T 0278/88 () of 20.2.1991

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1991:T027888.19910220
Datum der Entscheidung: 20 Februar 1991
Aktenzeichen: T 0278/88
Anmeldenummer: 82103608.4
IPC-Klasse: B41F 31/10
B41F 31/20
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Farbwerk
Name des Anmelders: Albert-Frankenthal AG
Name des Einsprechenden: 1) Maschinenfabrik Goebel
2) Maschinenfabrik WIFAG
Kammer: 3.2.03
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
European Patent Convention 1973 Art 112(1)
Schlagwörter: Unallowable amendment (no)
Referral to the Enlarged Board of Appeal (no)
Inventive step (after amendment, yes)
Unzulässige Erweiterung (verneint)
Vorlage an die Große Beschwerdekammer (abgelehnt)
Erfinderische Tätigkeit (nach Beschränkung bejaht)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
T 0002/83
T 0037/85
T 0170/87
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1120/05
T 1107/06
T 0777/07
T 0888/07

Sachverhalt und Anträge

I. Auf die am 28. April 1982 angemeldete und am 10. November 1982 veröffentlichte europäische Patentanmeldung 82 103 608.4 ist am 19. Dezember 1984 das europäische Patent Nr. 0 064 270 erteilt worden.

II. Gegen das erteilte Patent haben die Beschwerdeführerin Maschinenfabrik WIFAG (Einsprechende II) und die weitere Verfahrensbeteiligte Maschinenfabrik Goebel GmbH (Einsprechende I) Einspruch eingelegt und beantragt das Patent zu widerrufen.

Zur Stützung ihrer Einsprüche verwiesen sie auf folgende Druckschriften:

(D1) GB-A-198 864

(D2) DE-B-1 761 715

(D3) US-A-3 587 463

(D4) US-A-3 709 147

(D5) DE-A-2 245 301

(D6) DE-B-2 323 025

(D7) DE-C-741 828

(D8) DE-A-3 035 950

(D9) "Moderner Flexodruck" in der Zeitschrift "Coating", Heft 1/1979, Seite 7 ff.

(D10) "Moderner Flexodruck" in der Zeitschrift "Coating", Heft 2/1979, Seite 42 und 44

(D11) Flexodruck" in der Zeitschrift "Der Polygraph", Heft 23/1980, Seite 2147 ff.

(D12) FR-A-1 341 701

(D13) DE-A-2 822 350

(D14) DE-A-2 031 680

(D15) DE-A-1 933 838

(D16) DE-C-14 574

(D17) Zeitschrift "Papier- und Kunststoffverarbeiter", Heft 7/78, Seiten 18 bis 25

(D18) Zeitschrift "Papier- und Kunststoffverarbeiter", Heft 12/77, Seiten 43 bis 46

(D19) Zeitschrift "Deutscher Drucker", 30.4.81, Seiten 22 bis 24

(D20) "Deutscher Drucker", Nr. 24 vom 07.08.1980, S. 2

(D21) DE-A-2 851 426

(D22A) DE-A-2 916 212

(D22B) "EWIDA"-Farbtrenner III. In der mündlichen Verhandlung vor der Einspruchsabteilung vom 8. Oktober 1987 wurde ein neuer Anspruch 1 vereinbart, der die Grundlage für die beantragte und von der Einspruchsabteilung am Ende der mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellte Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang bildete.

IV. Mit Zwischenentscheidung vom 6. Mai 1988 hat die Einspruchsabteilung festgestellt, daß der Aufrechterhaltung des Patents mit den Unterlagen der Mitteilung gemäß Regel 58 (4) EPÜ vom 3. Dezember 1987 Einspruchsgründe nach Artikel 100 EPÜ nicht entgegenstünden.

Dieser Zwischenentscheidung lag folgender Anspruch 1 zugrunde:

"1. Farbwerk für mit einer harten Druckform arbeitende, hochviskose Druckfarben verarbeitende Druckmaschinen, insbesondere Offsetdruckmaschinen, mit einer in einen Farbkasten (1) eintauchenden Tauchwalze (2), einer die auf einem Zylinder (3) aufgespannte Druckform einfärbenden Auftragwalze (4), die mit etwa gleicher Umfangsgeschwindigkeit wie die Druckform umläuft, und mit einer die Farbe von der Tauchwalze (2) an die Auftragwalze übergebenden Übertragungswalze, die einen anderen, vorzugsweise kleineren Durchmesser als die Auftragwalze (4) aufweist und mit gegenüber der Tauchwalze (2) unterschiedlicher Umfangsgeschwindigkeit antreibbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß die Auftragwalze (4) einen dem wirksamen Arbeitsdurchmesser der Druckform entsprechenden Durchmesser aufweist, daß die hiermit zusammenwirkende Übertragungswalze, die mit gleicher Umfangsgeschwindigkeit wie Auftragswalze (4) und die Druckform tragender Zylinder (3) hierauf abrollt, als Rasterwalze mit Farbaufnahmevertiefungen (6) und dazwischen angeordneten Stegen (7) ausgebildet ist, wobei die Teilung des Rasters der Rasterwalze (5) zu derjenigen der einzufärbenden Druckform im Bereich zwischen 1,25:1 bis 2:1 liegt, daß der Rasterwalze eine die zwischen den Farbaufnahmevertiefungen (6) angeordneten Stege (7) abstreifende Abstreifeinrichtung (9) zugeordnet ist, die als negativ angestellte Rakel ausgebildet ist, und daß die Auftragwalze (4) ohne Vorrichtung zur Verwischung des aufgebrachten Farbrasters umläuft."

V. Gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung hat die Beschwerdeführerin unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr am 23. Juni 1988 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ging am 13. September 1988 ein.

