T 0145/87 () of 28.2.1990

European Case Law Identifier: ECLI:EP:BA:1990:T014587.19900228
Datum der Entscheidung: 28 Februar 1990
Aktenzeichen: T 0145/87
Anmeldenummer: 83100692.9
IPC-Klasse: B41J 7/96
B41F 33/00
Verfahrenssprache: DE
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Bibliografische Daten verfügbar in: DE
Fassungen: Unpublished
Bezeichnung der Anmeldung: Verfahren zum automatischen Ermitteln der Druckqualität eines Druckers
Name des Anmelders: IBM
Name des Einsprechenden: -
Kammer: 3.2.01
Leitsatz: -
Relevante Rechtsnormen:
European Patent Convention 1973 Art 123(2)
Schlagwörter: Extension - technical knowledge
Disclosure - curve representation
Erweiterung unter Berufung auf Fachwissen
Offenbarung mittels Kurvendarstellung (ja)
Orientierungssatz:

-

Angeführte Entscheidungen:
-
Anführungen in anderen Entscheidungen:
T 0398/92
T 0259/96
T 0568/99
T 0422/00

Sachverhalt und Anträge

I. Die am 26. Januar 1983 angemeldete und am 15. August 1984 veröffentlichte europäische Patentanmeldung Nr. 83 100 692.9 wurde durch Entscheidung der Prüfungsabteilung vom 18. November 1986 zurückgewiesen.

II. In der Entscheidung, der die mit Eingabe vom 21. November 1985 eingereichten Ansprüche 1 und 2 mit der Korrektur der Formel gemäß Eingabe vom 11. Dezember 1985 zugrundelagen, kam die Prüfungsabteilung zu dem Ergebnis, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht ursprünglich offenbart sei. Sie verwies im einzelnen darauf, daß die nunmehr beanspruchten Definitionen der beiden Parameter a0 und a1 in den ursprünglichen Unterlagen nicht expressis verbis enthalten seien und auch nicht aus diesen hergeleitet werden könnten.

Es sei allenfalls zu entnehmen, daß die genannten Parameter Konstanten darstellen sollen. Aber weder über das Vorzeichen von a1 und seine Zuordnung zu einer bestimmten Druckqualität noch über die Bedeutung und Größe der beiden Parameter lasse sich etwas aus den Ursprungsunterlagen herleiten. Die Aufnahme der zusätzlichen Bemessungsvorschriften bezüglich der Parameter a0 und a1 in den Anspruch 1 stelle daher eine unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Offenbarung dar.

III. Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 1986, eingegangen am 2. Januar 1987, hat die Anmelderin (Beschwerdeführerin) gegen diese Entscheidung unter gleichzeitiger Bezahlung der Gebühr Beschwerde eingelegt und diese mit Schreiben vom 16. März 1987 begründet, wobei es als naheliegend und als indirekt offenbart angesehen wurde, die Koeffizienten a0 und a1 aus der ursprünglich offenbarten Kurve und der Gleichung für die Druckqualität abzuleiten. Obwohl den ursprünglich offenbarten Unterlagen die Zuordnung der Wertzahlen zu den Druckqualitäten nicht direkt entnehmbar sei, lasse sich für a1 ein Rückschluß auf einen negativen Wert annehmen und auch für a0 läge zumindest eine indirekte Offenbarung vor.

IV. Der geltende Anspruch 1 vom 21. November 1985 mit der Korrektur vom 11. Dezember 1985 lautet (nach Richtigstellung des Wortes "Reflektion" in "Reflexion"):

"Verfahren zur Regelung der Druckqualität von von Druckern ausgedruckten Zeichen, dadurch gekennzeichnet, daß die subjektive Druckqualität durch menschliche Bewerter (Jury) aufgrund ihres subjektiven Eindruckes mit Wertzahlen (z. B. 1 = bestens; 1,5; 2; ... 6 = schlechtestens) benotet wird, daß für einen speziellen Drucker die geforderte subjektive Druckqualität durch eine bestimmte Wertzahl DQs vorgegeben in diesem gespeichert wird, daß in an sich bekannter Weise für ein ausgedrucktes Zeichen durch opto-elektronische Abtastung jedes seiner Bildelemente i (i = 1 bis n) längs der Skelettlinie des Zeichens und des Hintergrundes ein Bildkontrastsignalwert

(FORMULA)

(Ri = Reflexionswert des i-ten Bildelementes RB = Reflexionswert des Hintergrundes) ermittelt und aus allen Bildkontrastsignalwerten des Zeichens der arithmetische Mittelwert zu PCS bestimmt wird, daß aus den Bildkontrastsignalwerten unter Bildung der Standardabweichung

