < 0,1 % O2 < 0,1 % N2 < 0,1 % Ar < 0,1 % CH3-OH < 0,2 % CH3-CH2-OH < 0,2 %."
"2. Verfahren zur Herstellung des Zeolithgranulates gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man pulverförmigen Zeolith A in einem Mischer vorlegt, Natriumsilikatlösung hinzugibt, solange mischt, bis man ein Zeolithgranulat mit einer Korngröße von wenigstens 0,1 mm erhält, dieses Granulat gegebenenfalls nachrollt, das feuchte Zeolithgranulat zunächst bei Temperaturen von 20 bis 39 °C trocknet, wobei man den Kohlendioxidgehalt der Trockenluft auf weniger als 200 ppm einstellt, anschließend in einem zweiten Trockenschritt bei Temperaturen von 40 bis 120 °C und gegebenenfalls in einer dritten Trockenstufe bei 121° bis 200 °C unter sonst gleichen Bedingungen trocknet und anschließend das so erhaltene Granulat bei Temperaturen von höchstens 600 °C aktiviert."
II. Gegen die Patenterteilung legte die Beschwerdegegnerin (Einsprechende) wegen fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit Einspruch ein und nahm auf die folgenden Dokumente Bezug:
(1) D.W. Breck, Zeolite Molecular Sieves, 1974, S. 490
(2) D.W. Breck, Zeolite Molecular Sieves, 1974, S. 636-637
(3) US-A-3 224 167
(4) DE-A-2 830 584.
Nach Ablauf der Einspruchsfrist stützte die Beschwerdegegnerin ihren Einspruch zusätzlich auf mangelnde Ausführbarkeit und bezog sich auf
(5) D.W. Breck, Zeolite Molecular Sieves, 1974, S. 607.
III. Die Einspruchsabteilung hat das Patent wegen mangelnder Offenbarung gemäß Artikel 100 b) widerrufen. Ihrer Entscheidung lagen die Ansprüche des erteilten Patents zugrunde. In der Entscheidung wird ausgeführt, das im Anspruch 1 und in den Beispielen erwähnte Verhältnis P/Po werde im Streitpatent weder näher erklärt noch definiert. Ein derartiges Verhältnis, das offensichtlich den Quotienten von gegebenem Druck zum Gleichgewichtsdampfdruck bei der kritischen Temperatur bedeute (vgl. (5)) könne für H2O und NH3 gelten, nicht aber für bei Normaltemperatur gasförmige Moleküle, deren kritische Temperatur erheblich unter 20 °C liege. Aus dem Streitpatent seien nicht die Bedingungen herleitbar, die zu den angegebenen Adsorptionswerten führen. Die Werte für O2 und N2 würden andere Bestimmungsgrößen erfordern, als sie im Anspruch 1 verlangt werden. Das Zeolithgranulat sei somit nicht eindeutig definiert.
Durch das Fehlen der erforderlichen Druck- und Zeitparameter, wie sie etwa in (3) angegeben seien, sei es dem Fachmann nicht möglich, das beanspruchte Verfahren so durchzuführen, daß ein Zeolithgranulat nach Anspruch 1 erhalten werde. Auch könnten die fehlenden Parameter nicht als im Rahmen fachmännischen Handelns leicht zu ermittelnde Bedingungen angesehen werden, da ein Verfahren zur Herstellung eines Produkts, das nicht deutlich und vollständig definiert ist, nicht eingestellt werden könne.
IV. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin (Patentinhaberin) Beschwerde erhoben. Zwei Hilfsanträge wurden eingereicht, der erste am 21. November 1988 (bestätigt am 29. November 1988), der zweite am 26. Januar 1989. In einem weiteren Schriftsatz hat sie das Ergebnis von Vergleichsversuchen zu dem Zeolithgranulat aus (3) nachgereicht. Am 21. September 1990 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden.
Sowohl in ihrer Beschwerdebegründung als auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin zunächst ausgeführt, daß die Sauerstoffadsorption nach der aus (3) bekannten Bestimmungsmethode, nämlich bei -183 °C unter 700 mm Hg gemessen würde. Nach Entgegentreten der Beschwerdegegnerin hat sie jedoch andere Bestimmungsbedingungen genannt.