Die Beschwerdeführerin beantragt, die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung aufzuheben und das nachgesuchte Patent zu widerrufen. Zur Begründung führte sie an, daß der angeblichen Erfindung kein geschlossenes, einheitliches Konzept zugrundeliege, sondern daß es sich um eine "Agglomeration einer Vielzahl von Merkmalen" handele. Sie verweist dabei noch auf folgende Druckschriften:

(D23) Special Report 114 des IFRA Advisory Service, Juli 1980, Die ANPA-Presse

(D24) Japanische Offenlegungsschrift 55-93456 der Kabushiki Kaisha Tokyo Kikai Seisaku Sho, Einrichtung zur Zuführung von Druckfarben in Rotationsdruckmaschinen (deutsche Übersetzung)

(D25) Artikel New Press Design Renews Letter Press Interest aus "Editor & Publisher", 17. Januar 1981

(D26) "IFRA-Veröffentlichung" der Prinzipsskizze der TKS-Version der ANPA-Presse in Davenport

(D27) "Allgemeine Berufskunde für Buchdrucker" 6. Auflage, 1960, S. 234 und

(D28) "Polygraphische Technik", 1978, S. 354, Probleme des Schablonierens Zusammenfassend kommt sie zu dem Ergebnis, daß es nicht erfinderisch sein könne ein vom "Flexodruck" her bekanntes Kurzfarbwerk für andere Druckarten, insbesondere den Offsetdruck, einzusetzen.

VI. Die weitere Verfahrensbeteiligte hat keine Beschwerde gegen die Zwischenentscheidung der Einspruchsabteilung eingelegt, hat aber mit Schreiben vom 31. Oktober 1988 zum Vorbringen der Beschwerdeführerin Stellung genommen; sie kam dabei zu dem Ergebnis, daß die Kombination von (D1) und (D17) den Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nahelege. Auch sie beantragt den Widerruf des Patents.

VII. Die Beschwerdegegnerin widersprach diesen Ausführungen und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde bzw. des Antrags der weiteren Verfahrensbeteiligten auf Widerruf des Patents, da Anspruch 1 ihrer Meinung nach einen neuen und erfinderischen Gegenstand beinhalte.

VIII. Nach vorbereitender Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) VOBK vom 2. November 1990 fand am 20. Februar 1991 eine mündliche Verhandlung vor der Kammer statt.

In ihr hielten die Parteien ihre vorstehend genannten Anträge unverändert aufrecht, wobei die Beschwerdeführerin gestützt auf die Auffassung, daß Anspruch 1 formal nicht zulässig sei, in Anknüpfung an die Entscheidung T 170/87, ABl. EPA 1989, 441 den zusätzlichen Antrag stellte, die Frage:

"Ist es im Widerspruch zur Entscheidung T 170/87 zulässig, ein "negatives Merkmal" in einen Anspruch aufzunehmen."

an die Große Beschwerdekammer zur Entscheidung vorzulegen.

Die fehlende Zulässigkeit des Anspruchs 1 wurde von der Beschwerdeführerin im beanspruchten Rasterverhältnis bzw. in der fehlenden Verwischeinrichtung gesehen, weil das Rasterverhältnis vollkommen losgelöst von tatsächlich vorzusehenden Rastern, also ohne feste Bezugspunkte, beansprucht werde und weil die fehlende Verwischeinrichtung nur in der Zeichnung des Streitpatents aber nirgendwo sonst seine Stütze finde.

Zur Frage der erfinderischen Tätigkeit - die Neuheit des Farbwerkes gemäß Anspruch 1 war unstrittig zwischen den Parteien - wurde in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vor allem auf den Fachmann abgestellt, der wisse, welche Raster beim Zeitungsdruck vorlägen und der durch Kombination von nur zwei Druckschriften, z. B. von D1 bzw. D3 bzw. D4 mit D17, in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 hätte gelangen können.

Weiter wurde dargelegt, daß die Merkmale des Anspruchs 1 ohne synergistische Wirkung nebeneinander stünden und daß schon von der Gattungsbildung her von den Farbwerken des Typs "Granger" hätte ausgegangen werden müssen.

Die Nennung der Vielzahl von Druckschriften wurde damit begründet, daß die Beschwerdegegnerin ein eingeschränktes Schutzbegehren vorgelegt habe, dessen neu hinzugekommene Merkmale die Ermittlung und Nennung weiterer Druckschriften notwendig gemacht habe.

Die Beschwerdegegnerin widersprach diesem Vorbringen und vertrat die Auffassung, daß unabhängig davon, von welcher Druckschrift bei der Formulierung des Oberbegriffs des Anspruchs 1 ausgegangen werde, ein patentfähiger Gegenstand beansprucht werde, weil sich das in Anspruch 1 definierte Farbwerk aus dem hier vorliegenden, umfangreichen Stand der Technik zumindest nicht "in naheliegender Weise" ergebe, Artikel 56 EPÜ. Damit sei es aber gerechtfertigt, das Patent - unter Berücksichtigung der mit Eingabe vom 13. Februar 1991 (Telekopie) vorgenommenen Beseitigung des Widerspruchs in der Beschreibung gemäß Sp. 9 und 11 - in der geltenden, eingeschränkten Fassung desselben aufrechtzuerhalten, zumal auch die Bedenken der Gegenseite gegen die formale Zulässigkeit des Anspruchs 1 ohne Basis seien, wie im einzelnen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer aufgezeigt worden sei.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Die Einsprechende I hat zwar keine Beschwerde eingelegt, sie ist aber gemäß Artikel 107 EPÜ als "weitere Verfahrensbeteiligte" am Beschwerdeverfahren beteiligt. Da die Diskussion zwischen den Parteien über die Rechtsstellung der Einsprechenden I mittlerweile ihr Ende gefunden hat, erübrigt sich im gegebenen Stadium ein weiteres Eingehen auf diese Frage.

3. Änderungen nach der Erteilung

3.1. Der geltende Anspruch 1 ist gegenüber dem erteilten Anspruch 1 durch drei Maßnahmen geändert worden, nämlich:

a) durch die Bereichsangabe 1,25:1 bis 2:1 bezüglich des Rasterverhältnisses von Rasterwalze zu Druckwalze; b) durch die Aufnahme der negativ angestellten Rakel als der Abstreifeinrichtung und c) durch die Festlegung, daß die Auftragwalze ohne Vorrichtung zur Verwischung des aufgebrachten Farbrasters umläuft.