(FORMULA) und Bestimmung eines Druckqualitätsfaktors

(FORMULA) ein objektiver Druckqualitätswert zu DQ0 = a0 + a1 lnx2

(a0 = schlechteste Wertzahl) a1 wird so gewählt, (als negativer Wert) daß sich bei einer besten Druckqualität für DQ0 die beste Wertzahl ergibt) bestimmt wird, und daß bei einer Abweichung des objektiven Druckqualitätswertes DQ0 vom vorgegebenen subjektiven Druckqualitätswert DQS ein Nachregeln des DQ0 -auf den DQs-Wert dadurch erfolgt, daß die die objektive Druckqualität des Druckers beeinflussenden Größen entsprechend verändert werden."

V. Mit Bescheid der Kammer vom 3. November 1988 weist diese auf die Bedeutung der in der Zeichnung dargestellten Kurve hin und kommt zu dem vorläufigen Ergebnis, daß sich hieraus und in Verbindung mit dem Gesamtinhalt der Beschreibung entnehmen läßt, daß die Konstante a0 etwa gleich dem Bewertungswert 6 zu wählen sei. Dies ergebe sich, wenn der Term (a1.lnx2=0) der Gleichung null gesetzt wird, wobei erkennbar die Wertzahl 6 dem Wert x2=1 entspreche und somit nur der schlechtesten subjektiven Wertzahl zuzuordnen sei und nicht umgekehrt; aus dem Verlauf der Kurve sei ferner entnehmbar, daß der Koeffizient a1 negativ sein müsse, da bei einer ln- Funktion die Werte für DQ nur dann mit steigenden Werten von X2 kleiner werden können.

Zweifel brachte die Kammer lediglich dahingehend zum Ausdruck, daß nicht erkennbar sei, wie sich "a0 größer als die schlechteste Wertzahl" aus dem ursprünglich Offenbarten herleiten lasse, bzw. bezüglich des Merkmals, daß sich bei "einer besten Druckqualität die beste Wertzahl ergibt". Die Beschwerdeführerin wurde gebeten, zu vorgenannten Ausführungen der Kammer klärend Stellung zu nehmen.

VI. Mit Eingabe vom 21. Dezember 1988 verwies die Beschwerdeführerin darauf, daß es sich bei der Wertemenge um statistische Werte handle, für die sich eine bestimmte Variationsbreite ergebe, z. B. für a0 die Zuordnung zur schlechtesten Wertzahl aber auch zu größeren Wertzahlen. Auf den Terminus aus der Statistik "Konfidenzband" wurde verwiesen und auch darauf, daß eine Punktwolke eine Vielzahl von Ausgleichskurven ergebe, wobei sich letztere auch schneiden könnten, je nach Variation der Parameter a0 und a1. Es wurde darauf hingewiesen, daß damit kein neuer Sachverhalt eingeführt worden sei, sondern daß lediglich auf in der Statistik allgemein bekannte Grundlagen zurückgegriffen worden sei.

VII. Zusammenfassend wird beantragt, die Entscheidung der Prüfungsabteilung aufzuheben und die Erteilung des Patents zu beschließen.

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde entspricht den Artikeln 106 bis 108 sowie der Regel 64 EPÜ; sie ist zulässig.

2. Die Lehre des geltenden Anspruchs 1 kann wie folgt in Einzelmaßnahmen gegliedert werden:

Oberbegriff:

Verfahren zur Regelung der Druckqualität von von Druckern ausgedruckten Zeichen Kennzeichenteil:

a) Bewertung der subjektiven Druckqualität DQS durch eine Jury und Vergabe von Wertzahlen von 1 bis 6, wobei 1 der besten und 6 der schlechtesten subjektiven Druckqualität DQS zugeordnet sein soll; b) Vorgabe eines Wertes für DQS von minimaler Druckqualität und Speicherung dieses Vorgabewertes; c) Ermittlung eines Bildkontrastsignalwertes PCS durch opto-elektronisches (objektives) Abtasten der Skelettlinie eines gedruckten Zeichens; d) Bestimmen des arithmetischen Mittels PCS aus allen Bildkontrastwerten PCS; e) Bildung der Standardabweichung Sigma gemäß der im Anspruch 1 angegebenen Sigma-Formel, in der die Werte PCS und PCS eingehen; f) Bestimmung eines Druckqualitätsfaktors X2 durch Division der Werte PCS und Sigma; g) Bestimmung eines objektiven Druckqualitätswertes DQ0 gemäß der Formel DQ0 = a0 + a1 ln X2 wobei a0 größer oder gleich der schlechtesten Wertzahl ist und a1 als negativer Wert so gewählt wird, daß sich bei einer besten Druckqualität DQ0 die beste Wertzahl ergibt; h) Vergleich von DQ0 und DQs i) Nachregeln von DQ0 so, daß DQS erreicht wird (Verändern der Größen, die DQ0 beeinflussen).