Die Beschwerdeführerin hat im wesentlichen folgendes vorgetragen:
Nach Seite 3 des Streitpatents besäße das erfindungsgemäße Zeolithgranulat die universellen Eigenschaften des KA-Granulates. Diese Eigenschaften, insbesondere die Tatsache, daß es weder Sauerstoff noch Stickstoff adsorbiere, seien bekannt, wie dies aus (4) bestätigt werde. Aus (4) gehe auch hervor, daß die Temperatur der Luft im Zwischenraum einer Doppelglasfensterscheibe je nach klimatischen Bedingungen bzw. Sonneneinstrahlung schwanken könne. Temperaturen zwischen -20 °C und +70 °C können bekannterweise erreicht werden. Daher seien die O2- und N2-Adsorptionsfähigkeit bei Temperaturen innerhalb dieses Bereiches gemessen worden und würden unter diesen Bedingungen nicht 0,1 % überschreiten.
In bezug auf die Dauer der Trocknungsschritte könne nicht behauptet werden, daß im Verfahren gemäß Streitpatent eine Porenverengung eintrete und die Dauer der Behandlung entscheidend auf die Eigenschaften des Endproduktes wirke. Diese Dauer hänge von vielen Parametern ab, u. a. von der Art des Trockners. Der Fachmann könne ohne Schwierigkeiten die Dauer der Trocknungsschritte einstellen, die zu einem Zeolithgranulat mit sehr geringen N2- und O2- Adsorptionswerten führe.
VI. In ihrer schriftlichen Erwiderung und in der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdegegnerin im wesentlichen folgendes geltend gemacht:
Es könne angenommen werden, daß die im Anspruch 1 und in den Beispielen angegebenen Adsorptionsdaten in Gewichtsprozenten bezogen auf das Gewicht des aktivierten Zeolithgranulates ausgedrückt seien. Diese Adsorptionsdaten seien aber unter den dort erwähnten Bedingungen für Gase mit einer kritischen Temperatur wesentlich unter 20 °C, wie bei N2, O2 und Ar, nicht bestimmbar, da bei 20 °C nur das Gas vorhanden sei. Angenommen, die Adsorptionskapazität würde für diese Gase auch bei 20 °C gemessen, dann fehle die Angabe über den Druck. Es sei bekannt, daß bei unterschiedlichen Meßdrucken ganz andere Adsorptionsdaten erreicht werden können. Der Hinweis in (3) auf Temperaturen zwischen -183 und -196 °C für die Bestimmung der O2-Adsorption beweise, daß man beliebig andere Temperaturen oder Drucke als -183 °C und 700 mm Hg benutzen könne. In der Abwesenheit einer Meßmethode für die Adsorptionsdaten könne das Zeolithgranulat nicht identifiziert werden.
Des weiteren würden in den Beispielen erforderliche Parameter, insbesondere die Dauer der hydrothermalen bzw. thermischen Behandlung fehlen. Diese Dauer beeinflusse die Porenverengung und somit die Adsorptionseigenschaften, wie dies aus (3) hervorgehe oder sogar zum allgemeinen Fachwissen gehöre. Der Fachmann könne die Dauer der thermischen Behandlung durch leichtes routinemäßiges Erproben nicht ermitteln, da das Endprodukt unvollständig definiert sei. Hinzu komme, daß das Granulat gemäß Vergleichsbeispiel 3 sich bezüglich der Adsorptionsfähigkeit wie ein KA-Granulat verhalte, aber die im Anspruch 1 erwähnten Adsorptionsdaten nicht aufweise, obwohl das Trocknen und das Aktivieren gemäß Beispiel 1 durchgeführt und in beiden Fällen die Ausgangsprodukte einem Mischvorgang unterworfen worden seien.
VII. Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung. Hilfsweise beantragte sie die Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage der Hilfsanträge vom 21. November 1988 (bestätigt am 29. November 1988) bzw. 26. November 1989.
Die Beschwerdegegnerin beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Das Streitpatent betrifft ein Zeolithgranulat vom Typ Zeolith NaA mit bestimmten Adsorptionseigenschaften, das als Trockenmittel für Isolierglasfenster geeignet ist.
3. Die im Anspruch 1 und in der Beschreibung der Patentschrift angegebenen Adsorptionsdaten bezüglich H2O, NH3, CO2, O2, N2, Ar, Ethanol und Methanol beziehen sich auf P/Po=0,8 bei 20 °C (vgl. die in Klammer gesetzten Angaben) und sind in % ausgedrückt. Es ist zunächst festzustellen, daß sowohl die Ansprüche als auch die Patentschrift selbst keinerlei Erklärungen darüber enthalten, was P und Po bedeuten und ob die Adsorptionskapazität in Gewicht- oder Volumen % ausgedrückt ist.