3.2. Nach Auffassung der Kammer sind die Maßnahmen a) bis c) gemäß 3.1 den ursprünglich eingereichten Unterlagen entnehmbar.

3.2.1. Es trifft zunächst zu, daß das Rasterverhältnis gemäß Maßnahme a) nicht erkennen läßt, welche Raster, absolut gesehen, im einzelnen an der Raster- und an der Druckwalze vorliegen. Bei der Beurteilung der Frage der ursprünglichen Offenbarung eines Merkmals ist der gesamte Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen heranzuziehen, z. B. S. 14 Abs. 1, aus der hervorgeht, daß beim Stand der Technik (Flexodruck) ein Rasterverhältnis von 3:1 bis 4:1 vorliegt und daß bei Anwendung derartiger Rasterverhältnisse zähe Druckfarben nicht in gewünschter Menge auftragbar wären. Das beanspruchte Rasterverhältnis, welches bezüglich seiner Bereichsgrenzen eindeutig aus der ursprünglichen S. 18 herleitbar ist, ist somit im Lichte des Standes der Technik zu sehen, welcher ebenfalls auf Rasterverhältnisse abgestellt ist und die Zahl der Rasterlinien pro cm ebenfalls nicht im einzelnen angibt. Der Fachmann weiß welche Raster Offsetplatten haben, so daß ein Hinweis auf "wenig feiner" bzw. auf den Bereich "1,25:1 bis 2:1" im Gesamtzusammenhang eine eindeutige, nachvollziehbare Lehre zu technischem Handeln vermittelt, zumal die ursprüngliche Anmeldung auf S. 18 mögliche Rasterlinien pro cm angibt, so daß bei Auslegung des Anspruchs 1 im Lichte dieser Angabe klar ist, in welchem Bereich sich der Fachmann zu bewegen hat, Artikel 69 (1) EPÜ.

3.2.2. Der geltende Anspruch 1 ist nunmehr abgestellt auf eine Abstreifeinrichtung in Form einer negativ angestellten Rakel, wie sie aus der ursprünglichen Figur 1 durch die Angabe der Walzdrehrichtung der Rasterwalze "5" in eindeutiger Weise entnehmbar ist (Maßnahme b) gemäß 3.1).

3.2.3. Die Maßnahme c) gemäß 3.1 ist als sogenanntes Negativmerkmal ("ohne Verwischvorrichtung") formuliert. Es trifft zu, daß diese Maßnahme expressis verbis in den ursprünglichen Unterlagen nicht enthalten ist. Nach Auffassung der Kammer ist sie aber implizit in diesen Unterlagen enthalten, und zwar durch folgende Stellen der ursprünglich eingereichten Unterlagen:

- Figuren 1, 2 und 4, aus denen hervorgeht, daß die Auftragwalze "4" ohne Rakel bzw. ohne Reiterwalze(n) umläuft und ihr Farbmuster demzufolge unverwischt auf die harte Druckform "3" überträgt;

- S. 9, Z. 22 ("Rundlauffehler"); S. 10, Z. 11 bis 14 ("lediglich der Farbübertragung"); S. 11, Z. 9 bis 11 ("Muster ... gleichmäßige Farbverteilung") und Z. 17 bis 23 sowie Z. 25 ("Restrelief") und S. 17, Z. 30 bis 33.

Es ist glaubhaft, daß durch den Hinweis auf die "Rundlauffehler" das Fehlen einer Verwischeinrichtung impliziert wird, da sich etwa vorhandene Rundlauffehler im Falle von z. B. einer Rakel als Verwischeinrichtung insofern negativ auswirken würden als die verbleibende Farbschicht unterschiedlich ausfallen müßte. Im Umkehrschluß darf demnach gefolgert werden, daß dann, wenn Rundlauffehler keinen Einfluß auf die Farbdicke haben, eine Verwischeinrichtung fehlen muß.

3.2.4. Zusammenfassend kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß das Fehlen einer Verwischeinrichtung ausreichend durch die gesamten Ursprungsunterlagen gestützt ist, so daß die Offenbarung dieses Negativmerkmals gemäß Figuren 1, 2 und 4 durch die Beschreibung unterstützt wird.

3.3. Insgesamt ist somit die Sachlage des vorliegenden Falles nicht mit der in der Entscheidung T 170/87 vergleichbar, weil vorliegend zusätzlich zur Offenbarung des Merkmals in schematischen Zeichnungen eine implizite weitere Offenbarung vorliegt, die die Offenbarung der Zeichnungen so weit stützt, daß die Maßnahme c) gemäß 3.1 als ursprungsoffenbart anerkannt werden kann.

3.4. Der Einwand gemäß Artikel 123 (2) EPÜ war bei dieser Sachlage zurückzuweisen, da nicht von den Tatsachen gedeckt. Damit ist auch die Basis für die von der Beschwerdeführerin formulierte Frage an die Große Beschwerdekammer nicht gegeben, weil kein Widerspruch zur Entscheidung T 170/87 vorliegt. Die Kammer hat deshalb in der mündlichen Verhandlung nach Zwischenberatung den diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen, da für sie die Maßnahmen a) bis c) gemäß 3.1 den Rahmen von Artikel 123 (2) EPÜ nicht sprengen.

3.5. Es ist unstrittig, daß die Maßnahmen a) bis c) gemäß 3.1 den Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 weiter einschränken, da aus dem allgemeinen Hinweis des Rasterverhältnisses "nur wenig feiner" ein konkreter Bereich geworden ist, da aus der allgemeinen Abstreifeinrichtung eine "negativ angestellte Rakel" wurde und da zusätzlich vorgeschrieben wurde, daß beim geltend beanspruchten Gegenstand des Anspruchs 1 eine Verwischeinrichtung fehlt. Eine weitere Einschränkung eines Gegenstands im Einspruchs-/Beschwerdeverfahren ist gemäß Artikel 123 (3) EPÜ zulässig, so daß in der Zusammenfassung vorstehender Überlegungen der geltende Anspruch 1 insgesamt aus der Sicht von Artikel 123 (2) und (3) EPÜ nicht angreifbar ist.