3. Strittig an der Offenbarung der Lehre von Anspruch 1 und alleiniger Zurückweisungsgrund sind die Parameter a0 und a1; hinsichtlich dieser Parameter wurde seitens der Prüfungsabteilung die Auffassung vertreten, daß sie den ursprünglichen Unterlagen nicht expressiv verbis entnehmbar seien und daß allenfalls klar sei, daß sie Konstanten darstellen sollen, wobei aber über das Vorzeichen von a1 und seiner Zuordnung zu einer bestimmten Druckqualität den Ursprungsunterlagen nichts entnehmbar sei. Auch über die Größe und Zuordnung von a0 sei nichts offenbart.

Die Kammer vermag diesen Überlegungen aus den nachfolgenden Gründen nicht zu folgen:

3.1. Die Offenbarung "epressis verbis" stellt erkennbar nur eine mögliche Quelle dar, eine Lehre oder ein Merkmal zu offenbaren; eine weitere Offenbarungsmöglichkeit ist die zeichnerische Offenbarung. Als Sonderfall der grundsätzlich möglichen zeichnerischen Offenbarung, (vgl. Entscheidung T 169/83, ABl. 1985, 193) kann die Offenbarung durch eine graphische Kurve angesehen werden, durch die in einem kartesischen Koordinationssystem ein Zusammenhang zwischen zwei Werten, nämlich einem variablen und einem davon abhängigen Wert, graphisch dargestellt ist.

Dieser Sonderfall der Offenbarung ist im vorliegenden Falle gegeben, da damit in Verbindung mit einer expressis verbis angegebenen Formel, nämlich der Formel für die objektive Druckqualität (DQ0 = a0 + a1 ln X 2) ein Rückschluß auf die Eigenschaften von a0 und a1 möglich ist.

3.2. In der Mathematik ist es allgemein üblich, für Faktoren/ Parameter/Konstanten bestimmte Buchstaben in Kleinschreibweise zu wählen und diesen Indizes in Form von natürlichen Zahlen (0, 1, 2, 3 ...) zuzuordnen. Dies stellt ein erstes Indiz dafür dar, daß es sich bei den Werten a0 und a1 um Konstanten handelt. Zwar ist auch in Verbindung mit dem Logorithmus naturalis (ln) bei der an sich variablen Größe X ein Index angegeben (nämlich 2), doch ist für den Fachmann unmittelbar ersichtlich, daß X2 eine Variable und keine Konstante sein muß, da ansonsten auf der rechten Seite der oben angegebenen Gleichung für DQ0 nur Konstanten stünden und keine Kurvengleichung vorläge.

Es ergibt sich somit, daß in der DQ0-Formel a0 und a1 Konstanten sind und daß X2 die Variable der Formel ist.

3.3. Die nächste Untersuchung muß nun den Werten und den Vorzeichen der Konstanten a0 und a1 gelten. In dieser Hinsicht ist die DQ0-Formel im Lichte der graphischen Offenbarung gemäß der einzigen Figur unter Einbeziehung statistischer Grundkenntnisse zu interpretieren.

Wenn es sich bei a0 um eine Konstante handelt - wie in 3.2 vorstehend erläutert wurde - hat dies für die in der DQ0- Formel definierte Kurve eine bloße Parallelverschiebung derselben nach oben (a0 positiv) bzw. nach unten (a0 negativ) zur Folge; a0 hat demnach keinerlei Einfluß auf die sonstige Lage der Kurve, nämlich auf die Steilheit oder die Verdrehung innerhalb des kartesischen Koordinatensystems.

Die quantitative und qualitative Untersuchung der Kurve gemäß der DQ0-Formel des Anspruchs 1 hat sich weiterhin mit dem Term "a1.lnx2" näher auseinanderzusetzen. Unmittelbar klar ist zunächt der Verlauf der ln-Funktion als einer Kurve, die im vierten Quadranten des kartesischen Koordinatensystems im Unendlichen beginnt, im Wert X=1 die X-Achse schneidet und für Werte von X>1 im ersten Quadranten liegt, und zwar stetig nach rechts oben ansteigt.

