T 0313/87 () of 19.1.1989

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1989:T031387.19890119
Datum der Entscheidung: 19 Januar 1989
Aktenzeichen: T 0313/87
Anmeldenummer: 83102342.9
IPC-Klasse: G11B 23/02
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Magnetbandkassettenbehäler
Name des Anmelders: idn inventions and development
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.5.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 56
European Patent Convention 1973 Art 84
Schlagwörter: Erfinderische Tätigkeit (ja)
Stützung von der Beschreibung (ja)
Inventive step (yes)
Support by the description (yes)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 1050/93

Sachverhalt und Anträge

I. Die unter Inanspruchnahme der Priorität einer Anmeldung in Deutschland vom 28. April 1982 am 10. März 1983 eingegangene Patentanmeldung wurde mit Entscheidung vom 23. Januar 1987 von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen.

Die Zurückweisung erfolgte mit der Begründung, daß der Gegenstand des am 19. November 1985 eingegangenen Anspruchs 1 nicht neu sei. Als neuheitsschädlicher Stand der Technik wurde ein Magnetbandkassettenbehälter angesehen, wie er in dem Dokument D1: US-A-3 603 478 beschrieben ist.

Unter Hinweis auf das weitere Dokument D2: DE-B-2 248 408 wurde auch den Gegenständen der abhängigen Ansprüche die Patentfähigkeit abgesprochen.

II. Gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung hat die Anmelderin am 4. Februar 1987 unter Entrichtung der Gebühr Beschwerde erhoben und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Mit einer am 21. Mai 1987 eingegangenen schriftlichen Begründung hat die Beschwerdeführerin drei neue Sätze Patentansprüche als Haupt- und Hilfsanträge eingereicht. Weitere Hilfsanträge richteten sich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bzw. Rückverweisung der Anmeldung zur weiteren Prüfung der anderen Anträge an die Prüfungsabteilung.

In einem sich anschließenden Schriftwechsel wurden vom Berichterstatter insbesondere Bedenken hinsichtlich der erfinderischen Tätigkeit erhoben, wobei als weiterer Stand der Technik auch noch die folgenden Dokumente genannt wurden:

D3: DE-A-3 015 749 D4: EP-A-0 223 940 D5: EP-A-0 086 275 D6: FR-A-2 297 478 Vor Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu der in Verbindung mit einer Mitteilung der Kammer gemäß Artikel 11 (2) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, geladen worden war, hat die Anmelderin am 14. Dezember 1988 vollständige neue Unterlagen eingereicht (Beschreibungsseiten 1-4, Ansprüche 1-10, Figuren 1-4).

Diese Unterlagen sind nunmehr auf die Ausführungsform gemäß den ursprünglichen Figuren 45 bis 48 beschränkt. Die Beschwerdeführerin hat erklärt, daß die übrigen Teile der Anmeldung von ihr als Teilanmeldung weiterverfolgt werden.

Die mündliche Verhandlung wurde am 19. Januar 1989 durchgeführt. In dieser äußerte die Kammer zum Anspruch 1 noch Bedenken bezüglich der erfinderischen Tätigkeit einerseits und bezüglich der ausreichenden Stützung seiner sehr allgemein gehaltenen Formulierung durch die Beschreibung andererseits. Die Beschwerdeführerin nahm daraufhin unter Streichung des Anspruchs 10 noch eine Präzisierung des Anspruchs 1 vor. Außerdem wurde noch in die Beschreibung ein Querverweis auf die die ausgeschiedenen Teile umfassende Teilanmeldung aufgenommen.