3.1. Die Beschwerdegegnerin selbst hat auf ein Fachbuch verwiesen, nämlich die Literaturstelle (5). Gemäß der Rechtsprechung der Kammer bezüglich der Ausführbarkeit der Erfindung im Sinne von Artikel 100 b) bzw. Artikel 83 gehören auch Fachbücher zum allgemeinen Fachwissen und können zur Ergänzung oder Berichtigung des Patents (bzw. der Patentanmeldung) herangezogen werden (siehe hierzu T 475/88 vom 23. November 1989, T 171/84, ABl. EPA 1986, 95 und T 206/83, ABl. EPA 1987, 5). Die Literaturstelle (5) kann daher zu diesem Zweck berücksichtigt werden.
Die Tabelle 8.1 a in (5) offenbart die Adsorptionsfähigkeit des NaA Zeolithes für Gase und Dämpfe u. a. für Ar, O2, N2, H2O, NH3 und CO2 unter unterschiedlichen Temperatur- und Druckbedingungen. Die adsorbierten Gas-oder Dampfmengen sind entweder in Gramm pro Gramm entwässertem kristallinem Zeolith oder in cm3/g angegeben. Der Vermerk über dieser Tabelle weist darauf hin, daß der Druck P in mm Hg ausgedrückt ist und daß für die Adsorption von Dämpfen unterhalb ihrer kritischen Temperatur das Verhältnis P/Po verwendet werden kann, wobei Po der Gleichgewichtsdampfdruck darstellt. Nach Überzeugung der Kammer kommt daher der Fachmann ohne weiteres zu dem Schluß, daß einerseits die Adsorptionsdaten in Gewicht-%, bezogen auf das aktivierte Zeolithgranulat, ausgedrückt sind und andererseits für H2O, NH3, CO2, Ethanol und Methanol, deren kritische Temperatur oberhalb 20 °C liegt, das Verhältnis P/Po den Quotienten vom Druck zum Gleichgewichtsdampfdruck bei der in der Patentschrift gegebenen Temperatur, d. h. 20 °C, darstellt. Dies wurde von der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten. Den Ausführungen über die Bedeutung von P/Po in der angefochtenen Entscheidung kann die Kammer nicht folgen, denn in (5) ist vom Quotienten des gegebenen Drucks zum Gleichgewichtsdampfdruck bei der kritischen Temperatur nicht die Rede.
3.2. Wie die Beschwerdegegnerin vorgetragen hat, können die Adsorptionsdaten gemäß Streitpatent für Adsorbatmoleküle mit einer unter 20 °C liegenden kritischen Temperatur zwar bei den erwähnten Bedingungen von P=0,8 Po und t=20 °C gemessen werden, jedoch bleibt unklar, unter welchen Druck-und/oder Temperaturbedingungen die Adsorptionsdaten für O2, N2 und Ar bestimmt werden sollen. Denn diese Gase weisen kritische Temperaturen von bzw. -118 °C, -146 °C und -122 °C auf, d. h. erheblich niedriger als die angegebene Meßtemperatur von 20 °C, und daher ist deren Adsorption unter P/Po=0,8 bei einer Temperatur von 20 °C nicht bestimmbar. Sollte die Adsorptionskapazität für O2, N2 und Ar tatsächlich bei 20 °C gemessen werden, dann fehlt in der Patentschrift jegliche Angabe darüber, unter welchem Druck die Messungen durchgeführt werden sollen. Wenn, umgekehrt, der Druck P=0,8 Po als richtig betrachtet werden soll, ergibt sich daraus, daß die Sauerstoff-, Stickstoff- und Argonadsorptionskapazität bei einer Temperatur unterhalb deren kritischen Temperatur bestimmt werden soll, und in diesem Fall fehlen Angaben über die Meßtemperatur. Somit ist für den Fachmann eindeutig, daß die erwähnte Kombination von Druck- und Temperaturbedingungen für die Bestimmung der N2-, O2- und Ar-Adsorptionsdaten fehlerhaft bzw. lückenhaft ist. Da die Adsorptionskapazität der Zeolithen einerseits sehr stark von den Bestimmungsbedingungen (Druck und Temperatur) abhängt und andererseits unter sehr unterschiedlichen Druck- und Temperaturbedingungen gemessen werden kann (siehe (5) Tabelle 8.1 a, Meßtemperatur von 77, 90, 195, 273 °K und Drücke P von 0,2 bis 700 mm Hg für Ar, O2 und Ar) stellt sich die Frage, ob der Fachmann anhand seines allgemeinen Fachwissens in die Lage versetzt wird, diese lückenhaften Anweisungen zu ergänzen, um das Zeolithgranulat gemäß Streitpatent zu identifizieren (s. die oben erwähnten Entscheidungen der Kammer).