Aus der Tatsache, daß die Figur eine für steigende X2- Werte fallende Kurve zeigt, folgt weiterhin, daß die "normale" ln-Kurve an der X- oder einer zu ihr parallelen Achse (Einfluß von a0) gespiegelt sein muß. Dies kann indes nur der Fall sein, wenn a1 negativ ist, da sich nur dann für größere X-Werte auch kleinere Y-Werte ergeben.

3.4. Nach der Betrachtung des Vorzeichens von a1 ist dessen quantitativer Aspekt zu untersuchen. Nach vorheriger Ermittlung des a0-Wertes zu ca. 6 (dabei wird X2 gleich 1 gesetzt, womit "lnX2" gleich null wird und die DQ0-Formel auf ihrer rechten Gleichungsseite auf a0 zusammenschrumpft) kann dies durch Einsetzen von Wertepaaren in die DQ0-Formel geschehen, da dann einzig a1 als Unbekannte verbleibt.

Im einzelnen ergeben die Wertepaare X2=5 und DQ=4 für a1 den Wert -1,2, andere Wertepaare (X2=17,5 und DQ =1,6 bzw. X2=10 und DQ=2,7) ergeben für a1 Werte von -1,52 bzw. von -1,43, so daß sich ein Mittel von -1,38 errechnet. Damit ist a1 nach Vorzeichen und ungefährem quantitativem Wert ohne weiteres anhand der vorliegenden Kurve vom Anmeldetage in Verbindung mit der DQ0-Formel ermittelbar.

3.5. Die nächste Überlegung muß der Zuordnung der Bewertungswerte z. B. 1 bis 6 unter Einschluß von Zwischenwerten (vgl. ursprüngliche S. 3, Z. 13 bis 16) gelten, und zwar zu den Werten von X2 (Druckqualitätsfaktor).

Die der einzigen Figur entnehmbare Aussage in dieser Hinsicht lautet, daß mit steigendem objektivem Druckqualitätsfaktor X2 die subjektiven Bewertungszahlen (Y-Achse des Koordinatensystems) fallen. Damit bleibt als Zuordnung nur noch übrig, daß die größte subjektive Bewertungszahl, z. B. 6, der schlechtesten objektiven Druckqualität entspricht und daß andererseits der niedrigsten Bewertungszahl, z. B. 1, die beste Druckqualität entspricht. Die vorstehend im Zusammenhang mit Merkmal a) gemäß 2. getroffene Feststellung, wonach 1 der besten und 6 der schlechtesten Druckqualität entspricht, ist somit eindeutig ursprungsoffenbart - weil im Zusammenspiel von DQ0 -Formel und Zeichnung (jeweils vom Anmeldetage) eindeutig herleitbar.

3.6. Hinsichtlich des Merkmals unter g) gemäß vorstehendem Punkt 2., wonach der besten Wertzahl auch die beste Druckqualität entspricht, ist ebenfalls festzustellen, daß die dargestellte Kurve (gestrichelt in der ursprünglich eingereichten Zeichnung) diese Aussage voll deckt, da unstrittig dem größten X2-Wert der Kurve, nämlich dem Wert 20, der kleinste Bewertungswert (Y-Achse), nämlich ca. 1,5 entspricht. Bei einer stetig fallenden Kurve ist diese Aussage auch nicht weiter überraschend. Da aber der Wert 1,5 für die Bewertungswerte (Y-Achse) nicht den kleinsten denkbaren Wert darstellt, ist auch noch der Bereich für X2 > 20 zu untersuchen, vor allem daraufhin, ob es denkbar ist, daß die Aussage des vorstehend genannten Merkmals g) nicht mehr gilt.

In diesem Zusammenhang ist es hilfreich, nochmals auf den Verlauf der ln-Kurve als solcher einzugehen. Von Interesse ist nur deren Verlauf im 1. Quadranten; dieser ist stetig steigend, d. h. einem größeren X-Wert entspricht immer ein größerer Y-Wert. Wie vorstehend abgeleitet wurde, ist die Konstante a1 negativ, d. h. diese macht aus einer stetig steigenden Kurve eine stetig fallende Kurve, so daß als Folge davon eine Weiterziehung der der einzigen Figur entnehmbaren, gestrichelten Kurve möglich ist, und zwar stetig fallend. Für einen X2-Wert von z. B. 34 ergäbe sich dabei eine Bewertungszahl, die unter derjenigen für X2 = 20 liegt, z. B. bei 1 und damit einer besseren subjektiven Bewertung entspräche, unabhängig davon, ob diese im vorliegenden Fall tatsächlich erteilt wurde. An der Aussage, daß dem größten ermittelten X2-Wert der kleinste Y-Wert (Bewertungsziffer) entspricht, ändert sich somit nichts, ganz gleich, ob man sich im dargestellten Kurvenbereich (bis X2 = 20) oder sich im Bereich noch größerer X2-Werte befindet, weil die ln-Fuktion mit dem negativen Einfluß des Parameters a1 eine verläßliche Kurven-Extrapolation (stetig fallend) zuläßt.