Die Beschwerdeführerin beantragt nunmehr, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen zu erteilen.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Behälter für Magnetbandkassetten mit einem Gehäuse und mindestens einem Transportorgan für je eine Kassette, das mittels einer Ausschubfederanordnung aus dem Gehäuse durch eine frontseitige Gehäuseöffnung herausförderbar, gegen die Federvorspannung im Gehäuse verriegelbar und manuell entriegelbar ist sowie eine Frontwand (1101) aufweist, die in der verriegelten Position die Gehäuseöffnung abdeckt, sowie mit einer frontseitigen Anzeigeanordnung für die Belegung jedes Transportorgans, wobei jede Anzeigeanordnung umfaßt:

(a) ein von Wandungsteilen umgebenes Fenster (1116),

(b) einen parallel zur Frontwand verschieblich gelagerten Anzeigeschieber (1117) mit einem Signalabschnitt (1119), der gegen die Wandungsteile optisch kontrastiert und in einer ersten Anzeigeposition in dem Fenster erscheint, während er in einer zweiten Anzeigeposition aus dem Fenster hinter die Wandungsteile verschwindet,

(c) einen mit dem Anzeigeschieber in Wirkverbindung stehenden Steuerhebel (1105), der von einer Feder (1106) in eine erste Endlage vorgespannt ist, in der er mit einer Schrägfläche in den für die Kassette bestimmten Raum des Transportorgans ragt und den Signalabschnitt in eine seiner Anzeigepositionen steuert, und aus der er durch Aufgleiten auf eine in das Transportorgan eingeführte Kassette in eine zweite Endlage gegen die Federvorspannung verlagert wird, in der er den Signalabschnitt in die andere seiner Anzeigepositionen umsteuert."

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 (EPÜ) und ist zulässig.

2. Der geltende Patentanspruch 1 ist von der Beschreibung gestützt (Artikel 84 EPÜ).

Die Einreichung der unter Bezugnahme auf ein einziges Ausführungsbeispiel (ursprüngliche Figuren 45-48) eingeschränkten Anspruchs 1 erfolgte nachdem der bis dahin gültige Anspruch 1 (eingegangen am 28. Juli 1988) vom Berichterstatter als mangels erfinderische Tätigkeit nicht gewährbar bezeichnet worden war (Mitteilung vom 31. Oktober 1988). Die Bedenken gegen die erfinderische Tätigkeit waren begründet durch die sehr allgemein gehaltenen Merkmale des Anspruchs 1, die zur sicherlich wünschenswerten optischen Kontrastierung nur in alltäglichen Konstruktionsideen bestanden, wie in der Verwendung eines durch eine Feder vorgespannten separaten Bauteiles.

Es ist nun zu prüfen, ob die von der Anmelderin vorgenommene Präzisierung des Patentanspruchs als von dem Ausführungsbeispiel der ursprünglichen Figuren 45-48 gestützt anzusehen ist.

Die Kammer sieht das Wesentliche der offenbarten mechanischen Ausführungsform in Übereinstimmung mit dem Anspruchswortlaut darin, daß der Signalschieber 1117 (in der Beschreibung als "Reiter" bezeichnet) parallel zur Frontwand (Deckelholm 1108 mit transparentem Fenster 1114) verschieblich gelagert ist und daß dieser Signalschieber in Wirkverbindung mit einem Steuerhebel 1105 steht, der eine in den Kassettenraum ragende Schrägfläche 1109 aufweist. Die Betätigung des Signalschiebers erfolgt dadurch, daß die Schrägfläche auf eine in das Transportorgan eingeführte Kassette aufgleitet. In der Beschreibung ist die Schrägfläche 1109 zwar als "Keilfläche" bezeichnet. Da der Begriff "Keil" aber die Vorstellung zweier gegeneinander geneigter Flächen vermittelt, während es hier offensichtlich nur auf eine schräg in den Kassettenraum gerichtete Fläche ankommt, ist die Bezeichnung "Schrägfläche" als zutreffender anzusehen.

Einwendungen nach Artikel 84 EPÜ bestehen daher nicht gegen den Anspruch 1.

3. Die Erfindung bezieht sich auf Magnetbandkassettenbehälter mit jeweils gegen eine Federvorspannung einschiebbaren Transportorganen für je eine Kassette, wobei jedes Transportorgan eine Frontwand zur Abdeckung der zugehörigen Gehäuseöffnung aufweist, wie dies in den ersten acht Zeilen des Patentanspruchs spezifiziert ist.

Derartige Magnetbandkassettenbehälter sind durch die vorstehend genannten Dokumente D2 und D3 (mit fest am Transportorgan angeordneter Frontwand) sowie durch D6 (mit am Transportorgan schwenkbeweglich angeordnete Frontwandteil) bekannt.