3.3. Im Streitpatent wird darauf hingewiesen, daß das erfindungsgemäße Zeolithgranulat vom Typ NaA als Trockenmittel für Isolierglasfenster besonders geeignet ist und die universellen Eigenschaften des KA-Granulates besitzt (vgl. Seite 3, Zeilen 5 bis 6 und 15 bis 16). Gemäß Seite 3, Zeilen 7 bis 12 weist das KA Zeolithgranulat an sich die universellen Eigenschaften für Isoliergläser auf, da es selektiv nur Wasser, nicht jedoch andere Gase, wie Stickstoff oder Argon adsorbiert; es wird für die Herstellung von argongefüllten Scheiben verwendet. Daraus ergibt sich eindeutig, daß das NaA Zeolithgranulat gemäß Streitpatent, wie das KA Granulat, weder Argon noch Stickstoff adsorbiert, dies unter den Druck- und Temperaturbedingungen, die bei der Anwendung in Isolierglasfenster herrschen. Somit entnimmt der Fachmann aus der Patentschrift, daß unter den im Innenraum des Isolierglasfensters vorhandenen Druck- und Temperaturbedingungen die Stickstoff- und Argonadsorptionsfähigkeit des beanspruchten Zeolithgranulats jeweils höchstens 0,1 % beträgt.
Die Beschwerdegegnerin hat nicht bestritten, daß der Fachmann in Anbetracht dieser Lehre in der Lage ist, die N2- und die O2-Adsorptionsfähigkeit des Zeolithgranulates gemäß Streitpatent zu bestimmen. Unter diesen Umständen sieht die Kammer ihrerseits auch keinen Grund dies zu bezweifeln, denn die ungefähren Temperatur- und Druckwerte im Zwischenraum eines Isolierglasfensters und deren Schwankungen je nach Sonneneinstrahlung und Jahreszeiten sind dem Fachmann bekannt.
3.4. In bezug auf die Sauerstoffadsorptionsfähigkeit hat die Beschwerdeführerin die Dokumente (3) und (4) herangezogen als Nachweis dafür, daß einerseits vor dem Prioritätsdatum bekannt war, daß das KA-Zeolithgranulat keinen Sauerstoff adsorbiert und andererseits, daß die O2-Adsorptionsdaten unter den aus Dokument (3) bekannten Bedingungen, d.h. - 183 °C und 700 mm Hg, erhalten wurden. Bezüglich dieser Bestimmungsmethode hat sie sich außerdem während der mündlichen Verhandlung insofern widersprochen, als sie auch vorgetragen hat, daß die O2-Adsorptionsfähigkeit bei Temperaturen zwischen -20 °C und 70 °C, die im Zwischenraum eines Isolierglasfensters erreicht werden können, bestimmt wurde.
Die Dokumente (3) und (4) sind jedoch weder im Streitpatent zur Stützung der Offenbarung genannt, noch gehören sie im Falle des betreffenden technischen Gebietes zum allgemeinen Fachwissen (siehe die oben erwähnten Entscheidungen T 171/84, T 206/83, T 475/88 und T 51/87 vom 8. Dezember 1988). Deswegen kann deren Inhalt nicht zur Ergänzung bzw. Berichtigung von Mängeln in der vorliegenden Patentschrift berücksichtigt werden. Dagegen gehören die Dokumente (1), (2) und (5) als Auszüge eines Fachbuchs zu dem allgemeinen Wissensstand. Aus Dokument (2), Seiten 636 und 637 entnimmt der Fachmann, daß das Sauerstoffmolekül einen höheren kinetischen Durchmesser als das Argonmolekül aufweist und vom KA Zeolith bei Temperaturen zwischen -196 °C und 147 °C nicht adsorbiert wird. Unter Berücksichtigung dessen und in Anbetracht, daß das NaA Zeolithgranulat gemäß Streitpatent die selektive Adsorptionsfähigkeit des KA Granulates für Isoliergläser besitzt und als Trockenmittel für Isolierglasfenster geeignet ist (vgl. Seite 3, Zeilen 5 bis 16), schließt der Fachmann unmittelbar, daß das patentgemäße Zeolithgranulat bei den im Zwischenraum des Isolierglasfensters bestehenden Temperaturen und Drücken keinen Sauerstoff (<0,1 %) adsorbiert. Wie im Punkt 3.3 erwähnt, gehören diese Temperatur- und Druckbedingungen zu dem allgemeinen Fachwissen auf dem Gebiet des Isolierglasfensters, das das Anwendungsgebiet des beanspruchten Zeolithgranulates darstellt.