4. Die Frage der Neuheit des Gegenstands des Anspruchs 1 ist zwischen den Parteien nicht strittig gewesen, sie war sie auch nicht für die Kammer, so daß sich diesbezüglich weitere Erörterungen erübrigen.

5. Damit konzentriert sich die Frage der Patentfähigkeit des Gegenstands gemäß Anspruch 1 ganz auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen erfinderischer Tätigkeit.

5.1. Zunächst ist der gattungsnächste Stand der Technik zu bestimmen, weil erst damit zu entscheiden ist, welche Merkmale im Oberbegriff und welche im Kennzeichenteil des unabhängigen Anspruchs aufzuführen sind bzw. wie die objektiv zu lösende technische Aufgabe lautet.

Die Frage des gattungsnächsten Standes der Technik war strittig zwischen den Parteien, da die Beschwerdeführerin und weitere Verfahrensbeteiligte die Auffassung vertreten hatten, daß von einer "Granger"-Druckschrift, z. B. der D3 auszugehen wäre.

5.2. Bevor auf den in 5.1 angesprochenen Sachverhalt näher eingegangen wird, ist festzustellen, daß die zweiteilige Anspruchsfassung des unabhängigen Anspruchs in vorliegendem Falle problematisch ist.

Im Oberbegriff des Anspruchs 1, vgl. seine Z. 6/7, ist ausgesagt, daß die Auftragwalze "4" im Verhältnis zur Druckform "mit etwa gleicher Umfangsgeschwindigkeit" umläuft. Diese Aussage ist aus abgrenzungstechnischen Gründen notwendig, um der Situation gemäß (D22A), von der her die Abgrenzung des Anspruchs 1 vorgenommen wurde, gerecht zu werden. Die Aussage "mit etwa gleicher Umfangsgeschwindigkeit" wird im Kennzeichen des Anspruchs 1 dann dadurch charakterisiert, daß vorgeschrieben ist, daß der "wirksame Arbeitsdurchmesser" der Druckform gleich dem Durchmesser der Auftragwalze "4" ist. Insgesamt gesehen verbleibt somit die ursprünglich offenbarte Aussage der Durchmessergleichheit der in Rede stehenden Walzen erhalten, aber es zeigt sich doch, daß derlei Sachverhalte am besten durch einteilige Anspruchsfassungen ausdrückbar sind, entgegen der Forderung von Regel 29 (1) EPÜ.

Hinzu kommt, daß Anspruch 1 eine Kombinationserfindung zum Inhalt hat, bei der es ohnehin nicht auf das Bekanntsein einzelner Merkmale, sondern auf die Kombination ankommt, vgl. z. B. Entscheidung T 37/85, ABl. EPA 1988, 86. Auch dieser Umstand spricht an sich gegen die zweiteilige Anspruchsfassung.

Schließlich ist aber auch noch ein sachlicher Grund gegeben D3 nicht zur Gattungsbildung heranzuziehen, nämlich u. a. deshalb, weil die dort vorausgesetzten Druckfarben, vgl. Sp. 1, Z. 21/22 ("four to five Poises") von D3, wohl hochviskos aber nach unbestrittener Aussage der Beschwerdegegnerin dennoch um den Faktor 25 unter den Werten beim Offsetdruck liegen. Damit erfüllt aber D3 nicht die fundamentale Aussage von Z. 2/3 des Anspruchs 1, nämlich "hochviskose Druckfarben ... Offsetmaschinen" und ist schon von daher nicht als gattungsnächste Druckschrift anzusehen, so daß der Einwand der Beschwerdeführerin und weiteren Verfahrensbeteiligten gemäß Regel 29 (1) EPÜ sachlich nicht gerechtfertigt ist.

5.3. Unter Berücksichtigung des Vorgesagten ist die (D22A) gattungsnächster Stand der Technik; Anspruch 1 ist zutreffend gegenüber dieser Druckschrift abgegrenzt und formal nicht angreifbar.

Das aus (D22A) bekannte Farbwerk ist wie der Gegenstand des Anspruchs 1 ein Kurzfarbwerk zum Verarbeiten hochviskoser Druckfarben, bei dem die Tauchwalze "3" die Druckfarbe auf einen Farbwerkzylinder "7" überträgt, der mit Dosierwalzen "10, 13" in Berührung steht, die die aufgetragene Farbe egalisieren (verwischen).

Zwei Auftragwalzen "8, 8" übertragen die Druckfarbe auf dem Plattenzylinder "9", vgl. Fig. 1. Gemäß S. "B3" Abs. 1 der (D22A) können die Auftragwalzen "8, 8" auch entfallen, so daß die Walzen "7" und "9" direkt in Kontakt stehen. Die beiden Dosierwalzen "10, 13" sind einzeln und unabhängig vom Farbwerkzylinder "7" antreibbar sowie bezüglich des Spaltes zum Farbwerkzylinder "7" einstellbar, so daß insgesamt eine gleichmäßige Farbschicht auf die Auftragwalzen "8, 8" übertragen wird. Das Konzept, das dem Farbwerk der (D22A) zugrundeliegt, kann dahingehend zusammengefaßt werden, daß dort auf dem Farbwerkzylinder "7" zunächst ein Farbfilm geschaffen, daß dieser in zwei Stufen egalisiert (verwischt) und schließlich an Auftragwalzen oder direkt an den Plattenzylinder abgegeben wird.

5.4. Von dem Stand der Technik gemäß (D22A) ausgehend, ist die objektiv verbleibende, technische Aufgabe zu definieren, die bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Farbwerks gemäß Anspruch 1 zugrundezulegen ist.