Anordnungen mit am Transportorgan schwenkbeweglich angeordnetem Frontwandteil gehören gemäß Artikel 54 (3) EPÜ auch durch den Inhalt der den Dokumenten D4 und D5 (Prioritäten vom 20.1.82) zu Grunde liegenden Patentanmeldungen zum Stand der Technik.

Da keines der Dokumente D2 bis D6 frontseitige Anzeigeanordnungen für die Belegung der Transportorgane aufweist, können diese Dokumente die Neuheit des Gegenstandes des Anspruchs 1 nicht in Frage stellen.

Ein Magnetbandkassettenbehälter mit einer frontseitigen Anzeigeanordnung für die Belegung der einzelnen Kassettenfächer ist lediglich aus dem Dokument D1 als bekannt nachgewiesen worden. Auch dieses Dokument ist nicht neuheitsschädlich, da die Kassetten ohne Verwendung eines Transportorgans in die Fächer eingeschoben werden und die Anzeigeanordnung im übrigen völlig anders gestaltet ist: Mit der Zielsetzung eine vom Benutzer mit dem Finger tastbare Anzeigeanordnung zu schaffen, ist aus einem klappbaren Frontdeckel des Kunststoffbehälters eine Zunge ausgeformt, die eine tastbare Warze trägt und durch eine eingelegte Kassette im geschlossenen Zustand nach außen gedrückt wird, wodurch die Warze an der Frontfläche tastbar wird.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist mithin neu.

4. Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, bei Magnetbandkassettenbehältern mit Kassetten- Transportorganen eine eindeutige optische Belegungsanzeige zu schaffen.

Es trifft zwar zu, daß die aus D1 bekannte tastbare Belegungsanzeige bei frontseitiger Blickrichtung denkbar schlecht als optische Anzeige geeignet ist. Der Wunsch, ggf. auch eine optische Anzeige vorzusehen, liegt jedoch völlig im Rahmen dessen, was der Fachmann erwägt, wenn er überhaupt von einer "Anzeige" spricht. Auch die Bewegung eines Anzeigeschiebers hinter einer Fensteröffnung gehört so weitgehend zum verbreiteten Erfahrungsschatz (als Beispiel sei die Toilettentür genannt), daß für diesen Gedanken noch keine erfinderische Tätigkeit erforderlich war.

Der nachgewiesene Stand der Technik vermittelt jedoch keinerlei Hinweis darauf, wie ein solcher Signalschieber nun kinematisch von der Kassette gesteuert werden kann. Die gefundene Lösung zeichnet sich dadurch aus, daß ein Steuerhebel eine Schrägfläche aufweist, die bei Einlegen der Kassette bzw. bei Verschwenken des schwenkbeweglich angeordneten Frontwandteils auf die Kassette aufgleitet. Die Schrägfläche des Steuerhebels wird mithin in einer Richtung senkrecht zur Relativbewegung zwischen Kassette und Transportorgan bzw. dessen Frontwandteil verdrängt. Nach D1 erfolgt hingegen, ohne Zwischenschaltung eines Steuerhebels, die Verlagerung der Anzeigezunge im Deckel durch die Kassette selbst und zwar entgegen der Schließrichtung des Deckels.

Da die sonstigen Dokumente keine in Abhängigkeit von der Belegung durch eine Kassette steuerbaren Elemente aufweisen, vermögen sie keine Anregung im Sinne der Lösung der Aufgabenstellung zu vermitteln.

Die von der Anmelderin gefundene Lösung weist mithin auch die für eine Patenterteilung erforderliche erfinderische Tätigkeit auf.

5. Die auf den mithin gewährbaren Anspruch 1 rückbezogenen abhängigen Ansprüche 2 bis 9 betreffen besondere Ausführungsarten des Magnetbandkassettenbehälters nach Anspruch 1 und sind daher ebenfalls gewährbar.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die Erstinstanz zurückverwiesen mit der Auflage, ein europäisches Patent aufgrund der folgenden in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen zu erteilen:

- Beschreibung, Seiten 1 bis 4,

- Patentansprüche 1 bis 9,

- ein Blatt Zeichnungen mit 4 Figuren.

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