T 0145/88 (Beschwerdebegründung) of 27.10.1989

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1989:T014588.19891027
Datum der Entscheidung: 27 October 1989
Aktenzeichen: T 0145/88
Anmeldenummer: 81201215.1
IPC-Klasse: E02B 3/14
Verfahrenssprache: EN
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Fassungen: OJ
Bezeichnung der Anmeldung: -
Name des Anmelders: Nicolon
Name des Einsprechenden: Rook Beheer B.V.; Weegels Betonfabriek
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: In der Beschwerdebegründung ist darzulegen, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben werden soll. Ob ein Dokument Artikel 108, Satz 3 EPÜ entspricht, hängt von seinem Inhalt und nicht von seiner Überschrift oder Form ab.
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 108 Sent 3
European Patent Convention 1973 R 65(1)
Schlagwörter: Zulässigkeit der Beschwerde
Beschwerdebegründung muss Argumente beinhalten
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
J 0049/92
T 0298/89
T 0442/89
T 0287/90
T 0727/90
T 0729/90
T 0102/91
T 0374/91
T 0501/92
T 0563/92
T 0646/92
T 0836/92
T 0063/93
T 0601/93
T 0493/95
T 1007/95
T 0162/97
T 0494/98
T 1158/98
T 0574/99
T 0165/00
T 0550/00
T 0023/03
T 0922/05
T 0995/05
T 1029/05
T 1256/06
T 1488/06
T 1642/06
T 0613/07
T 0724/08
T 1581/08
T 0727/09
T 2115/09
T 0386/10
T 2346/10
T 1738/11
T 2532/11
T 0399/13
T 0450/13
T 0460/13
T 0977/15

Sachverhalt und Anträge

I. Am 28. März 1988 legte die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 4. Februar 1988 ein, mit der das europäische Patent EP-0 050 904 der Beschwerdeführerin widerrufen worden war. Die Beschwerdegebühr wurde ordnungsgemäß entrichtet.

II. Am 2. Juni 1988 wurde im Namen der Beschwerdeführerin zusammen mit einem Satz geänderter Patentansprüche ein Schriftstück mit der Uberschrift "Beschwerdebegründung" eingereicht. Darin wurde festgestellt, daß der neue unabhängige Anspruch 1 eine Kombination der Ansprüche 1, 2 und 3 des erteilten Patents sei und daß die übrigen, neu numerierten Ansprüche 2 bis 16 von diesem abhingen. In Verbindung mit dem neuen unabhängigen Anspruch wurde zwar auf eine Passage in der Beschreibung hingewiesen; die Gewährbarkeit des Anspruchs wurde jedoch durch keinerlei Vorbringen gestützt, obwohl die Einspruchsabteilung in der angefochtenen Entscheidung die Meinung vertreten hatte, daß Anspruch 1 des erteilten Patents keine erfinderische Tätigkeit aufweise und die tatsächlichen Merkmale u. a. in den Ansprüchen 2 und 3 entweder aus dem Stand der Technik bekannt seien oder bloße konstruktionstechnische Varianten im Rahmen der üblichen Praxis darstellten, so daß auch diese Ansprüche keinen erfinderischen Gegenstand enthielten.

III. Mit Schreiben vom 21. November 1988 brachte die Beschwerdegegnerin/Einsprechende vor, daß das mit "Beschwerdebegründung" überschriebene Schriftstück keinerlei Feststellungen enthalte, die die Gründe für den Widerruf des Patents widerlegten, und die Beschwerde somit in Ermangelung einer fristgerechten schriftlichen Begründung unzulässig sei. Da die Beschwerdeführerin keine Argumente angeführt habe, um die korrekte Entscheidung der Einspruchsabteilung zu widerlegen, könne die Beschwerdegegnerin sie auch nicht entkräften, sondern lediglich beantragen, daß die Beschwerde auf der Grundlage der vorliegenden Dokumente zurückgewiesen werde.

IV. In einer Mitteilung vom 24. Juli 1989 bat die Beschwerdekammer die Parteien um Stellungnahme und wies auf folgendes hin:

"1. Entspricht eine Beschwerde u. a. nicht den Erfordernissen des Artikels 108 EPU, so verwirft die Beschwerdekammer sie als unzulässig, sofern die Mängel nicht bis zum Ablauf der nach Artikel 108 maßgebenden Fristen beseitigt worden sind: Siehe Regel 65 (1) EPU.