In den geltenden Unterlagen wird die zu lösende Aufgabe, vgl. Sp. 5, Z. 56 bis 65 und Einschub als Ersatz für Sp. 6, Z. 1 bis 27, darin gesehen, daß die Nachteile des gattungsgemäßen Farbwerks vermieden und die Vorteile desselben beibehalten werden sollen, indem dieses Farbwerk mit einfachen, kostengünstigen Mitteln dadurch verbessert wird, daß nicht nur ein einfacher, platzsparender und einen geringen Teilebedarf verursachender Farbwerksaufbau, sondern auch eine einfache Reduzierung und zuverlässige Arbeitsweise gewährleistet sind, wobei gleichzeitig auch ein störungsfreier Farbnachschub unter gleichzeitiger Vermeidung von Moirée-Bildung sowie ein von Störfaktoren wie Temperaturschwankungen, Rundlauffehlern, Farbverschmutzungen und dergleichen unabhängiges, gleichmäßiges Farbangebot auf der Auftrageinrichtung und damit eine gleichmäßige und zuverlässige Einfärbung der Druckform sichergestellt und ein Schablonieren zuverlässig unterbunden ist und wobei dennoch ein schonender, verschleißarmer Betrieb und damit eine lange Lebensdauer gewährleistet ist.

Die Kammer ist der Auffassung, daß die den geltenden Unterlagen entnehmbare Aufgabe die objektiv verbleibende und tatsächlich zu lösende technische Aufgabe darstellt, da in zutreffender Weise ausgesagt ist, was angestrebt wird ohne daß die Aufgabe schon Hinweise auf ihre Lösungsmerkmale gibt. Dem steht auch der Vorwurf der Beschwerdeführerin und weiteren Verfahrensbeteiligten nicht entgegen, daß es sich um eine "Allerweltsaufgabe" handelt, weil es nicht erforderlich ist, daß im Zusammenhang mit der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit die Aufgabe als solche bereits erfinderisch ist, was im vorliegenden Falle sicherlich nicht zutrifft, da von einem Fachmann erwartet werden darf, daß er ein bekanntes Farbwerk studiert und sofern dieses Schwächen hat, sich die Aufgabe stellt dieses Farbwerk gezielt zu verbessern. Das Stellen der vorgenannten Aufgabe erfordert demnach noch keinerlei erfinderisches Tätigwerden des Fachmannes.

5.5. Die Lösung der vorgenannten Aufgabe erfolgt ausgehend vom gattungsgemäßen Farbwerk gemäß Kennzeichenteil des Anspruchs 1 durch folgende sechs Merkmale (Zuordnung gemäß Vortrag der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer):

1) die Durchmesser der Auftragwalze "4" und der Druckform "3" sind gleich;

2) die Umfangsgeschwindigkeiten der vorgenannten Walzen "4" und "3" und der Rasterwalze "5" sind gleich;

3) die Übertragungswalze ist eine Rasterwalze "5";

4) die Raster der Rasterwalze und der Druckform liegen im Bereich von 1,25:1 bis 2:1;

5) der Rasterwalze "5" ist eine negativ angestellte Rakel zugeordnet und

6) die Auftragwalze "4" läuft ohne Vorrichtung zur Verwischung des aufgebrachten Farbmusters um.

5.6. Damit ergeben sich folgende Wirkungen:

Durch den Einsatz einer Rasterwalze als Übertragungswalze wird ein Farbmuster anstelle eines Farbfilms auf die Auftragwalze aufgetragen, d. h. das Dimensionieren des Farbauftrages wird nicht durch Rakeln oder durch die Anbringung von Reiterwalzen (Spaltbeeinflussung) erzielt, sondern allein durch die Rasterwalze selbst, da deren Farbaufnahmevertiefungen "6" definierte Farbmengen aufnehmen und diese gezielt und ohne nachträgliche Beeinflussung an die Auftragwalze abgeben. Es wird damit Farbe nicht in Form eines zusammenhängenden Filmes, sondern in diskreten Einzelmengen aufgegeben. Der Walzenkontakt benachbarter Walzen dient damit nur noch der Farbübertragung nicht aber der Dosierung der Farbe, vgl. geltende Sp. 6, Z. 28 bis 65, wo auf diese Gegebenheit hingewiesen ist und wo die damit erzielbaren baulichen und betrieblichen Vorteile besonders herausgestellt sind. Die beanspruchte Rasterteilung ergibt dabei eine gleichmäßige und ausreichende Farbdichte. Da das Prinzip des Farbauftrages nicht mehr an die Filmübertragung und Filmbeeinflussung gebunden ist, können sich etwaige Rundlauffehler der Walzen nicht mehr negativ auf die Farbmenge auswirken, da diese vom Raster der Rasterwalze vorgegeben ist und keine Frage dieser Filmbeeinflussung ist. Die Durchmessergleichheit von Auftragwalze und Druckform wirkt der negativen Auswirkung des Restreliefs dadurch entgegen, daß praktisch immer an derselben Stelle Farbe abgenommen wird. Die Gleichheit der Umfangsgeschwindigkeiten von Übertragungswalze (Rasterwalze), Auftragwalze und Druckform ergibt ein reines Abrollen dieser drei Walzen, so daß das Muster der Rasterwalze verzerrungsfrei auf die Druckform gelangen kann und dort an allen Stellen ein gleichmäßiger Farbauftrag erzielbar ist.

5.7. Es ist nun noch zu untersuchen, ob der hier vorliegende Stand der Technik "in naheliegender Weise" auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hinführt oder nicht.

Vorstehend wurde unter Hinweis auf die Entscheidung T 37/85 schon darauf hingewiesen, daß das Bekanntsein einzelner oder mehrerer Merkmale des Anspruchs 1 per se noch nicht gegen die erfinderische Qualität des Gegenstandes des Anspruchs 1 spricht.