4. Im Bescheid der Kammer vom 3. November 1988, vgl. 5, wurde u. a. noch der Einwand erhoben, daß die Alternative "a0 größer als die schlechteste Wertzahl" sich nicht aus dem ursprünglich Offenbarten herleiten lasse.

Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zusammenhang, vgl. Eingabe vom 21. Dezember 1988, darauf verwiesen, daß a0 auch größeren Werten als denjenigen der schlechtesten Wertzahl entsprechen könne, und zwar deshalb, weil es sich hier im Bereich der Statistik um Werte handle, denen eine bestimmte Variationsbreite innewohne.

Dieses Argument ist umschrieben worden mit einer "Vielzahl von Ausgleichskurven" bzw. mit dem Begriff des "Konfidenzbandes"; nach Studium des Werkes "Statistische Methoden" von Lothar Sachs, Springer Verlag, kommt die Kammer zu dem Ergebnis, daß das in Rede stehende Argument der Beschwerdeführerin stichhaltig ist, und zwar aus folgenden Gründen:

In der einzigen Figur vom Ursprungstage sind zwei Mengen von Punkten (schwarzer Kreis bzw. Kreuz) dargestellt, wobei es den Anschein hat, daß die gestrichelt eingezeichnete Kurve auf die Punktmenge "Kreuz" abgestellt ist. Es ist indes einzusehen, daß die gestrichelte Kurve nicht die einzig mögliche Kurve darstellt, da auch eine etwas steilere Kurve als die vorgenannte Kurve denkbar wäre, wollte man die Punktmenge in einem Kurvenzug wiedergeben. Wie vorstehend ausgeführt wurde, ist der Parameter a1 der DQ0-Gleichung für die Neigung der ln- Kurve verantwortlich (flacher bzw. steiler als die gezeichnete). Liegt nun aber eine steilere Kurve vor, so muß nicht notwendigerweise gelten, daß a0 gleich der schlechtesten Wertzahl ist, es kann auch gelten, daß es größer als diese schlechteste Wertzahl ist. Derlei Überlegungen sind in der Statistik unter dem Begriff "Koeffizientenschwankung" bzw. "Konfidenzband" charakterisiert und somit für den Fachmann untrennbar mit der Frage der Offenbarung statistischer Sachverhalte verbunden. Wenn im Laufe des Prüfungsverfahrens die Beschwerdeführerin auf diesen Sachverhalt zurückgriff und ihn zum Gegenstand eines geänderten Anspruchs 1 machte, verstößt sie damit nicht gegen die Erfordernisse des Artikels 123 (2) EPÜ.

5. Die Kammer gelangt zusammenfassend zu der Erkenntnis, daß vorliegender Anspruch 1 keinen Sachverhalt enthält, der nicht am Ursprungstage vorliegender Anmeldung schon explizit oder für den Fachmann implizit offenbart gewesen wäre, so daß Anspruch 1 aus der Sicht des Artikels 123 (2) EPÜ nicht zu beanstanden ist.

6. Die Prüfung der Frage der Patentfähigkeit des Beanspruchten ist von der ersten Instanz lediglich andeutungsweise begonnen, aber nicht abgeschlossen worden. Da - wie vorstehend dargelegt wurde - der Zurückweisungsgrund von der Kammer nicht bestätigt wurde, ist die Entscheidung der Erstinstanz aufzuheben und die Sache nunmehr an diese zurückzuverweisen, mit der Auflage, die Prüfung derselben fortzuführen.

Es ist unter den gegebenen Umständen nicht Aufgabe der Kammer, wie beantragt über die Erteilung des Patents zu beschließen, zumal dies gegen das Prinzip verstoßen würde, daß für jede Rechts- oder Sachfrage die Behandlung durch zwei Instanzen sichergestellt sein soll.

Für den hilfsweisen Antrag auf mündliche Verhandlung ist unter den gegebenen Umständen kein Raum, da die Kammer dem ersten Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung entsprochen hat und die Durchführung der materiell- rechtlichen Sachprüfung Sache der Erstinstanz ist.

ENTSCHEIDUNGSFORMEL

Aus diesen Gründen wird entschieden:

1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

2. Die Sache wird an die erste Instanz zurückverwiesen mit der Auflage, die Prüfung auf der Basis der dieser Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen fortzusetzen.

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