2. Artikel 108 EPU (letzter Satz) besagt, daß innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung "die Beschwerde schriftlich zu begründen" ist.

3. In den 1981 erstmals und 1984 erneut veröffentlichten amtlichen "Hinweisen für die Parteien im Beschwerdeverfahren und ihre Vertreter" (ABl. EPA 1981, 176; ABl. EPA 1984, 376) wird in Abschnitt 1.3 ausgeführt, daß eine Beschwerdebegründung umfassend, aber kurz sein soll. Dies hat die Juristische Beschwerdekammer in der Sache J 22/86, "Nichteinverständnis/MEDICAL BIOLOGICAL", ABl. EPA 1987, 280 bestätigt und hinzugefügt (Nr. 2 der Entscheidungsgründe): "Die Gefahr, daß die Beschwerde wegen eines Verstoßes gegen Artikel 108 EPU als unzulässig verworfen wird, ist natürlich um so größer, je weniger Argumente die Begründung enthält."

Auch Technische Beschwerdekammern sind dieser Auffassung gefolgt: Siehe z. B. T 220/83, Beschwerdebegründung/HULS, ABl. EPA 1986, 249 ("In ihr [der Beschwerdebegründung] ist ... darzulegen, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die Entscheidung aufgehoben werden soll.")

4. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, daß in dem mit "Beschwerdebegründung" überschriebenen Schriftstück vom 2. Juni 1988 nicht im mindesten begründet wird, warum die Feststellung der Einspruchsabteilung, daß u. a. die Ansprüche 1, 2 und 3 des angefochtenen Patents wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit ungültig seien, falsch gewesen sein soll. Ebensowenig wird dargelegt, warum die gewünschten Änderungen zugelassen werden sollten. Der Vertreter der Einsprechenden hat geltend gemacht, daß die Beschwerde unzulässig sei, weil sie nicht fristgerecht schriftlich begründet worden sei.

5. Nach dem derzeitigen Stand spricht nichts dagegen, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

V. Mit Schreiben vom 31. Juli 1989 erwiderte die Beschwerdegegnerin, sie teile die Auffassung, daß die eingelegte Beschwerde unzulässig sei.

VI. Mit Schreiben vom 22. September 1989 erwiderte die Beschwerdeführerin, es stehe außer Frage, daß die Kombination der Ansprüche 1, 2 und 3 gewährbar sei und daß die Einspruchsabteilung das Patent auf der Grundlage eines solchen Anspruchs hätte aufrechterhalten müssen. Daß in dem Schreiben vom 2. Juni 1988 klar festgestellt werde, daß die Kombination der Ansprüche nach Ansicht des Verfassers patentierbar sei, reiche als Argumentation für die "Beschwerdebegründung" aus.

Entscheidungsgründe

1. Wie bereits in der Mitteilung der Kammer vom 24. Juli 1989 ausgeführt, geht aus der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern hervor, daß in der Beschwerdebegründung darzulegen ist, aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben werden soll. Ob ein Dokument den Erfordernissen des Artikels 108, letzter Satz entspricht, hängt daher von seinem Inhalt und nicht von seiner Uberschrift oder Form ab.

2. Im vorliegenden Fall wurde zwar ein mit "Beschwerdebegründung" überschriebenes Schriftstück eingereicht; die Kammer kann darin jedoch nicht einmal ein Minimum an Argumenten zur Stützung der Beschwerde entdecken. Mit der Bezugnahme auf die Beschreibung der Europäischen Patentschrift wird eine solche Stützung ebensowenig erreicht wie mit der bloßen unbegründeten Ansicht des Verfassers dieser "Begründung", daß die Kombination der Ansprüche (die bereits für ungültig befunden worden waren) patentfähig sei.

3. Da keine schriftliche Beschwerdebegründung nach Artikel 108 EPU, letzter Satz eingereicht worden ist, muß die Kammer diese Beschwerde gemäß Regel 65 (1) EPU als unzulässig verwerfen.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

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