Es ist weiter zu berücksichtigen, ob der Fachmann im vorliegenden Falle auf die Lösung der gestellten Aufgabe gemäß Anspruch 1 gekommen wäre oder ob er auf diese Lösung hätte kommen können, vgl. Entscheidung T 2/83, ABl. EPA 1984, 265 ("would" bzw. "could"). Die Auswertung des hier vorliegenden Standes der Technik ist somit ohne Kenntnis der Erfindung und nicht etwa in Kenntnis derselben vorzunehmen (ex post Betrachtungsweise).

5.8. Von besonderer Bedeutung im bisherigen Verfahren einschließlich der mündlichen Verhandlung vor der Kammer war zunächst (D17), die nach ihrem Titel "Flexodruck in Spitzenqualität ..." den "Flexodruck" betrifft, unter dem der Fachmann, vgl. Druckschriften (D9), (D10), (D11), (D17) und (D19) Farbwerke versteht, die im Verhältnis zum Offsetdruck dünnflüssige (niedrigviskose) Druckfarben und weiche Druckformen verwenden, auch wenn in Einzelfällen gehärtete Druckformen angestrebt werden, vgl. (D18) S. 44, Sp. 2, Abs. 2. Dennoch ist davon auszugehen, daß beim Flexodruck bezüglich Druckfarbenviskosität und Druckformhärte erheblich andere Bedingungen herrschen als beim Farbwerk wie es im Oberbegriff des Anspruchs 1 vorausgesetzt wird, so daß es von daher schon fraglich ist, ob sich der Fachmann, der vor der Lösung der gestellten Aufgabe steht, auf diesem Nachbargebiet überhaupt Anregungen holen würde und wenn ja, ob er diese Anregungen "ungefiltert" auf den Offsetdruck übertragen kann oder nicht.

5.9. Aber selbst wenn der Fachmann sich entschließen sollte (D17) ernsthaft in Betracht zu ziehen, wird er von der (D22A) ausgehend nicht auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hingelenkt, auch wenn in (D17) eine Rasterwalze als Mittel zur Farbdosierung grundsätzlich angesprochen ist, und dies sogar im Zusammenspiel mit einer negativen Rakel, vgl. S. 20 obere Figur rechtes Druckwerk der (D17). Auch das Rasterverhältnis von 2:1 ist in (D17) angesprochen, vgl. S. 22, Sp. 2, letzter Absatz, aber insgesamt wird das Druckergebnis mit diesem Rasterverhältnis als "unmöglich" bezeichnet und darauf verwiesen, daß man sehr gute Ergebnisse nur mit einem Rasterverhältnis von 3:1 bis 4:1 erzielen kann. Da aber Anspruch 1 nicht nur 2:1 als Rasterverhältnis beansprucht, sondern auch den Bereich darunter bis hinab zum Rasterverhältnis von 1,25:1 beansprucht, muß die Lehre, die (D17) vermittelt, als vom Gegenstand des Anspruchs 1 wegweisend eingestuft werden.

Aus dem Hinweis der (D17), daß ein Rasterverhältnis von 2:1 beim Flexodruck und den dort üblichen Druckfarben und Druckformen ein "unmögliches" Ergebnis, beim Offsetdruck gemäß Anspruch 1 mit den in diesem Gebiet üblichen (zähen) Druckfarben und (harten) Druckformen aber offensichtlich ein optimales Druckergebnis ergibt, ist zu schließen, daß Flexodruck und Offsetdruck grundlegend verschiedene Verfahren sind und daß Erkenntnisse des einen Gebietes nicht notwendigerweise im Nachbargebiet einsetzbar sind. Daraus folgt, daß alle Druckschriften, die den Flexodruck betreffen, also (D9), (D10), (D11), (D17), (D18) und (D19) vom Fachmann möglicherweise zur Kenntnis genommen, aber für den Offsetdruck mit großer Wahrscheinlichkeit nicht als nachahmenswertes Vorbild in Betracht gezogen werden.

Da somit schon (D17) als wichtigste Druckschrift des Verfahrens bezüglich des Gebietes "Flexodruck" nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 hin-, sondern von ihm weggeführt, sind (D9), (D10), (D11), (D18) und (D19) noch weniger relevant und bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Gegenstands des Anspruchs 1 vernachlässigbar.

Aus der Tatsache, daß (D17) für sich genommen im Hinblick auf die Lehre des Anspruchs 1 irrelevant ist, folgt unmittelbar, daß die Kombinationen dieser Druckschrift mit anderen Druckschriften, z. B. der (D1), (D2), (D3) und (D4), zwar denkbar sind, aber letztendlich auch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 hinführen können.

5.10. Im übrigen regen die Druckschriften (D1), (D2), (D3) und (D4) den Fachmann aus sich heraus nicht dazu an in Kombination mit (D17) betrachtet zu werden.

(D1) ist auf ein Farbwerk gerichtet, das eine Rasterwalze "c" umfaßt, das aber auch eine Spalteinstellung zwischen den Walzen "c" und "d" beinhaltet, vgl. S. 2, Z. 39 bis 41, um die Farbmenge einstellen zu können. Genau das ist aber nicht die Lehre des Anspruchs 1, gemäß der die Farbdosierung mittels der Rasterwalze und nicht mittels Spalteinstellung erfolgt, so daß (D1) nicht auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hinweisen kann, wenn auch eine ganze Reihe von Merkmalen des Anspruchs 1, wie negative Rakel und verwischfreie Auftragwalze, bei (D1) realisiert sind. Es trifft zu, daß die Druckwalze "e" der (D1) nicht näher spezifiziert ist, andererseits ist aber auch nicht ausgeführt in (D1), daß es sich um eine harte Druckform im Sinne des Anspruchs 1 handeln müßte.

Die Druckschriften (D2), (D3) und (D4) sind insoweit identisch als der Auftragwalzen - gleich dem Formwalzendurchmesser ist. Daß aber in der Fachwelt die Durchmessergleichheit nicht beliebt ist, verdeutlicht (D28), vgl. S. 354, Z. 7 v.u., wo ausgesagt ist, daß die Durchmessergleichheit "meist konstruktiv nicht möglich" ist, so daß im Lichte dieses Fachwissens (D2), (D3) und (D4) nicht dazu anregen, diese Maßnahme beim gattungsgemäßen Farbwerk vorzusehen.