Aus alledem folgt, daß der Fachmann aufgrund der Aufgaben im Streitpatent sowie seines allgemeinen Fachwissens erkennen kann, unter welchen Druck-und Temperaturbedingungen die N2-, O2- und Ar-Adsorptionsdaten zu bestimmen sind.
4. Unter diesen Umständen fallen die Ausführungen der Beschwerdegegnerin und der Einspruchsabteilung hinsichtlich der mangelnden Ausführbarkeit des Herstellungsverfahrens ins Leere (siehe VI., 3. Absatz), denn sie gehen davon aus, daß die Zeitparameter deshalb durch leichte, im Rahmen fachmännischen Handelns liegende Erprobung nicht ermittelt werden können, weil das Produkt selbst in bezug auf dessen Adsorptionsdaten undeutlich und unvollständig definiert ist.
Im Beispiel 1 sind für jeden Trocknungsschritt der Wasserdampfpartialdruck, der CO2-Gehalt der Luft und die Temperatur angegeben sowie die Temperatur der anschließenden Aktivierung. Angaben über die Dauer der zwei Trocknungsschritte und der Aktivierungsbehandlung sind nicht erwähnt. Infolgedessen ist der Fachmann für die Herstellung des patentgemäßen Zeolithgranulates darauf angewiesen, die Dauer der Trocknungsschritte und der Aktivierung durch Ausprobieren zu bestimmen. Da die Aktivierung eines Zeolithes bzw. eines Bindemittel enthaltenden Zeolithgranulates eine übliche Behandlung darstellt, deren Bedingungen insbesondere Temperatur- und Dauerbereiche, allgemein bekannt sind, verfügt der Fachmann über Anhaltspunkte dafür, wie lange die Aktivierung bei Temperaturen von 400 °C oder 420 °C (Beispiele 1, 2 und 4) durchgeführt werden soll. Nach Auffassung der Kammer ist der Fachmann auch in der Lage, anhand seines allgemeinen Fachwissens durch einfache orientierende Versuche und ohne unzumutbaren Aufwand die Dauer der Trockenschritte einzustellen, die zu dem Zeolithgranulat mit den gewünschten Adsorptionsdaten führt, dies unabhängig davon, ob eine Porenverengung eintritt oder nicht. Daß der Fachmann dabei Schwierigkeiten überwinden muß, oder nur unzuverlässigerweise und erst nach langwierigem Herumprobieren zum Ziel gelangt, kann die Kammer aus den Ausführungen der Beschwerdegegnerin nicht entnehmen. Die Feststellung der Beschwerdegegnerin, daß das Produkt gemäß dem Vergleichsbeispiel 3 trotz gleichen Trocknens und Aktivierens wie im patentgemäßen Beispiel 1 nicht die angestrebten Adsorptionsdaten aufweist, ist kein Beweis dafür, daß die Lehre des Patents nicht nachgearbeitet werden kann. Denn im Vergleichsbeispiel 3 sind die Ausgangsprodukte nicht einem Mischvorgang in einem Mischer wie in Beispiel 1 und gemäß Verfahrensanspruch 2 unterworfen worden.
5. Aus alledem folgt, daß die Lehre des Streitpatents anhand der Angaben in der Patentschrift und des allgemeinen Wissensstandes vom Fachmann ohne unzumutbaren Aufwand nachgearbeitet werden kann. Daher darf das Streitpatent nicht wegen mangelnder Offenbarung im Sinne des Artikels 100 b) EPÜ widerrufen werden.
6. Hinsichtlich der Einspruchsgründe gemäß Artikel 100 a) EPÜ hat die Einspruchsabteilung noch keine Entscheidung getroffen. Des weiteren wurden erst im Beschwerdeverfahren Vergleichsversuche und zwei Hilfsanträge eingereicht sowie ein zusätzliches Dokument zitiert (US-A-4 151 690). Unter diesen Umständen hält die Kammer es für nicht angezeigt, die Frage der Patentfähigkeit gemäß Artikel 52 (1) zu untersuchen, und macht von ihrer Befugnis nach Artikel 111 (1) EPÜ Gebrauch, die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an die Einspruchsabteilung zurückzuverweisen.
ENTSCHEIDUNGSFORMEL
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an die Einspruchsabteilung zurückverwiesen mit der Auflage, das Verfahren fortzusetzen.