Bezüglich (D2), (D3) und (D4) ist mit Blick auf die Lehre des Anspruchs 1 noch hervorzuheben, daß in allen drei Druckschriften (Typ "Granger") mit Verwischung gearbeitet wird, sei es in Form von Rakeln ("114" bei (D2) bzw. "50" bei (D3) bzw. "86" bei (D4)) oder einer Reiterwalze ("81" bei (D4)), was im direkten Gegensatz zum letzten Kennzeichenmerkmal des Anspruchs 1 steht.

Seitens der Beschwerdeführerin und weiteren Verfahrensbeteiligten wurde auf das "may be mounted" der Sp. 4, Z. 67 der (D4) hingewiesen und daraus abgeleitet, daß auch ohne Verwischung arbeitbar ist. Diese Betrachtungsweise läßt aber außer acht, daß die Reiterwalze "81" selbst dann noch als Verwischvorrichtung wirkt, wenn die Quetschleiste (Rakel) "86" in Wegfall kommt. Schließlich sind bei den Granger-Farbwerken die Rasterwalzen nicht die Übertragungswalzen, was wiederum im Gegensatz zur Lehre des Anspruchs 1 steht.

Zusammenfassend ist damit aufgezeigt, daß die Granger-Farbwerke gemäß (D2), (D3) und (D4) zwar in Teilmerkmalen mit Anspruch 1 übereinstimmen, daß sie aber bezüglich wesentlicher Kennzeichenmerkmale des Anspruchs 1 irrelevant sind bzw. im Gegensatz dazu stehen, so daß sie weder einzeln noch in Kombination mit (D17) den Gegenstand des Anspruchs 1 nahelegen können.

5.11. Zu den weiteren Druckschriften des Verfahrens ist folgendes festzustellen:

Die (D5) zeigt lediglich eine Farbauftragwalze "4" eines Kurzfarbwerkes, die sowohl Rasterwalze (welche Rasterung liegt vor?, vgl. S. 7, Abs. 4 der (D5) "Genaue Angaben ... verschieden sein kann.") als auch Auftragwalze ist, ohne auf ein bestimmtes Rasterverhältnis oder die zu realisierenden Durchmesser der Walzen oder Fragen der Farbführung auf der Rasterwalze näher einzugehen.

(D6) arbeitet mit Relativgeschwindigkeiten zwischen den Walzen "12" und "14", was im Gegensatz zur Lehre des Anspruchs 1 steht.

(D7) betrifft dünnflüssige Farben verarbeitende Farbwerke (Anilinfarben) und bleibt von daher schon weit hinter der Gattung des Anspruchs 1 zurück, wobei auch noch mit Verwischung der Walze "4" gearbeitet wird, vgl. Walze "6". Die (D8) weist eine Rasterwalze "20", die als Tauchwalze arbeitet, auf; im übrigen fehlen in dieser Druckschrift Angaben zu einem bestimmten Rasterverhältnis. Die axial changierende Walze "38", vgl. S. 7, Abs. 2 und Fig. 3 der (D8) stellt dabei eine weitere Maßnahme dar, die im Gegensatz zur Lehre des Anspruchs 1 steht.

Wie vorstehend schon ausgeführt wurde, betrifft (D9) den Flexodruck. Grundsätzlich ist aber aus dieser Druckschrift u. a. auch eine negative Rakel bekannt, vgl. S. 9, letzte 10 Zeilen, wenn an anderer Stelle, vgl. Bild 5 der (D9), auch eine positive Rakel einer Rasterwalze zugeordnet ist. Weiter ist es aus (D9) bekannt, Farbmengen durch Rasterwalzen zu dosieren, vgl. S. 8, rechte Spalte, letzter Absatz, so daß insoweit Übereinstimmung mit der Lehre des Anspruchs 1 besteht. Die Kammer geht aber davon aus, daß der Fachmann gegenüber der Flexodruck-Technologie aufgrund der dort üblichen (geringen) Druckfarbenviskosität und Weichheit der Druckformen so starke Vorbehalte hat, daß er daraus keine direkten Impulse für eine Drucktechnologie mit völlig anderen Randbedingungen erhält, vgl. auch (D10), (D11), (D18) und (D19).

Die Druckschriften (D12) und (D13) liegen vom beanspruchten Farbwerk des Anspruchs 1 schon deswegen weit ab, weil sie ohne Rasterwalze arbeiten; die Druckschriften (D14) und (D15) betreffen lediglich Rakelvorrichtungen von Farbwerken, während (D16) auf den Walzenaufbau (Verbundwalze) zielt und Bedeutung allenfalls für den abhängigen Anspruch 11 haben kann, wohingegen (D22B) auf den erteilten abhängigen Anspruch 9 zielt und ebenfalls ohne wesentlichen Bezug zum Gegenstand des Anspruchs 1 ist.

5.12. Der Komplex "ANPA" bzw. "TKS", vgl. (D20), (D23), (D24), (D25) und (D26) führt ebenfalls nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 hin:

Bei (D26) ist schon nicht erhärtet, ob es sich um eine Vor-Veröffentlichung handelt. Ganz abgesehen davon, lehrt sie und (D20) den Einsatz von zwei Auftragwalzen "C" und "D", was nicht Lehre des Anspruchs 1 ist, vgl. auch (D23) insbesondere S. 15, rechte Darstellung (Druckwerk mit gravierter Farbwalze). Bekanntermaßen begünstigen zwei Auftragwalzen Moiréebildung, die als nachteilig anzusehen ist. Die Rasterwalze ist dabei z. T. als Tauchwalze ausgebildet, vgl. (D23), S. 15, rechte Darstellung und (D24) insbesondere Fig. 1 und 2. Beim Gegenstand der (D24) fällt auf, daß das Rakel neutral angestellt ist, so daß im Gegensatz zur Lehre des Anspruchs 1 auf der Rasterwalze ein Film zugelassen wird, der gemäß Anspruch 1 durch das negativ angestellte Rakel abgestochen wird, so daß die Stege der Rasterwalze farbfrei sind. Die "ANPA"-bzw. "TKS"-Farbwerke arbeiten mit einem Rasterverhältnis von 3:1, vgl. (D24), in der ausgesagt ist, daß 40 bis 100 L/cm an der Rasterwalze vorgesehen sind. Wenn damit Raster für Zeitungspapier gemäß (D27) insbesondere S. 234, von 30 vorgesehen sind, wird klar, daß diese Farbwerke bei weitem außerhalb des beanspruchten Rasterverhältnisses arbeiten und somit nicht angetan sind, den Fachmann auf den Gegenstand des Anspruchs 1 hinzuführen.

Es verbleibt die (D21), die u. a. auch glatte Walzen "15", vgl. Fig. 2 und S. 7 Abs. 1 und ein neutrales Rakel, vgl. Fig. 2, zuläßt. Die Rasterwalze "2" gleichzeitig als Tauchwalze und als Plattenzylinder auszubilden, vgl. Fig. 1 von (D21), stellt eine weitere Lehre der (D21) dar, die ausweist, daß nur bei ex post-Auslegung der (D21) ein Bezug zur Lehre des Anspruchs 1 herleitbar ist.

5.13. Zusammenfassend ist damit aufgezeigt, daß vereinzelt Maßnahmen des Standes der Technik mit dem Gegenstand des Anspruchs 1 übereinstimmen. Dieser Umstand kann aber insgesamt nicht als Patenthindernis angesehen werden, weil gemäß Artikel 56 EPÜ sich der Gegenstand des Anspruchs 1 in "naheliegender Weise aus dem Stand der Technik" ergeben müßte, damit die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ nicht erfüllt sind. Da aber der vorliegende Stand der Technik insgesamt keine eindeutige und einhellige Tendenz des Hinweisens auf den Gegenstand des Anspruchs 1 erkennen läßt, kann dieser nicht als naheliegend angesehen werden.

Nach Auffassung der Kammer erfüllt der geltende Anspruch 1 damit die Erfordernisse des Artikels 56 EPÜ, so daß dieser unabhängige Anspruch den Bestand des Patents in eingeschränkter Fassung sichern kann.

Mit ihm sind die erteilten, geltenden abhängigen Patentansprüche rechtsbeständig.

6. Durch die Streichung derjenigen Passagen der erteilten Beschreibung, die im Widerspruch zum Gegenstand des Anspruchs 1 stehen, liegt nunmehr auch eine Beschreibung im Sinne der Regel 27 EPÜ vor.

7. Die Argumentation der Beschwerdeführerin und weiteren Verfahrensbeteiligten war sehr abgestellt auf den Fachmann. Die Kammer hat dabei aber insgesamt den Eindruck gewonnen, daß der Fachmann nur dazu herhalten sollte, eine Betrachtungsweise des vorliegenden Standes der Technik in Kenntnis des Streitpatents zu stützen. Nur unter dieser Voraussetzung konnten Druckschriften als kombinierbar angesehen und der Schluß des Naheliegens gezogen werden, nach dem Motto "Nehme Farbwerk von D17 und Walzenanordnung gemäß D1 um den Gegenstand von Anspruch 1 zu erhalten und sollten Einzelheiten von D1 stören, dann verwende D4 anstelle von D1".

Auch der wiederholte Vorwurf, wonach Anspruch 1 nur eine "Agglomeration" von Merkmalen darstelle, kann nicht überzeugen, da er über eine Behauptung nicht hinausgeht. Auf die Problematik der zweiteiligen Anspruchsfassung wurde vorstehend ausführlich eingegangen; es kann dahingestellt bleiben, ob eine einteilige Anspruchsfassung vorliegend vorzuziehen gewesen wäre, weil die Kammer an die Anträge der Parteien gebunden ist.

Der weitere Vorwurf, daß hinsichtlich der wesentlichen Merkmale des Anspruchs 1 nur jeweils eine einfache Auswahl aus wenigen Möglichkeiten zu treffen gewesen sei, z. B. Verwischvorrichtung ja/nein bzw. positives/ neutrales/negatives Rakel bzw. Rasterwalze als Tauch- oder Übertragungswalze usw., ist nach Ansicht der Kammer ebenfalls das Ergebnis rückschauender Betrachtungsweise und wird der Situation des Erfindens nicht gerecht, die vorwärtsschauender Natur ist.

Im übrigen hat die erhebliche Zahl von Entgegenhaltungen, nämlich D1 bis 22A und D22B bis 28, als Indiz dafür zu gelten, daß die Erfindung gemäß Anspruch 1 nur mit unverhältnismäßigen Mitteln angreifbar ist. Zu beachten ist, daß die Neufassung des Anspruchs 1 nicht eine solche Zahl nachgenannter Druckschriften erfordert hätte, da im wesentlichen dabei nur Merkmale präzisiert wurden.

Schließlich ist auch der Hinweis auf die im Druckwesen nicht einheitliche Terminologie nicht dahingehend auszunützen, daß Bereichsgrenzen willkürlich verwischt werden, z. B. die zwischen Flexodruck und Offsetdruck, einzig mit dem Ziel den vorhandenen technologischen Abstand so gezielt zu verringern, daß von einem Naheliegen gesprochen werden könnte.

In der Abwägung der Argumente der Beschwerdeführerin/ weiteren Verfahrensbeteiligten und der Beschwerdegegnerin war damit - wie vorstehend im einzelnen begründet - zu entscheiden.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz mit der Auflage zurückverwiesen, das Patent mit den Unterlagen gemäß Regel 58 (4) EPÜ aufrechtzuerhalten, wobei in Spalte 9 und 11 die mit Eingabe vom 13. Februar 1991 beantragten Streichungen zu berücksichtigen sind.

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